1003 Genies wachsen nicht in der heutigen Schule

Lichtenberg schrieb, dass allen Entdeckungen der Zufall zu Grunde läge. Und doch glauben unsere Politiker in ihrer Einfalt, sie bräuchten nur immer mehr Milliarden in Universitäten und Forschungsinstutute stecken, dann würden aus ihnen schon neues Wissen und Erfindungen herauskommen. Doch meist kommt nur haufenweise bedrucktes Papier heraus, auf denen in den jeweiligen wissenschaftlichen Geheimsprachen nur Sophisterein und Blendwerk verfasst sind. Genauso naiv ist es zu glauben, dass aus unseren Schulen wahrhaft intelligente Menschen herauskommen, also solche, die improvisieren können, Probleme lösen,  sich in andere einfühlen, einander helfen usw. Meist haben sie nur Anpassung verinnerlicht und Schubladenwissen gepaukt. Unsere Schulen können höchstens das Erkennen und Verstehen bewirken, was nicht wenig ist. Doch Entdecken und Schöpfen findet auf Schulen und Unis höchstens zufällig statt und sind Folge der relativen Freiräume dort.  

 

13.2.07 Das dreigliedrige Schulsystem in Bayern, ein vordemokratisches Relikt aus der Kaiserzeit

Leserbrief an die PNP zu den heutigen Artikeln "CSU will klares konservatives Profil" und das Stoiberzitat von Seite 2 "Das Wertkonservative ist der substantielle Kern unserer Partei"

Wäre die CSU wertkonservativ, wie Edmund Stoiber dies behauptet, dann sähe es an bayerischen Schulen anders aus. Ich habe viele Jahre Schüler sozialpädagigisch betreut und reichlich Erfahrung mit Kindern und Enkelkindern und weiß, was für Dramen sich an den Gymnansien abspielen, wie die schöpferischten und kritischten Schüler an diesem vordemokratischen Relikt aus der Kaiserzeit leiden und oft zerbrechen. Wer Kinder schon nach der 4. Klasse aussortiert und nicht erst nach der 10. wie in anderen Ländern, der ist nicht wert-, sondern so strukturkonservativ, dass es grad kracht! Sonst wären die Klassen viel kleiner und nicht Fachidioten würden sich um die Kinder kümmern, sondern ausgebildete Pädagogen, wie man sie an Grund- und Hauptschule findet. Und wie bei den Kindern ist es in allen Lebensbereichen. Nicht um die wirklichen Werte geht es der CSU, sondern nur um die Konservierung von Strukturen und Pfründen. Selbstverständlich gibt es auch an den Gymnasien gute und humane Lehrer, ihre Möglichkeiten sind aber durch die Schulstrukturen sehr beschränkt.

 

Anregungen dazu, wie eine ganz andere Art von Lernen aussehen könnte, habe ich im Kapital „Erziehung und Lernen“ des Gesellschaftsentwurfes „Vom Leben der Echraner“ beschrieben. (Siehe diese Seite letzter Artikel).

 

Doch vordringlich gehörten heute an den bayerischen Schulen folgendes geändert:

 

Wie eine moderne demokratische und erfolgreiche Schule aussehen könnte

Meiner Ansicht nach gehörte vordringlich (nicht nur) an den bayerischen Schulen folgendes geändert:

1.

Spätere Selektion. Zehn, mindestens acht Jahre sollten alle Schüler gemeinsam einen Schultyp besuchen, wobei aber schon früher erkennbare Interessen und Talente in Schwerpunktgruppen gefördert werden.

2.

Durchfallen nicht mehr wegen Schwächen in einem Fach. (Es ist entsetzlich, wie heute deswegen jungen Menschen alle Chancen auf Studium und Karriere zerstört werden. Nur weil einer in Fremdsprachen schlecht ist, kann er beispielsweise dennoch ein ausgezeichneter Pädagoge, Natur- oder Geisteswissenschaftler u.ä. werden).

Manchmal scheitern Schüler auch an bestimmten Lehrern. Niemals darf ein Lehrer alleine über Durchfallen entscheiden.

3.

Große schöpferische Leistungen wurden selten von angepassten Musterschülern vollbracht. Es ist ein verhängnisvoller Irrtum, dass man mit Zensurendruck und Stoffpauken eine "Elite" heranziehen kann, die ein Land braucht. Oft waren es Aussenseiter und einseitige Begabungen, die die Entwicklung der Menschheit voranbrachten. Ja, manchmal erwuchs gerade aus einem Handycap eine überragende Kompensation in anderen Bereichen. Auch aus diesem Grund ist frühzeitige Auslese verhängnisvoll.

