zruck

Geiss Haejm

Zu meinem Selbstverständnis beim Schreiben der Mundart.

 

Bekanntlich gibt es "das Bayrisch“ nicht, es besteht aus vielen regionalen Dialekten und Eigenheiten. Alleine bei uns im "Woid“ wird etwa in Bodenmais ganz anders gesprochen als in Zwiesel oder in Frauenau. Zwiesel, der Ort aus dem ich stamme, war seit Jahrhunderten ein Ort an einer wichtigen Handelsverbindung nach Böhmen. Es kamen also viele sprachliche Einflüsse hier zusammen, anders als in Ortschaften, die abseits der Wege lagen und sich isolierter entwickelten. Zwiesel wurde zudem durch seine Lage, nahe der Grenze zu Böhmen, ungezählte Male von Kriegshorden durchzogen und zig mal niedergebrannt und geplündert, mußte also auch zeitweise unter fremder Besatzung leben, alles Umstände, die sich möglicherweise auch in der Sprache niederschlugen. Und dann waren da auch noch die Glasmacher, die von einer Hütte zur anderen zogen und oft durch ganz Europa kamen und so – anders als in rein bäuerlichen Gebieten – auch Denken und Sprache veränderten. Diese Dinge bedürften vermutlich gar keiner Erwähnung, ich führe sie nur an, falls sich Bayern aus anderen Ecken unseres Landes über meine sprachliche Eigenheiten wundern, deren Färbungen zudem auch das Ergebnis meiner eigenen bewegten Lebensgeschichte sind.

 
1969 habe ich  angefangen Lieder in Mundart zu schreiben und stand so schon bald vor dem Problem der Schreibweise. Ungebildet wie ich war, begann ich das Pulver neu zu erfinden, ich kannte die literarischen Schreibbeispiele entweder nicht oder sie schienen mir zu "meiner Mundart“ nicht recht zu passen. Ein Beispiel: Die Heimatzeitung schrieb für "jetzt“ immer "iatz“, obwohl jedermann "aejtz“ sagt. Dieses "aejtz“ wird von anderen zwar auch "ejtz“ geschrieben, doch wir sagen nicht "e“ vorne, sondern "a-e“. Diese Probleme mit der Schreibweise hängen natürlich auch damit zusammen, dass es bei uns keine Buchstaben für die Besonderheiten unserer Vokale gibt, es gibt bekanntlich das helle a, aber auch das langezogene "aa“ oder ein a, das fast wie ein o klingt. Wir Zwiesler sagen z.B. für Mann "Mo“ und nicht "Ma“, wie etwa viele anderen Waldler, und wir sagen "schee“ und nicht "schä“, wie anderswo. Aber über diese Dinge haben sich Berufenere geäußert und ich merke das eigentlich nur nebenbei an. In meiner Schreibweise bemühe ich mich halt, möglichst der Lautschrift nahe zu kommen, obwohl die meisten Autoren in Bayern sich mehr der Hochsprache in der Schreibweise anlehnen, so schreiben sie etwa "Wurst“, obwohl jedermann "Wuascht“ sagt. Das auch in der Schriftsprache das hochdeutsche "st“, in Süddeutschland allgemein als "sch“ gesprochen wird, wollte ich bei meiner Annäherung an die Lautspsprache nicht mitmachen, darum schreibe ich auch "sch“, wo ich "sch“ sage, auch wenn sich das anfangs etwas eigenartig liest. Ähnliches gilt auch für die Endungen "er", die als a gesprochen werden. So halte ich es auch bei vielen anderen Worten, ich versuche zu schreiben, wie ich es im Ohr oder auf der Zunge habe. Dies auch, um nachgeborenen Bayern sprachlich ein wenig auf die Sprünge zu helfen, weil beim gegenwärtigen Trend der Sprachglobalisierung zu befürchten ist, dass in einigen Jahrzehnten die Mundart noch weiter verhochdeutscht und verenglischt oder gar verschwunden ist. (In München sollen schon heute nur noch zwei Prozent der Kinder bayerisch sprechen).

 
Und doch- das möchte ich unterstreichen, war ich nie ein Spracheiferer, Beweggrund für ein Lied war mir immer ein inhaltliches Anliegen. Dass ich dies vorwiegend in meiner  Muttersprache tat, sollte selbstverständlich sein und keiner Erklärung bedürfen. Dies ist in unseren Breiten aber leider alles andere als selbstverständlich, wie die Realität zeigt. Ich habe mich immer für die sprachliche Anbiederung an Preussen und Amerikaner geschämt, aus der ich mangelndes Selbstbewußtsein und Unterwürfigkeit zu spüren glaubte und habe mir immer die Schweizer und Wiener zum Vorbild genommen. 

 
Aus dem beschriebenen Umstand, dass immer der Inhalt eines Liedes für mich Priorität hatte,  habe ich stets versucht mich nicht – der Mundart zuliebe –  zu Reimen verleiten lassen, die mit meinem Anliegen nichts zu tun hatten. Doch ich habe dies nicht leichtfertig gemacht und oft lange nach treffenden mundartlichen Umschreibungen gesucht.

 
Heute mische ich in Liedern gelegentlich mit Absicht Dialekt und Hochsprache, so wie man eben heute allgemein so spricht, manchmal auch, weil es für viele meiner Themen im altbayrischen keine Entsprechung gibt.

Zu Eigenheiten meiner Schreibweise:

Ich verzichte heute auf Auslassungszeichen, weil ich die apostroph-zerhackten Texte nicht mehr ertrage. Zum anderen beziehen sich die Auslassungszeichen ja immer auf die Hochsprache, und suggerieren, dass jedes Wort von ihr abgeleitet ist und der Dialekt also nur eine Art verkommene Hochsprache ist. Doch ist diese selber nur ein willkürliches Produkt, weil eben einmal Herr Luther, der kein Süddeutscher war, für seine Bibelübersetzung seine eigene Sprache zum Maßstab aller Dinge machte und ich mag sie nicht als Evangelium anerkennen.

Manchmal gehen Wörter klanglich miteinander Verbindungen ein und man müßte sie "gewaltsam“ in ihre Bestandteile zerlegen, was mir manchmal als unangemessen erscheint. Wenn ich z. B. "habe ich“ meinte, habe ich lange "hob i“ geschrieben. Da ich aber "howe“ sage, habe ich mich nun auch zu dieser Schreibweise entschlossen. Bei "er“ ist es ähnlich, ich sage nicht "er“, sondern ea, im Unterschied etwa zu "ihnen“, da schreibe ich "eah“. Das klingt kompliziert, für Bayern ist es das aber nicht, schon nach ein paar Seiten hat man sich in meine Schreibweise eingelesen. Für Nichtbayern ist es wohl schwerer. Da es von allen Liedern aber Aufnahmen gibt und die Liedertexte auch Geschmack auf die Lieder machen sollen, kann ich nur auf die erhältlichen Audio CDs oder den MP3-Download verweisen. Wem die Mundart aber weiter fremd und unverständlich bleibt, der muß sich halt mit meinen über hundert schriftdeutschen Lieder begnügen ...

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