Geiss
Haejm
Prologe
zu meinen Liedern
Vorwort Die folgenden Texte
sind kurze Vorreden zu meinen Liedern, mit dem Zweck auf ihre Thematik
vorzubereiten, sie zu relativieren oder mit einer erweiteren Sichtweise zu
ergänzen. In diese Auswahl habe
ich nur Texte aufgenommen, die für sich allein stehen können, also auch
ohne das Lied Sinn machen. Es würde mich aber natürlich freuen, wenn
sie Interesse für die dazugehörigen Lieder wecken würden und Leser auch zu
Hörern würden. Die Überschriften
sind nur ausnahmsweise identisch mit den Titeln der Lieder, diese kann man
aber über die Opusnummern ermitteln, die auf allen Tonträgern vermerkt
sind. Gegenwärtig reicht die Nummerierung von Opus 1, aus dem Jahr 1965,
bis Opus 555 aus dem Jahr 2002. •
Komm
mit an die Straße
Als junger Mensch
liebte ich das Aufbrechen und das Unterwegssein, mehr aber das Ankommen.
Ich brauchte immer ein Ziel, irgendeinen Menschen, der mich erwartete.
Reisen als Lebenszweck, schien mir dem Wasser angemessen oder den
Wolken. Doch spürte ich schon
früh, das Reisen immer auch etwas von Flucht hat, vor sich selber, vor den
Umständen in denen man lebt. Heute sehe ich das weniger verbissen und
glaube, dass das Herumziehen im Grunde das Naturgemäße ist und das Kleben
am Ort das Künstliche. Doch ist die Erde zu klein für sechs
Milliarden Nomaden. Also muss das Reisen die Ausnahme bleiben und die
Treue zum Revier und die Übernahme der Verantwortung dafür, die
Regel. [zu Opus
3] •
Schau
in den Spiegel
Von einem anderen hat
man sich gleich ein Bild gemacht, doch das liegt in der Natur der
Sache, denn man hat ihn vor sich, kann ihn sehen, hören, tasten, riechen.
Mit einem selber ist das schwieriger, denn man sitzt in sich drinnen und
sieht aus sich heraus, es fehlt uns am nötigen Abstand. Ein Spiegel kann
hierbei helfen. [zu Opus
4] •
Was
ist der Mensch
Sollten wir - und
vieles spricht dafür - keine Marionetten von Göttern sein, die Welt
kein göttliches Computerspiel und der Mensch nur seinen Mitmenschen
verantwortlich, so kann der Sinn des Lebens nur im Leben liegen. Wer das
unendliche tote Universum betrachtet und die wenigen Funken Leben darin,
der erkennt dessen Wert. [zu Opus
5] •
Keine
Erwartung
Ich war lange ein
überaus frommes Bübchen, das ewige Seelenheil fest im Visier. Dann
wuchs der kritische Verstand und riss ein tiefes Loch. Nichts hatte, wie
es schien, mehr einen tieferen Sinn, außer dem profanen, der uns antreibt.
Zudem verdichtete sich die Einsicht, dass die Menschen den lieben Gott
gerade so erfunden hatten wie den Osterhasen und alle zusammen ein Theater
spielten und die Welt eine Bühne war, voller unerfreulicher Zwänge und
Chimären und dahinter kam - nichts. [zu Opus
6] •
Fragen
Fragen sind gut und
recht, doch sollte man den Wert der möglichen Antworten nicht
überschätzen, meist überleben die Fragen die Antworten... Wir fragen
ständig nach so vielen Dingen, die sich um alles mögliche drehen, nur
nicht darum, was wir für ein gesundes und glückliches Leben brauchen.
Doch nur diese Fragen haben Wert. [zu Opus
7] •
Notwendige
Gegensätze
Kalt gibt es nur,
weil es heiß, dunkel nur, weil es hell gibt. Gibt es also das Gute auch
nur, weil es das Schlechte gibt? Es kann gar nicht anders sein. Wären
paradiesische Verhältnisse dann überhaupt möglich? [zu Opus
8] •
Armer
Wicht
"Ach, ich armer
Wicht, ich tu mir so leid und ertränke mich in meinem Nachtgeschirr!" So
verspottete ein älterer Berliner Freund meinen Weltschmerz. Und ich
musste mit einem Male lachen über mein Gesäusel. [zu Opus
9] •
Der
Erfahrene
Am wenigsten
akzeptiert man die weisen Ratschläge von jemandem, der klug schwätzt, ohne
eine Sache selber durchlebt zu haben. Kaum etwas anderes hat mich mehr
gelangweilt, als die wiedergekäuten Phrasen von Spießern, die ihr
Leben hinter dem Ofen zubrachten. Wie heißt es in einer Volksweise
dazu? "Den soll man als Gesell erkennen, oder gar ´nen Meister
nennen, der noch nirgends ist gewest, nur gesessen in seinem
Nest!" [zu Opus
10] •
Appelle
Was wie Appelle an
andere klingen, waren erst einmal Appelle an mich selber. Da ist erst ein
Gefühl im Bauch, das in Worte gefasst sein will, damit man ihm
glaubt. [zu Opus
11] •
Halbes
Wesen
Es kommt einem die
Zeit, da hilft einem keine Elternliebe mehr, es treibt einen umher
wie einen tollen Kater. [zu Opus
12] •
Unnütze
Altklugheit?
Manche frühe Texte
beweisen es, die Altklugheit eines Siebzehnjährigen wusste, wie es endet!
Doch sie bewahrte ihn nicht davor, die alten Irrwege zu gehen. Und
das ist gut so. [zu Opus
13] •
Alltag
Das ganze Leben war
ein Theater und in der Schule paukten wir die
Textvorlage. [zu Opus
15] •
Liebe
macht Licht
Ich saß im zweiten
Ausbildungsjahr in der abgedunkelten Glasbläserwerkstatt und bekam
urplötzlich Angst, dass dies alles sein könnte, was in der Zukunft auf
mich wartete. Bis jetzt war alles ja nur Spiel, das Glasblasen machte mir
Spaß und es gab ja zur Abwechslung noch jede Menge theoretischer
Fächer und es gab meine Bassgitarre und die Rock´n Roll Band... Doch in
jener Stunde begriff ich alles und kein Ausweg fiel mir ein, außer der
Gedanke an ein Mädchen... [zu Opus
17] •
Verliebtsein
Verliebtsein ist
wunderschön, wenn man auch geliebt wird. Wird dein Sehnen nicht erwidert,
ist es die Hölle. [zu Opus
20] •
Ende
der Jammerei
Es ging damals alles
sehr rasch. Ich hatte das Glück kluge Freunde zu haben, deren Witz mir
jede Wehleidigkeit vertrieb. So spottete ich bald mit ihnen um die
Wette. [zu Opus
21] •
Wachträume
Es gibt viele Arten
von Träumen. Die einen sind wie ein Gewitter, mit denen sich unser Gehirn
reinigt, andere lassen geheime Wünsche in Erfüllung gehen,
manche schenken Wollust, erzeugen Zuneigung zu Menschen, die wir dann auch
wach noch spüren. Träume lösen mitunter sogar Probleme. Dann gibt es
noch die Tagträume, die uns manche unangenehme Wirklichkeiten
erträglich machen. Sie sind wie eine Hängematte, in der wir unsere
angenehmen Gedanken schaukeln. Manche Tagträume lassen uns nur
entfliehen, andere wirken auf die Wirklichkeit zurück, in dem sie in
uns den Drang nähren, die diese ihnen anzunähern. Sie sind dann wie
gute Pläne: Vorwirklichkeit. [zu Opus
25] •
Die
Wolken haben Schuld
Die Sonne erhellt
nicht nur die Netzhaut, sie erhellt uns Geist und Gemüt. Lichtarmut
bedrückt dagegen, macht schwermütig, oft sogar depressiv. Mir ist das
erstmals bei meinen Flügen nach Berlin bewusst geworden. Wie
wunderbar die Lichtfülle über den Wolken, wie traurig das Eintauchen
in dieselben. Unglaublich, dass unten in diesem Grau überhaupt
Menschen leben konnten... [zu Opus
26] •
Lob
des Hinterfragens
Alles Unechte,
Furnierte, Fassadenhafte, Aufgeblasene, Glanzierte, Verchromte,
Vergoldete, Geschminkte, Gekünstelte ist mir seit meinen frühen
Kindertagen zuwider, geschwollene Reden grad so, wie aufgemotzte
Waren. Nun lernte ich die Mechanismen der Werbung zu durchschauen und die
Lügen der Politiker und begann alles auf seinen wahren Wert hin
abzuklopfen. Kurz, ich lernte zu misstrauen aller
Verpackung. [zu Opus
28] •
Geringschätzung
der Leute
Von den Leuten denken
und reden wir meist gering. Gut reden wir nur von Einzelnen und auch das
eher selten. Die Leute aber sind uns eine Ansammlung von Torheit, eine
fremdgesteuerte Masse, dreist, denkfaul und selbstsüchtig, neidisch, laut
und hortend. [zu Opus
29] •
Soziale
Träume
Gruppen waren mir
immer eher suspekt. Ich wollte nicht unter den Vielen verschwinden
oder nur überleben, indem ich laut wurde, blendete, wie ein Wichtigtuer
meinen Kopf aus der Masse streckte. Doch dann kam der
einzelne ins Gerede, die Gruppe schien die Lösung aller Probleme zu
bringen, damals im Berlin der beginnenden siebziger Jahre, in den Köpfen
von angehenden Erziehern... [zu Opus
31] •
Betroffenheit
macht klug
In Kreuzberg erkannte
ich, dass so vieles an dieser Zivilisation nur Fassade ist, ein
aufgeblasener Popanz, ein glänzender Knüppelsteg auf einem ungeheueren
Sumpf. Die Unwirtlichkeit der Umgebung öffnete mir die an kleinbürgerliche
Provinz gewöhnten Augen und der Umgang mit kritischen Geistern sorgte
dafür, dass sie mir nie mehr zufielen. [zu Opus
32] •
Über
unseren Staat
Es war nicht nur der
schmutzige Krieg in Vietnam. Es waren nicht nur die Kumpanei unserer
Regierenden mit Diktatoren und Mördern, nicht nur die Wohnungsnot, die
Armut und der Schmutz in Kreuzberg, die Verlogenheit der Medien, die
knüppelnden Polizisten, es wurden auch scharf geschossen. Die Opfer hießen
Ohnesorg, Weißbecker, Georg von Rauch. Und das alles passierte vor meiner
Haustür. [zu Opus
35] •
Spiel,
spiel
Das Spielen gehört
zum Menschen wie der Pansen zur Kuh. Spielen ist nicht nur das Kind der
Arbeit, es ist die Grundlage für unser Menschsein. All unsere Kunst - und
damit mein ich alles, was künstlich ist, menschengemacht eben, ist
Ergebnis unserer Fähigkeit zu spielen. Der Prüfstein, ob eine zukünftige
Gesellschaft besser sein wird als die gegenwärtige, wird sein, ob sie es
schafft die Arbeit wieder zum Spiel zu machen. [zu Opus
37] •
Unsere
Sozialisation
Die Erkenntnis, dass
unser Verhalten weitgehend das Ergebnis von Prägung, also von
Lernprozessen ist, hat mich veranlasst Erzieher zu werden, voller Hoffnung
die Welt besser machen zu können... Nur - die vage Erkenntnis, dass etwas
so oder so funktioniert, ist das eine, dessen Veränderung eine ganz andere
Sache. Ein alter Schulmann, dem ich meine pädagogischen Weisheiten
predigte, gab mir maximal zwei Berufsjahre. Auch wenn er meine
Hartnäckigkeit und meinen langen Atem falsch einschätzte und heute
ein viertel Jahrhundert Erziehertätigkeit hinter mir liegt, so fühle ich
mich immer öfter am Ende meiner Kraft und Weisheit. Ach – so jammere ich,
manchmal sogar laut - ich mag niemanden mehr erziehen! Soll die Welt
bleiben wie sie mag! [zu Opus
38] •
Zauberei
Es ist ein großer
Zauber: ein kleines Kind macht schwache Männer
stark. [zu Opus
39] •
Spiel
mit dem großen Tod
Welch eine
Verrücktheit! Irgendeine Staatsform, irgendein Wirtschaftssystem über
das Leben zu stellen! Was waren das nur für Verrückte, die vorgaben uns
mit Wasserstoffbomben schützen zu wollen? [zu Opus
42] •
Notwendiger
Wechsel
Es ist nicht leicht
mit den anderen und leicht ist es nicht alleine. Zumindest mir geht es so,
ich brauche die anderen, aber ich brauche auch die Einsamkeit. Wie viel
darf man an sich denken und wie viel an die anderen? Es ist ein dauerndes
Schwingen zwischen den beiden Polen. [zu Opus
43] •
Hau
mal auf den Tisch!
Ab und zu sollte man
schon etwas riskieren. Es kommt keine gute Fee, die uns aus dem Trott
befreit. Der Volksmund sagt, der Mensch sei ein Gewohnheitstier. Doch
ebenso stimmt, dass sich der Mensch - anders als ein Tier - über
seine Gewohnheiten zu erheben vermag. [zu Opus
48] •
Selbstgeschmiedete
Ketten
Die Arbeit, mit der
der Mensch seine Bedürfnisse befriedigen wollte, hat Abhängigkeiten
geschaffen, die stark sind wie Essen und Trinken, nur absolut
irrational. [zu Opus
49] •
Wenn
Reime diktieren
Eigentlich
mag ich keine Reime, da sie beim Schreiben leicht eine gängelnde
Eigendynamik entwickeln. Was habe ich Zeit damit verbracht, mir
„einen Reim auf etwas zu machen“, einen, der den gewünschten
Gedanken trifft und nicht mich und die Zuhörer in die Irre führt. Doch
gelegentlich habe ich die Reimerei auch Regie führen und mich von
Zufälligkeiten und Wortspielerein leiten
lassen. [zu
Opus 58] •
Sprüchemacher
Kein
Abgrund ist tiefer, als der zwischen den Sonntagsreden der
professionellen Moralisten und ihrer
Verhaltenswirklichkeit. [zu
Opus 59] •
Vom
einfachen rechten Weg
Die
Rechten haben viele Probleme gar nicht. Für sie ist die Sache so und nicht
anders. Da wird nicht viel diskutiert, was der Leithammel sagt, gilt.
Linke dagegen stellen alles in Frage und erwägen hunderterlei Wege.
Wie soll man mit solchen Leuten wirkungsvoll Politik machen können? Und
trotzdem ist der richtige Weg: hundert Wege. [zu
Opus 61] •
Neues
ist fremd
Hier muss ich immer
an eines meiner jungen Schafe denken, das erst etwas aus meiner Hand fraß,
nachdem es dieses besabbert hatte. Erst wenn es vertraut schmeckte,
bis es ab. [zu
Opus 62] •
Ohne
Skrupel hat man es leicht
Wer
keine Skrupel hat, sich keiner Ethik verpflichtet fühlt, hat es leicht im
Leben. Aber zum Teufel, ich möchte so nicht leben! [zu
Opus 63] •
Obacht
vor Heiligen!
Seit Nietzsche wissen
wir, dass man bei Altruisten leicht entgegengesetzte Beweggründe finden
kann und – nehmen wir das Extrem - die Heiligen in aller Regel auf
irgendeine Art eher kranke Menschen waren. Auch im sozialen Bereich – ich
spreche aus eigener Erfahrung - finden sich, bei näherem Hinsehen, große
Egoisten. Damit meine ich noch gar nicht diejenigen, die, in dem sie
anderen helfen sich selber helfen, das ist für mich ein Stück
Lebenskunst. Auch bei Sozis habe
ich nur am Haben orientierte, schadenfrohe, neidige Menschen gefunden und
trotz gründlichster Gewissenserforschung kenne ich keinen einzigen
wirklich menschenfreundlichen Christenmenschen.
[zu
Opus 64] •
Wie
soll der Mensch gut sein?
Wer im Schmutz lebt,
wird sich schwer tun immer sauber zu sein. Die Menschen sind so, wie ihre
Lebensumstände und die sind bekanntlich meist unerfreulich. Doch
was wäre, wenn diese gut wären, wären dann auch die Menschen
gut? [zu Opus
65] •
Vom
unserem Staat
Was ist ein Staat?
Ein Deckel für einen geographischen Bereich und alles was darin lebt?
Eine Organisationsform für Menschengruppen? Eine Etikettierung für
Völker verwandter Sprache? Wer braucht den
Staat? Welchen Sinn und Zweck hat er? Ich meine, er hat Dach und Schild zu
sein, für die Armen und Schwachen und muss vor dem Faustrecht
schützen. Doch welche
Perversion: heute schützt er im allgemeinen die Starken und Reichen
und fördert und sichert ihr Handeln. Und noch schlimmer: der Staat wird
zum Selbstzweck und tut so als ginge es um ihn. Er heiligt seine Regeln
und mischt sich ohne Not in die Angelegenheiten der Menschen und
gängelt sie, ja gebärdet sich oft wie eine Peitsche. Auch unser
demokratischer Staat scheint oft nur ein Instrument der Wirtschaft zu sein
und es ist zu befürchten, dass er seine gegenwärtige demokratische
Form nur solange bewahrt, solange sie sich wirtschaftlich bewährt, d.
h., solange man darin genug Gewinne machen kann. [zu Opus
66] •
Sehnsucht
nach dem freien Leben
Irgendwann...,
irgendwann werde ich mein Leben so leben, wie ich es leben will,
selbstbestimmt, faul und arbeitsam, wie es grad meiner Stimmung
entspricht! Befreit von der Peitsche der Uhr, frei von fremden
Anweisungen, frei vom Theaterspielenmüssen mit Vorgesetzen oder
Untergebenen... Aber - ich weiß - auch dann bleiben noch genug
Verpflichtungen, etwa verwandtschaftlicher Art, oder solcher, die
sich aus der Vorsorge für den Winter oder einfach nur den eigenen
Bedürfnissen ergeben. Da bleibt immer noch genug an Peitsche übrig. Viele
Frauen flüchten davor in die Berufsarbeit, weil die ihnen mehr
Freiheit und Abwechslung bietet, trotz aller Fremdbestimmtheit
dort... [zu
Opus 67] •
Chancengleichheit
Chancengleichheit
- zumindest im großen und ganzen, sollte zu machen sein. Im kleinen
und speziellen wird sie immer unmöglich bleiben,
glücklicherweise... [zu
Opus 69] •
Demokratie
als Mogelpackung
Wenn
man den Begriff „Demokratie“ wörtlich nimmt, dann hat unser Staatssystem
nur beiläufig mit Demokratie zu tun. Die „repräsentative Parteien-
Demokratie“, bei der sich die „Herrschaft“ des Volkes in
gelegentlichen Kreuzchen für Personen und Parteien beschränkt,
ist ein demokratisches Theater, eine pseudodemokratische
Mogelpackung. Demokratie gibt es nur, wenn das Volk konkret über
wesentliche Sachthemen abstimmen kann. Heute wählt man mit seinem
Kreuzchen immer die Katze im Sack, das kleinere Übel, wenn es hochkommt.
Um über Sachthemen abzustimmen, sind die Bürger zu blöde, sagen die
Parteien, in netteren Worten natürlich. Um sie zu wählen aber, sind
die Bürger klug genug... Also, was denn nun? [zu
Opus 70] •
Nest
im Herzen
Kein
größeres Glück kann einer haben, als in ein warmes Nest geboren zu
werden. Die Nestwärme wärmt einen oft das ganze Leben
durch. [zu
Opus 71] •
Angenehm
Das
Leben kann so schön sein, wenn wir ein Empfinden dafür haben und
keine unrealen Erwartungen. [zu
Opus 72] •
So
ist das Leben eben
Das
einzig Beständige ist das Unbeständige! Wer über Werden und Vergehen
lamentiert, der ist noch Lichtjahre von der für dieses Leben
erforderlichen Weisheit entfernt. [zu
Opus 73] •
Denken,
um die Not zu wenden
Alleine
die Not macht denken, Sattheit macht nur faul. Wobei ich letzteres aber
nicht geringschätzen will, im Gegenteil, denn wohin führt das ganze
Denken aus einer Not heraus? Wenn es gut geht zur
Sattheit. [zu
Opus 75] •
Entwicklungen
Ein „gestandenes
Mannsbild“ ist nichts anderes, als ein stehen gebliebenes Mannsbild. Also
eines, das sich nicht mehr entwickelt, eines mit einem „Standpunkt“. Und
die Welt ist voll von diesen Exemplaren: überall Männer, die auf einem
Punkt stehen... Warum Frauen oft ein wenig beweglicher bleiben, wäre eine
Untersuchung wert. [zu
Opus 76] •
Pubertieren
Fast
zwanzig Jahre habe ich Jugendliche betreut, mich also zwanzig Jahre in
„pubertärem Milieu“ aufgehalten, dazu kommen noch die Jahre eigenen
Pubertierens und die Erfahrungen mit der Pubertät meiner Kinder, ich
kann also behaupten Experte zu sein, auf diesem Gebiet. Auch wenn ich
gelegentlich mit meiner „Allergie gegen pubertierende Jugendliche“
kokettiere, so ist das alles ein Krampf. Wenn die Alten über die schlimme
Jugend herziehen und das Ende des christlichen Abendlandes herannahen
sehen, dann kann ich darüber nur lachen. Zumindest die Jugendlichen, die
ich erlebt habe, waren in ihrer Mehrheit brav, fleißig, strebsam und
angepasst. Und die 5 von Hundert, die dies nicht und schwer „am
Pubertieren“ waren, das wurden oft sogar die wertvollsten von allen, sie
gärten, wie der Most im Fass, und gaben – einmal zur Ruhe gekommen - den
besten Wein. [zu
Opus 81] •
Leere
Lehrer
Der Lehrerberuf ist
der härtesten einer, da helfen auch keine Ferien und auch nicht das, mit
andern Beschäftigten verglichen, niedrige Stundenmaß. Im Nacken den
Kultusminister, die eigenen Ansprüche und die der Eltern und der
Gesellschaft, sollen sie junge Menschen ausbilden und gar erziehen.