5.

Eine humane und erfolgreiche Schule braucht eine gleichberechtigte Förderung von geistigen, künstlerischen, manuellen und sozialen Kompetenzen. Der heutige Fächerkanon ist geradezu ein Unding. Die Unterrichtsinhalte müssen sich aus dem wirklichen Leben der Schüler entwickeln, in denen lebenspraktische Fähigkeiten mit ethischen und kognitiven gleichberechtigt vermittelt werden. Improvisationsfähigkeit, Problemlöseverhalten und Teamfähigkeit sollen Priorität haben vor allem Detailwissen und Stoffpauken. Kopf und Hand sind gleichberechtigt zu fördern.

 

6.12.99 Torso Schule

Kinder erziehen sich gegenseitig. Wenn nun viele mögliche positive Vorbilder immer früher in weiterbildende Schulen abwandern, dann ist das für die Zurückbleibenden ein unersetzbarer Aderlaß und niemand sollte sich wundern, wenn sich Problemkinder dann ersatzweise anderswo nach Verhaltensmodellen umsehen. Aus diesem Grund ist die Einführung der sechsjährigen Realschule keine gute Sache, denn in der Schule sollte sich die ganze Gesellschaft spiegeln. Nur in einer solchen vielschichtigen Umgebung lassen sich die Fähigkeiten entwickeln, die für unsere Welt wichtiger sind als Pauken und erfolgreiches Springen über weltfremde Hürden: Einander helfen und verstehen, Kooperieren und Tolerieren. Diese Fähigkeiten kommen leider in keinem Lehrplan vor. Der heutige Intelligenzbegriff ist ein Torso, ihm fehlen Hände und Herz.

Unsere Schulen gehören reformiert, von Grund auf!

 

3.12.99 Berufswunsch "Massenmörder"/ Zu den Vorfällen in Metten (LB zurückgezogen)

Kaputte familiäre Verhältnisse sind zweifellos der Hauptgrund für die Fehlentwicklung von Kindern. Auch der ganze Dreck, der aus dem Fernseher kommt, spielt sicher eine gewichtige Rolle. Doch auch die sich immer barbarischer gebärdende globale Wirtschaft und die Verkommenheit so vieler politischen Führer schlägt sich in den Köpfen nieder. Wann würde heute je anderes als aggressives Verhalten als erfolgreich vermittelt? Und Menschen imitieren eben nun einmal erfolgreiche Verhaltensmodelle. Auch die drei Buben aus Metten wollten auf ihre Art "erfolgreich" sein.

Und die Schule ist eben ein Teil dieser beschriebenen Wirklichkeit. Nun sollen in den bayrischen Schulen die Kinder sogar noch eher aussortiert werden! Hier wird völlig vergessen, daß sich Kinder vor allem gegenseitig erziehen. Wenn sich nun ein weiterer Teil der potentiellen positiven Leitpersonen aus der Volksschule frühzeitig verabschieden, wie kann sich dann jemand wundern, wenn sich die Zurückbleibenden andere Vorbilder suchen?

In der Schule muß sich die ganze Gesellschaft spiegeln. Die Kinder müssen die Verschiedenartigkeit ihrer Mitschüler täglich erfahren und sich im tolerieren und kooperieren üben. Eine solche Umgebung regt alle Fertigkeiten an, die diese Welt braucht. Wer meint, daß ein bißchen gehobeneres Fakten-Pauken intelligent macht, der irrt gewaltig. Die Elite-Fanatiker, für die nur messbare Leistung zählt, wissen vermutlich nicht, was sie ihren Kindern und der ganzen Gesellschaft antun. Das bißchen gehobene Fachwissen lernt sich leicht, wenn man es braucht. Doch Problemlöseverhalten, Improvisationsvermögen, Herzensbildung und Toleranz müssen entwickelt werden und lassen sich in keinem Lexikon nachschlagen. Das frühe Selektieren von Kindern ist eine schlimme Sache und trägt die Mitschuld an so vielen Fehlentwicklungen.

 

Über Erziehung und Lernen

(aus: Vom Leben der Echraner oder mein bescheidenes Utopia)

So wie Pflanzen zum Gedeihen Licht, Wasser, Nähr­stoffe und Wärme benötigen, so brauchen Menschenkin­der - sollen sie einmal liebevolle und verständige Er­wachsene werden – ebensolche Vorbilder. Edle Grund­sätze und schöne Reden sind wertlos, wenn sie nicht auch vorgelebt werden. Erziehen kann man also nur dadurch, in dem man sich selber erzieht. Doch sollte jedem Erzieher bewußt sein, dass er nur ein Baustein in der Entwicklung eines Kindes sein kann, nicht mehr, aber auch nicht weniger.  

