Leserbrief an BB-Zwiesel
Obwohl wir bereits eines
der dichtesten Straßennetze auf der Welt haben, fand sich im Zwiesler Stadtrat
nur eine Gegenstimme gegen die Forderung eine weitere Autobahnanbindung durch
das wunderbare Tal der Rinchnach und durch das Kirchberger Bauernland zu bauen.
Eine neue Straße durch eine solche verletzliche Landschaft zu brechen – mit
allen zerstörerischen Folgewirkungen – ist in meinen Augen ein Verbrechen, wenn
auch nicht aus Bosheit, so doch aus Verblendung! Trotzdem schon soviel Heimat
zerstört wurde und man die großen Betriebe mit Fördergelder und
Abschreibungsmöglichkeiten zuschüttete - sie sahnen ab, solange es geht, und
dann verschwinden sie. Zuerst nach Tschechien oder Ungarn und wenn die Löhne
dort einmal steigen und die EU-Millionen ausbleiben, werden sie noch weiter
weggehen. Vielleicht bauen sie zu diesem Zweck bald rollende Fabriken, einen
fahrbaren Glasöfen hat Schott für Ungarn ja schon bauen lassen, nach den
Erfahrungen in Tschechien...
Dieser Wettlauf ist
nicht zu gewinnen, liebe Politiker begreift das doch endlich! Was uns am Ende
bleibt sind betonierte Strukturen, in denen auch niemand mehr seinen Urlaub
verbringen mag, denn Uniformität und Unwirtlichkeit haben die Urlauber ja auch
zu Hause. Wer sich die Hässlichkeit unserer Gewerbegebiete und die
Gesichtslosigkeit vieler Orte in Niederbayern ansieht, der kann doch mit Händen
greifen, was wir verloren haben. Und was haben wir gewonnen?
Neue Straßen ziehen den
Verkehr weiter an und wer den Transitverkehr derart fördert, fördert auch die
Abwanderung der Betriebe nach dem Osten, denn jede gewonnene Minute macht die
Produktionsverlagerung lukrativer. Und am Ende werden wir auch den
Schwerverkehr in unseren Tälern haben. Wir hätten ihn längst, wenn sich bisher
die Tschechen nicht verweigert hätten.
Die Forderung nach einer Autobahn durch den Zwiesler Winkel verschlägt
einem die Sprache! Der Blick in den Kalender hilft auch nicht – kein 1. April,
kein Fasching – war das also eine ernsthafte Forderung des SPD-Stadtrates Hugo
Singer? Erst die Blockadehaltung der SPD gegen die Parkerweiterung, die Zwiesel
wirtschaftlich schwer geschadet hat, dann die rücksichtslose Sperrung der Innenstadt
und jetzt das! Ich dachte, es gäbe wenigstens darüber einen gemeinsamen Nenner,
daß man die Heimat in ihrem Wert steigern will und die touristischen Grundlagen
erhalten! Glaubt wirklich jemand ernsthaft, daß der Zwiesler Winkel eine andere
Chance zu überleben hat als touristisch? Eine Autobahn würde Ökologie und
Lebensqualität zerstören, also unsere touristischen Grundlagen!
Wir sind schon auf dem Weg dorthin, weil unser Winkel seit der
Grenzöffnung schwer durch den Transitverkehr belastet ist. Wer mit einem
weiteren Autobahnzubringer immer mehr Verkehr anlockt, fördert diese unselige
Entwicklung! So sehr ich mich über die bevorstehende Fertigstellung der Regener
Umgehung freue, so gewiß ist auch, daß mit jeder derartigen Erleichterung
zusätzlicher Transitverkehr angezogen wird. Wie lange wird es noch dauern, bis
die Wirtschaft massiv die Freigabe des Grenzübergangs für den
Güterschwerverkehr fordern wird? (Zu unserem Glück haben das bislang die
Tschechen verhindert.)
Herr Singer und alle die denken wie er, sollten nach Tirol fahren und
mit den Bewohnern des Inntales sprechen, denn diese leiden massivst unter dem
Durchgangsverkehr. Und solches möchte Herr Singer auch uns als
"Fortschritt" bescheren?
LB an BB
Es gibt Vorgänge, die auch einen Barden zwingen, die Versform gegen die
klarere Prosa zu vertauschen. Dieser Tage bin ich bestürzt vor der Schneise
gestanden, die derzeit Bagger in das Tal des Kleinen Regens fressen.