Sie müssen einen Hürdenlauf veranstalten, mit Leistungsproben und
Zensuren, müssen die lieben Kinderlein bewerten und messen, erleben immer
wieder aufs Neue die gleichen Anpassungsprobleme und
Entwicklungsschwierigkeiten und die immer gleiche Einfalt, und sollen
so tun, als sei dies etwas Neues... Die eigenen schulischen
Erfahrungen und die meiner Kinder sagen, es gibt ganz wenige gute
Lehrer und ganz viel gelangweilte, die sich von Ferien zu Ferien retten
und innerlich absolut leer sind. [zu Opus
82] •
Sie
kommen aus dem Morgenland
Seit
ich denken kann verabscheue ich Deutschtümelei. Was habe ich mich immer
geschämt für manche Landsleute, wegen ihrer geringschätzigen und bösen
Reden gegen Ausländer! Doch ich fühle auch mit den alten Kreuzbergern,
denen mit den billigen Arbeitskräfte aus Anatolien die Löhne gedrückt
wurden oder die ganz ihren Job verloren haben, ja auch ihre Wohnung,
ihr heimatliches Viertel, ihre Wurzeln. Nun leben sie im betonierten Elend
der Trabantenvorstädte und in ihre alten Wohnungen haben die
Hauseigentümer fremde Menschen gepfercht. Der Kapitalismus, so las ich,
braucht immer eine Reservearmee an Arbeitskräften, damit die Arbeiter
ja nicht übermütig werden und ihre Löhne bescheiden. So haben sich
natürlich nicht die deutschen Arbeiter ausländische Konkurrenten ins Land
geholt, sondern dies haben die Unternehmer gemacht. Wenn ein Arbeiter
dagegen schimpft, meist schimpft er wegen seines geringen politische
Durchblickes gegen die Fremden und nicht gegen die Fabrikanten, dann
ist er ausländerfeindlich, ja, am Ende gar ein Nazi. Und die
wohlhabenden Bürger und Akademiker? Ihnen sind die Fremden nur Werkzeug
oder exotische Ergänzung der Bevölkerung! Schon dieBezeichnung
„Gastarbeiter“ ist
bezeichnend für die ganze Heuchelei... Nein, ihnen sind die Fremden keine
Konkurrenten um Arbeit und Wohnung, da tut man sich leicht mit
humanitären Phrasen... [zu
Opus 83] •
Ratschläge
für Kapitalisten, Bonzen und andere Hammel
Die
Mächtigen sind sehr trickreich, wenn es darum geht ihre Macht zu sichern.
Um Polizei und Wachen zu sparen, wird viel Theater inszeniert, mit dem man
die Untergebenen so beschäftigt, dass ihnen keine Zeit bleibt, sich auf
irgendeine Art zu befreien. Beliebt ist z. B. alle paar Monate eine
Sau durchs Dorf zu treiben, wodurch eine Zeit alle anderen Themen
verdrängt werden und die Betroffenen Wochen brauchen um die Verwüstung des
Viehtriebs zu beseitigen. Das wäre doch einmal ein lehrreicher Stoff für
eine Doktorarbeit, würde einer die Tricks einigermaßen vollständig
erfassen. [zu
Opus 84] •
Hühnerhof
Daran
kann man Menschen erkennen: Wenige drücken nach oben, viele drücken
nach unten. [zu
Opus 85] •
Angst
vor dem Montag
Schon
früh habe ich begriffen, dass beinah alles, was wirklich Wert hat und Spaß
macht, nichts oder wenig kostet: Liebe, Natur, Denken, Lesen, Schöpferisch
sein. Und doch verkaufte ich mich für Geld in der Fabrik und spürte,
dass mir in der Arbeit das Wertvollste gestohlen wurde, was ich besaß:
meine Lebenszeit. Und so hatte mich, kaum dass das ersehnte Freitag da
war, schon die Angst vor dem Montag am Wickel. [zu
Opus 102] •
Winter
Als Eingeborener des
schneereichen Böhmerwaldes, von dem man sagt, es herrsche dort neun Monate
Winter und die anderen Monate sei es kalt, habe ich nie eine romantische
Einstellung zum Winter entwickelt. Als Kind kannte ich nur einen
geheizten Raum, die Stube, und auch die war nur warm, wenn man ein
Feuer anschürte, sonst war alles kalt: der Flur, das Schlafzimmer, das
Bett, das wir gerne mit einem heißen
Ziegelstein vorwärmten, das Wasser, der Abort... Und dann die
Schneemengen! Schneeschaufeln kann durchaus netter Bewegungssport sein,
wenn - ja, wenn es nicht über Monate geht, wenn nicht zum halben Meter
Neuschnee noch auch noch ein Meter Dachschnee kommt, und wenn es
nicht hineinregnet: Schneematsch, Eisplatten auf den Gehwegen,
Eiszapfen, die von den Dachrinnen fallen, rote Ohren, klamme
Finger, kalte Füße, und... und... Nein, Winter ist nicht
schön! [zu
Opus 113] •
Geliebte
Sonne
Im Hochsommer flieht
man vor ihren sengenden Strahlen und sucht den Schatten, doch im März
ersehnt man sie und sucht ihr Licht, wie der Säugling die
Mutterbrust. [zu
Opus 114] •
Höhepunkte
Seit ich denken kann,
habe ich Kinder über alles gestellt, denn Kinder sind die Zukunft!
Jeder Augenblick, den man sich ihnen widmet, ist gut angelegt, ja, es
gibt kein sinnvolleres Tun. Nebenbei macht es Spaß und selten lernt man
für sich selber mehr, als wenn man seinen Kindern etwas beibringt. Müsste
ich für meine Erinnerungen eine Rangfolge aufstellen, so käme auf Platz
eins die Zeit, die ich mit meinen Kindern und Enkelkindern zugebracht
habe. Nicht umsonst bin ich als einer der ersten Männer Kindergärtner
geworden. [zu
Opus 117] •
Lob
des Fußballspielens
Ich habe erst im
Mannesalter das Fußballspielen schätzen gelernt, zwangsweise, weil meine
Schüler nichts lieber taten. Danach habe ich fast zwanzig Jahre lang
regelmäßig mehrere Stunden in der Woche mit Hallenfußball zugebracht,
berufsmäßig und leidenschaftlich. Wenn ich davon erzähle muss ich
mich fast bremsen, damit ich nicht als Sprüchereißer dastehe. Aber zu gern
erinnere ich mich meiner Qualitäten als Torjäger, prahle mit
Fallrückziehern, Seitfallschüssen und gefühlvollen Kopfbällen... Ich war
nie ein großer Techniker und den Ball konnte ich kaum jemandem abnehmen,
aber mein Ziel war stets weniger gegnerische Tore zu verhindern, als
vielmehr selber eins mehr zu schießen. Ich habe immer gekämpft, bis mir
die Zunge auf der Brust hing, meine Stärke war das Kombinieren mit kurzen
Zuspiel, schnörkellos und zum gegnerischen Tor strebend. Doch ich war
niemals fanatisch dabei und gelungene gegnerische Aktionen haben mich
ebenso begeistert... Klar wollte ich gewinnen, aber nicht durch
Bekämpfen der anderen, sondern durch besseres Spielen, was immer
besseres Zusammenspielen bedeutet. So kann auch ein Kampfsport zum Rahmen
für Gemeinschaftlichkeit und Kooperation
werden. [zu Opus
119] •
Bäume
Wegen meines
Einsatzes für Bäume bin ich oft als grüner Schwärmer belächelt worden. Ein
Kritiker beim Nürnberger Bardentreffen 1984 spottete in der Zeitung:
„...und beim Geiss Haejm reimt sich an jeder Ecke ein Baum...!“
Selbstkritisch habe ich darauf meine Lieder durchsucht und viel zu
wenig Bäume gefunden. [zu Opus
120] •
Mein
Kampfstil
Na ja, die Mafia war
es vielleicht nicht gerade, aber immer habe ich mich mit den Mächtigeren
angelegt. Oft habe ich Kopf und Kragen riskiert und das Herz klopfte mir
bis zum Hals, doch immer nur vorher und zu Beginn. Im Gefecht selbst
verflog dann jede Angst und ich war dann nur noch ein Werkzeug meines
Gewissens. Und es war wohl diese freche Unerschrockenheit und meine
ehrliche Leidenschaft, die den Gegner davon zurückhielt mich zu zermalmen.
Kurzfristig habe ich dabei selten gesiegt, langfristig sind aber
beinahe alle meine Anliegen aufgegriffen
worden. [zu
Opus 121] •
Gegen
die Kernspaltung
Warum ich gegen die
Atomspalterei bin, ist schnell gesagt: kurzer Nutzen - lange Gefährdung.
Keine Generation hat das Recht, den Kindern ein so tödliches Erbe zu
hinterlassen. [zu
Opus 122] •
Einfach
leben um zu überleben
Unsere Zivilisation
ist parasitär und gefährdet das Fortbestehen unserer Art. Dagegen nur zu
polemisieren genügte mir nicht. Ich wollte wissen, ob es anders geht und
so habe ich mich der Natur anvertraut und nach und nach ein Doppelleben als
selbstversorgender Landmann begonnen. [zu
Opus 123] •
Lüften
im Kopf
Wie ein Bär
Winterschlaf halten! Sich zu Winterbeginn eine Höhle suchen und dann
schlafen bis zum Frühjahr! Danach sehnte ich mich oder zumindest nach
einem Kundendienst, einer Runderneuerung, einem Ölwechsel, einem
neuen Luftfilter - einer Formatierung der Festplatte, oder wenigstens
nach dem Löschen des ganzen unnützen
Ballasts... [zu Opus
124] •
Gestrige
Mögen mich die Götter
davor behüten, so zu werden wie manche Stammtischbrüder, die immer ihren
alten Mist breittreten, den verbrecherischen Krieg schönreden und
ihren Adolf! Diese Hohlköpfe! Selber verführt und erniedrigt und nun große
Töne spuken, so als wären sie am Obersalzberg verkehrt! Doch Toleranz
und ursächliches Denken haben sie nie gelernt und niemand auf der
ganzen Welt wird es ihnen noch beibringen können, sie sind eine
bedauernswerte verlorene Generation und hoffen kann man nur, dass sie ihre
Beschränktheit einmal mit ins Grab nehmen. [zu
Opus 129] •
Teufelskreis
Der Wald hat seine
Menschen nie alle ernährt, und es waren nicht die Schlechtesten, die Rusel
und Donau hinter sich ließen um das Brot in der Fremde zu verdienen.
Auch heute verlassen Tausende Männer Familie und Heimat und verkaufen ihre
Arbeitskraft die Woche über auf Baustellen, in Fabriken und Behörden im
Landshuter und Münchner Raum. Fast alle sind sehr sparsam und sie stecken
jeden ersparten Pfennig in das Wohnhaus in der Heimat, denn die Kinder
sollen es einmal besser haben... Doch diese haben meist einen anderen
Geschmack oder zum „entfremdeten“ Vater keine Beziehung, da sie ja beinah vaterlos aufwuchsen. Und
auch für sie gibt es in der Heimat keine Arbeit und so landen auch sie,
oft auf Dauer, in der Fremde. Zurück bleiben die Alten, endlich
berentet und zu Hause, doch oft genug allein... [zu Opus
130] •
Säue?
Natürlich kann man es
erklären, warum manche Menschen solche Umweltschweine sind (wobei man
Schweinen damit sogar unrecht tut, die ihren Kot in einer Ecke ablegen und
keinen Müll wegwerfen) – unsere Vorläufer haben auf den Bäumen gesessen
und einfach alles fallenlassen, der Boden ging sie nichts an. Auch als sie
später auf zwei Beinen auf dem Boden herumliefen, sind sie der
Nahrung nachgezogen und ihre Hinterlassenschaften brauchten sie nicht zu
interessieren, sie waren aber auch kein Problem. Dies hat sich in den
Köpfen als Schaltplan eingebrannt und ein neuer Plan wird einige Zeit
brauchen, bis er den alten ersetzt. [zu
Opus 132] •
Reif
für Land
Nie war jemand reifer
für ein Stück Land! Zwölf Jahre lang habe ich alle Literatur zum Thema
Landbau und Tierzucht verschlungen, jede Handvoll Erde genutzt, um etwas
darin anzubauen... Was bin ich herumgelaufen und habe wehmütig in
fremde Gärten geschaut, fremde Felder betrachtet, fremde Tiere. Wie oft
fand ich das Land ungerecht verteilt: die einen hatten, was ich ersehnte
im Übermaß und nützten es nicht, andere nützten es nicht nur nicht, sie
zerstörten es sogar! [zu
Opus 133] •
Notwendige
Dialektik
Wir brauchen den
Winter, um den Sommer noch mehr genießen zu können, wir brauchen das Tal,
um den Berg zu schätzen, wir brauchen Lärm und Bewegung, der Ruhe
wegen. [zu
Opus 134] •
Verehrte
Kellnerinnen
Das Bier und das
Gespräch ist das eine, die Kellnerin das andere. Wo ist der Mann, der noch
keine Kellnerin begehrt hat? [zu Opus
135] •
Baumopfer
Natürlich ist es auch
eine Form von Wertschätzung, wenn man die höchsten Feste mit Bäumen und
Zweigen schmückt. Vielleicht spielt dieser Baumverlust auch gar keine
Rolle, wenn man die großflächige Waldzerstörung weltweit betrachtet.
Vielleicht können sich auch nur der Natur entfremdete Stadtmenschen
derartige Sorgen machen, die keine Ahnung haben, von dem was so
nachwächst. Und doch ist die Sache wert darüber
nachzudenken. [zu Opus
136] •
Vom
Wert der Betten
Ein warmes Bett und
ein geliebter Mensch sind Ladegeräte für unseren Akku. Das warme Bett
ist die Gebärmutter der Geborenen, das wohlige Nest, die
bergende Höhle... Dem seelisch Gesunden reicht es, sich nächtens
dahin zurückzuziehen, vielleicht gelegentlich auch mal an einem
faulen Nachmittag, viele seelisch Kranke lockt nichts außerhalb des
Bettes, sie ziehen sich dahin immer zurück, wann immer es ihnen
möglich ist. [zu Opus
139] •
Spekulier
nicht zulange!
Wenn man zu lange
über etwas nachdenkt, es von allen Seiten betrachtet, sich alle
Vernetzungen und alle möglichen Folgen ausmalt - wie soll man dann noch
handeln können! Alles hat nicht nur zwei Seiten, sondern viel mehr. Nur
weil es kein „richtig“ im absoluten Sinn gibt, ist es aber doch nötig,
dass man handelt, wenigstens ein klein wenig richtiger als die meisten.
Wenigstens, dass man sich in der richtige Richtung
bewegt. [zu Opus
140] •
Der
Hang
Es war ein
wunderschöner Hang, von Rainen durchzogen, mit Wiesen und Feldern.
Die Großmutter kannte jedes Feld und sie erstaunte mich oft, wenn sie mit
über achtzig Jahren feststellte, dass Bauer Sowieso sein Feld bestellte,
ein anderer Bauer Mist ausbreitete, die Tauben des Vaters auf dem Acker
jenes Bauern niedergegangen seien. Der Hang war für uns nicht
irgendein Hang, er war ein wertvolles Stück Heimat, denn er füllte
unseren Gesichtskreis, wenn wir vor unsere Tür traten. Nun haben sie
quer über den Hang einen hohen Damm aufgeschüttet, auf dem Tag und
Nacht der Verkehr rollt. Der Teufel soll sie holen! [zu Opus
141] •
Unbelehrbar
„Der Schoß ist
fruchtbar noch, aus dem dies kroch..!“ hatte Brecht in den
Nachkriegsjahren festgestellt. Dass dieser braune Schoß aber solange
fruchtbar bleiben sollte, hat er wohl auch nicht gedacht. Doch auch jetzt
noch, nach „All your need is love“ und „Blowing in the wind“, nach dem
Völkermord in Vietnam und Kambodscha, kommt einem das große Grausen, wenn
man nur die Zeitung aufschlägt. Hört euch nur die bösen Reden von diesem
Strauß an! Und hört euch an, wie ihm die Menschen
zujubeln... [zu Opus
142] •
Mein
Traum
Das war mein Traum:
ein Häuschen zwischen blühenden Feldrainen, abseits von Dorf und
Stadt, in sonniger Lage, nicht weit vom großen
Wald... [zu Opus
143] •
Zu
blöde zum Fürchten?
Zum Fürchten ist
Verstand nötig, zumindest Vorstellungskraft, um sich die Folgen
unseres Tuns auszumalen. [zu Opus
144] •
Frauen
ans Gewehr?
Auch Frauen sollen
Soldaten werden, wird heute von liberalen Politikern gefordert! Ihre Logik
ist so einfach wie teuflisch: Wer Emanzipation will, muss auch bereit
sein zu marschieren! Leider gibt es auch ein paar Frauen, die Marschieren
und Töten für ein erstrebenswertes männliches Privileg halten und
bereit sind alle männlichen Blödheiten
nachzumachen. [zu Opus
146] •
Jeder
hat seine Stiege
Das Leben als eine
Wegstrecke zu begreifen, mit Stufen und einem Oben und Unten, mag
eine einfältige Vorstellung sein. Aber es ermöglicht uns eine gewisse
Vogelschau darauf und hilft uns das Leben als Gabe und Aufgabe zu
sehen. [zu Opus
147] •
Unterhaltung
für Schafe
Sich hinter einem
Leithammel scharen und dann über seinen Führungsstil lamentieren - ist das
nicht eine unserer Lieblingsbeschäftigungen? [zu Opus
148] •
Es
gibt keine natürliche Feindschaft
Ob Hund und Katze, ob
Katze und Ratte: Tiere, die mit dem Nötigen versorgt miteinander
aufwachsen, tun sich nichts, ja entwickeln die unglaublichsten
Zutraulichkeiten. Bei Menschen ist es nicht anders, wenn nicht eine
bösartige Umgebung Zwietracht sät. [zu Opus
150] •
Grüße
sie von mir!
Viele Kontakte die
man so pflegt, haben keinen aktuellen Wert für beide Seiten, sie
kosten Zeit, Nerven und Benzin. Dennoch sollte man sich davor hüten,
alte Freundschaften aufzukündigen, denn sie sind kostbar und
nicht zu ersetzen. Und es ist auch schön, über das Land verstreut
vertraute Menschen zu wissen, deren Zuneigung man aber nicht durch zu
häufiges Besuchen verspielen sollte. [zu Opus
151] •
Einsicht
in der Hängematte
Es gab eine Zeit, da
meinte ich den Menschen ihre Oberflächlichkeit und ihre Sucht nach
Kurzweil vorhalten zu müssen. Nie habe ich überflüssigere Lieder
verfasst. [zu Opus
152] •
Hohe
Zeit des Jahres
Die Märzensonne
bringt die Haseln zum Stauben und wenn ich mich an den schneefreien Hängen
eine Weile ins dürre Gras lege und den Vögeln zuhöre, dem
erfüllt mich tiefes Glücksgefühl. Ein Monat später, wenn dann die
Schlehen, Kirschen und Anemonen zu blühen, dann überfällt mich die zweite
Woge des Frühlingsglücks. Wenn dann die Apfelbäume blühen und die Wiesen
sich löwenzahngelb färben und meine Bienen mit dicken Pollenringen
heimkehren, dann beginnt mir die hohe Zeit des
Jahres. [zu Opus
154] •
Menschenrecht
Wenn einer für sich
ein Haus baut, dann soll man ihn in Ruhe lassen! Er hat das Recht so schön
oder so geschmacklos zu wohnen, wie es ihm gefällt. Nur keinem
Nachbarn darf er schaden damit! [zu Opus
155] •
Vom
wirklichen Reisen
Reisen als Zweck und
nicht als Mittel! Also nicht Reisen, um von A nach B zu kommen, nein,
der Prozess des sich Fortbewegens, das ist wirkliches Reisen! So wie nicht
das Sattsein schön ist, sondern das Essen, nicht das gelesene Buch schön
ist, sondern das Lesen, so muss auch beim Reisen der Weg das Ziel sein.