Das echranische Bildungssystem unterscheidet sich von dem eueren in wesentlichen Punkten. Schulen, wie ihr sie kennt, gibt es bei uns nicht. Es gibt weder Zensuren noch bezahlte Lehrer. In der Folge auch kein Strebertum und keine vordergründige Anpas­sung, kein erzwungenes Büffeln für Prüfungen, kein Pauken von Phrasen, Formeln und Jahreszahlen, die jeder sowieso gleich wieder vergisst und die leicht in Büchern nachzuschlagen sind.  

Menschen müssen nicht zum Lernen gedrängt werden, denn die Neugierde gehört zu unserem Wesen wie die Vorsicht zum Hasen. Kinder trachten ganz von alleine danach, sich das anzueignen, was den Erwachsenen Vorteile verschafft und was sie zu einem menschen­würdigen Leben benötigen. Schulen spiegeln immer auch die Lebenswirklichkeit einer Kultur, dementspre­chend anders als bei euch sind sie in Echra. Nicht der angepasste Spezialist mit seinem engen Horizont ist bei uns gefragt, sondern der selbständig denkende und soziale Mensch, der sich in allen Lebensbereichen auskennt und zu­rechtfindet.

Wir kennen keine umrissenen Schulzeiten, denn wir lernen unser Leben lang. Lernen ist uns nicht weniger Grundbedürf­nis wie Essen und Trinken.  

In eueren Schulen dagegen treibt man den Kindern diese natürliche Lust am Lernen aus, in dem man ih­nen Scheuklappen aufsetzt und sie einen zielgerichte­ten Hürdenlauf absolvieren lässt, bei dem sie alles ignorieren müssen, was links und rechts der Strecke liegt. Zudem werden in der Hauptsache solche Er­kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die Menschen nicht ohne weiteres von sich aus lernen würden, also fremdbestimmten Stoff, den beispielsweise die Wirt­schaft für ihre maßlose Produktion braucht, Stoff, mit dem sich der Staat legitimiert usw. Nicht der gebilde­te, zur Improvisation fähige und in der Lebenskunst bewanderte Mensch ist das Ziel, sondern der angepasste Streber, der an Still­sitzen und Vergessen seiner eigenen Wünsche und Antriebe gewöhnt wurde und der alles weiß, nur nicht, was für ein autonomes Leben nötig ist. In eueren Schulen werden die Kinder für die arbeitsteilige und egoistische Gesellschaft abgerichtet und ihre Köpfe mit unzusammen­hängenden Fakten gefüllt, bei denen ein Bezug zum wirklichen Leben die Ausnahme ist. So denken die Menschen schließlich in Schablonen, messen in frem­den Maßstäben und taugen - so verkrüppelt wie sie nun sind - für den verrückten Berufsalltag, in dem sie nichts hinterfragen und nur wie die sie umgebenden Maschinen funktionieren sollen.

Euere Schulen sind also Dressuranstalten, die es alleine deswegen gibt, weil euer Wirtschaftssystem einen bestimmten Ausbildungsstand für seine Produktion benötigt, einschließlich der Bereitschaft dazu und jener sich unterzuordnen. Mit dem fremdbestimmten Lernstoff werden ja auch Geisteshaltungen, fremde Wertmaßstäbe, engstirniges formales Denken und überwiegend schlechte Verhaltensmodelle von lustlo­sen Lehrern verfrachtet, auf die wir in Echra keinen Wert legen. Uns erscheint daher die Schulpflicht und die dahinterstehende Geisteshaltung als Willkür und Gängelung, ja, als dreister Diebstahl, bei dem nicht irgendwelche ersetzbaren Dinge weggenommen werden, sondern die eigenen Kinder.

Wir verstehen auch nicht, wie ihr auf die große Freude verzichten könnt, eueren Kindern Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben usw. selber beizubringen.

Ich weiß, dass euere Schulpflicht in Zeiten großer Unwis­senheit und harter Ausbeutung einmal ein bedeutsa­mer Fortschritt gewesen ist. Doch auch noch nach hundert Jahren scheinen die Menschen nicht willens und gebildet genug, als dass man ihnen die Entwick­lung ihrer Kinder anvertrauen könnte, nur die Pflichtschule hebt auch die benachteiligten unter ih­nen auf ein Mindestniveau. Doch uns Echranern ist auch dieser Begriff Niveau suspekt, denn wir wollen die Menschen nicht nivellieren und nicht messen.  

