Wir müssen unsere Heimat so entwickeln und gestalten, daß wir uns selber
darin wohlfühlen, dann fühlen sich auch die Gäste wohl. Als Beispiel, wos
hapert, möchte ich ein paar konkrete Unzulänglichkeiten bei unseren Wanderwegen
beleuchten. Einer der reizvollsten Wege ist der Kneippweg zum Schwellhäusl,
nirgendwo sonst kann man bei uns so schön Barfußlaufen und Wassertreten. Doch
seit kurzem ist der Weg nur noch für Fakire zu empfehlen, denn eifrige Helfer haben
den Weg mit spitzem Schotter ausgebessert, der teilweise sogar im Bachbett
liegt. Dies ist ein Beispiel, wie man - vermutlich ohne sich dabei etwas zu
denken- Besucher vergraulen kann. Der Schotter sollte umgehend mit Sand
abgedeckt und die Steine aus dem Bachbett gerecht werden. Oder der
Flußwanderweg Zwiesel-Regen, auch eines unserer Kleinode, war erst im Juni
begehbar, weil solange der Schneebruch nicht aufgearbeitet war. Oder die Praxis
einiger Landwirte über ausgewiesene Wanderwege Elektrozäune und Stacheldraht zu
spannen! Der Arbeitsaufwand die Weide zu teilen und den Weg auszusparen dürfte
doch wohl nicht so schwer sein. Oder wenn - wie gerade eben wieder vielerorts
geschehen - in der langersehnten Hitzeperiode großflächig geodelt wird! Will man
die Gäste absichtlich vergraulen oder ist es auch hier mangelnde Überlegung?
Überhaupt Wanderwege: selbst zwischen den Dörfern um Zwiesel herum sind im
Winter nur die Fahrstraßen geräumt. Gerade die älteren Gäste wollen aber nicht
nur Skifahren sondern in der Natur spazierengehen. Es müße auch gar nicht
geräumt sein, schon eine breite Bulldogspur würde genügen. Ein Mißstand sind
auch die "Bäderstraßen" die aus vielen Dörfern in die Wälder führen.
Der Wanderer stolpert über die scharfkantigen Reste der Badezimmermoden der
letzten Jahrzehnte, über Bauschutt und Dachziegel. Kann man den Schutt nicht
abdecken? Oder auf die Deponie fahren?
Sich für den Tourismus entscheiden heißt, sich für das Dienen zu
entscheiden.
Doch - wenn ich mich in meiner Region umsehe - wie sollen die stolzen
Bauern, Glasmacher und Holzhauer, dienen können? Sie, die ihrem alten Tagwerk
nachtrauern, sie, die stöhnen unter den ungeliebten Großstädtern, die wie die
Heuschrecken ihr Land heimsuchen, ihnen die Preise verteuern und die Straßen
verstopfen? Dienen, das heißt, dem fremden Menschen zu Diensten sein, mit Liebe
ihm seine freien Tagen versüßen, ihm das geben, was er zu Hause in den großen
unwirtlichen Städten nicht hat, nach was er sich das ganze Jahr sehnt. Das
verlangt ein geradezu übermenschliches Maß an Liebe und Einsicht, das verlangt
die Fähigkeit sich selber zurückzunehmen, sich in den anderen denken und fühlen
zu können, dies verlangt eine Qualität und Intensität an Edelmut (und: an
Prostitution!) die man höchstens bei Heiligen findet.
Leserbrief an den Bayerwaldboten zu den Berichten über
Tourismusförderung
Wir werden uns entscheiden müssen, welchen Weg wir für die Zukunft
wählen: Förderung des Massentourismus durch weitere Steigerung von Remmidemmi
(Horrorvision: die freie Landschaft beschallen, wie beim Glasberger Lift, Mac
Donald als Portier für den Zwieseler Winkel, noch mehr Verkehr durch weiteren Autobahnzubringer,
Verzicht auf die einmalige Chance der Nationalparkerweiterung usw.), oder der
Bayerische Wald als Erholungs-, Natur- und Kulturregion.
