10.1.08 System versagt (in PNP am 11.1.abgedruckt mit dem Titel "Die Schwachen schützen")

Leserbrief an die PNP zum Bericht "Marx: Mindestlohn löst Armutsproblem nicht"

Bischof Marx hat sicher recht, dass die Armut nicht alleine durch Mindestlöhne beseitigt werden kann. Doch seine Hoffnung auf die Tarifparteien, wird durch die Wirklichkeit widerlegt. Wenn sich nach sechzig Jahren Marktwirtschaft zwei Drittel des Volksvermögens bei zehn Prozent der Bürger angehäuft haben und die ärmste Bevölkerungshälfte praktisch nichts besitzt, wenn mehr als die Hälfte der Einkommen durch Kapitalerträge erwirtschaftet wird, dann hat dieses System einfach versagt. Wenn dann selbst die Gewerkschaften noch immer nur egoistische Standespolitik betreiben und keine Festbeträge, sondern prozentuelle Lohnerhöhungen fordern und die Einkommensschere weiter auseinandertreiben, dann ist das eine Schande. Wer an Schlüsselpositionen sitzt, wie etwa Lokführer und Ärzte, kann seine Forderungen durchpressen, alle anderen schauen in die Röhre. Wie in der Wirtschaft gibt es keine Solidarität, jeder ist sich selbst der Nächste. Und hier ist dann der Staat gefordert. Er ist nicht da, die Starken und Reichen zu schützen, sondern die Schwachen und Armen, auch wenn Leute wie Westerwelle dreist das Gegenteil fordern. Hat man in der Antike solche Verhältnisse nicht Oligarchie und Plutokratie genannt?