Leserbriefe zu Straßenbauthemen

9.2.04 Neuer Autobahnzubringer?

Leserbrief an BB-Zwiesel

 

Obwohl wir bereits eines der dichtesten Straßennetze auf der Welt haben, fand sich im Zwiesler Stadtrat nur eine Gegenstimme gegen die Forderung eine weitere Autobahnanbindung durch das wunderbare Tal der Rinchnach und durch das Kirchberger Bauernland zu bauen. Eine neue Straße durch eine solche verletzliche Landschaft zu brechen – mit allen zerstörerischen Folgewirkungen – ist in meinen Augen ein Verbrechen, wenn auch nicht aus Bosheit, so doch aus Verblendung! Trotzdem schon soviel Heimat zerstört wurde und man die großen Betriebe mit Fördergelder und Abschreibungsmöglichkeiten zuschüttete - sie sahnen ab, solange es geht, und dann verschwinden sie. Zuerst nach Tschechien oder Ungarn und wenn die Löhne dort einmal steigen und die EU-Millionen ausbleiben, werden sie noch weiter weggehen. Vielleicht bauen sie zu diesem Zweck bald rollende Fabriken, einen fahrbaren Glasöfen hat Schott für Ungarn ja schon bauen lassen, nach den Erfahrungen in Tschechien... 

Dieser Wettlauf ist nicht zu gewinnen, liebe Politiker begreift das doch endlich! Was uns am Ende bleibt sind betonierte Strukturen, in denen auch niemand mehr seinen Urlaub verbringen mag, denn Uniformität und Unwirtlichkeit haben die Urlauber ja auch zu Hause. Wer sich die Hässlichkeit unserer Gewerbegebiete und die Gesichtslosigkeit vieler Orte in Niederbayern ansieht, der kann doch mit Händen greifen, was wir verloren haben. Und was haben wir gewonnen?

Neue Straßen ziehen den Verkehr weiter an und wer den Transitverkehr derart fördert, fördert auch die Abwanderung der Betriebe nach dem Osten, denn jede gewonnene Minute macht die Produktionsverlagerung lukrativer. Und am Ende werden wir auch den Schwerverkehr in unseren Tälern haben. Wir hätten ihn längst, wenn sich bisher die Tschechen nicht verweigert hätten.

 

6.12.99 Unglaubliche Forderung!

Die Forderung nach einer Autobahn durch den Zwiesler Winkel verschlägt einem die Sprache! Der Blick in den Kalender hilft auch nicht – kein 1. April, kein Fasching – war das also eine ernsthafte Forderung des SPD-Stadtrates Hugo Singer? Erst die Blockadehaltung der SPD gegen die Parkerweiterung, die Zwiesel wirtschaftlich schwer geschadet hat, dann die rücksichtslose Sperrung der Innenstadt und jetzt das! Ich dachte, es gäbe wenigstens darüber einen gemeinsamen Nenner, daß man die Heimat in ihrem Wert steigern will und die touristischen Grundlagen erhalten! Glaubt wirklich jemand ernsthaft, daß der Zwiesler Winkel eine andere Chance zu überleben hat als touristisch? Eine Autobahn würde Ökologie und Lebensqualität zerstören, also unsere touristischen Grundlagen!

Wir sind schon auf dem Weg dorthin, weil unser Winkel seit der Grenzöffnung schwer durch den Transitverkehr belastet ist. Wer mit einem weiteren Autobahnzubringer immer mehr Verkehr anlockt, fördert diese unselige Entwicklung! So sehr ich mich über die bevorstehende Fertigstellung der Regener Umgehung freue, so gewiß ist auch, daß mit jeder derartigen Erleichterung zusätzlicher Transitverkehr angezogen wird. Wie lange wird es noch dauern, bis die Wirtschaft massiv die Freigabe des Grenzübergangs für den Güterschwerverkehr fordern wird? (Zu unserem Glück haben das bislang die Tschechen verhindert.)

Herr Singer und alle die denken wie er, sollten nach Tirol fahren und mit den Bewohnern des Inntales sprechen, denn diese leiden massivst unter dem Durchgangsverkehr. Und solches möchte Herr Singer auch uns als "Fortschritt" bescheren?

 

2.8.83 Angst um die alte Heimat

LB an BB

Es gibt Vorgänge, die auch einen Barden zwingen, die Versform gegen die klarere Prosa zu vertauschen. Dieser Tage bin ich bestürzt vor der Schneise gestanden, die derzeit Bagger in das Tal des Kleinen Regens fressen.