Jeder Echraner ist im Alltag zugleich Lehrer und Schüler. Auch die Kinder machen dabei keine Aus­nahme, die Jüngeren lernen von den Älteren. Wer et­was lernen will, wendet sich an seine Eltern, Geschwi­ster, Verwandten, Freunde oder Nachbarn, oder auch an seine Kinder, wenn die etwas können, was einem fehlt. Es gibt wohl nur wenige Echraner, die nicht ge­rade einem anderen etwas beibringen oder sich etwas beibringen lassen. Die Vielfalt unserer Bildungsangebote ist entsprechend. Angeboten wird, was nachgefragt wird.

Vermutlich ist der Schlüssel zu diesem allgemeinen Lernhunger im eigenen Antrieb zu suchen, denn wer etwas lernen will, weil es ihn danach drängt, lernt mit unvergleichlich größerer Intensität, als dies in Schulen üblich ist, wo Lernstoff angeboten wird, zu dem in al­ler Regel der Bezug fehlt und der nur des schulischen Fortkommens wegen, oft mit großem Widerwillen ge­lernt wird.

Unsere Lernangebote sind auch weniger kopflastig wie bei euch. Handwerkliche Fertigkeiten sind uns grad so wichtig wie theoretische. Viele Arbeiten lernen wir einfach dadurch, weil wir mit ihnen aufwachsen: wie Nahrung angebaut und zubereitet wird oder wie Gebrauchsgegenstände gefertigt werden. Wir lernen Holz zu bearbeiten und daraus Möbel, Werkzeuge, Hütten und Häuser zu bauen. Wir lernen Körbe zu flechten, Gefäße aus Lehm zu formen und zu brennen, Wolle zu spinnen und daraus Kleidung herzustellen. Wir lernen zu nähen, zu stricken, zu weben, zu knüp­fen und was es sonst noch an nützlichem Handwerk so gibt.  

Nicht zu kurz kommen auch künstlerische Fähigkeiten wie Musizieren, Singen, Theaterspielen, Modellieren, Malen, oder auch nur die Fähigkeit, mit offenen Au­gen die Welt zu betrachten und zuzuhören.  

Und trotz der Vielfalt unserer Tätigkeiten finden wir durchaus auch noch Zeit zum Faulenzen. Vielleicht, weil wir uns von der Neuerungs- und Verbesserungs­sucht befreit haben und wir das, was sich bewährt hat, lassen wie es ist. Darum ist auch derjenige, der es ver­steht nur soviel zu tun, wie nötig, in Echra gut angese­hen. Wer dagegen ständig durch die Gegend hetzt und meint, noch dieses oder jenes unbedingt zu seinem Glück zu brauchen, der wird bemitleidet, denn er gilt uns von einer schlimmen Krankheit befallen.  

Doch wieder zum Lernen.

Wesentlich erscheint mir dabei, dass in Echra Theorie und Praxis nicht getrennt sind. Alles steht miteinander in Beziehung, hat Ursachen und Folgen, nichts wird isoliert vermittelt. Problemlöseverhalten, Improvisie­ren, Partnerschaftlichkeit und die Fähigkeit zur Ko­operation erwachsen unserem Alltag grad so selbstver­ständlich, wie die Achtung gegenüber Mitmenschen, Tieren und Pflanzen.  

Jedes unserer Dörfer besitzt ein Gemeinschaftshaus, das auch kulturelles Zentrum ist. In ihm ist eine Bibliothek untergebracht und es finden Ver­anstaltungen statt wie Konzerte, Theateraufführungen, Filme, Tanz, Vorträge und Gesprächs­runden. Die Wände der Räume werden - etwa im mo­natlichen Wechsel - mit bildnerischen Arbeiten ein­heimischer oder fremder Künstler geschmückt. Die kulturellen Kontakte zwischen den Dörfern sind über­aus rege. Es ist deswegen keine Anmaßung, wenn ich uns Echraner als gebildetes Volk bezeichne, dem die schönen Künste ebenso am Herzen liegen, wie die gro­ße Kunst der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und des Nahrungsanbaues und - vor allem: die Kunst glücklich zu leben!  

Der Mensch besteht eben aus Kopf und Händen. Wo nur das eine gefördert wird, verkümmert das andere. Hier ist Gleichgewicht nötig, sonst entstehen Men­schen mit Schlagseite.