Und es ist keine Nostalgie, sondern unabdingbare Voraussetzung, dass
zu dieser Art Reisen kein Motor als Antriebsmittel passt, es reichen
die eigenen Beine, die ohne Zweifel die uns entsprechendste und edelste
Art des Reisens ermöglichen. Doch auch ein Reittier, ein Kanu, ein
Segelboot, ein Fahrrad, ein Ballon, ein Flugdrachen oder ähnliches sind
als Hilfsmittel geeignet und akzeptabel. Natürlich kenne ich
den Einwand: Die Welt ist heute nicht mehr natürlich und kleingegliedert
und voll neuem Reiz hinter jedem Berg, sie ist weitgehend eine
Agrarsteppe, kahl und ausgeräumt, von Asphalt und Hochspannungsleitungen
durchzogen, zubetoniert, langweilig und einfältig wie die Köpfe derer, die
das verbrochen haben. Durch eine solche Öde müsse man mit Maschinen eilen
und keine Geschwindigkeit sei dafür hoch genug. Und doch, das ist nicht
wirkliches Reisen. Nach meinen Erfahrungen muss man sich in trostlosen
Gegenden an den Flüssen entlang schlängeln, wo es noch einigermaßen
erträglich ist. [zu Opus
156] •
Ursache
bürokratischen Hochmuts
Meine Erfahrungen mit
Ämtern und Bürokraten sind umfangreich und überwiegend trauriger Natur -
auch wenn sich in Büros durchaus auch liebenswürdige Menschen tummeln, die
ihre menschlichen Qualitäten von zu Hause mitbringen, sie mögen sie sich
hoffentlich noch lange bewahren! Doch ich rede hier von den faden und
hochmütigen Bürokraten, die ihre Vorschriften für ihre eigenen halten und
sich für den Staat, dem sie doch nur Werkzeug sind. Eigentlich für die
Bürger da, sind ihnen diese nur Arbeit und oft genug scheint es, ihre
persönlichen Feinde, deren Ansprüche und Forderungen sie abzuwehren
haben und von deren Geld sie möglichst viel kassieren müssen, auch um sich
selber zu erhalten. [zu Opus
157] •
Der
lange Arm des Gelderwerbs
Arbeitende bringen
aus der Arbeit nicht nur Geld nach Hause, sondern oft genug auch Unmut,
Müdigkeit, Demütigung, Zorn, Ungeduld, Überreizung. Und ohne dass sie es
wollen - ich spreche aus eigener Erfahrung - geben sie die Last oft weiter
an die Familie. [zu Opus
158] •
So
nicht!
Die Zeitungsmeldungen
eines Tages reichten aus zum Verzweifeln! Es läuft soviel verkehrt, in
diesem Land, in dieser Welt! Nicht nur, dass die Soldaterei noch
immer nicht geächtet ist, nein, der militärische Wahnsinn treibt
immer neue Blüten! Und noch immer geben Mütter ihre Söhne dafür
her! Und das Gefasel von
Freiheit und Menschenrechten! Soviel Lüge, soviel Betrug! Und das
scheinheilige Pochen auf Verfassungstreue! Die am lautesten schreien,
haben nie Achtung davor gezeigt und das Grundgesetz zigfach geändert und
verwässert! Es ist wie immer, die Brandstifter schreien am lautesten nach
der Feuerwehr! [zu Opus
159] •
Wir
wohnen in einem alten Haus
Es raschelt im
Gebälk, es sind die alten Würmer. In den Wänden steckt der alte Schwamm
und in den Ritzen und Winkeln verbergen sich tagsüber die Wanzen. Im
Keller liegt der alte Müll und die alten Ratten gehen ein und
aus. [zu Opus
160] •
Kreuzberger
Träumereien
Wenn ich in der
Kreuzberger Naunynstraße am Fenster saß und den schmutzigen Asphalt
betrachtete, malte ich mir aus, die Straßenschlucht sei ein Garten mit
großen Laubbäumen, Obstgehölzen, Gemüsebeeten, weidenden Tieren,
einem gewundenen Bächlein, spielenden Kindern. Und statt heulender Motoren
und Türenschlagen füllte die Ohren Vogelgesang. [zu Opus
161] •
Nicht
böse im Grunde
Die Menschen sind
nicht wirklich böse, sie sind nur träge, unreif, ängstlich, schwach,
festgefahren, zu beschäftigt, gerne wichtig, laut, voller Illusionen
und ihre schlimmste Krankheit ist die Langeweile, aus der sie heraus
miteinander die übelsten Spiele spielen. Und dann gibt es auch die Freude
daran, andere zu beherrschen und ihnen überlegen zu sein. Statt
solches Tun zu brandmarken und zu verachten wird es honoriert und
bewundert. Und das ist die Quelle für alles Böse. [zu Opus
162] •
Rezept
„Was verboten ist,
das macht uns grade scharf!“, sang Wolf Biermann und jeder, der den Leuten
zuschaut, kann sich von der Wahrheit dieser Feststellung überzeugen.
Oft bekommt man von den Leuten nur was man will, wenn man zuvor das
Gegenteil einfordert. [zu Opus
164] •
Macht
der Lieder
Können Lieder etwas
bewegen? Ja, vielleicht nicht gleich die Welt, aber doch gelegentlich
einzelne Menschen. Lieder haben mich bewegt und weil ich dies
erfahren habe, wurde ich Liedermacher. Und ein paar Mal habe auch ich
schon gehört, dass eines meiner Lieder ähnliches bei anderen ausgelöst
haben soll. [zu Opus
165] •
Eigenbrötler
Ich sei ein
Eigenbrötler, sagte mir mit zwanzig Jahren mein Meister in der Kreuzberger
Glühlampenfabrik. Sieben Jahre später fing ich wirklich an mein Brot
selber zu backen. [zu Opus
166] •
Sonnenfalle
Es waren nicht nur
ökologische Gründe, die mich im 1978 für vierzehn Tage aufs Dach steigen
ließen und eine Sonnenheizung bauen, aus Kupferrohren, gebrauchten
Schaufensterscheiben, einer alten Regentonne usw. (die Anlage
funktionierte übrigens viele Jahre lang), nein, da war auch das starke
Gefühl, mit der Solarheizung ein Stück mehr Freiheit zu erlangen, weniger
abhängig zu sein. [zu Opus
167] •
Heimat
Wald
Der Wald ist wie eine
Mutter, er schenkt uns Nahrung, Wärme und
Frieden. [zu Opus
168] •
Sterben
der Bergwälder
Das Sterben der
Bergwälder mit unserer künstlichen Lebensweise in Verbindung zu bringen,
fällt vielen nicht leicht. Der Zusammenhang ist nicht sichtbar und der
Mensch ist ein Augenwesen und nur auf den augenblicklichen Vorteil
bedacht. [zu Opus
169] •
Geliebter
Sommer
Und wenn die Sonne
noch so heiß brennt - nie werde ich mich über sie beklagen! Und wenn noch
soviel nächtliches Gedudel von Sommerfesten mir den Schlaf raubt, niemals
würde ich mir deswegen den Winter herbeiwünschen! Und wenn mich das Gesumm
von Fliegen- und Mücken noch so nervt - es ist die Musik des Sommers, des
geliebten Sommers! [zu Opus
170] •
Zivilcourage
Zivilcourage - wenn
es genug davon gäbe, dann wäre dieser Sumpf bald
trockengelegt! [zu Opus
172] •
Alles
zu spät?
Es ist einfach eine
zu tiefe Kluft zwischen dem, was die Menschen anstellen und dem, was sie
verantworten können. Die Dinge sind so ineinander verwoben und der
Mensch denkt nur so armselig gerade und kurz. [zu Opus
174] •
Leistungsgesellschaft
Etwas leisten und
sich etwas leisten - das gilt als Devise in unserer
Leistungsgesellschaft. Doch jenes wird oft überschätzt und entspricht
selten dem Entgelt, das dafür bezahlt wird und dieses ist davon abhängig.
Mein Tipp - sich Dinge leisten, die keinen Warenwert haben, z.b. Denken,
Humor, Courage, Liebe, Zuwendung, Solidarität, Natur,
Phantasie. [zu Opus
175] •
Gläserner
Bürger
Die amtliche
Datenerfassung wird immer lückenloser und die Gefahr des Missbrauchs
steigt. Es ist anmaßend, was
der Staat alles über seine Bürger registriert, denn vieles geht ihn
überhaupt nichts an. [zu Opus
176] •
Stadt
im Kopf
Die Zahl und Größe
der Städte ist Maßstab dafür, wie sehr sich eine Kultur der Natur
entfremdet hat und wie hoch der Grad an Arbeitsteilung ist. Anonym und
beziehungsarm leben die Menschen dort in unüberschaubaren Strukturen
und in den Köpfen spiegelt sich die Künstlichkeit, die sie
umgibt. [zu Opus
177] •
Das
Leben leben
Wer sein Leben nur
als Gabe begreift, der wird seinen Zweck darin sehen, alle Sinnesfreuden
optimal zu genießen. Wer das Leben als Aufgabe begreift, der wird
alles tun, um den Weg, auf dem die Menschheit unterwegs ist,
möglichst in die richtige Richtung weiterzubauen, seinen Platz als
Gliedchen in der langen Kette der Generationen gut auszufüllen und daraus
seinem Dasein einen höheren Sinn abgewinnen. Die wahre Lebenskunst
besteht darin, im richtigen Maß beide Möglichkeiten zu leben: das Leben
als Gabe und Aufgabe! [zu Opus
179] •
Überraschung
im Himmel?
Was für ein Alptraum:
der Himmel gefüllt mit Pharisäern, Heuchlern und Philistern! Mit den
Scheinheiligen aller Länder, mit den Süßlichen, Biederen,
Mächtigen der Erde... [zu Opus
180] •
Kann
Spott etwas lehren?
Es gibt Augenblicke,
da bin ich es leid zu appellieren, hinzuweisen, zu debattieren.
Vielleicht, so meine Rechtfertigung, könnte mitleidiger Spott die
Einfältigen in ihrem Stolz treffen und sie zum Nachdenken bringen.
Zumindest später, wenn sich ihr Zorn gegen mich gelegt hat und sie nicht
mehr wissen, was ihnen da im Kopf an neuer Einsicht umgeht.
[zu Opus
181] •
Verhängnisvolles
Überbeschützen
Selten hilft man
jemandem, wenn man ihn zu fest umklammert, ihn einengt, in
Abhängigkeit bringt, ihm die Luft nimmt. [zu Opus
182] •
Regel
Gewalt kann man nicht
mit Gewalt beseitigen, Hass nicht mit Hass, Dummheit nicht mit
Dummheit! [zu Opus
183] •
Lerne
und übe beizeiten!
Gewiss werden auch
wir einmal eine Chance bekommen! Doch sind wir dafür vorbereitet?
Das, was wir dann anders machen wollen, müssen wir heute schon lernen,
heute schon üben! Wer erst gehen lernen muss, wenn er den gewünschten Weg
bekommt, der wird nicht weit kommen. Darum übe dich auf den
vorhandenen Wegen, auch wenn sie oft im Kreis
führen. [zu Opus
184] •
Perverse
Militärdoktrin
Etwas schützen, in
dem man mit seiner Zerstörung droht, diese perverse Militärdoktrin hat
mich rasend gemacht. [zu Opus
186] •
Sicherheit
durch Freundschaft
Man kann vielleicht
Sicherheit durch Zähne und Panzerung erreichen, ebenso aber auch
durch Freundschaft und Freundlichkeit, letzteres macht mehr
Spaß. [zu Opus
187] •
Was
alleine bleibt
Wir waren nie
Dauerhändchenhalter, wir haben uns geneckt, manchmal geärgert, wohl
gelegentlich auch verletzt -
doch hundert Mal öfter haben wir uns geliebt. Daneben
verblassen alle anderen schönen Erinnerungen. [zu
Opus188] •
Kindliche
Erwartung
Wo ist der Retter,
der Messias, der Leithammel? Wo der Papa, der es schon richten wird? Wo
die Mutter, unter deren Rockschoß wir flüchten können? Wo die rettende
Wahrheit, das stützende Dogma, die Fahne, hinter die wir uns scharen
könnten? [zu Opus
189] •
Notwendige
Flucht
Gelegentlich muss ich
den Niederungen entfliehen, den Sümpfen, deren fauliges Wasser mir oft bis
zum Kinn reicht, dem Ameisengewirr der Stadt, den Ketten aus Sachzwängen
und Regeln, meinem lächerlichen Stolz. [zu Opus
190] •
Erst
uns verändern
Könnten wir die Welt
wirklich retten? Ja, wenn wir uns von unseren Illusionen trennen, von
unserem Stolz, den Fleischtöpfen, unseren Gewohnheiten, unserer
Rechthaberei, unseren Stimmungen. [zu Opus
191] •
Prophezeiung
Es wird noch einmal
eine Zeit kommen, da werden es die Menschen nicht glauben, dass Bauern und
Gärtner die Lebensmittel mit den schrecklichsten Giften spritzen
durften und diesem Treiben den verlogenen Namen „Pflanzenschutz“
gaben. [zu Opus
192] •
Wenn
ich Herrgott wär
Nein, ich wäre kein
gütiger Gott! Mit Blitzen würde ich werfen auf diejenigen, die meine
Schöpfung zerstören! Doch andererseits: wenn die Menschen nur
vernünftiger würden, um meinen Blitzen zu entgehen, könnte ich mich daran
freuen? Nein. Also, keine Blitze. Aber was dann? [zu Opus
193] •
Abwarten
Bei der Partnersuche
ist es wie beim Stuhlgang, beim Schlafen, beim Lieben, beim Kinderkriegen
und beim Erinnern - je mehr man die Sache erzwingen möchte, desto weniger
funktioniert es. [zu Opus
194] •
Tu
was!
Etwas leisten,
nützlich sein, einmal nicht umsonst gelebt haben, etwas hinterlassen,
das noch lange die Menschen erfreut - und dabei selber Freude haben! So
habe ich versucht mich einzubringen und lange war mir nicht bewusst, dass
dies der anmaßende und auch hilflose Versuch ist, dem Leben durch
Künstlichkeiten einen Wert außer ihm zu geben und damit
unzulängliches eigenes Tun über das Leben zu stellen. Doch auch
nachdem ich das erkannt hatte, hielt ich es weiter so, denn ohne diese
Illusion kann ein Mensch vielleicht nicht leben und würde vor der Zeit an
Langeweile sterben. [zu Opus
195] •
Hehrer
Anspruch
Ein Barde sollte eine
moralische Instanz sein! Sein Gesang sollte die Menschen feinfühlender
machen, aufwecken, ihnen Mut geben – sollte schon auch angenehm sein
- doch nie einlullen und mit billigen Phrasen unterhalten. Die, das
machten, waren mir nur Verpackungskünstler und eitle
Zeisige. [zu Opus
196] •
Arme
Stallmenschen
Die Menschen
verbringen den weitaus größten Teil ihres Lebens heute in ihren
künstlichen Höhlen, schon Kneipp hat sie deswegen vor hundert Jahren
„Stallmenschen“ genannt. [zu Opus
198] •
Brutales
Pendlerlos
Wenn wirtschaftliche
oder politische Zwänge verwurzelte Menschen in die Fremde zwingen,
ist das ein großes Unglück. Ich habe dieses Los als Gewalt begriffen,
der Trennungsschmerz lähmte und würgte mir oft die Eingeweide.
[zu Opus
199] •
Wie
geklont
Die Menschen
erscheinen mir oft wie Karikaturen, wie Abziehbilder. Sie sprechen
einander nach und spielen ihre Rollen, als wenn sie sie selber geschrieben
hätten und haben sie doch nur auswendig gelernt. Sie plustern sich auf wie
Hähne und aus ihren Schnäbeln kommt das immergleiche
Kikeriki. [zu Opus
200] •
Notwendiges
Jammern?
Auflisten, was uns
mißfällt, das ist leicht. Doch die Beseitigung der Mißstände mit Glück
gleichzusetzen, daß wäre zu einfach, da muss sich schon auch noch so
manches Unausgesprochene erfüllen... [zu Opus
201] •
September
Kein Datum hat für
mich so etwas Umbrechendes wie der erste Septembertag. Mit einem Mal ist
der Herbst da. Das Licht ist anders, es sticht in die Augen und alles
unbescheinte sinkt in tiefen Schatten. Die Sonne steigt nur noch so hoch
wie im April und die Nacht ist fast schon wieder so lang wie der Tag, was
nicht mehr ausreicht den Badeweiher auf das Erträgliche zu erwärmen und so
überlassen wir ihn wieder den Fischen und Fröschen. Der Sommer, also
das, auf was man sich in unseren Breiten die übrige Zeit freut, ist
vorüber. Für den Imker beginnt das neue Bienenjahr, für die
Schulleute das neue Schuljahr. Für uns als Pendler hatten die Sommerferien
noch größere Bedeutung, denn ihr Ende heißt Abschiednehmen nach sechs
Wochen. Wir ernten den Garten ab und stellen den Kopf
um. [zu Opus
202] •
Geiselnehmer
Spätere Generationen,
so es sie gibt, werden es einmal kaum glauben können, dass zum Ende des
zweiten Jahrtausends, mitten in Europa, sich zwei derart
unversöhnliche politische Blöcke gegenüberstanden, von denen beide
ihre wirtschaftliche Ideologie höher bewerteten als sich selber.
Bedrohten sich in früheren Zeiten Armeen, so bedrohen diese heute mit
ihren atomaren Sprengköpfen alle Menschen, ja alles Leben auf der
Erde. Und nicht alles einmal vernichten können, reichte diesen
Wahnsinnigen! Sie können es heute schon hundertmal und dennoch rüsten sie
immer weiter. Ihre Drohung: Wenn ihr uns angreift, verbrennen wir
euch! Dass ihr auch uns verbrennt, nehmen wir in Kauf, denn wir sind
lieber tot als rot..! [zu Opus
203] •
Goldene
Ketten
Du sitzt im vollen
Kühlschrank, gut versorgt inmitten der verlockendsten Speisen, du kennst
es nicht anders. Alleine mit der Temperatur willst du dich nicht recht
abfinden. Manchmal denkst du, dass man auch anderswo leben kann.
Selbst auf die Gefahr hin, dass es dort vielleicht auch nicht wärmer ist
und das Speisenangebot karger, willst du dein kühles Schlaraffenland
verlassen, du nennst es ein Gefängnis. Doch wo ist der
Ausgang? [zu Opus
204] •
Sei
weich!
"Dass das weiche
Wasser in Bewegung mit der Zeit den harten Stein besiegt. Du verstehst?
Das Harte unterliegt!" So ließ Brecht seinen Laotse
formulieren. Und dies ist eine
tröstliche Wahrheit für den hart werdenden jungen Menschen, wenn ihm
das Ausmaß des menschlichen Unrechts einmal bewußt wird. Schnell hat einer
die Urheber ausgemacht und meint, er müßte sein Leben einsetzen und die
Welt mit Gewalt von einem Tyrannen befreien. Doch der Tyrann
gleicht dem Kopf einer Hydra und gewaltsames Abschneiden lässt
dutzendweise Hydraköpfe nachwachsen und nicht selten wird der "edle" Streiter bald zum schlimmsten von
ihnen... Dafür lohnt es sich einfach nicht zu
sterben. Darum werde wie das
Wasser, weich aber beständig fließend! [zu Opus
205] •
Mächtige
Filter
Täglich passieren
unzählige Schweinerein. Nur ein Bruchteil davon wird bekannt. Davon paßt
wieder nur ein kleiner Teil in eine Zeitung. Wer wählt diesen aus? Wer
bestimmt, wie und in welcher Form darüber berichtet
wird? [zu Opus
206] •
Unterschied
Die Tiere leben in
der Gegenwart. Sie denken vermutlich weder an Morgen noch an Gestern.
