Gedanken zur Todestrafe

 

„Auge um Auge, Zahn um Zahn“, das war nach Jesus das alte Racheprinzip seit Urzeiten. Es galt und gilt auch immer schon im Tierreich, wobei man hier schon die wesentliche Einschränkung anführen muß: es galt nur unter Gleichstarken oder von Starken zu Schwachen. So ist es geblieben bis sich in der Neuzeit in demokratisch verfassten Völkern der Gerechtigkeitsgedanke Raum verschafft hat, der besagt, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Leider sind aber auch bei uns einige „gleicher“ als die anderen, sie können sich freikaufen oder von an wirklicher Gerechtigkeit nicht interessierten Advokaten freitricksen lassen, aber das ist hier nicht das Thema.

Wenn man an das Thema „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ rein sachlich herangeht, also ethische Überlegungen erst einmal weglässt, dann wäre dieses Prinzip nur gerecht, wenn der Schaden, der anderen zugefügt wird, wirklich durch die Zufügung desselben Schadens als Bestrafung des Übeltäter auch möglich wäre. In vielen Fällen bestünde wohl die Möglichkeit, wenn man den Täter erwischt und dieser auch wirklich der Täter ist. In vielen anderen Fällen ist dies aber nicht möglich, etwa weil Schäden etwa durch multible Umweltgifte verursacht werden, die aber nur schwer zu beweisen sind und meistens zu einer unübersehbaren Zahl von Verantwortlichen führen, von den Herstellern bis zu den Anwendern schädlicher Produkte. Dabei bewegen sich derartig verursachte Schäden in kaum erfassbaren Dimensionen. Das heißt also, diese Verletzungen, die einem nicht nur einen Zahn oder ein Auge kosten, sondern oft sogar mit ihren Folgeschäden weit in die Zukunft reichen und unabsehbare viele Generationen schädigen, sind kaum einer Gerechtigkeit bzw. einer angemessenen Vergeltung zuführbar.

Auch in den Fällen, wo absichtlich anderen Gewalt angetan wird bis zur Ermordung, wird heute nur ein kleiner Teil erfasst und bestraft, denn wer bestraft die Staatsmänner, die Kriege führen und andere Menschen durch Soldaten töten, verletzen oder zu Waisen oder Witwen machen?

 

Ich glaube jeder von uns kann es nachfühlen, wenn die Angehörigen von Ermordeten für die Täter die Todestrafe fordern. Oder für diejenigen die Sprengfallen bauen und vergraben, damit Menschen getötet und verstümmelt werden, oder für diejenigen, die mit voller Berechnung Bomben zünden, um andere zu töten. Doch wann würden je die Verantwortlichen für ihr mörderisches Tun zur Verantwortung gezogen? Die Sieger von Kriegen schon gar nicht. Sicher wäre es angemessen, die Täter zu töten, sie nur ein paar Jahre einzusperren ist eine Beleidigung für die Opfer. Doch da die Erfassung der Mörder nur zu einem kleinen Teil möglich ist und es selbst in diesen Fällen oft genug Justizirrtümer gibt, ist die Todestrafe keine Lösung.

 

 

23.11.01 Kardinal Meissner für Todesstrafe

 

Kardinal Meissner, soll gesagt haben, daß die USA das Recht haben Bin Laden zu töten. Wenn dies ein fanatischer Mullah oder ein radikaler Rabbi sagt, dann ist man von diesen Seiten derartiges ja gewöhnt. Wenn aber ein christliches Oberhaupt zur Blutrache des alten Testamentes zurückkehrt und die zentralste christliche Forderung, die der Feindesliebe mißachtet, dann sollte er sich fragen, ob er den richtigen Beruf hat. Solche Aussagen von einer christlichen Leitfgur, in einem Land, in dem die Todesstrafe verboten ist, und in einer Zeit, wo Meinungsumfragen in den Staaten sogar eine Billigung des Einsatzes von Atombomben melden. Mein Mitgefühl gilt den Opfern der Wahnsinnstat von New York, doch ebenso den Opfern in Afghanistan, wo ferngelenkte Höllenmaschinen unterschiedslos töten, ohne daß ein Richter zuvor die Schuld oder Unschuld der Opfer feststellt. Der Blutrausch des alten Testamentes hat unsere westliche und ach! so christlichen Zivilisation ergriffen und sie zeigt ihre furchtbare Fraze, von der ich glaubte, daß es sie gar nicht mehr gibt.

 

 

 

3.12.05 Erfolglose Unbarmherzigkeit

Leserbrief an die PNP

Nun wurde in den USA der tausendste Straftäter hingerichtet. Außer in China werden in keinem Land so viele Todesstrafen vollstreckt. 154 der tausend Tötungen fallen in die direkte Verantwortung von Präsident  George Bush, als er noch Gouverneur in Texas war. In der grausigen Statistik verstecken sich auch behinderte Hingerichtete und - bis vor kurzer Zeit auch Kinder. Nur mit knapper Mehrheit fiel im vergangenen Jahr die Entscheidung, dass Kinder unter Fünfzehn nicht mehr hingerichtet werden dürfen. Über zwei Millionen US-Bürger - überwiegend arme und farbige - sind heute in Lagern und Zuchthäusern eingesperrt. Und auf dem Nährboden dieser Justiz, die jedes Maß verloren hat, wachsen dann auch internationale Strafaktionen, wie die jüngsten Kriege mit ihren Bombardements und den Folterlagern. Doch in der amerikanischen Verbrechensrate zeigt sich die Erfolglosigkeit ihrer umbarmherzigen Justiz.

Und dass ihr kriegerisches Vorgehen irgendwo auf der Welt Frieden schaffen könnte, kann ich auch nicht erkennen."