Nun haben sie also doch begonnen, diese unselige, sieben Kilometer lange Straße zu bauen, die den weitgehend unberührten süd- und südöstlichen Zwieseler Ortsrand bis zur Unkenntlichkeit verändern wird. Denn eines ist doch hoffentlich klar: die Straße wird im Gefolge nicht nur Lärm und Abgase bringen, sondern langfristig einen Rattenschwanz anderer Baumaßnahmen. Vielleicht muß man erst einige Jahre in der Fremde wohnen, um zu begreifen, was dieses unerhört reizvolle Zwieseler Tal mit seiner stellenweise noch bis zur Haustür reichenden Natur wert ist. Das ist unser Reichtum! Was uns Pendler stets wieder nach hause treibt und die erholungshungrigen Großstädter zu uns reisen läßt, ist nicht der maßlos gewachsene Asphalt in unserer Stadt. Was helfen uns Straßen, die letztlich das zerstören, was sie erschließen wollen? Es gibt doch soviele abschreckende Beispiele in den Fremdenverkehrsgebieten des Alpenraumes. Müssen wir tatsächlich deren Fehler nachmachen?

Unser "Woid" ist eben nur dann "autogerecht" hinzukriegen, wenn seine Substanz auf der Strecke bleibt. Lange habe ich geglaubt, die "Umgehungsstraße" sei zur Entlastung des Stadtplatzes halt notwendig. Heute bin ich sicher, daß unser Verkehrsproblem damit nur "umgangen" wird. Warum haben sich wohl viele unserer Geschäftsleute mit dem ehemals heftig bekämpften Straßenbau abgefunden? Etwa weil sie auf einen leeren Stadtplatz hoffen? Man braucht kein Prophet sein um zu erkennen, daß der Urlauberstrom auch in Zukunft zur Urlaubszeit die Innenstadt weiter verstopfen wird, schließlich sind wir das Einkaufs- und Freizeitzentrum in der ganzen Gegend. Oder glaubt jemand im Ernst, daß z. B. die Camper ihre Wohnwagen sieben Kilometer spazieren fahren werden, wenns durch die Stadt nur zwei Kilometer sind?

Was bringt das alles letztlich uns Zwieselern? Fortschritt? Wohin, muß man da wohl fragen. Wenn wir so weiterhausen (wie man hört sind noch die abenteuerlichsten Projekte zur "Modernisierung" Alt-Zwiesels im Busch)´, werden uns unsere Kinder einmal verfluchen für unsere Gleichgültigkeit. Wenn sich bei ihnen überhaupt noch ein Heimatgefühl entwickelt kann, denn mit jeder Begradigung, Verbreiterung, Asphaltierung wird Zwiesel ein Stück uniformer, austauschbarer...

Was habe ich gehofft, daß den Straßenbauern das Geld ausgeht! Mit mir (wie eine Unterschriftensammlung einmal ergeben hat) tausende von Zwieseler Mitbürgern. Aber so einfach scheint sich dieses Problem nicht zu lösen, wir alle sind aufgerufen, unseren Stadtvätern Zivilcourage abzuverlangen. Wer A gesagt hat, muß nicht immer auch B sagen! Was gestern richtig erschien, muß noch lange nicht auch in Zukunft richtig sein! Wer meint, daß uns die Straße nichts kostet irrt - sie kostet uns vielleicht unsere Heimat.

Ich bitte alle Zwieseler, einen der nächsten Sonntagsausflüge nicht irgendwo in der Ferne zu verbringen, sondern einmal die geplante Trasse abzuwandern. Vielleicht erklennen sie dann, daß es bei uns (noch) sehr schön ist. Man braucht heute nicht mehr viel Vorstellungskraft, die angefangene Schneise im Kopf weiterzugraben - durch den Flanitzer Woid, übers Lichtenthaler Bergal, um den Klotzer herum. Es wäre zu schön, wenn die heute entstehende Brücke einmal als Denkmal von einer Zeit künden würde, in der die Zwieseler die Nase voll hatten von diesem geteerten Fortschritt...!

 

15.7.80 Dank für Sand im Getriebe

LB an MZ

Nach meinem ersten Leserbrief vor zwei Jahren, in welchem ich mich im Hinblick auf unser Internat besorgt über den geplanten Bau der Ortsumgehung geäußert habe, möchte ich mir heute abermals einige Anmerkungen erlauben. Zuallererst möchte ich mich im Namen unser jährlich ca. 500 jugendlichen Heimschüler bei den bäuerlichen Landeigentümern sowie beim Bauernverband dafür bedanken, daß ihr geschlossener Widerstand den notwendigen Sand ins Getriebe der Straßenbauer brachte. Ebenfalls Dank an die Bürger und Stadtväter, die zumindest eine Tieferlegung der Trasse erkämpft haben.

Dennoch bleiben wir durch unsere vorgeschobene Lage die Hauptbetroffenen. Wenn seinerzeit Stadtrat Schneider in seinem Antwortleserbrief auch unüberhörbar zynisch gemeint hat, Jugendliche könnten Verkehrslärm quasi als Abhärtungsfaktor auffassen, so war das sicher nur Rhetorik. Im Gesetz für jugendwohlfahrt vom 20.6.66 § 78 wird in den entsprechenden Richtlinien zu diesem Thema aber Gottseidank eine klare Aussage gemacht: "Heime dürfen nicht an verkehrsreichen Straßen liegen".