Und wir Menschen? Die Jungen träumen von Morgen, die Alten von
Gestern. [zu Opus
207] •
Grausamer
Lärm
Mit meiner
Lärmempfindlichkeit befinde ich mich in guter Gesellschaft, auch
Schopenhauer wetterte gegen die peitschenknallenden Fuhrleute seiner Zeit,
die ihm den letzten Nerv raubten. Nicht auszudenken, hätte er wie ich,
fünfzehn lange Jahre, als Internatsleiter sein Brot verdient und mit
hunderten von Jugendlichen unter einem Dach wohnen müssen! Und
über unseren Köpfen, oft keine hundert Meter darüber, tobten
Militärjets an allen sonnigen Tagen. Unsere Wände bebten und die
Trommelfelle drohten zu zerreissen. Acht Stunden Schlaf war immer
mein Ziel, bekommen habe ich meistens nicht die
Hälfte. [zu Opus
208] •
Lieber
leiden als nie freuen
Der Leidenschaften
sollte man sich enthalten, sagte Glückseligkeitslehrer Epikur, denn in
ihrem Gefolge käme stets der Schmerz. Aber um den zu vermeiden müßte man
sich wohl auch aller tieferen Bindungen enthalten, denn alleine diese
geben den Enttäuschungen Gewicht und Schärfe. Doch was wäre das für
ein Leben! Ist da nicht im akuten Schmerzfall der Alkohol als Tröster
vorzuziehen? Und das Einlassen auf Freunde, die für erträgliche Dosierung
sorgen? [zu Opus
211] •
Verfluchte
Geldwirtschaft
Solange die Börsen
dieser Welt nicht als Plätze der Gaunerei geächtet werden, solange Waren
produziert und verkauft werden, die niemandem nützen, ja, die oft nur
zerstören, solange nur danach entschieden wird, ob eine Sache Gewinn
verspricht und nicht ob sie gebraucht wird, solange kann es auf dieser
Welt nicht besser werden, solange bleiben alle Reden über Menschenrechte
und Ökologie nur gutgemeinte Phrasen. [zu Opus
215] •
Seeräuber
Ach ja, Seeräuber
wollte ich auch einmal werden, natürlich ohne Blutvergießen - Freiheit der
Meere - die Beuteschiffe der Reichen entern und die Ladung den Armen
zurückgeben – Hulamädchen – einsame polynesische Inseln - Abenteuer - freie
Konfektion... [zu Opus
216] •
Verkanntes
Lied?
Ein total
blödsinniges Lied wollte ich schreiben und fügte eines Abends die
unterschiedlichsten Impressionen und Expressionen zu einem Puzzle
zusammen, unterstützt von einigen Gläsern selbstgekelterten
Apfelmostes. Meine Frau kam einige
Male ins Zimmer, weil sie mein
Gelächter nicht deuten konnte. Kurz - ich hatte ziemlich viel
Spaß bei der Reimerei. Der Kritiker eines
norddeutschen Musikmagazins suchte sich fünf Jahre später für seine
Besprechung meines Liederbuches akkurat dieses Lied aus. Seine Kritik war
vernichtend. [zu Opus
217] •
Kraft
aus Erregung
Die Kunde, dass
unsere Wälder sterben und eigene Ansichten dieses Tatbestandes, erfüllte
mich mit heiligem Zorn. Dieser gab mir die Kraft über Jahre meine
Stimme gegen das wahnwitzige industrielle Treiben zu
erheben. [zu Opus
219] •
Sisyphus
Sisyphus wurde wegen
eines Regelverstoßes von Zeus dazu verdammt, einen Felsbrocken auf einen
Berg zu wuchten, der immer wieder ins Tal rollt. Auch wir schieben alle
unseren Felsen vor uns her, ohne Aussicht, ihn wirklich auf den ersehnten
Berg bringen, geschweige ihn dort halten zu können. Als Lösung meinte ich
– dreißigjährig - raten zu müssen, dass die Leute ihre Felsen
zerschlagen und die Teile gemeinsam auf den Berg schaffen sollten. Heute,
zwanzig Jahre später, weiß ich, dass es keine sinnlose Bewegung gibt und
es für uns alle das größte Unglück wäre, würde unser Stein auf dem
Berggipfel liegen bleiben. Und ich wette: Sisyphus hatte seine Freude
daran, den Stein ins Tal poltern zu lassen... [zu Opus
221] •
Gegen
Werbung
Meine Abneigung gegen
Werbung sitzt tief, wenig unsittlicheres fällt mir
ein. [zu Opus
222] •
Tut
es!
Was gibt es
traurigeres als eine Sklavenseele, die nur etwas tut, wenn die Peitsche
droht oder ein Vorteil lockt? Die über Jahrzehnte das Leben vergeudet, ja,
des Lebens überdrüssig ist und die erst kurz vor dem Tod die große Panik
überfällt und nun alles Versäumte nachholen möchte. Darum kann man
nur raten seine Möglichkeiten zu nutzen, Wissen, Kraft und
Geschicklichkeit für die richtigen Dinge einzusetzen, alles
auszuprobieren und alles zu kosten, was es zu kosten gibt! Zu gehen,
wenn man Beine hat und zu schauen, wenn man Augen
hat! [zu Opus
223] •
Gärtnerfreude
Wenn die Sonne den
letzten Schnee vom Garten weggeschleckt hat und endlich die Reste der
Gründüngung vom Herbst beiseite gerecht werden können, dann beginnt
das Bereiten der Saatbeete, das Sähen und Pflanzen, das Gießen, Anhäufeln,
Mulchen, Hacken und Jäten. Das derartiges Treiben Spaß macht,
begreifen viele nicht. Seis drum, ich kann ihnen nicht
helfen. [zu Opus
225] •
Kultur
Ich kenne niemanden,
der sich gänzlich kulturellen Dingen verschließt, auch wenn man diese auf
künstlerische Dinge beschränkt. Musik mögen alle, wenn auch nicht alle
dieselbe. Auch bildnerischen Dingen gegenüber ist kaum jemand gänzlich
gleichgültig, ebensowenig sprachlichen Schöpfungen. Wir unterscheiden
uns eigentlich nur im Grad der Entwicklung, dem Grade des
Verständnisses für eine Sache. Klassische Musik, besonders die Oper,
Freejazz, abstrakte Kunst, weite Bereiche der gehaltvolleren Literatur -
sind der Mehrzahl der Menschen eher Grund zum Ärgern als hoher Genuß. Was
man da an Hinführung in jungen Jahren versäumt, läßt sich später kaum
nachholen. [zu Opus
226] •
Rollen
lassen
Selten wollen Kinder
das, was ihre Eltern wollen, eigentlich sollte dies jeder von sich
selber noch wissen. Doch dann wird man Vater und möchte seinen
Sprösslingen alles das beibringen, was man selber kann und wer hätte nicht
auch gerne, dass diese auch in ihren Urteilen und Ansichten dem
elterlichen Beispiel folgten... Auch wenn der Apfel meist nicht
allzuweit vom Stamm wegrollt, so rollt er eben erst einmal doch weg
und man fiebert eine ganze Weile, bis er schließlich seinen Platz zum
Wurzeln gefunden hat. [zu Opus
227] •
Fortschritt
nicht von uns
Fortschritt als
Mittel, etwa um besser leben zu können - wenn auch die langfristigen
Folgen berücksichtigt werden, habe ich nichts dagegen! Aber Fortschritt
als Ziel, so wie er uns heute verkauft wird, das ist gefährlicher
Schwachsinn. [zu Opus
228] •
Rauchen
Ich habe nie etwas
anderes geraucht als Pfeife und auch die brannte tagsüber fast nie. Erst
zum Feierabend holte ich eine aus meiner Sammlung, fummelte eine
Weile mit mehreren Utensilien herum bis sie brannte und beglückte dann
meine oberen Atemwege mit dem Rauch parfümierter Blätter. Ich wußte sehr
wohl, dass Rauchen an Dummheit nur von wenig anderem zu überbieten
ist, dennoch habe ich über zehn Jahre geraucht. Und auch dann war es nicht
der Verstand, der mich zum Aufhören brachte, sondern Schaden, der
bekanntlich klug macht. Ich hatte mein Geruchsempfinden verloren, das
wiederkam, als ich Tabakqualm zu meiden begann, nicht nur eigenen,
sondern auch fremden. Nun ist das aber
überhaupt nicht leicht, weniger wegen des Rauches, als wegen der
Beschäftigung mit der Pfeife. Sie ist quasi ein Geländer, an dem man sich
festhalten kann, ein tolles Fummelgerät, mit dem man in Gesellschaft nicht
nur Pausen überbrücken kann, und natürlich ein Spielzeug für die Lippen.
Da man - wenn man das Rauchen aufhört - nur schwer wieder anfangen kann
Daumen zu lutschen oder an einem Schnuller zu schnullern, stecken viele
Süßigkeiten oder Knabberzeug in den Mund. Ich nahm eine Blockflöte.
Ich spielte damals sogar vorm Fernseher, ja gerade da, weil ich davor
oft geraucht hatte. Ach, was musste meine geduldige Familie damals
erleiden...! Am Ende war ich Nichtraucher und
Flötenspieler. [zu Opus
229] •
Blühe
beizeiten!
Wenn einer lange
genug gewachsen und seine Krone tragfähig ist, dann sollte er nicht weiter
in den Himmel treiben (denn die paar noch möglichen Meter bringen
diesen nicht näher). Er sollte zusehen, dass er Blühten ansetzt, dass an
ihm Früchte reifen, zur Verschönerung der Welt, zur Labung der andern
und natürlich zur Fortführung der Art. Manch einer blüht zu früh und
bricht unter den Früchten vor der Zeit, ein anderer "rüstet sich" den
Sommer lang zum Blühen und wird vom Winter
überrascht. [zu Opus
231] •
Waldlerstolz
Traditionelles
waldlerisches Selbstverständnis: man kokettiert als „Highlander“ mit dem,
was die „Lowlander“ des reichen und klimatisch begünstigten
Gäubodens gerne als Spott über den „Nordwald“ und seine Bewohner
vorbringen. Hochmütiges Gefrotzel der Münchner - Salonbayern, ist uns
zumeist nicht einmal eine Antwort wert und preußischen Hochmut kann ein
Waldler sowieso nicht ernst nehmen... Doch diese selbstbewussten Waldler
sind am Aussterben und gehören auf die Rote Liste der bedrohten
Arten... [zu Opus
232] •
Stimmungstöter
Moral
Von einem bayerischen
Barden wollen die Leute Satire, Hinterfotzigkeit und deftige verbale
Keulenschläge, oder, wenn es schon sein muss, volksdümmliches
Geträller. Eines wollen die Hörer aber überhaupt nicht: Moral! Mit
einem moralischen Lied schafft man es ohne weiteres die beste Stimmung im
Publikum innerhalb Minuten auf den Nullpunkt zu bringen. Dieses wohl
wissend, habe ich derartige Lieder trotzdem gesungen, wenn ich den
Beifall der Kleinkunstschickeria, die immer nur nach beißendem Spott und
Pointen giert und auf gewisse Weise genau so kleinkariert und boshaft ist
wie jene, die sie verlachen, nicht mehr ertragen
habe. [zu Opus
233] •
Mein
Kater
Mein alter Kater ist
ein fauler Kater, alleine deswegen stellt er recht wenig an. Doch manchmal
bewegt er sich, tätzelt neckisch nach einem Tischtennisball, richtet sich
auf, dreht den Kopf und gibt sich ähnlichen anstrengenden Bewegungen
hin. Nur gelegentlich lässt er sich gehen und gibt sich seinen
Stimmungen hin und tut so, als sei ihm nicht schon vor über
einem Jahrzehnt von menschlicher Willkür die Männlichkeit
geraubt worden. [zu Opus
236] •
Seltsames
Geschäft
Wahlkampf ist oft
eine würdelose Sache. Die Kandidaten versuchen sich gegenseitig
kleiner und schlechter zu machen, um selber größer und vorteilhafter
zu wirken. Sind sie dann gewählt, dürfen sie auch nichts durchsetzen, was
unpopulär macht, sonst bekommen sie vom Wähler die Quittung. So ist die
Politik ein recht seltsames Geschäft. [zu Opus
237] •
Kritische
Jugend?
Die heutige Jugend
gilt als kritisch und unzufrieden, doch das sind nicht meine Erfahrungen.
Von den über 4000 Jugendlichen, die ich in meiner pädagogischen Laufbahn
betreuen durfte, interessierten sich für die brennenden politischen und
ökologischen Themen der Zeit nur eine kleine Minderheit, ein Anteil nicht
höher als in der Gesamtbevölkerung. Für popig aufgemachte
Jugendthemen konnte man vielleicht 10 Prozent mobilisieren. Die
Interessen der anderen? Rauchen, Trinken, Autos, Mopeds, Disco, Mode,
Fußball und natürlich das andere Geschlecht. [zu Opus
239] •
Leicht
und schwer
Wie leicht ist es
etwas zu zerstören, wie schwer dagegen, etwas aufzubauen! Wie leicht
ist es auf den Schwachen herumzuhacken und wie schwer, dem Starken die
Stirn zu bieten! Wie leicht ist es vor dem Unrecht die Augen zu schließen
und wie schwer ist es manchmal, für Gerechtigkeit
einzutreten. [zu Opus
240] •
Traum
Und dann war da
plötzlich eine zweite Erde: gleich da oben, wenig höher als die Wolken,
näher als der Mond auf jeden Fall... Und diese Erde war jungfräulich,
unverbraucht, mit sauberem Wasser, klarer Luft, endlosen Wäldern, voller
Tiere und - das wichtigste - menschenleer! [zu Opus
241] •
Verrücktes
Wirtschaften
Unsere Wirtschaft
floriert nur, wenn gekauft wird. Nur dann, wenn es alljährliches
„Wachstum“ gibt, also mehr produziert und konsumiert wird wie im Jahr
zuvor, dann geht es uns gut, so wird uns gesagt. Nun sollten wir aber
eigentlich wissen, dass für unser Wohlergehen nur ein Teil dieser Waren
nötig wäre, das Allermeiste sind Accessoires, über dessen Sinn sich
trefflich streiten ließe. Ein weiterer beträchtlicher Teil der
Produktion ist nur für unsere Mobilität nötig, weil Wohnen,
Arbeiten und Erholen heute meist an verschiedenen Orten passiert,
weil Familienmitglieder und Freunde über das ganze Land verstreut leben.
Und ein weiterer Teil ist nur nötig, um die Schäden, die wir mit unserer
Lebensweise erzeugen, zu reparieren. Schließlich bleiben dann noch die
gigantischen Aufwendungen, die wir in die Rüstung stecken, so als
könnten uns Raketen und Bomben vor den Bedrohungen schützen, die wir
selber erzeugen. Wenn diese
Überlegungen richtig sind, dann könnten wir locker auf die halbe
Produktion schadlos verzichten und unsere Arbeitszeit auf die Hälfte
zurückfahren. [zu Opus
242] •
Leicht
gesagt
„Du wirst noch
merken, dass du nichts versäumst“ sagte mir mein Vater, als ich im
jugendlichen Alter oft kaum die Zeit hatte für die Mahlzeiten, um ja
gleich wieder loszusausen, dorthin, wo ich meinte, dass ich sein
musste. [zu Opus
243] •
Floh
im Ohr
„Alleine kannst du
doch nichts ausrichten! Du bist ein kleines Würstchen und die andern sind
mächtig! Dein Widerstand ist hoffnungslos!“ Wie oft musste ich mir solche
Reden anhören und ich habe darauf gepfiffen, denn ich hatte keine Wahl,
denn mein Gewissen zwang mich den Mund aufzutun. Eine Laus im Pelz kann
einen Mächtigen ganz schön beißen, an einer Gräte kann er ersticken und
ein Scherz, der einen Mächtigen entlarvt, kann ihn stürzen usw. Im übrigen
sind alle Gedanken erst einmal von Einzelnen gedacht worden und – wenn sie
gut waren, haben sie irgendwann viele gedacht. Der einzelne Mensch
muss sich einmischen und er muss den anderen ein Beispiel geben,
sonst ändert sich nichts. Es ist Fatalismus und Herdentum, wenn man alles
treiben lässt. Wie lange habe ich alleine gegen den Rüstungswahnsinn
gesungen und dann stand ich im Herbst 1983 auf einmal mit
Hundertausenden in der Menschenkette zwischen Stuttgart und Ulm! Es war
wie im Märchen! [zu Opus
245] •
Grund
genug den Mund aufzutun
Ich stellte mir vor,
dass irgendwann einmal ein Kind mich fragen würde, warum ich nichts gegen
den Wahnsinn getan habe, in einer Zeit, wo man nicht einmal um sein
Leben fürchten musste, wenn man den Mund auftat. [zu Opus
246] •
Was
ich nicht ausgebe, brauche ich nicht zu verdienen!
Dies ist im Grunde
mein gefährlichstes Lied, denn würden die Leute sich danach richten und
wirklich ihre Ausgaben auf das Nötige beschränken, dann würde unser
Wirtschaftssystem, das auf Verschwendung aufgebaut ist, zusammenbrechen.
Trotzdem ist das Liedchen
unangreifbar, nicht einmal die heilige Inquisition könnte daraus
einen Strick drehen... [zu Opus
247] •
Beweggründe
Im Grunde geht es uns
- auch älter geworden – um nichts anderes, als dem, was auch einem
Neugeborenen die kalte Welt erträglich macht: Wärme, Zuwendung,
Liebe. [zu Opus
248] •
Atomarer
Wahnsinn
Spätere Generationen
werden es wohl kaum glauben: Staaten, die sich selber als zivilisiert
betrachten, haben im 20. Jahrhundert
aus ideologischen Gründen zum tausendfachen Overkill fähige
Massenvernichtungswaffen gegeneinander gerichtet. Und die meisten
Atomraketen waren auf Ziele in Deutschland gerichtet, die der Russen
grad so, wie die der Amis, der Engländer und der Franzosen. Und die
deutsche Regierung unterstützte vasallentreu die US - Amerikaner und
sprach sich für weitere Raketen aus, die sogenannten Pershing 2, mit denen
sogar Moskau in wenigen Minuten getroffen werden konnte, was eine ganz
neue Qualität der Bedrohung darstellte. Schon ein Computerfehler konnte
einen Fehlstart und den Gegenschlag und somit die absolute Katastrophe
auslösen. Wenn man das alles weiß, kann man sich nur wundern, warum es
keine Menschenkette von Hamburg bis München gab. Aber immerhin, über 110
Kilometer reichte die Menschenkette über die schwäbische Alb, und auch
diese wird niemand vergessen, der dabei gewesen ist.
[zu Opus
249] •
Alternativ
Das “alternative”
Denken erfasste Anfang der 80iger Jahre weite Teile der Gesellschaft.
Alternativ hieß eigentlich nichts anders als wertkonservativ, im
Gegensatz zu „strukturkonservativ“ und fortschrittsgläubig. Man
erinnerte sich bewährter traditioneller Lebensweisen und Techniken
und versuchte der alles beherrschenden Künstlichkeit und dem Kommerz
ein wenig zu entrinnen. Leider gab es auch Sektierer, die durch Fanatismus
und Kleingeisterei den vernünftigen Wandel in Verruf brachten. Und
Gegenwind kam nicht nur aus der rechten und liberalen Kommerzlerecke,
sondern auch aus der linken, denn dort war man genau so vernagelt
fortschrittsgläubig und materialistisch. Auch für Spötter waren die
alternativen Übertreibungen eine dankbare Sache, denn über Körndlfresser,
Gemüseheinis und Naturapostel ließ sich trefflich
spotten. [zu Opus
250] •
Geburtenstreik
War es verantworten,
in diese verrückte Welt Kinder zu setzen, konnte man Kindern dies anzutun?