Wirtschaft und Politik tun sich naturgemäß schwer, man möchte das eine,
ohne das andere zu lassen, ja, man möchte alles: man möchte Kurort sein und
gleichzeitig Industriestandort, man möchte mit unberührter Natur werben und
Waldbau mit dem Harvester betreiben, man möchte die Wirtschaftskraft von
Kasernen - doch keinen Gefechtslärm, man möchte immer mehr Straßen - aber
keinen Verkehr, man möchte das Geld der Urlauber, aber nicht die Urlauber, man
möchte leben wie die Städter - und dabei Waldler bleiben usf.
Der Wunsch auf möglichst viel Beinen zu stehen ist verständlich, nur
darf das eine Bein nicht zerstören, was das andere zum Stehen braucht. Nur wenn
man nicht überall alles will und maßvoll dosiert, wird sich doch manches
miteinander vereinbaren lassen, anderes dagegen überhaupt nicht.
Unser Kapital ist die wunderbare Landschaft, die vergleichsweise intakte
Natur und der damit verbundene Erholungswert. Das ist es auch, was die
Großstädter in ihren freien Tagen suchen! Unwirtlichkeit, Gesichtslosigkeit,
Lärm und Verkehr haben sie zu Hause genug. Darum ist es ein Irrweg, wenn die
Urlaubsregionen alle städtischen Verrücktheiten imitieren, verschämt ihre
gewachsenen Eigenheiten abstreifen und sich und ihre Heimat prostituieren.
Schön wäre es, wenn es uns gelänge das gute Eigene zu bewahren und es
mit gutem Neuen zu verbinden, zum Nutzen für uns und unsere Gäste.
Doch zu allererst müssen wir es schaffen den Durchgangsverkehr
einzudämmen, denn wenn wir zum Transitland verkommen können wir unsere
touristischen Hoffnungen sowieso begraben.
LB an BB/ nicht abgeschickt / Beispiel für die verschiedenen Entwürfe
für einen leserbrief
(1. Fassung)
Die Beschwörungen zum Erhalt der Regener Kaserne scheinen mir eher
kurzsichtig. Wir werden uns entscheiden müssen, was wir zukünftig haben wollen:
Einen expandierenden Militärstützpunkt mit einer Erweiterung des
Standdortübungsplatzes und eine nicht zu übersehende zukünftige Nützung durch
erweitertes übernationales Aufgabenfeld, oder die weitere Entwicklung zu einer
Urlaubs- und Erholungsregion. Denn was gibt es Traurigeres für einen Erholungssuchenden,
als Kanonendonner, MG-Salven und Panzerschlachten. Regen selber bekommt dabei
in den meisten seiner Stadtteile kaum etwas mit, hauptbetroffen sind die
Gemeinde Langdorf aber auch Teile von Zwiesel.
Wenn die Chance heute wirklich bestehen sollte, die Kaserne loszuwerden,
dann ist das eine Chance, die vielleicht in hundert Jahren nicht mehr
wiederkommt. Kurzfristig mag es für die vom Kasernenbetrieb Lebenden
wirtschaftlich tragisch sein, doch langfristig wäre es ein Segen. Die
Kasernenbauten könnten die bestehende Wohnungsnot lindern und aus dem
umfangreichen Areal könnte ein Natur-, Erholungs-, Sport- oder sonstwie
genutzes Zentrum entstehen, damit andere, zivile Arbeitsplätze.
2. Fassung
Urlauber sind untreu, wir wissen es von uns selber. Wenn wir eine Weide
abgegrast haben, bzw. wenn uns anderswo das Gras grüner erscheint, wechseln wir
zu dorthin. Erst recht (um bei dem Bild zu bleiben) wenn die alte Weide von
ihrem Kapital einbüßt, was bei uns sind: Natur, Ruhe, Urtümlichkeit, Gemütlichkeit.
Wegen unserer schönen Straßen kommt niemand zu uns, auch nicht wegen
unserer Einkaufsmöglichkeiten, denn diese Dinge haben die Leute auch zu Hause
in ihren unwirtlichen Städten.