Nun haben sie also doch begonnen, diese unselige, sieben Kilometer lange
Straße zu bauen, die den weitgehend unberührten süd- und südöstlichen Zwieseler
Ortsrand bis zur Unkenntlichkeit verändern wird. Denn eines ist doch
hoffentlich klar: die Straße wird im Gefolge nicht nur Lärm und Abgase bringen,
sondern langfristig einen Rattenschwanz anderer Baumaßnahmen. Vielleicht muß
man erst einige Jahre in der Fremde wohnen, um zu begreifen, was dieses
unerhört reizvolle Zwieseler Tal mit seiner stellenweise noch bis zur Haustür
reichenden Natur wert ist. Das ist unser Reichtum! Was uns Pendler stets wieder
nach hause treibt und die erholungshungrigen Großstädter zu uns reisen läßt,
ist nicht der maßlos gewachsene Asphalt in unserer Stadt. Was helfen uns
Straßen, die letztlich das zerstören, was sie erschließen wollen? Es gibt doch
soviele abschreckende Beispiele in den Fremdenverkehrsgebieten des Alpenraumes.
Müssen wir tatsächlich deren Fehler nachmachen?
Unser "Woid" ist eben nur dann "autogerecht"
hinzukriegen, wenn seine Substanz auf der Strecke bleibt. Lange habe ich
geglaubt, die "Umgehungsstraße" sei zur Entlastung des Stadtplatzes
halt notwendig. Heute bin ich sicher, daß unser Verkehrsproblem damit nur
"umgangen" wird. Warum haben sich wohl viele unserer Geschäftsleute
mit dem ehemals heftig bekämpften Straßenbau abgefunden? Etwa weil sie auf
einen leeren Stadtplatz hoffen? Man braucht kein Prophet sein um zu erkennen,
daß der Urlauberstrom auch in Zukunft zur Urlaubszeit die Innenstadt weiter
verstopfen wird, schließlich sind wir das Einkaufs- und Freizeitzentrum in der
ganzen Gegend. Oder glaubt jemand im Ernst, daß z. B. die Camper ihre Wohnwagen
sieben Kilometer spazieren fahren werden, wenns durch die Stadt nur zwei
Kilometer sind?
Was bringt das alles letztlich uns Zwieselern? Fortschritt? Wohin, muß
man da wohl fragen. Wenn wir so weiterhausen (wie man hört sind noch die
abenteuerlichsten Projekte zur "Modernisierung" Alt-Zwiesels im
Busch)´, werden uns unsere Kinder einmal verfluchen für unsere
Gleichgültigkeit. Wenn sich bei ihnen überhaupt noch ein Heimatgefühl
entwickelt kann, denn mit jeder Begradigung, Verbreiterung, Asphaltierung wird
Zwiesel ein Stück uniformer, austauschbarer...
Was habe ich gehofft, daß den Straßenbauern das Geld ausgeht! Mit mir
(wie eine Unterschriftensammlung einmal ergeben hat) tausende von Zwieseler
Mitbürgern. Aber so einfach scheint sich dieses Problem nicht zu lösen, wir
alle sind aufgerufen, unseren Stadtvätern Zivilcourage abzuverlangen. Wer A
gesagt hat, muß nicht immer auch B sagen! Was gestern richtig erschien, muß
noch lange nicht auch in Zukunft richtig sein! Wer meint, daß uns die Straße
nichts kostet irrt - sie kostet uns vielleicht unsere Heimat.
Ich bitte alle Zwieseler, einen der nächsten Sonntagsausflüge nicht
irgendwo in der Ferne zu verbringen, sondern einmal die geplante Trasse
abzuwandern. Vielleicht erklennen sie dann, daß es bei uns (noch) sehr schön
ist. Man braucht heute nicht mehr viel Vorstellungskraft, die angefangene
Schneise im Kopf weiterzugraben - durch den Flanitzer Woid, übers Lichtenthaler
Bergal, um den Klotzer herum. Es wäre zu schön, wenn die heute entstehende
Brücke einmal als Denkmal von einer Zeit künden würde, in der die Zwieseler die
Nase voll hatten von diesem geteerten Fortschritt...!
LB an MZ
Nach meinem ersten Leserbrief vor zwei Jahren, in welchem ich mich im
Hinblick auf unser Internat besorgt über den geplanten Bau der Ortsumgehung
geäußert habe, möchte ich mir heute abermals einige Anmerkungen erlauben.
Zuallererst möchte ich mich im Namen unser jährlich ca. 500 jugendlichen
Heimschüler bei den bäuerlichen Landeigentümern sowie beim Bauernverband dafür
bedanken, daß ihr geschlossener Widerstand den notwendigen Sand ins Getriebe
der Straßenbauer brachte. Ebenfalls Dank an die Bürger und Stadtväter, die
zumindest eine Tieferlegung der Trasse erkämpft haben.
Dennoch bleiben wir durch unsere vorgeschobene Lage die
Hauptbetroffenen. Wenn seinerzeit Stadtrat Schneider in seinem
Antwortleserbrief auch unüberhörbar zynisch gemeint hat, Jugendliche könnten
Verkehrslärm quasi als Abhärtungsfaktor auffassen, so war das sicher nur
Rhetorik. Im Gesetz für jugendwohlfahrt vom 20.6.66 § 78 wird in den
entsprechenden Richtlinien zu diesem Thema aber Gottseidank eine klare Aussage
gemacht: "Heime dürfen nicht an verkehrsreichen Straßen liegen".