Diese Fragen wurden damals diskutiert und auch wir haben darüber
nachgedacht. Das folgende Lied ist als verzweifeltes Gedankenspiel
eines Vaters zu verstehen, der glücklich seinen Nachwuchs in den
Armen hält. [zu Opus
251] •
Mit
Gegnern zusammenarbeiten
Ich hatte nie
Probleme für eine als richtig erkannte Sache auch mit Gegnern ein Stück
weit zu gehen. Würde sich diese Eigenschaft durchsetzen, wäre dies das
Ende von Fanatismus und Korpsgeist. [zu Opus
252] •
Bananenrepublik
Vielleicht sollte man
es nicht so streng sehen, eine Demokratie fällt schließlich nicht vom
Himmel, sondern muss von der Bevölkerung erst in einem langen Prozess
errungen werden.Und so ist Demokratie eben nicht gleich, was ihr Name
verheißt, eine Volksherrschaft, sondern erst einmal nur ein hübsch
klingender Slogan für eine Mogelpackung: die Herrschaft des Geldes und der
Konzerne. [zu Opus
253] •
Freiheit
Die Freiheit gibt es
nicht, sondern nur das Gefühl davon. Keine willkürlichen Verbote im
persönlichen Bereich, das reicht. [zu Opus
254] •
Beruf
Wer sich für einen
Beruf entscheidet, akzeptiert die Arbeitsteiligkeit der Welt und den
zerrissenen Teilmenschen. Und das fällt mir schwer, in lichten
Momenten. [zu Opus
255] •
Urlauber
fühlen sich nur wohl, wo wir uns selber wohlfühlen
Es soll doch bloß
keiner glauben, dass die Urlauber bei uns das suchen, was sie zu Hause
sowieso haben: Verkehr, Unwirtlichkeit, moderne Uniformität. Und -
Urlauber sind untreu. Wenn es ihnen an einem Ort nicht gefällt, fahren sie
im nächsten Jahr woanders hin. Doch geht es nicht nur um die Urlauber, es
geht um unseren eigenen Lebensraum, unsere Heimat! [zu Opus
256] •
Da
hilft keine Renovierung
Dieses Lied ist nicht
gerade sehr optimistisch, mir ist das durchaus bewußt.
Doch diese
Zivilisation ist nicht nur oberflächlich verkorkst, sie ist es durch
und durch! Sie verbessern zu wollen ist grad so, als wolle man einen Sumpf
tragfähig machen, indem man seine Oberfläche streicht.
Meine Hoffnung ist
alleine, dass die Natur (und wir Menschen) mehr aushalten als ich
befürchte und genug Zeit bleibt den Sumpf
trockenzulegen. [zu Opus
257] •
Wahrheiten
Früher dachte ich, es
gäbe nur eine Wahrheit. Heute weiß ich, dass es viele Wahrheiten gibt. Ja,
selbst das einfachste Ding zeigt sich immer anders, je weiter ich mich von
ihm entferne oder in es eindringe, es unter verschiedenen
Gesichtspunkten betrachte. Die Wahrheit ist wie eine Zwiebel, in der sich
unter jeder Schale eine weitere verbirgt. Ja, selbst der Keimling in der
Mitte hat letztlich nur den Zweck einen Stengel ins Licht zu schieben und
Samen zu bilden, aus denen wieder neue Schalen
erwachsen. [zu Opus
258] •
Arme
Nase
Geld, sagt man,
stinkt nicht. Ich hab mir einmal ausgemalt was wäre, wenn ehrlich
verdientes Geld duften würde und erlumptes Geld
stinken. [zu Opus
259] •
Maschinenherz
Kennst du die
Geschichte von dem weisen Chinesen, der einen Mann mühevoll Wasser
aus einem tiefen Brunnen schöpfen sah und diesem von der praktischen
Erfindung des Ziehbrunnen erzählte? Letzterer antwortete, er kenne
diese Maschine, wolle sie aber nicht anwenden, weil jeder, der mit
einer Maschine arbeite, ein Maschinenherz bekäme und ihm „die rechte
Einfalt des Herzen“ dabei verloren ginge. Ich habe diese
Geschichte lange nicht verstanden, denn was soll schon daran schlecht
sein, wenn man sich die Arbeit einfacher macht? Doch schau dich um: Wir
sind umgeben von praktischen Maschinen, die uns das Leben ja so
erleichtern. Sie sparen uns viel Schweiß, doch unser Körper braucht zu
seinem Wohlergehen körperliche Belastung. Die Maschinen sparen uns
viel Zeit, doch was machen wir damit? Die Maschinen haben den Ertrag
der Arbeit vervielfacht. Die meisten von uns haben deshalb heute ein
Arsenal von Gerätschaften. Doch wieviele von ihnen wenden wir zu unserem
wirklichen Nutzen an? Wer kann behaupten, dass er wegen einer seiner
Maschinen glücklich ist? Ich kann nur von mir
sprechen und ich brauche jeden Tag ein paar Stunden körperliche Arbeit,
die ich mir auch von keiner Maschine stehlen lasse. Darum sage ich jedem,
der mir mit so einem Ding ankommt, kurz und kokettierend wie der alte
Diogenes: "Geh mir aus der Sonne!" zu Opus
260] •
Blender
Wir Menschen lassen
uns so leicht betrügen! Als Augenwesen imponiert uns leicht die
Verpackung einer Sache oder einer Person. Wer es versteht seine
Fassade und das Beiwerk, mit dem er sich umgibt, dem jeweiligen Geschmack
anzupassen, kann beinahe nur noch erfolgreich sein. Wirklich schlimm wird
es aber, wenn der Blender an sein eigenes Blendwerk
glaubt. [zu Opus
261] •
Drei
Drachen
Anders als in China
gelten uns Drachen als Bedrohung. Durch drei Drachen sehe ich unsere
Welt bedroht: den land- und lebenfressenden Autoverkehr, den
Rüstungswahnsinn und unsere Beschränktheit, Anmaßung und
Gier. [zu Opus
264] •
So
sind wir eben
Im Büro jammern,
weil man bei schönem Wetter am Schreibtisch darben muss und die freie Zeit
dann vor dem Fernseher hocken, so haben wir es am
liebsten! [zu Opus
265] •
Weiser
Wasserdoktor
“So sollt ihr
leben!” Pfarrer Kneipps Ratschläge fielen bei mir auf überaus fruchtbaren
Boden. Ich befreite mich aus dem Gefängnis der Schuhe und meines
Menschenstalls so oft es nur ging und ich spürte, wie meine
Gesundheit zunahm und meine Kraft wuchs. [zu Opus
267] •
Die
Frage trägt die Antwort in sich
Wie man in den Wald
ruft, so hallt es zurück. Druck erzeugt Gegendruck. Wie du mir, so ich
dir. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Wer andern eine Grube gräbt...
usw. [zu Opus
269] •
Jedes
Ding ist auch Geist
Der Mensch schafft
sich auch außerhalb seines Kopfes Erinnerungen. Nicht nur Notizen auf
Papier, Tagebücher, Lexikas, Fiebeln, Archive verschiedenster Art,
Tonkonserven, Bildern. Eigentlich ist jedes künstlich geschaffene Ding
auch eine Erinnerung, ein Ding gewordener Gedanke. [zu Opus
271] •
Lob
des Ganzheitlichen
Nicht der, der mit
einem Vergrösserungsglas in immer kleiner werdende Ecken starrt, will mir
imponieren, sondern derjenige, der den Abstand sucht und das Ganze
betrachtet. [zu Opus
273] •
Moderne
Voyeure
Wir sind heute
Voyeure, die der realen Welt eine Schlüssellochwelt vorziehen und wir
verbringen unsere Zeit vor einer flimmernden Ersatzwelt, die gleich
fließendem Wasser ins Haus strömt. Mussten sich früher die Menschen
zum Berg bemühen, so kommt heute der Berg zu uns, wenn auch nur als
flaches Abbild. Wir leben also ein
Leben aus zweiter Hand und vergeuden unser eigenes. Doch groß
erscheint der Gewinn. War früher das „Einwegsehen“ nur den Göttern
vorbehalten, so ist dieser Zeitvertreib heute
Allgemeingut. [zu Opus
274] •
Maschinen
müssen zahlen
Immer mehr wird von
immer weniger Menschen produziert, denn die Rationalisierung und
Automatisierung wird immer schneller vorangetrieben, gefördert vom Staat
mit Subventionen und steuerlichen Abschreibungen. Das bedeutet, daß der
Staat den Unternehmer belohnt, der Menschen aus der Produktion nimmt. Er
belohnt also ihren Ersatz durch Maschinen. Doch Maschinen und Computer
zahlen keine Steuern und keine Sozialabgaben, so daß die sozialen
Sicherungssysteme auf immer weniger Schultern lasten und die menschliche
Arbeit immer teuerer wird und immer weiter durch billige Maschinen ersetzt
wird. Doch dies kann nicht auf Dauer funktionieren, dieses inhumane System
muss irgendwann zusammenkrachen. Es ist nur recht und billig, daß die
Maschinen, die den Menschen seine Arbeit genommen haben, das soziale Netz
mitfinanzieren. [zu Opus
275] •
Bayerisch
zum Lachen
Immer wieder
versuchen sich Altbayern im ernsthaften Dichten und Singen in ihrer
Mundart, doch dies ist ein heilloses Unterfangen. Ich habe in der Fremde
gelebt und bin mit meinen Liedern durch die Lande gezogen, doch wo immer
man jenseits der bayerischen Grenzen den Mund auftut, haben die Leute
sofort die größte Freude, denn bayerische Kehllaute wirken bei ihnen
sofort auf das Zwerchfell. Sie können denen sagen und singen, was sie
wollen - die Leute amüsieren sich darüber köstlich. Zulange haben sich
bayerische Politiker als derb-schlitzohrige-gamsbärtige-Kasperl verkauft,
mit ihnen Legionen von
Komödianten in
Lederhosen und volksdümmelnden Musikanten. Alleine die Franken hören
einem bayerischen Barden aufmerksam und ernst zu, aber seit wir sie
annektiert haben, ist ihnen das Lachen über altbayerische Laute
vergangen, ich habe deswegen immer gerne in Franken gesungen. Die Preußen
dagegen, die uns kolonialisiert haben, finden uns nur zum Lachen und wir
müssen schon saugrob werden, dass sie wenigstens mit dem Lachen
aufhören. [zu Opus
276] •
Zerstörerische
Straßen
Überall werden neue
Straßen gebaut und das Land immer mehr zerschnitten und zergliedert.
Nirgendwo auf der Welt gibt es ein ähnlich dichtes Straßennetz. Doch jede
Straße zerstört das, wo sie hinführt. [zu Opus
278] •
Schwache
Hoffnung auf den Teufel
Diese Religiösität
heuchelnde Politikerbrut und die feinen Unternehmer mit den steinernen
Herzen, die für Geld jede Gemeinheit produzieren! Gibt es einen Teufel,
dann werden sie einmal in der tiefsten Hölle braten!
[zu Opus
279] •
Vorübergehender
Spuk
Wir brauchen die
Natur, doch sie braucht uns nicht. Flora und Fauna werden aufatmen, wenn
es uns einmal nicht mehr gibt. [zu Opus
280] •
Verlogene
Marktschreier
In Politik und
Werbung wird willentlich gelogen, da werden die schrecklichsten Dinge
schöngeredet und die hoffungsvollsten verleumdet. Die wunderbare
menschliche Sprache wird so zu einem schmutzigen Werkzeug für Egoismus und
Macht. [zu Opus
281] •
Sinnfrage
Viele haben schöne
leere Blätter Papier und wissen nichts zu schreiben. Andere haben den
schnellsten PC und die teuersten Programme, doch wozu, sie machen damit
nichts, als sich bestenfalls in sie einzuarbeiten. Morgen gibt es neue und
dann arbeiten sie sich wieder ein, und erwerben immer neue, noch
schnellere Hardware. So ist es in vielen Bereichen und alle scheinen
zufrieden damit und niemand stellt die Sinnfrage. [zu Opus
282] •
Heillos
Solange ein
naturnahes, einfaches Leben als armselig, mühsam und altmodisch gilt,
werden es nur wenige Menschen ausprobieren. So erfahren nur wenige, dass
die Mühsal überschätzt wird und sinnvolle körperliche Arbeit lustvoll sein
kann, dass im Gefolge nahrhafter Ernten solche der Seele und des Kopfes
einzubringen sind. Doch vermutlich
werden sich die Leute erst wieder dem Boden zuwenden, wenn sich die ganzen
Künstlichkeiten als Seifenblasen entpuppt haben und mit ihnen
das, was sich heute so Fortschritt schimpft, also aus einer Not heraus,
was alleine schon wieder lustverhindernd wirkt.
[zu Opus
283] •
Urvertrauen
Wenn Psychologen
recht haben, braucht der Mensch, um ein Grundvertrauen in die Welt
entwickeln zu können, zumindest in den ersten Lebensjahren eine feste
Bezugsperson, also einen verlässlichen und ihn liebenden Menschen.
Muss ein Kind diesen Menschen entbehren, können Bindungsunfähigkeit und
lebenslange Ruhelosigkeit die Folge sein. Wer sich umschaut wird
feststellen, dass die erwünschten Bedingungen für Kinder heute schon
fast die Ausnahme sind. Viele Mütter geben ihre Kinder schon früh in
fremde Hände, weil sie dazu verdienen müssen, um sich den üblichen
Lebensstandart leisten zu können. Doch auch in wohlsituierten Kreisen
machen sich die Mütter bei ihren Kindern rar und verkaufen ihre
Arbeitskraft lieber für Geld, aus Gründen der Karriere oder um sich
„selbst zu verwirklichen“ (eine den Egoismus schönredende Phrase). Bereits
heute scheinen die bindungsunfähigen, rastlosen Menschen in der Überzahl
zu sein. Gibt es in einer Generation keine anderen Menschen
mehr? [zu Opus
285] •
Böse
Stimmt das Wort,
dass es nichts Böses gibt, sondern nur Dummes? Oder ist das, was wir als
Böse bezeichnen, einfach nur der angeborene Drang zur
Konfliktbereitschaft, die aus Überlebensgründen in uns verankert
ist und die es uns zu üben drängt? Oder ist es nur der Versuch durch
Kräftemessen der Langeweile zu entgehen, ist also „Bösesein“ nur ein
grausames Spiel? Oder ist böse nur ein Etikett für egoistisches Verhalten,
das keine Rücksicht auf andere nimmt, sich aber leider nach wie vor als
erfolgreich bewährt? Oder ist das Böse nur in uns, weil es böse
Verhältnisse spiegelt? [zu Opus
287] •
Zukünftige
Therapie
Ganz sicher! Wenn
die Zeiten noch grauer werden, wird es rosarote Brillen einmal auf
Krankenschein geben. [zu Opus
288] •
Nötige
Bindung
Ich verdanke meiner
Frau viel. Sie gibt mir das warme Nest, aus dem heraus ich immer wieder
„wagemutig“ in die Welt ziehe. Sie ist mir eine Art Schwerkraft, die mich
ausrichtet, so dass ich oben und unten nicht verwechsle. Sie ist die
Sonne, um dich ich rase und ohne deren Anziehungskraft ich längst
irgendwo ins Weltall abgetrieben worden wäre. Und sie ist der einzige
Mensch, der meine Witze versteht, schon alleine deswegen kann ich sie
nicht entbehren. [zu Opus
289] •
Globale
Regeln
Nationale und
rassistische Überheblichkeit, Standesdünkelein, Kastenwesen,
Rücksichtslosigkeit gegenüber Alten, Kranken und Behinderten,
Kinderarbeit, dummer Hochmut unter den Geschlechtern, aber auch Elend und
Not als Folge von einseitiger Verteilung von Land und Gütern - das muss
global geregelt werden. Auch das Gewaltmonopol und der Besitz von
Kriegswaffen muss auf die UN übergehen. Die nationalen Armeen müssen
zu Not- und Katastrophenhelfern werden. Eine Illusion? Es muss so
werden, wollen wir nicht wieder in der Barbarei
versinken. [zu Opus
290] •
Brutale
Flurbereinigung
Spät nachts kam
eine Dokumentation über das brutale Vorgehen der Flurbereinigung im
Fernsehen. Es wurden unglaubliche Beispiele aus Franken gezeigt. Nie
werde ich den weinenden alten Bauern vergessen, dem man seine Obstbäume
gefällt, seinen Weiher zugeschüttet und sein Bächlein verrohrt hat
und alles gegen seinen Willen und auf seine Kosten. Man mag das gar
nicht mehr mit behördlicher Beschränktheit abtun, das ist staatliche
Willkür, das ist Gewaltherrschaft! [zu Opus
291] •
Tschernobyl
Nun ist
eingetreten, was irgendwann passieren musste: ein atomarer Supergau
verseucht Europa! Wir schreiben den 1. Mai 1986, es ist herrliches Wetter
und die Allgäuer Wiesen sind gelb vom Löwenzahn. Wir sitzen bei
geschlossenem Fenster im Haus und die Kinder begreifen nicht, warum sie
das Haus nicht verlassen dürfen. Diese Atomschädel in den weißen
Kragen! Sie verseuchen uns die Welt, aus Gründen der Macht und des
Profits! Was sollen wir zukünftig essen? Wo sollen wir leben? Zum Teufel
mit ihnen! [zu Opus
293] •
Geh
nicht in der Herde!
Der Mensch ist ein
Herdentier, doch er hat – anders als etwa Menschenaffen - auch die Kraft
zum Einzelwesen. Zu welch großartigen Leistungen ist er im
Stande! Warum soll er nicht auch einmal selber denkend, souverän und
mutig werden? Ich mag den Menschen nur einzeln, denn nur dann kann man mit
ihm ernsthaft und vernünftig reden. Wenn er anfängt sich
zusammenzurotten, dann empfiehlt es sich, als denkender Mensch,
die Flucht zu ergreifen, denn nur selten versammeln sich die Leute aus
Gründen der Solidarität, um etwa Bedrohungen abzuwenden oder
Schwächeren zu helfen. [zu Opus
295] •
Notwendiges
Tun
Wie die Vögel das
Fliegen und die Fische das Wasser, braucht der Mensch eine sinnvolle
Beschäftigung. Und die sinnvollste ist die ihm seit jeher
angestammte, nämlich sich und die Seinen zu erhalten. Die ganze
Menschheitsgeschichte lang war er notwendigerweise ein Vielkönner, er
musste sich überall zu helfen wissen, musste sich um alles sorgen, es
gibt keine anspruchvollere und interessantere Art zu leben. Er musste die
„Not wenden“ und wurde so wendig und klug. Und wie ist es heute, in
unserer extrem arbeitsteiligen Gesellschaft? Die Kinder werden zu
Experten abrichtet, also zu arbeitsteiligen Teilmenschen, aus
ganzheitlicher Sicht, zu Karikaturen von Menschen. [zu Opus
296] •
Übertreibung
als Wecker
Wenn ich als
Künstler überpointiere, dann nur um aufzuwecken. Im alltäglichen Leben bin
ich ein sehr differentierender Mensch, der unter Übertreibungen eher
leidet. Von daher kann ich schon gut verstehen, wenn andere Feinfühlende
es lieber ein bißchen diskreter hätten. [zu Opus
297] •
Dressiert
Im Labor hab ich
Ratten gesehen, wie sie bestimmte Handlungen, für die sie in der
Vergangenheit belohnt worden waren, hektisch wiederholten. In großen
Abständen gab es dann wieder ein Körnchen als Belohnung. Wenn
ich manchen Zeitgenossen so zuschaue, meine ich Ähnlichkeiten zu erkennen.
[zu Opus
298] •
Vom
Aufstehen
Vor dem
Morgengrauen graut mir, seit ich mit 14 Jahren in der Glashütte
jobbte und um 4 Uhr aufstehen musste. Ich finde es schon recht abartig,
dass sich die Menschen oft noch im Finstern aus dem Schlaf reissen,
schon die Kinder quält man damit. An den freien Tagen übertreibt man es
dann in die andere Richtung, manche ignorieren den Tag und bleiben bis
Mittag in den Federn. Die modernen Menschen müssen anscheinend immer
zwischen Extremen pendeln. [zu Opus
299] •
Versüßung
des Vergehens
Den Abschied vom
Sommer versüßen uns die leckeren Früchte und die Schönheit des
Herbstes. [zu Opus
300] •
Immer
wieder
Wie schön - auf die
stets wiederkehrende Freude am Essen, Trinken und Schlafen ist in jedem
Fall Verlass! [zu Opus
302] •
Zweckbündnisse
Weit davon entfernt
Solidarität gering zu achten, habe ich doch die größte Scheu vor
Bündnissen, Vereinen und Parteien, weil sie sich immer als Zweck gebärden,
obwohl sie nur Mittel sein sollen. Auch Gemeinschaft im kleinen und großen
ist mir nicht heilig, denn sie soll nur Mittel sein, niemals Zweck! Gehen
muss es immer um den einzelnen Menschen und Aufgabe aller Gruppen darf es
nur sein, seine Freiheiten und Rechte zu schützen! Wenn es darum geht, bin
ich auch bereit mich mit den anderen Schwachen zusammenzutun, um gemeinsam
irgendeine Willkür oder Bedrohung abzuwenden oder miteinander etwas
Konstruktives zu schaffen, was der Einzelne nicht vermag. Für diese
Zwecke reihe ich mich in die Menge, ja helfe sogar mit, sie
zusammenzurufen. Ist der Zweck erreicht, bin ich einer der
ersten, der sich zurückzieht, was oft durch die entstandene Bindung und
Übung nicht leicht ist. [zu Opus
303] •
Bedrohliche
Sesshaftigkeit
Ich erinnere mich
noch genau an jenes Gefühl aus Mitleid und Glück, das in mir Menschen
auslösten, die ich vom Zugfenster aus ihrem Tagwerk nachgehen sah.