Immer wieder wird uns von kompetenten Besuchern bestätigt, daß die bauliche Ausstattung und Lage unsere Schülerheims vorbildhaft sei. Beim Hinweis auf die geplante Umgehungsstraße schütteln dann immer alle ungläubig den Kopf. Es leuchtet einfach niemandem ein, daß ein öffentlicher Bau durch eine andere öffentliche Baumaßnahme dermaßen wertgemindert werden dürfe. Auch der Begriff "Schildbürgerstreich" ist schon des öfteren gefallen.

 

 

26.6.78 Umgehungsstraße

LB an MZ

Bedingt durch meine Funktion als Internatsleiter habe ich die Pflicht der allgemeinen Debatte über die Trassenführung der geplanten Ortsumgehung einige, für unser Internat sehr entscheidende Aspekte hinzuzufügen.

Wie ich der MZ vom 7.6. entnahm, soll die eine der aufgeführten Strecken 108 Meter östlich an der Berufsschule vorbeiführen. In vordester Front liegt unser Schülerheim, in dem für 70 Heimschüler und die Bediensteten des Hauses die Schlafräume nach Osten hin ausgerichtet sind. Mit gutem Grund haben die Planer diese räumliche Aufteilung gewählt und den Schlaftrakt in die ruhigste Zone gelegt.

Naheliegend, daß durch die Realisierung der angeführten Trasse die Wohnqualität des Schülerhiems entscheident gemindert würde. Selbst kostspielige bauseitige Veränderungen, wie eine immerhin mögliche schalldichte Verriegelung der Fenster und der dadurch zwingend notwendige Einbau einer Klimaanlage würden, falls sie überhaupt erfolgen würden, die derzeitige Wohnqualität existenziell verändern.

Wie die jüngsten Erfahrungen an heißen Tagen gezeigt haben, staut sich auch bei tagsüber abgedunkelten Fenstern, bedingt durch den Sonnenkollektoreffekt der großen Glasflächen, die Hitze dermaßen in den Schlafräumen, daß nachts nur bei weit geöffneten Fenstern an Schlafen gedacht werden kann.

Die zu erwartende Lärmbelästigung von der Umgehungsstraße her, würde mit Sicherheit die Grenzen des Erträglichen weit überschreiten. Von gesundheitlichen Störungen der Schüler einmal abgesehen, hätte der Verkehrslärm auch störende Auswirkungen auf die Lernsituation der Schüler, die in ihren Schlafräumen zugleich auch ihre Studierzeit ableisten.

Pädagogische Probleme, wie Rechtfertigung der Zimmerverteilung, der mit einem Male unterschiedlichen Wohnwert aufweisenden Schlafräume, wird mit Sicherheit disziplinäre Konflikte geradezu entfachen. Dazu gehört auch die Durchsetzung der in der Heimordnung festgelegten Hausruhe ("Da kommts auf unseren Lärm auch nicht mehr an!")

Des weiteren möchte ich zu bedenken geben, daß unser Sportplatz nur durch eine relatib hohe Umzäunung bespielbar bleiben könnte, denn von unserem östlichen Fußballtor führt die Straße nur zirka zehn Meter vorbei. Der hohe Zaun wiederum wird wegen des freizuhaltenden Überholsichtswinkels evtl. gar nicht erstellt werden dürfen.

Abschließend möchte ich aber versichern, daß ich die Notwendigkeit einer Ortsumgehung durchaus einsehe. Da unser Schülerheim durch die Straße wohl am meisten betroffen wäre, muß ich dennoch gegen die bekannte Trassenführung protestieren. Auch ich finde es sehr schade, daß die andere mögliche Trasse zwischen der Gartenstadt und Stockheim gute Äcker zerschneidet und auch um vier Hektar mehr Land "fressen" würde. Aber der Schutz von heranwachsenden Menschen vor einem Hauptübel unserer Zeit, dem immer weiter anwachsenden, aggressiv machenden Lärm, scheint mir doch Vorrang zu haben. Die Möglichkeit durch einen entsprechenden Geländeeinschnitt auf Höhe des Schülerheims allzugroße Lärmbelästigung zu vermeiden, wäre die andere brauchbare Lösung.

Wenn ich als Neubürger Bad Wörishofens die Hintergründe der vorausgegangenen Planungen auch nicht kenne, so scheint mir die Vorsätzlichkeit, mit der das eine öffentlich finanzierte Straßenprojekt unser eben erst fertiggestelltes, wiederum mit Steuergelder Schulprojekt wertmindert, geradezu grotesk.