LB an MZ
In einem Bericht zum Thema Sperrmüll gebrauchten Sie in den letzten
Tagen wiederholt den Begriff "Sperrmüllhaie" für Leute, die die
Haufen nach noch Brauchbarem absuchen. Selten habe ich eine so verfehlte
Wortwahl gelesen. Es gibt zwar Miet- und Wohnungshaie, Kredit-, Börsen- und
Rüstungshaie usw. und in diesen Fällen mag der Begriff Hai- mit das schärfste
Wort, das wir im Deutschen für skrupellose Menschen haben- auch gut gewählt
sein (obwohl die echten Haifische sich wohl bedanken würden, wüßten sie, mit
welchen gierigen Berufsständen man hier ihren guten Namen verbindet). Daß man
aber diejenigen Menschen, die aus dem Sperrmüll die noch brauchbaren Teile
heraussuchen, um sie wiederzuverwenden, als "Haie" bezeichnet, ist einfach
unzulässig, sind es schließlich diese "Sperrmüller", die seit jeher
den Müll verringern und unserer Verschwendungsgesellschaft ein wenig
gegensteuern. Ich erinnere mich noch gut an die Anfänge der Sperrmüllaktionen
Anfang der siebziger Jahre in Berlin, wo die Sperrmülltage beinahe
Volksfestcharakter hatten und ein buntes Suchen und Tauschen waren. Es gab aber
auch damals schon Leute, die sich darüber ereiferten, wenn jemand
"ihren" Müllhaufen" durchsuchte. Ich habe das dahinterstehende
Denken nie verstanden, denn wir freuten uns immer darüber, wenn jemand unsere
abgelegten "Schätze" noch gebrauchen konnte und sie wegholte. Sollte
es den Kritikern etwa peinlich sein, daß andere sehen könnten, was sich an
Krusch bei ihnen so ansammelte? Irgendwo im psychologischen Bereich muß die
Abneigung gegen die Müllsammler schon wurzeln. Ich meine, mehr Gelassenheit
täte der Sache gut. Statt die Sperrmüller - meist Bastler und Kinder - als Haie
zu verunglimpfen- was ja sowieso absolut lachhaft ist- sollte man sie vielmehr
bei ihrem sinnvollen Tun ermuntern, denn es gehört ja viel Selbstbewußtsein
dazu, die Haufen durchzusehen. (Daß die Sperrmüller dabei einigermaßen Ordnung
halten sollten, versteht sich von selbst.)