Sie mussten bleiben und ich durfte verreisen! Später, als
Pendler, beneidete ich die Zurückbleibenden, die Ortsfesten, die
scheinbar zufrieden in sich Ruhenden. Heute, wo ich diese
Letzteren durch wirkliche Zufriedenheit und Ruhe weit übertreffe,
errege ich gerade deswegen oft ihren Unmut, denn ihnen ist heute das
touristische Reisen oft alleiniger Lebenszweck, den sie durch meine
Ortbeständigkeit kritisiert sehen. [zu Opus
304] •
Bauchlieder
Nur moralische oder
dramatische Texte langweilen schnell. Sprachlich interessante Metaphern
kann man sich schon etwas länger anhören, zumal wenn sie in kräftiger
bildhafter Sprache geformt sind und gute Musik sie durchs Ohr ins Herz
befördert. Am längsten erträgt man aber Texte, die wie Puzzleteilchen
daherkommen und durch nichts anderes zusammen gewachsen sind,
als durch ihren sprachlichen Klang oder eine heitere Laune ihres
Urhebers. [zu Opus
305] •
Bayernschänder
Das bayerische
"Mia-sand-mia" haben die Schwarzen immer mit großem Geschick für sich
ausgenutzt, wenn es darum ging kritisches Gedankengut als "artfremd"
zu bekämpfen. Sie haben es geschafft Eigenschaften wie
Schlitzohrigkeit, Derbheit, Matchotum, Scheinheiligkeit, Unmäßigkeit und
Rücksichtslosigkeit zu Synonymen für "bayerisch" zu machen und
zerstörten - verkleidet in Lodenjanker und Gamsbart - die bescheidene,
naturverbundene bayerische
Lebensart und das bayerische Land.
[zu Opus
306] •
Bei
sich anfangen
In mir spiegeln
sich die anderen, in den anderen spiegeln sich ebenfalls die anderen,
aber auch ich. [zu Opus
308] •
Kneipenzauber
Die Kellnerinnen
haben etwas, was die Ehefrauen nicht haben. Der Wirtshaustisch hat etwas,
was der Wohnzimmertisch nicht hat. Was macht einen harten Wirtshausstuhl
so anziehend, was verleidet einem ein warmes Ehebett? Stoff genug für zehn
Doktorarbeiten. [zu Opus
309] •
Feuchte
Gewohnheiten
Ich habe niemals
getrunken um einen Rausch zu bekommen. Tagsüber habe ich
praktisch nie Alkohol angerührt, ja gar nicht an ihn gedacht. Und doch -
es gab nicht viele Abende, an denen ich mir kein Bier eingeschenkt hätte,
oder ein Glas trockenen Weißwein oder selbstgekelterten
Apfelmost. [zu Opus
311] •
Zerrissene
Tierliebe
Ich liebe die Tiere
und niemals habe ich selber eines geschlachtet, um sein Fleisch zu essen
oder sein Fell zu gerben. Doch trage ich Lederschuhe, einen
Ledergürtel, schlafe auf einem Schaffell und auch der Schinken auf
der Pizza ist mir nicht unangenehm. Ich überlasse, wie die meisten von
uns, das Geschäft des Tötens anderen. Dass dies alles recht inkonsequent
ist, erkenne ich in meinen empfindsamen Stunden und leide auch unter
heftigen Gewissensbissen, etwa wenn ich daran denke, dass unsere
Zivilisation die Tiere noch immer als Sachen wertet und nicht als fühlende
Geschöpfe. Man nimmt es hin, dass schon den kleinen Kälbern riesige Marken
in die Ohren gezwickt und ihnen die Hörner ausgeätzt werden, dass sie nie
am Euter ihrer Mutter säugen dürfen und.. und... Oder was man Schweinen,
Hühnern und Puten antut - es ist einfach grauenhaft! Ein Abgrund tut sich
auf, wenn man auch nur ein wenig hinter die Kulissen der sogenannten
Nutztierhaltung schaut. Wenig anderes kennzeichnet uns mehr als herzlose
Primitive. Tolstoj hat gesagt, es gäbe solange Schlachtfelder, solange es
Schlachthöfe gibt. [zu Opus
312] •
Leserbriefe
Niemals habe ich
die Morgenzeitung gelesen, ohne dass ich nicht wenigstens einen Kommentar
hätte schreiben mögen. Und oft genug habe ich auch einen geschrieben,
abgeschickt aber nur höchstens jeden Zehnten. [zu Opus
313] •
Richtiges
Jahrhundert
Manchmal denke ich,
in ein falsches Jahrhundert geboren worden zu sein. Doch dann denke
ich weiter und weiß, dass jede Zeit die richtige ist und es nur darauf
ankommt, wie man sich in ihr einrichtet. [zu Opus
314] •
Lache
und liebe!
Mehr, als dass man
sich wohlfühlt, kann man nicht erreichen. Einmal schafft man dies alleine
durch die Erfüllung der grundlegenden Bedürfnisse, ein anderes Mal durch
eine sinnvolle Arbeit, eine angenehme Begegnung, ein erfüllendes
Spiel. Aber zwei Zauberer können auch die unangenehmsten Dinge mit Lust
füllen: Heiterkeit und Liebe! [zu
Opus 315] •
Was
not tut
Es ist unser
ständiges Habenwollen, das schuld ist am gegenwärtigen traurigen Zustand
der Welt. Unsere Art hat nur eine Chance zu überleben, wenn es uns gelingt
zu begreifen, dass Liebe, Heiterkeit, Phantasie, Ruhe, Frieden, usw.,
materielle Güter an Wert weit übertreffen. Das heißt nicht, dass wir
nur von Luft und Liebe leben müssten. Es heißt aber das sein zu lassen,
was uns schadet und die Natur zerstört. [zu Opus
316] •
Neue
Bescheidenheit
In meinen zwanziger
Jahren glaubte ich alles zu wissen und hatte auf beinah jede Frage
eine Antwort parat. Die folgenden zwanzig Lebensjahre haben meine
früheren Gewissheiten ziemlich ramponiert, manche sind sogar nur noch ein
Trümmerhaufen. Ich habe mir abgewöhnt über das Unvermeidliche zu
lamentieren. Ob ich mir auch noch abgewöhne über das Vermeidliche zu
schimpfen, wird sich zeigen. [zu Opus
318] •
Schwere
Einsicht
Die Einsicht, dass
man manche Dinge nicht erarbeiten und erreden kann, fiel mir schwer, denn
mein Vertrauen in die Gestaltbarkeit der Welt und die
Entwicklungsfähigkeit der Menschen war grenzenlos. Es gab für mich
kein Böses, sondern nur Defizite an Erkenntnis. [zu Opus
319] •
Von
den Bedürfnissen
Epikur unterschied
dreierlei Bedürfnisse: die existenziellen, die leicht zu erfüllen
sind, dann weitere natürliche, die aber nicht lebensnotwendig sind,
und schließlich alle künstlich geschaffenen, die zahllos sind und deren
Erfüllung somit unmöglich ist. Diese letzteren sind es, wegen denen sich
der Mensch versklavt, selber als Ware verkauft und nebenher die Erde
zerstört. [zu Opus
320] •
Zu
breiter Weg
Ein Weg, als
richtig erkannt, deshalb befestigt und mit Leitplanken begrenzt, ist für
den, der ihn benötigt eine gute Sache. Ein Albtraum dagegen ist es, wenn
schließlich die ganze Welt befestigt ist und der Weg zu einem Platz
wird! [zu
Opus321] •
Feiner
Unterschied
"Jetzt ist er auch
ruhiger geworden!", höre ich die Spießer sagen und sehe, wie sie sich
zuzwinkern. Heute fange ich an ihnen zu gefallen, weil ich
anscheinend ihre Werte endlich als gut erkannt habe. Sie haben
es schon immer gewusst und - hinterm warmen Ofen sitzend - meine
Gärungsprozesse und meine Odysseen belächelt. Doch das eine ist nicht
gleich dem anderen und meine Ruhe ist nicht ihre. Wir unterscheiden
uns, wie sich ein abgekochter Apfelsaft und ein vergorenen Apfelwein
unterscheiden. [zu Opus
323] •
Vater
werden ist nicht schwer...
Immer wieder gab es
Momente, wo ich bezweifelte, dass der Aufwand, den die Rolle als Partner,
Ehemann und Vater mit sich bringen, in einem vernünftigen Verhältnis zum
"Ertrag" stehen. Die Entscheidung dafür trifft man als junger
verliebter Spund, zu einer Zeit also, in der man noch keinen Gedanken an
die daraus erwachsende Aufgabe verschwendet. Wahrscheinlich ist es gut so,
denn wäre es anders, stürbe die Menschheit vermutlich aus. Und doch:
wenn ich mir mein Leben ohne meine Kinder und Enkelkinder vorstelle,
was bliebe da an wirklichem Wert? Meine Kleckserein, meine Gsangl und
mein Geschreibsel und die größere persönliche Freiheit? Es fröstelt mich,
wenn ich nur daran denke. So ist es gut, dass ich bei Freiheit selten nach
dem "Von-was", sondern meist nach dem "Für-was" gefragt habe, weil ich mir
selber nicht die Sonne sein konnte, um die ich kreiste. So sind
zweifellos der größte Ertrag meines Lebens meine Nachfahren, was
für schöne Stunden habe ich mit ihnen schon erlebt! [zu Opus
325] •
Kindliches
Bemühen
Da wir nur für
einen kleinen Teil unserer Eindrücke Worte besitzen, ist es nicht mehr als
rührendes Bemühen, dumpf Gefühltes in verständlichen Zungenschlag
umzuwandeln, noch schwerer in einen flächigen Farbauftrag oder in ein
Wechselspiel von Tonfrequenzen, hervorgerufen etwa von schwingenden
Drähten. [zu Opus
326] •
Trennende
Erfahrungen
Auch wenn es
stimmen sollte, dass man immer so alt ist wie man sich fühlt, so trennen
einen doch die gemachten Erfahrungen von den Jüngeren. Irgendwann
langweilt einen das Geschnatter seiner Umgebung, ja, kann gar nicht mehr
nachvollziehen, dass es einmal das eigene gewesen sein
könnte. [zu Opus
327] •
Arme
Kinder
Für beinah alles
wird eine Qualifikation verlangt, nur Vater und Mutter darf jeder werden,
ohne auch nur die geringste Ahnung von Kindern zu haben und dem was sie
brauchen. Klar, bei den Tieren ist es auch so, nur können diese auf Grund
ihres Instinktes nichts falsch machen. Früher, als Kinder im festgefügten
Sippenverband aufwuchsen, mit klaren Regeln und nah natürlicher Abläufe,
konnte ebenfalls nicht viel schief gehen. Selbst wenn die Eltern nichts
taugten, irgendwo gab es beinah immer einen Erwachsenen, an dem man
sich ausrichten konnte. Heute werden Kinder
in eine künstliche Welt geboren, die sozial und wirtschaftlich ungeheuer
wackelig und zerbrechlich ist. Die Normen und Werte werden von den Medien
vermittelt und das meiste davon ist Dreck. Und da Kinder Orientierung
suchen und erfolgreiche Vorbilder nachahmen, kann einem Angst werden bei
den Angeboten. Dazu ertrinken die Kinder in einer Flut von Reizen aller
Art, werden so abstumpft, verdummt und verroht. Nebenher läuft die Ochsentour
durch die Schule, was vor allem Stillsitzen, Leistungsdruck,
fremdbestimmter Lernstoff, Anpassung und Schablonendenken bedeutet.
Und das Allerschlimmste ist der chronische Mangel an Nestwärme und
Halt. [zu Opus
328] •
Im
Maschinenland
Sie wollen nicht
wie die Tiere leben, sie wollen nicht nur essen, trinken, schlafen und
sich fortpflanzen. Nein, sie bauen Maschinen, leben mit und für
Maschinen. Ursprünglich sollten die Maschinen nur Mittel sein, nicht
Zweck, ja Götze. Heute sind die Menschen den Maschinen oft genug nur noch
Anhängsel. [zu Opus
329] •
Die
Seele baumeln lassen
Wann willst du es
endlich begreifen! Du versäumst nichts, wenn du schläfst! Du versäumst
auch nichts, wenn du in der Hängematte schaukelst! Dieser Appell ist an
mich selber gerichtet (ich duze mich), denn ich bin einer der Schlimmsten
dieser rastlos Tätigen. [zu Opus
330] •
Sehnsucht
nach freier Zeit
Ich weiß es ja
nicht, wie lange ich Urlaub wirklich aushalten würde, denn ich konnte es
leider noch nie testen. Bislang habe ich zudem im Urlaub immer
gearbeitet und die Dinge, von denen das Lied erzählt immer nur
kurz ausprobiert. Wo ist die Fee, die mir den Versuch
ermöglicht? [zu Opus
331] •
Armer
Teufel
Ich stelle mir die
Hölle von jenen Toren bevölkert vor, die heute mit ihrer Lebensweise die
Erde zerstören. Bei diesem Klientel kommt Mitleid mit dem armen Teufel
auf. Hört sein Klagelied: --- [zu Opus
335] •
Unterwegs
sein
Meine Stärke? Ich
mache gerne den ersten Schritt, den zweiten, dritten usf. Das Ziel ist
natürlich schon auch wichtig, aber nur um die Richtung nicht zu
verlieren und vielleicht auch zur Rechtfertigung der Mühen des Weges.
Und allein auf diesen kommt es an. Ich bin also einer, der gerne
"unterwegs" ist, der also beständig an einer sinnvollen Sache
arbeiten kann und daraus Lust und Kraft zu schöpfen
versteht. [zu Opus
336] •
Zwischenstopp
Wie räumt man in
seinem Kopf auf? Nur, in dem man sein äußeres Tun verändert und auf eine
heilsame Wirkung nach innen hofft. Ich begann mich mit großem Eifer
mit der Imkerei zu befassen, sagte alle Auftritte ab, suchte und fand
endlich wieder den Weg zur schöngeistigen Literatur. Dann rasierte ich mir
den Vollbart ab, der mir ein Symbol meiner früheren inneren Haltung
zu sein schien und freute mich darüber, dass das Gesicht, das auftauchte,
mir unbekannt vorkam. So mahnte mich der morgendliche Blick in den
Spiegel an mein Vorhaben, die zweite Hälfte meines Lebens anders
anzugehen. Und ich begann in allem Bilanz zu machen. [zu Opus
340] •
Neujahr
im Sommer
Wenn ich meine
Großmutter nach dem Zeitpunkt für das Eintreffen des Unmöglichen fragte,
bekam ich immer nur eine Antwort: "Wenn das neue Jahr in den Sommer
fällt!". Nun, unlängst konnten wir an einem milden Silvestertag auf der
Hausbank Kaffee trinken, Mitte Dezember habe ich schon einen Grashüpfer
gesehen und im Januar konnten wir bei einer Bergwanderung schon
die nackten Füße in die warme Sonne strecken. Mir scheint, der Tag an dem
Sommer und neues Jahr zusammenfallen ist nicht mehr
fern. [zu Opus
343] •
Dreck
geteilt durch Tausend
In seiner
"Antiqiertheit des Menschen" schrieb Günther Anders sinngemäß, dass
Schmutz oft nicht als Schmutz begriffen wird, weil seine tausend
Einzelteile, für sich betrachtet, als sauber erscheinen. Auch die
arbeitsteilige Aufgliederung einer bösen Sache in lauter
Einzelbereiche verhindere das Begreifen ihres wahren Charakters. Soweit
ich mich erinnere machte Anders dies am Beispiel der Atombombe deutlich,
deren Existenz auf unzähligen Vorarbeiten fußt, von denen der
weitaus überwiegende Teil in überhaupt keinen Zusammenhang mit dem
Massenmord in Hiroshima gebracht werden kann. Doch hätte der
Arbeiter, der dafür Schrauben oder Lötungen herstellte, oder gar der, der
die Drehbank baute, an der Teile der Bombe letztlich gefräst wurden, der
Einzelteile des Flugzeuges herstellte oder montierte, der den Schotter für
die Rollbahn brach, der die Nahrung für den Bomberpiloten anbaute,
oder die Hebamme, die ihn oder einen der entscheidenden Industrieellen
oder Politiker zur Welt brachte usw. gewusst, was ihr Zutun für
entsetzliche Folgen haben würde, wären dann diese Vorarbeiten
gemacht worden? Als ich das
folgende Lied schrieb, glaubte ich es nicht. Heute dagegen bin ich mir
sicher, dass auch ein Bewusstsein der möglichen Folgen nur wenig
verhindern würde. Die Menschen sind unfähig für gegenwärtiges Tun
Verantwortung zu tragen, wie sollen sie fähig sein dies für mögliche
schädliche Wirkungen in ferner Zukunft zu tun, wenn sie bei Verweigerung
gegenwärtige Not drücken würde? Auch fänden sich immer hundert schlüssige
Argumente alles zu rechtfertigen. [zu Opus
345] •
Unwirtlichkeit
Wie hässlich sind
unsere modernen Städte! Wie unwirtlich, wie kalt! Sind sie so, weil
sie von Menschen gebaut und belebt werden, die ebenso sind, oder sind
diese so, weil sich in ihnen ihre kalte Umgebung
spiegelt? [zu Opus
348] •
Zeichen
von Leben
Sich nicht mehr zu
erregen, bei all dem Wahnsinn überall, wer das kann, der muss innerlich
tot sein. [zu Opus
349] •
Notwendiger
Gegenpol
Schimpf nicht
über die Nacht, nicht über den Schmerz, den Regen, die Dummheit! Denn wer
könnte ohne sie den Tag lieben, die Gesundheit, die Sonne und die
Weisheit? [zu Opus
350] •
Autosuggestion
Das Büchlein
vom Apotheker Coe über die Wirksamkeit von Autosuggestion, hat mich sehr
beeindruckt. Obwohl mir seine Ausführungen über die Macht des Unbewussten
und seine Beeinflussung durch Formeln wie "Es geht mir jeden Tag in jeder
Hinsicht immer besser und besser!", vollständig einleuchteten und ich die
Macht fremder Suggestion hundertmal erlebte - ein Wort kann einen
glücklich und stark, ein anderes krank machen oder niederschmettern wie
eine Keule! - hab ich es doch nie mehr als ein paar Tage
durchgehalten, mir durch Herunterbeten von Formeln etwas Gutes zu
tun. Mit einem
Lied versuchte ich das zu ändern. Doch nur wenige Lieder habe ich
seltener gesungen. [zu Opus
352] •
Entwicklung
Als Maler
habe ich - was mir erst hinterher bewusst wurde - die Geschichte der
menschlichen Schrift nachvollzogen. Erst malte ich gegenständlich und
hielt mir viel auf meine Fertigkeit zu gute. Dann abstrahierte ich
nach und nach, bis meine Bilder zu einer Art Hieroglyphen wurden.
