Leserbrief zum Artikel in der PNP vom 31.8.06 "Darf Getreide verheizt werden?

1.9.06 Zynisch und makaber

In einer Welt, in der täglich etwa 100 000 Menschen verhungern, ist es zynisch und makaber, wenn bei uns Getreide, also quasi Brot, verheizt oder in Strom verwandelt wird.

Doch auch von der Energieeffizienz ist das Ganze, zumindest beim Getreideanbau, eine Augenwischerei. Wenn meine recherierten Zahlen stimmen, wurden 1940 pro verbrauchter Kalorie bei der manuellen Feldarbeit etwa zweieinhalb Kalorien an Nahrungsmitteln erzeugt, 1974 betrug das Verhältnis bereits 1:1. Vermutlich sind hier die Energieverschwendung für die globalen Transporte und die Herstellung der immer größeren Landmaschinen noch gar nicht berücksichtig. Die moderne Landwirtschaft verbraucht also mehr Energie als sie erzeugt und ein immer größer werdender Teil unserer Lebensmittel wächst in den Böden der Armen.

Allein die 12 EG-Staaten haben 1990 fast 30 Mio t Futtermittel aus Entwicklungsländern importiert. Schon heute ist unser Land der größte Importeur von Nahrungsmittel und wie es aussieht, wird unsere Abhängigkeit von fremden Erzeugern weiter zunehmen. "Das muß so sein!", sagt die Industrie. "Wie sollen diese Länder unsere Maschinen kaufen können, wenn wir nicht ihre Agrarprodukte kaufen?" Auch Weltbank und UNO fordern den Abbau von Handelshemmnissen und verschließen die Augen vor dem Raubbau in den Tropen und Subtropen und den sozialen und ökologischen Verwerfungen, die mit den globalen Nahrungsverschieberein verbunden sind. Ein Großteil der Nahrungs- und Futtermittelexporte ist alleine durch den Zwang zum Schuldendienst bedingt, ein Instrument, das die Peitsche der Kolonialherrn abgelöst hat.