Immer wieder wird uns von kompetenten Besuchern bestätigt, daß die
bauliche Ausstattung und Lage unsere Schülerheims vorbildhaft sei. Beim Hinweis
auf die geplante Umgehungsstraße schütteln dann immer alle ungläubig den Kopf.
Es leuchtet einfach niemandem ein, daß ein öffentlicher Bau durch eine andere
öffentliche Baumaßnahme dermaßen wertgemindert werden dürfe. Auch der Begriff
"Schildbürgerstreich" ist schon des öfteren gefallen.
LB an MZ
Bedingt durch meine Funktion als Internatsleiter habe ich die Pflicht
der allgemeinen Debatte über die Trassenführung der geplanten Ortsumgehung
einige, für unser Internat sehr entscheidende Aspekte hinzuzufügen.
Wie ich der MZ vom 7.6. entnahm, soll die eine der aufgeführten Strecken
108 Meter östlich an der Berufsschule vorbeiführen. In vordester Front liegt
unser Schülerheim, in dem für 70 Heimschüler und die Bediensteten des Hauses
die Schlafräume nach Osten hin ausgerichtet sind. Mit gutem Grund haben die
Planer diese räumliche Aufteilung gewählt und den Schlaftrakt in die ruhigste
Zone gelegt.
Naheliegend, daß durch die Realisierung der angeführten Trasse die
Wohnqualität des Schülerhiems entscheident gemindert würde. Selbst kostspielige
bauseitige Veränderungen, wie eine immerhin mögliche schalldichte Verriegelung
der Fenster und der dadurch zwingend notwendige Einbau einer Klimaanlage
würden, falls sie überhaupt erfolgen würden, die derzeitige Wohnqualität
existenziell verändern.
Wie die jüngsten Erfahrungen an heißen Tagen gezeigt haben, staut sich
auch bei tagsüber abgedunkelten Fenstern, bedingt durch den
Sonnenkollektoreffekt der großen Glasflächen, die Hitze dermaßen in den
Schlafräumen, daß nachts nur bei weit geöffneten Fenstern an Schlafen gedacht
werden kann.
Die zu erwartende Lärmbelästigung von der Umgehungsstraße her, würde mit
Sicherheit die Grenzen des Erträglichen weit überschreiten. Von
gesundheitlichen Störungen der Schüler einmal abgesehen, hätte der Verkehrslärm
auch störende Auswirkungen auf die Lernsituation der Schüler, die in ihren
Schlafräumen zugleich auch ihre Studierzeit ableisten.
Pädagogische Probleme, wie Rechtfertigung der Zimmerverteilung, der mit
einem Male unterschiedlichen Wohnwert aufweisenden Schlafräume, wird mit
Sicherheit disziplinäre Konflikte geradezu entfachen. Dazu gehört auch die
Durchsetzung der in der Heimordnung festgelegten Hausruhe ("Da kommts auf
unseren Lärm auch nicht mehr an!")
Des weiteren möchte ich zu bedenken geben, daß unser Sportplatz nur
durch eine relatib hohe Umzäunung bespielbar bleiben könnte, denn von unserem
östlichen Fußballtor führt die Straße nur zirka zehn Meter vorbei. Der hohe
Zaun wiederum wird wegen des freizuhaltenden Überholsichtswinkels evtl. gar
nicht erstellt werden dürfen.
Abschließend möchte ich aber versichern, daß ich die Notwendigkeit einer
Ortsumgehung durchaus einsehe. Da unser Schülerheim durch die Straße wohl am
meisten betroffen wäre, muß ich dennoch gegen die bekannte Trassenführung
protestieren. Auch ich finde es sehr schade, daß die andere mögliche Trasse
zwischen der Gartenstadt und Stockheim gute Äcker zerschneidet und auch um vier
Hektar mehr Land "fressen" würde. Aber der Schutz von heranwachsenden
Menschen vor einem Hauptübel unserer Zeit, dem immer weiter anwachsenden,
aggressiv machenden Lärm, scheint mir doch Vorrang zu haben. Die Möglichkeit
durch einen entsprechenden Geländeeinschnitt auf Höhe des Schülerheims
allzugroße Lärmbelästigung zu vermeiden, wäre die andere brauchbare Lösung.
Wenn ich als Neubürger Bad Wörishofens die Hintergründe der
vorausgegangenen Planungen auch nicht kenne, so scheint mir die
Vorsätzlichkeit, mit der das eine öffentlich finanzierte Straßenprojekt unser
eben erst fertiggestelltes, wiederum mit Steuergelder Schulprojekt wertmindert,
geradezu grotesk.