Gerade diejenigen Mitbürger aber, die ihr Lebtag "hinterm Ofen
gesessen sind", also höchstens mal zum Einkaufen oder zum Urlaub die
Heimat verlassen haben, scheinen mir oftmals die wahren Werte unserer Heimat am
wenigsten zu schätzen. Sie wollen alles genauso haben, wie man es anderswo auch
hat. Ihre Spur erscheint dem, der nach längerer Zeit wieder heimkehrt, wie eine
Schneise der Verwüstung, auf zehn Zerstörungen kommt eine Verbesserung. Doch
die eigenen Spuren sind immer nur den anderen sichtbar, es sei denn, man macht
eine Kehrtwendung. Ich weiß, daß man für jede Zerstörung hundert
Entschuldigungen anführen kann, und irren werden wir, wie Goethe sagte, solange
wir streben. Dennoch sollten wir wenigstens immer wieder versuchen in die
richtige Richtung zu gehen. Einige Beispiele. Nichts tun, was die Tendenz uns
zum Transitland zu machen unterstützt. Aufhören mit dem Straßenneubau, den
ständigen Verbreiterungen und Begradigungen, dem blindwütigen Abholzen und dem
Nivelieren unserer gewachsenen Besonderheiten. Oder die Forderung nach
Vergrößerung des Manövergeländes in Regen! Was gibt es deprimierenderes als
Panzerschlachtenlärm inmitten eines Erholungsgebietes! Mag sein, daß es viele
Regener gar nicht mitbekommen, die angrenzenden Orte können ein trauriges Lied
davon singen.
Und schon wird konkretes Begehren auf Erweiterung des
Standortübungsplatzes laut. Kurz: In ein Erholungsgebiet paßt keine Panzerarmee
und Urlauber und Einheimische werden sich diese Zumutung zukünftig immer
weniger gefallen lassen. Die gegenwärtigen Überlegungen zur Auflösung der
Kaserne sind daher auch wirtschaftlich gesehen kein Unglück, sondern eine
einmalige Chance.
3. Fassung
Eine Kaserne ist nichts, auf das man dauerhaft wirtschaftlich bauen
könnte, im Gegenteil. Das Kapital des Bayerischen Waldes ist der Erholungswert
der wunderschönen Landschaft. Eine Kaserne, bzw. Kanonendonner und MG- Geratter
ist ziemlich das Letzte, was erholungsbedürftige Urlauber hier suchen. Wir
sprechen aus Erfahrung! In den letzten Jahren haben wir in Regen, Langdorf und
bei Zwiesel unseren Urlaub verbracht und sind dabei wiederholt mit dem
Gefechtslärm der übenden Panzerbrigade konfrontiert worden, was uns jede
Urlaubstimmung geraubt hat. Wir meiden heute deswegen diese reizvollen Orte und
wohnen lieber in der Nationalparkregion oder quartieren uns im Böhmerwald ein.
Nach unserer Auffassung wäre die Auflösung der Kaserne in Regen für die
Urlaubsregion Bayerischer Wald eine Chance, wie sie so schnell nicht mehr
kommt. Bleibt die Kaserne, soll das Manövergelände ja sogar noch erweitert
werden. Das wäre wohl alles andere als eine Förderung des Fremdenverkehrs.
Vergessen Sie nicht: Die Urlaubsmöglichkeiten haben sich durch die Grenzöffnung
nach Osten vermehrt, der Konkurrenzdruck wird steigen. Die Gefahr Transitland
zu werden, ist für den Bayerischen Wald groß. Die Waldler werden sich
entscheiden müssen was sie wollen, entweder den konsequenter Ausbau zur
Urlaubsregion mit Erhöhung der Lebensqualität oder Ausbau des Manöverbetriebes,
des Transitwegebaus, der weiteren Industriealisierung, der Intensivierung der
Landwirtschaft usw. Alles gleichzeitig kann man nicht haben. Wer das nicht
begreift, kann leicht alles verlieren."