Schließlich blieben nur noch Symbole, wenn man so will, eine Art
Schriftzeichen. Dann begann ich "Textbilder" zu malen, den was war
abstrakter als ein Wort? Ich malte Worte auf die Leinwand und wurde vom
Maler zum Schreibenden. [zu Opus
375] •
Von
weitem alles golden glänzt
Die Mauer
fiel und die Bürger der alten DDR vergaßen alle sozialistischen
Werte, die offenbar niemals die ihren gewesen waren und verfielen geradezu
in einen Konsumrausch. Ich versuchte mich in sie hineinzudenken
und mir ihr böses Erwachen auszumalen. [zu Opus
376] •
Erschreckende
Entdeckung
Ich wollte
meinen Kindern alles vermitteln, was ich selber erworben und für gut und
brauchbar gefunden hatte. An meine schlechten Seiten dachte ich nicht. Als
ich sie schließlich an meinen Kindern entdeckte, traf mich das wie ein
Schlag. [zu Opus
377] •
Alles
selber erfahren
Wir Menschen
sind offenbar dazu verdammt, alle Fehler immer wieder neu machen zu
müssen. Wir lernen durch eigenen Versuch und eigenen Irrtum, die
Irrtümer unserer Vorfahren sind uns entweder unbekannt oder wir
ignorieren sie, denn wir bestehen auf unserem „Recht auf eigene
Dummheiten“, wir wollen uns die Finger am Ofen selber verbrennen! Das sich
Eltern und Großeltern schon bei dieser Gelegenheit verbrannt haben,
interessiert uns nicht! Und weil es so ist, habe ich auch wenig Hoffnung
auf positive Entwicklungen in der Welt. [zu Opus
378] •
Interessante
Entdeckung
Es leben
heute Menschen aller Entwicklungsstufen, nicht nur weltweit gesehen, auch
in einem Land, in einer Stadt, ja oft sogar in einer Familie. Im
Laufe seiner Entwicklung durchläuft auch der Mensch diese Stufen,
fällt, kaum dass er eine Stufe überwunden hat, wieder zurück und so geht
es wie auf einer Treppe lebenslang hin und her. Selten nur schafft
man es auf die oberen Stufen zu gelangen, noch seltener dort eine Weile zu
verharren, wenn, dann ist der Rückschritt oft umso tiefer. Der nächste
Aufstieg, wenn es zu einem solchen kommt, dafür manchmal wieder umso
höher. Wer durch seine Straße geht und mit den Menschen redet, macht eine
Reise durch die Entwicklungsgeschichte, was kann spannender
sein? [zu Opus
379] •
Wortarme
Ohrenlust
Es gab eine
Zeit, da meinte ich, es käme bei Liedern auch auf die Zahl der Strophen an
und auf die inhaltliche Tiefe. Heute will ich von Liedern Spaß,
Hörerlebnis, Rhythmus, Meditation, vielleicht beim
instrumentellen Improvisieren ein Stück Ekstase, weniger Lehre. Die
"Botschaft des Kopfes", einst mein zentrales Anliegen, fehlt immer
öfter sogar gänzlich, was ja gewissermaßen auch eine Botschaft ist. Und da
steht plötzlich ein Jodler gleichberechtigt neben der Ballade, ein
Singsang über eine Nichtigkeit neben einem Chanson, ein gereimter Ohrwurm
„auf gleicher Augenhöhe“ mit einem garstigen politischen
Lied. [zu Opus
380] •
Sumpfpanorama
Diese
Zivilisation ist ein Sumpf! Überall schöne Oberfläche, die nicht
trägt! Doch wer mittendrin aufwächst, kennt es nicht anders, ist
schließlich Teil davon. Man bewegt sich halb schwimmend und mit
gestreckten Zehen vor sich hin suchend vorwärts und gelegentlich
stößt man tatsächlich auf harten Grund, stützt sich erleichtert ab darauf
und - nachdem man sich ein wenig ausgeruht hat – reckt man den Kopf in den
Himmel und - erspäht in der
Ferne ein paar Vögel, die vielleicht festes Land
anzeigen. [zu Opus
381] •
Zauber
des Reimes
Ein Reim
macht noch kein Lied. Gelegentlich ist er aber wie ein Magnet, dem die
Worte zufallen, man braucht sie dann nur noch
notieren. [zu Opus
383] •
Feuer
vom Nächsten
Die
Möglichkeit zum Brennen trägt jeder in sich, entzünden kann einer
allein sich aber nicht. Dazu braucht es immer die
anderen. [zu Opus
384] •
Schwache
Menschen
"Der Mensch
ist ein Wesen das Krach macht und seinen Hund bellen lässt. " An
diesen Satz von Tucholsky kann ich nur anmerken: und wenn’s der
innere Schweinehund ist! Nietzsche hat recht mit seinen wenig
schmeichlerischen Aphorismen über die Menschen, Schopenhauer ebenfalls.
Und mein Wort sollte was gelten in dieser Hinsicht, denn ich hatte
beruflich mit allen Sorten von Menschen zu tun. Sie sind einfach
nichts, auf das man bauen könnte. Doch wenn man das einmal kapiert hat und
sie nimmt wie sie sind, dann muss man sie einfach mögen, wenn auch nicht
immer und nicht immer alle... [zu Opus
385] •
Liebe
Die Woche, in
der meine Frau im Krankenhaus lag, war alles kalt um mich. Als sie heimkam
machte ein Zauber alles wieder warm. [zu Opus
386] •
Wenn
der Körper sich durch die Ohren bewegt
Tanz war mir
immer Mittel zum Zweck, ein erlaubtes, geregeltes Spiel sich näher zu
kommen, sich zu berühren. Die Bewegung war dabei erst einmal der
neutrale Reiz, der bald die Qualitäten des Wertreizes "Berührung"
übernahm, grad wie die Glocke bei Pawlows Hunden. Heute kenne
ich die Lust an der rhythmischen Bewegung auch als etwas
Primäres. [zu Opus
387] •
Einzelgeher
Menschen
bewegen sich gerne hordenweise auf breiten Wegen, wenige schreiten
lieber alleine frei durch das Gelände. [zu Opus
388] •
Größte
aller Künste
Man kann über
eine Wahrheit hundert Abhandlungen schreiben, sie aber gerade so in einer
Metapher oder einer Sentenz ausdrücken. Besonders gut prägen sich solche
ein, die sich reimen, die man singen kann. Doch Vorsicht! Nicht alle
geheimnisvoll klingenden Sprüche, die sich reimen und die man singen kann,
sind auch wahr! [zu Opus
389] •
Die
Tür ist offen
Ich lebte in
goldenen Ketten, wohlsituiert aber unglücklich. Und doch
waren es Ketten, die ich selber sprengen konnte, wenn ich es nur wollte.
Dies wissend, zögerte ich doch viele Jahre aus wirtschaftlicher Sorge,
Verantwortlichkeit gegenüber der Familie, Bequemlichkeit,
Sachzwängen tausenderlei Art. Nie habe ich ein Lied mehr an mich selber
geschrieben! [zu Opus
391] •
Braune
Krankheit
Grausam, wenn
einem die dümmsten Nazisprüche aus dem Munde von Angehörigen jener
Generation entgegenschallen, in die man selber einmal viel Hoffnung
gesetzt hatte. Parolen, die man in der eigenen Jugend von
unverbesserlichen Altnazis bis zum Übermaß gehört hat. Wie sehr hatte
ich gehofft, dass dieser Spuk aufhören würde, wenn die letzten Geier jener
Generation einmal unter der Erde lägen! Und nun hat diese braune
Krankheit die Generation der Enkel befallen... ! [zu Opus
392] •
Unkraut
vergeht nicht
Habgier und
Neid braucht keiner zu predigen, die wachsen von alleine, solange der
Nährboden da ist. [zu Opus
393] •
Die
Katze als Arznei
Meine Katze gibt
mir die Gewissheit, dass es irgendwo ein Lebewesen gibt, welches tut
was es will, welches ruhigen Gewissen tagsüber schläft, sich
höchstens mit Entscheidungen abmüht, ob man Gähnen oder besser sich
Kratzen soll, um schließlich die Augen zu schließen, sicher fühlend,
dass man dabei nichts versäumt. Wenn ich sie,
wohlig schnurrend, im Arm halte und mein Kinn an ihrer Stirn reibe, wärmt
sie mir den Busen mehr, als es ein Arzt mit einer Medizin je
könnte. [zu Opus
394] •
Anmaßendes
Werkzeug
Wann hört dies
endlich auf, dass sich Mittel zum Zweck aufspielen? Beispiel: Der Staat
ist nicht der Zweck und ebenso wenig sind es seine hochmütigen
Beschäftigten! Die Aufgabe des demokratischen Staates ist die
Organisation und der Schutz seiner Bürger und die Sorge um wirtschaftliche
und soziale Infrastruktur! So ist der
Staatsapparat seinem Wesen nach nur ein Hilfsinstrument, ein Werkzeug, ein
Diener der Menschen eines Landes! Doch das ist nur ein frommer Traum,
denn der Staat hat sich verselbständigt, er ist zum Zweck geworden. Und
auch die Politiker können ihn nicht wirklich steuern, es geht ihnen nicht
anders als dem Zauberlehrling, der den Zauberbesen wohl in Betrieb setzen,
aber nicht stoppen konnte. [zu Opus
396] •
Ausnahme
Schlimme
Verhältnisse bringen gewöhnlich schlimme Menschen hervor. Doch manchmal
entwachsen ihnen so gute Menschen, wie sie gute Verhältnisse kaum
hervorbringen. Ich habe dafür keine Erklärung, doch es ist
wunderbar. [zu Opus
397] •
Die
vielen Sachen
Nichts erleichtert
so, wie die Trennung von belastenden Dingen. Dennoch behauptet die
Werbung stets aufs neue, dass der Erwerb dieser und jener Ware "frei"
machen soll. Doch wie kann die Abhängigkeit von einer Sache frei
machen? [zu Opus
399] •
Gefährliches
Gewürz
Eine kleine
Verliebtheit würzt den Alltag. Doch gibt es kein gefährlicheres Gewürz,
weil Verliebtheit so schwer zu dosieren ist. Gerade noch wirkt sie
belebend und motivierend und schon eine Prise mehr kann Partnerschaften
und Familien zerstören.
[zu Opus
401] •
Negative
Auslese
Sollten an den
Leitungspositionen nicht die Bescheidenen sitzen? Die Geduldigen, die
Stillen, Individuellen, die Nachdenklichen? Doch um nach oben zu
kommen sind andere Qualitäten nötig: Sitzfleisch, Ellenbogen,
Ehrgeiz, Rollenspiel. Und man braucht gewöhnlich eine Vereinigung
hinter sich, die sich für ihre Unterstützung auch etwas erhofft. Und
man muss die Worte setzen können, reden, was die Leute gerne hören:
Schmeicheleien, Herabsetzen anderer, Versprechungen. So versammelt
sich "oben" – von seltenen Ausnahmen abgesehen - eine bestimmte Auslese
von Menschen, egal ob in Schulen, Kliniken, Rathäusern, Vereinen,
Parlamenten. Und oben strahlt nach unten aus. [zu Opus
402] •
Unauflösbarer
Widerspruch
Von Menschen
verlangen, dass sie sich in ihrer Liebe und ihrem Verlangen auf ein
einziges Wesen beschränken, dies lebenslang, ist schon eine arge
Zumutung gegen die Natur. Und doch, nur ein wenig von dir reicht mir
nicht! [zu Opus
403] •
Erwachsenwerden
heißt sozialwerden
Erst kümmern uns
alleine die eigenen Interessen, später erkennen wir auch jene der
nächsten Umgebung. Wir werden sozial, also erwachsen. Die Fürsorge der
meisten Menschen erschöpft sich aber auf seine Familie. Nur wenige
schaffen es darüber hinaus für fremde Artgenossen oder gar auf Flora und
Fauna auszudehnen. [zu Opus
404] •
Dem
Winter entfliehen
Mit den Vögeln im
Herbst in mildere Landstriche ziehen, wer möchte das nicht.
Vermutlich zeigen sich hier unsere nomadischen
Wurzeln. [zu Opus
405] •
Möchte
gerne brav sein
Niemals war es die
Lust an Händel, die mich antrieb mich einzumischen und Partei zu
ergreifen. Immer wollte ich lieber meine Ruhe haben, mich um meine Lieben
kümmern, das Leben genießen. Doch weil ich meine Lieben und das Leben
bedroht sah, schärfte ich meine Feder und begann mit Worten zu hauen und
zu stechen. Und dann quälten mich die angerichteten Wunden mehr, als
diejenigen, denen ich sie zufügte. Alleine die Erinnerung an die gezeigte
Courage ist heute lustvoll. [zu Opus
406] •
Bin
kein Gentleman
Nein, ein feiner Herr
wollte ich nie werden, da schon eher ein Seeräuber, ein Beschützer der
Armen, ein Clown oder ein den Dunst vertreibender Aufklärer. Nun - ein
feiner Herr bin ich wohl auch nicht geworden, ein fein fühlender
Mensch aber doch wohl schon. [zu Opus
407] •
Bücherzauber
Auch wenn ich am
liebsten jene Bücher lesen würde, die nie geschrieben oder gedruckt worden
sind, von jenen Menschen, die ihre Gedanken nicht als Ware auf dem
Markt verkaufen wollten oder deren Gedanken auf dem Markt keinem Verleger
Gewinn versprachen, so sind mir doch auch viele der vorhandenen Bücher
unendlich lieb. Die Welt zwischen den Buchdeckeln schätze ich beinahe so
wie die wirkliche Welt. [zu Opus
408] •
Alter
Hut
Die Überheblichkeit,
mit der jede Jugend auf das Alte schaut und meint, dass nur sie das
Schießpulver erfinden könne, sollte niemand verspotten. Es ist gut,
wenn jede Generation das Überkommene kritisch abklopft und am eigenen
Erleben und den eigenen Bedürfnissen misst, denn viel zu schnell
setzt die Gewöhnung ein, weshalb unsinnige Strukturen doch immer weiter am
Leben bleiben. Früh genug kommt dem
Denkenden die Zeit, in der er erkennt, dass auch das originellste eigene
Neue oft schon vor Jahrtausenden gedacht worden ist. Dies enttäuscht
oft so, das man sich gar keinen eigenen Gedanken mehr zu formulieren
getraut. [zu Opus
409] •
Anmaßender
Musikant
Nur ein Spielmann
sein, reichte mir nicht. Ich wollte ein Licht sein, das Wärme spendet und
in dunkler Nacht leuchtet. Doch die Leute sagen: "Was will der mit seiner
Wärme, uns ist nicht kalt!" Und: "Was will der mit seiner Funzel am hellen
Tag?" [zu Opus
416] •
Steine
Steine, vom Wasser
geformt, vom Weichen in Bewegung, vom mächtigen Eisberg geschliffen
oder von den Regentropfen, die sich, in eine Fuge geschwemmt, bei Frost
zerstörerisch ausdehnten, betrachte ich gern. Ich liebe verwitterte
Steinoberflächen, erfreue mich an Flechten und Moosen darauf und schätze
alle Spuren, die von ihrem Dasein erzählen. Manche trage ich
zusammen, ordne sie nach meinem Sinn zu nützlichem Werk oder lege sie
einfach dorthin, wo ich ihnen oft begegne. [zu Opus
417] •
Hühner
Auch ich dachte
einmal Hühner seien dumm, gewöhnlich und nur gut zum Eierlegen. Heute
bin ich klüger und ich sage jedem: Hühner sind wunderbare
Tiere! [zu Opus
421] •
Rauf,
runter, rauf
Das einzig Beständige
auf dieser buckligen Welt ist der ständige Wechsel. Es ist so und man
richtet sich möglichst beizeiten darauf ein. [zu
Opus 422] •
A
priori
A priori nennt die
Philosophie das, was von Anfang an da ist. Alles was dazu kommt, also
posteriori, ist überwiegend Menschenwerk, das man leicht satt
bekommt. Auf die Freude an den primären Dingen dagegen kann man
lebenslang bauen. [zu Opus
423] •
Meide
Mittler
Mag sein, dass es in
manchen Fällen auch gut ist, wenn man gelegentlich über einen Dritten
miteinander verkehrt, wenn dieser ein Menschenfreund ist, der
scharfen Worten ihre verletzende Spitze nimmt. Meist ist dieser Dritte
aber ein Filter und ein Lautsprecher mit eigenen Interessen, der Aussagen
aussiebt und jene verstärkt weitergibt, die ihm nutzen. Ich habe
selber erlebt, wie freundlich gemeinte Anweisungen schon aus dem
zweiten Mund wie Kriegserklärungen klangen. Darum sollte man besser das
persönliche Gespräch suchen, auch wenn es manchmal weh tut. Doch nach
meinen Erfahrungen spart man sich nicht nur keinen Schmerz, wenn man eine
Auseinandersetzung über einen Dritten führt, manches Feuer würde gar
keinen Schaden anrichten, hätte man es nicht erst im Stillen genährt und
ausgebreitet. [zu Opus
426] •
Biederdichter
Kein Mensch weiß, wie
ich leide, muss ich einer bieder-gekünstelten Reimerei zuhören, etwa wenn
ein braver Akademiker dem Volk meinte aufs Maul schauen zu müssen und dies
in Versform bei vorweihnachtlichen Gemütlichkeiten dann übertrieben
theatralisch vorträgt. Erschreckt frage ich mich dann, ob ich
derartiges vielleicht auch schon verbrochen habe, blättere zu Hause
dann ängstlich meine Aufzeichnungen durch und atme erleichtert auf,
wenn ich nichts dergleichen finde. Vor lauter Freude schreibe ich dann
gleich ein besonders blödsinniges Lied und zahne dabei wie ein
Holzfuchs. [zu Opus
428] •
Schaum
Angefangen bei den
gigantischen Staatsschulden bis zu denen der Wirtschaft und der übrigen
Gesellschaft - vieles Imponierende ist wie Schaum. Hinter einer
attraktiven geblähten Oberfläche verbirgt sich nur warme Luft.
Dieses Prinzip gilt oft auch im Warenhandel. Nicht auf das Nützliche und
Gediegene greifen die Kunden, sondern auf das oberflächlich Aufgemotzte,
das einem die Werbung als vorteilhaft suggeriert. Es ist so in der Politik
und nicht anders im Alltag der Menschen. Aufgeblasene Blender haben
Hochkonjunktur. Doch wird das beim Augenwesen Mensch wohl schon immer
so gewesen sein. Wenn gelegentlich irgend ein Schaum in sich
zusammenfällt, regt sich zwar oft Einsicht, doch neuer Schaum an anderer
Stelle lenkt schnell ab. [zu Opus
429] •
Er
und sie
Unglaublich, wie
synchron manches alte Ehepaar die Köpfe wendet! [zu Opus
430] •
Wir
leben zum Essen
Brecht
sagte, erst käme das Fressen und dann die Kultur. Aus diesem Wort
meinte ich immer Geringschätzung des Essens zu spüren. Ich sage, alle
kulturellen Bemühungen münden irgendwann im Essen. Manche meinen, man esse
um zu leben. Doch wir leben auch um zu essen, das habe ich von meinen
Tieren gelernt. Darum, lieber Brecht: Das Essen ist der Zweck, Kultur
das Mittel. Und wo bleibt die
höhere Bestimmung des Menschen? Es gibt sie nur, wenn man sie sich
einredet. [zu Opus
431] •
Dazwischen
Es gibt kluge Köpfe,
die zweifeln an der Belehrbarkeit des Menschen. Andere leugnen jede
Festlegung und glauben an die totale Bildsamkeit. Ich habe schon zu beiden
Gruppen gehört, heute bewege ich mich zwischen
ihnen. [zu Opus
435] •
Bewährte
Köder
"Brot und Spiele"
hieß bekanntlich schon bei den Römern das bewährte Rezept das Volk zu
beruhigen. Dieses leuchtet auch sofort ein, denn Hunger färbt einem
die Welt grau. Den Part des römischen Zirkus hat der Sport übernommen,
noch mehr aber das Fernsehen, dass den Menschen das zweitgrößte Übel,
die Langeweile nimmt. [zu Opus
436] •
Positiv
denken
Diese Welt ist voller
schädlicher und verrückter Suggestionen. Überall dudelt es, überall
springt es einen an. Die Wirtschaft lebt davon, dass wir immer noch
irgendein käufliches Ding für unser Glück zu brauchen meinen, ja sie
redet uns sogar Krankheiten ein, damit sie ihre vielen bunten Dragees
verkaufen kann. Doch lasst euch nicht
verrückt machen, flüchtet vor diesen akustischen und visuellen Viren und
schenkt euerem Kopf freundliche Gedanken! [zu Opus
441] •
Rückzug
Heuer
lass ich mich einschneien und setzte vor März keinen Fuß mehr vor die Tür
und ich ernähre mich von Vanillekipfel und
Kletzenbrot! [zu Opus
442] •
Morgen
will ich es besser machen!
Auch wenn - wie der
Prediger Salomon schon feststellte - alles eitel ist und nur ein
Haschen nach dem Wind - so will ich das doch so gut machen, wie ich es
eben vermag. [zu Opus
444] •
Geduldiges
Papier
Als einer, der
regelmäßig etwas schwarz auf weiß von sich gibt, habe ich vor
Geschriebenen wenig Respekt. So bin ich auch ein Zeitungsleser, wie ihn
sich Redakteure eigentlich wünschen sollten, aber meist nicht
wünschen, denn ich lese genau und finde schlampige Recherchen zuhauf und
lasse es auch manchmal nicht gut sein. Aber ließe man den Zeitungen
Falschmeldungen durchgehen, welchen Wert hätten sie
dann? [zu Opus
445] •
Versorgtheit
reicht
Ausreichende
Versorgtheit für alle, das muss zu machen sein. Mehr zu fordern, etwa
Reichtum für alle, ist nicht möglich, denn Reichtum gibt es nicht ohne
Armut. [zu Opus
447] •
Pro
Mundart
Ich ärgere mich
darüber, wenn jemand unsere waldlerische Mundart als „gschead“
bezeichnet oder sich gar ihrer schämt. Unsere Sprache ist sowenig
„gschead“ wie irgendeine andere. Ihre lautmalerische Kraft, ihre
holzschnittartige Präzision, ihre Kürze ist wunderbar - auch wenn in
unseren Ohren das Hochdeutsche oder das Salonbayerisch vornehmer klingt,
doch was heißt schon vornehm? Redet, wie euch der Schnabel gewachsen
ist, schämt euch nicht, um Gotteswillen! Schämen müsst ihr euch nur dafür,
dass ihr euch für unsere Muttersprache schämt! Neulich warnte jemand vor
Mundartförderung, weil sich darin Ausländerfeindlichkeit zeige. Da
kann man sich nur gegen die Stirn tippen, in einem Land in dessen
Hauptstadt noch zwei Prozent der Kinder die Landessprache
sprechen. [zu Opus
448] •
Optische
Sedativa.
Wasserflächen
beruhigen die Nerven, sie sind eine Wohltat für die Seele. Es ist nicht
alleine ihre Schönheit, sie sind eine große Wasserwaage, die uns
ausrichtet. [zu Opus
450] •
Zuhören
Zuhören können -
einen besseren Gradmesser für psychische Gesundheit und menschliche
Reife gibt es nicht, denn diese Fähigkeit setzt soviel voraus:
Interesse für den anderen, Geduld, Wertschätzung. Und es gibt auch
kaum eine bessere Therapie, eine bessere Medizin für so viele Leiden, wie
ein Mensch, der ein Stück seiner Lebenszeit hingibt und zuhört. Im
übrigen gibt es auch keine Eigenschaft, die beliebter
macht. [zu Opus
451] •
Kraft
der Worte
Und sprich nur ein
Wort, dann wird meine Seele gesund! Ich habe diesen Satz immer für eine
Phrase gehalten. Doch das richtige Wort zur rechten Zeit kann gesund
machen oder krank. Worte heben den Menschen aus dem Tierreich, geben
Kraft, können alles schaffen und alles zerstören. [zu Opus
453] •
Schwere
Wahl
Ach, keiner der
Kandidaten will mir gefallen! Der eine ist eine populistische
Marionette, der andere ein Angeber und der Dritte will nur Karriere
machen! [zu Opus
454] •
Keine
Sicherheit
Wir möchten gerne
ewige Wahrheiten, unser Haus auf Felsen bauen und Sicherheit für alle
Zeit. Darum lässt sich mit nichts so gut Geld verdienen, wie mit dem
Gefühl von Sicherheit. Wer lebt nicht alles von dieser tiefsitzenden
Angst! Versicherungen, der staatliche Sicherheitsapparat, die Kirchen
und eine ziemlich umfangreiche Zulieferindustrie... [zu Opus
455] •
Allergisch
gegen jammern
Nichts hilft besser
gegen eigenes Lamentieren als ein Beruf, in dem einem den ganzen Tag
andere vorjammern. [zu Opus
456] •
Hackordnung
Auf dem Hühnerhof
herrscht bekanntlich Hackordnung. Es gibt Hennen, die alle anderen
hacken dürfen und schließlich, fein abgestuft, eine Henne, die von
allen gehackt wird. Nichts erbärmlicheres gibt es, wenn es unter
Menschen genauso zugeht. Doch ist es wohl keine Übertreibung, wenn ich
feststelle, dass es in manchen Familien so ist, in vielen Schulklassen, im
Kindergarten, in Vereinen,
Betrieben, den Kasernen, ja selbst in jenen Teams, die sich gut nennen.
Selten findet man Menschen, die bescheiden und sanft nach „unten“ sind und
stolz nach oben. Doch das ist kein Wunder, den katzbuckeln lohnt sich
eben. [zu Opus
457] •
Unvereinbar
Schwer verdient sich
sein Geld, wer Skrupel hat und Ideale, reich werden kann ein solcher
Mensch niemals. [zu Opus
458] •
Viel
Theater
Gut, dass
Gedankenlesen keine sehr verbreitete Kunst ist, denn manchem würde das
aufgesetzte Lächeln einfrieren. [zu Opus
464] •
Müdigkeit
Wenn ich daran denke,
wie ich einmal ernsthaft daran geglaubt habe, dass man dieses entartete
Geschlecht nackter Affen, die sich Menschen nennen, zur Besinnung
bringen kann und ich dabei mithelfen muss, kann ich mich nur wundern.
Heute weiß ich nicht einmal mehr, auf was sie sich besinnen sollen.
Die Menschen sind, wie sie sind, es gibt gute und schlechte, je nach
Standpunkt und wenn man diesen wechselt, sind die guten schlecht und die
schlechten gut. Ich ereifere mich
zwar immer wieder und poltere über die Borniertheit, Ichsucht und
Gier der Leute, doch manchmal meine ich, dass es egal ist, ob ich
mich ereifere oder nicht.
[zu Opus
466] •
Im
Hochsommer schweigen die Vögel
Die Natur ist
sparsam, was nicht nötig ist, wird unerbittlich eingespart. So ist es
mit unseren Muskeln und Knochen und unserem Denkvermögen, was nicht
gebraucht wird, verkümmert, wird abgebaut, rostet ein. Aber auch beim
Blühen und Singen meine ich zu erkennen, dass die Natur es nicht aus
Übermut macht: Blühen und Singen tut nur wer es nötig
hat. [zu Opus
467] •
Vereinsmeier
Was wäre ein Mensch
ohne Verein? Allein, allein, allein! [zu Opus
469] •
Bin
bei keinem Schützenverein
Mir läuft die
Gänsehaut allein bei der Vorstellung, mich in eine Partei oder einen
Verein einbinden zu müssen. Ich ertrage kein Geplapper, ertrage nicht
zuviel von dem, was man gemeinhin als Gemütlichkeit bezeichnet, ich
verabscheue jede Art von Korpsgeist und mag die Menschen als
Einzelexemplare am Liebsten. Nur einzeln kann man ihren Wert
erfassen, kann man wirklich mit ihnen sprechen, kann man ihnen wirklich
nahe sein. Ich habe es unzählige Male erlebt: sobald sie in der Gruppe
sind, werden Schafe zu Wölfen und Wölfe zu
Schafen. [zu Opus
470] •
Weisheit
der Raupe
„Ist das all mein
Wert?“ So fragt keine Raupe, wenn sie ihre Spur betrachtet, das ist eine
Menschenfrage, eitel und blöd. [zu Opus
472] •
Den
Kaufleuten ausgeliefert
Das Leben in unseren
Breiten war immer von der Vorsorge für den Winter bestimmt. Heute
haben die meisten Menschen keine Vorräte, denn alles gibt es auf den
Märkten zu jeder Jahreszeit zu kaufen. Noch niemals zuvor haben
Menschen ihr Schicksal so vollständig in fremde Hände gelegt. Manche
nennen das Freiheit, doch üblicherweise bezeichnet man Abhängigkeit
und Ausgeliefertsein als Unfreiheit. [zu Opus
473] •
Futterneid
Bevor meine Tiere
ihren eigenen Trog leeren, versuchen sie erst noch etwas aus dem
fremden Trog zu erhaschen - was man hat, das hat man! Außerdem: die
anderen könnten etwas besseres haben. Auch uns Menschen dünken fremde
Weiden immer grüner als die eigenen, und über unsere Hort- und Gewinnsucht
kann man tagelang lamentieren. [zu Opus
474] •
Wert
der Erinnerung
Alleine unsere
Erinnerungen besitzen wir wirklich. Auch aus dem Grund soll man sein Leben
so leben, dass man gerne zurückdenkt, ohne sich schämen zu müssen. Alleine
dafür lohnt es sich gut und mutig zu sein. [zu Opus
475] •
Immer
enger
Das Leben wird mit
den Jahren enger. Wenn man auf die Welt kommt, hat man alle Möglichkeiten,
zumindest grundsätzlich. In dem man sich für das eine oder das andere
entscheidet, wird der Kreis der Möglichkeiten kleiner. Die Antworten,
mit denen die Welt das Tun beantwortet, bestimmt zudem das zukünftige
Tun. Viele Träume und Ideale schlägt einem die Erfahrung aus dem Kopf. Und
trotzdem reicht, was übrigbleibt, für ein gutes
Leben. [zu Opus
476] •
Gib
nach, wenigstens manchmal
Harmonie streichelt
die Seele, wenigstens ab und zu sollten wir freundlich zueinander sein,
ohne jede Spitze. Hilfreich ist dabei die Vorstellung, dass es
vielleicht die letzte Chance ist, sich mit jemandem vertragen zu
können. [zu Opus
477] •
Zum
Lachen
Die Gesellschaft
verachten und nach ihrer Anerkennung heischen - ein Widerspruch in
sich. [zu Opus
478] •
Heimlich
feist
Ziegen kommen
vergleichsweise knöchrig daher, die Armen! Kein Zweifel, sie haben Hunger
und so bemühen wir uns ihnen mitleidig Speck auf die Knochen zu
füttern. Doch sie tricksen uns aus, denn das Fett sammeln sie extra
und verbergen es in den Körperhöhlen. Es scheint, sie fahren gut damit. Es
empfiehlt sich geistigen Speck ähnlich still zu verwahren. Ich selber
habe mich leider nie daran gehalten. [zu Opus
479] •
Menschliches
Grundproblem
Ach, warum begehren
wir immer, was wir nicht haben? Und warum stoßen wir oft gerade die
Menschen zurück, die uns lieben? Im Bayerischen nennt man lieben
spinnen. Damit ist alles gesagt. Und welche Therapie gibt es?
Nietzsche meinte, gegen Liebe helfe nur Gegenliebe. [zu Opus
480] •
Ausgleich
Je beschränkter einer ist, um so
protziger ist sein Auto. Ein Spaßvogel behauptete, das Gehirn
schrumpfe im selben Maß wie der Hubraum sich
vergrößert. [zu Opus
481] •
Kalter
Wind mit vielen Namen
Die Allgäuer
nennen ihn den bayerischen Wind, jenen trockenen Ostwind, der für schönes
Wetter sorgt und schneidend kalt sein kann. Wir Waldler nennen diesen
Wind den böhmischen. Und die Böhmen? Heißt er dort „russischer Wind“? Und
wie nennen diesen Wind die Chinesen? [zu Opus
482] •
Bredouille
Solange einer noch
darüber lachen kann, dass er in der Bredouille steckt, ist noch nichts
verloren. Überhaupt - Schlamassels größter Feind ist das
Lachen! [zu Opus
484] •
Der
neue Mann
Der neue Mann soll
sanft sein, geduldig, gehorsam, pflegeleicht, attraktiv, beherrscht,
großzügig, fleißig in Beruf und Haushalt, brauchbar für grobe Arbeiten,
weil körperlich stark und willig, usw. Manche Frauen schmücken sich mit
seiner Begleitung, er ist ihnen eine Art Trophäe... Nicht wenige
Frauen gibt es, die hätten den Mann am liebsten als eine Art Neutrum. Und
der Mann soll sie nur als Person lieben und nicht als Weib an sich. (Aber
dieses Verhalten gegen alle Natur hat ja auch der bekannte Nazarener
gefordert, was viel über seine Kenntnis der Welt aussagt). Und wehe, bei
einem Mann blitzt zur Unzeit sein Geschlechtstrieb auf! Wundert sich
ernsthaft jemand darüber, dass männliche Impotenz immer mehr zunimmt
und Potenzmittel weltweit ein so großes Geschäft
sind? [zu Opus
487] •
Nur
Papier
Unsere Zivilisation
steht auf papierenen Füßen: sie druckt kleine Papierzettel mit Zahlen
darauf und wir alle tauschen unsere Lebenszeit dafür, gründen unsere
Existenz auf die Hoffnung, dass alle an den Wert dieser Papierzettel
glauben. [zu Opus
489] •
Richte
dich darauf ein
Alleine die
Unbeständigkeit hat Bestand. [zu Opus
490] •
Reifeprozess
Mit etwa
zwanzig Jahren wusste ich alles ganz genau. Mit fünfundzwanzig wusste ich
alles noch besser und zehn Jahre später waren mir viele der alten
Gewissheiten weggebrochen. Nun, weitere zehn Jahre später, lasse ich
fast alles gelten, nur mit denen, die alles genau zu wissen vorgeben,
habe ich meine Probleme. [zu Opus
492] •
Männerhormone/
1
Vieles von
dem, was uns antreibt, ist keine Sache des Verstandes, auch wenn wir uns
das gerne einreden. Verborgene Drüsen schicken Botenstoffe ins Blut
und erzeugen in uns eine biochemische Suppe, die uns zu Taten
aufputscht. Kopf und Konvention steuern zwar dann die Form unseres Tuns
(und dieses wiederum wirkt durchaus auch auf jene geheimnisvollen Drüsen),
doch nicht wenige zerbrechen am Widerspruch zwischen unserer Natur
und der Menschenkultur. •
Männerhormone/
2
Maskuline
Protzerei, spottete eine kluge Frau, als sie vom Titel dieses Liedes
hörte. Doch wer wäre so blöde mit etwas zu protzen, für das er nichts
kann? Dass uns Botenstoffe von Drüsen antreiben und nicht nur unser
vielgepriesener Verstand – diese Wahrheit passte auch lange nicht in mein
Weltbild. Natürlich ist das keine leichte Erkenntnis, dass es nicht nur
unser Geist ist und unser Charme, der uns täglich aufs Neue
zueinander treibt und uns Dinge tun lässt, über die unser
Verstand lacht, in den seltenen hellen Momenten, wenn sich die
hormonellen Wildwasser verlaufen haben... [zu Opus
494] •
Schlimmes
Verbrechen
Kein
Diebstahl schmerzt mich mehr, wie der von Lebenszeit. Ich spüre es
sofort, wenn mir die Zeit gestohlen wird. [zu Opus
495] •
Augenwesen
Wir
sind nun mal Augenwesen und so haben Blender mit uns leichtes
Spiel. [zu Opus
496] •
Klingeling
Immer neue
Etikettierungen für alten Käse! Gaukelei und Phrasen - gepaart mit
Hartherzigkeit, Lust an der Macht und lupenhafter Weltsicht! Viele leben
davon nicht schlecht, wenn man den materiellen Ertrag als Maßstab gelten
lässt. [zu Opus
497] •
Den
Tieren kann ich es nicht nachtragen
Ich weiß was im
Hühnerstall abläuft, kenne das Treiben von Ziegen, Pferden und im
Bienenstock und ich weiß, wie es in Firmen und Behörden zugeht. Warum wohl
ziehe ich in meiner Freizeit die Gesellschaft der Tiere
vor? [zu Opus
498] •
Mancher
denkt was er sagt
Viele Leute bestehen
nur aus Phrasen, aus fertigen Sätzen, die scheinbar ohne Beteiligung des
Gehirns den Mund verlassen. [zu Opus
499] •
Trost?
Der
Tod geht uns nichts an, wenn er da ist, sind wir nicht mehr da. Diese
Weisheit des Epikur soll uns trösten. Mich tröstet sie auf jeden Fall
mehr als die Aussicht auf den katholischen Himmel, bevölkert von
Pharisäern und Philistern. [zu Opus
502] •
Ich
brauche dich
Was
wäre uns das Licht ohne Augen und die schönste Musik ohne Ohren? Was wäre
ich ohne dich? Ein Narr, der um sich selber kreist. [zu Opus
503] •
Was
soll ich in Barcelona?
In
einem Wassertropfen spiegelt sich die ganze Welt. Und welche Vielfalt an
Möglichkeiten bietet mir erst die Welt, die mich umgibt! Nicht den
tausendsten Teil kann ich nützen, nicht den tausendsten Teil kann ich mit
den Menschen die ich liebe ausprobieren und genießen. Was soll also
einer wie ich in Barcelona? [zu Opus
504] •
Mitleid
mit den um die Welt Rasenden
Nein, es reizt mich nicht in
die großen Städte dieser Welt zu reisen. Nichts gibt es, was ich nicht
auch zu Hause haben könnte. Die Menschen in den Flugzeugen, die mir
den Himmel über meiner Weide mit ständigem Gewittergrollen füllen,
sind moderne Flüchtlinge, Getriebene, über deren Atmosphäre
zerstörenden Egoismus ich zwar fluche, die mir aber doch auch sehr leid
tun. Aber auch ein wenig Glück schenken, Glück, das aus der Erleichterung
stammt, dass ich nicht in dem Flugzeug sitzen muss. [zu
Opus 505] •
No
Party
Ich könnte nur
Mitglied in der „Anti-Partei-Partei“ sein, aber so eine Partei wäre ja ein
Widerspruch in sich. Und doch dachte ich schon manchmal daran eine Partei
zu gründen, die Bürokratismus und staatliche Willkür bekämpft, den
Korpsgeist, die Ideologien, die Fraktionszwänge und den Hochmut der
Parteien, eine freisinnige, individualistische und doch auch soziale
Toleranz-Partei würde mir gefallen! Aber wie lange würde
es dauern und diese Partei wäre ebenfalls beherrscht von
Vereinsmeiern, Biedermännern und Fanatikern, die Entwicklung dahin
läuft scheinbar nach einem Naturgesetz ab, siehe die Entwicklung bei den
Grünen. Ich habe deren Entwicklung schon Anfang der achtziger Jahre
befürchet und immer gehofft, dass ich mich täuschen möge. Und schon
damals kritisierte mich ein Freund und forderte mich auf mit in die Partei
zu gehen und Fehlentwicklungen mit zu verhindern helfen und nicht nur
pessimistisch zu unken... Doch mein Egoismus hat mich davor bewahrt
mich auch noch an dieser Front zu verheizen, die Last und Verantwortung
meines Berufes genügten mir vollauf. [zu Opus
507] •
Man
sollte aus seinen Erfahrungen lernen
Ab
einem gewissen Alter kann man nicht mehr aus seiner Haut. Ein unehrlicher,
falscher Mensch wird einen immer wieder enttäuschen, auch wenn er
gelegentlich einen leutseligen Tag hat. Dies ist eine bittere und –
zugegeben - eine vereinfachende Erkenntnis, aber sie ist nichts weniger
als wahr. [zu Opus
509] •
Arme
Tiere
Die
Überheblichkeit der Menschen gegenüber den Tieren ist ihr größtes
Verbrechen. Was Menschen ihren Mitgeschöpfen antun, disqualifiziert sie
als „Krone der Schöpfung“. Kein Wesen hat je grausiger und perverser
gehandelt. [zu Opus
512] •
Ökonauten
Immer
wieder gab es Menschen, die ein einfaches, naturnahes Leben
erstrebten. In den Augen der Gesellschaft waren sie Sektierer und
wunderliche Gesellen, die sich von einem Extrem ins andere stürzten und
deshalb häufig, zur Freude und zum Gespött der Beobachter,
scheiterten. Doch manche haben sich vorsichtig und mit Verstand zu
einem einfachen Leben vor – nicht zurück!! - bewegt und ihre Erfahrungen
sind Schätze, unendlich mehr wert als aller gesammelter Mammon. Zukünftige
Generationen werden die Schätze heben und ein naturnahes Leben selber
ausprobieren, weil es sie sonst nicht geben
wird. [zu Opus
513] •
Lebenskunst
Wäre
das Leben endlos, was wäre es dann wert? Gerade die schreckliche
Gewissheit des Todes macht es so wertvoll. Man möchte meinen, dass die
Kunst ein gutes Leben zu leben der Menschen wichtigste
Wissenschaft wäre, doch weit gefehlt. Sie beschäftigen sich mit dem
größten Mist, nur ja nicht mit dem Leben. Aber vielleicht ist gerade
das ihre Lebenskunst. [zu Opus
515] •
Handfeste
Arznei
Ich
kenne arme Menschen, die laufen dauernd zum Doktor und bekommen
Medikamente verschrieben für horrende Summen. Es würde ihrer
Gesundung mehr dienen, würde ihnen der Arzt das Geld, was die Medizin
kostet, bar auf die Hand geben. [zu Opus
516] •
Mann
des Wortes
Ich liebe den
Frieden, die Ruhe und alles Harmonische. Und ich liebe es zu denken
und zu debattieren. Bisher hat das auch immer ausgereicht, niemals im
Leben habe ich physische Gewalt gebraucht und ich hatte es mit den
wildesten Kerlen zu tun. Und doch denke ich gelegentlich, dass ich im
heiligen Zorn auch zu Affekten fähig bin, die mein Kopf verspottet. Und so
will ich halt ein wenig mit dieser Erregbarkeit kokettieren und
hoffen, dass ich niemals eine Axt gegen jemanden schleudern
muss. [zu Opus
517] •
Aus
den Steinen
Eltern können nichts
Sinnloseres tun, als ihren Kindern alle Steine aus dem Weg räumen,
damit sie sich ja nicht daran stoßen. Besser ist es sie an das
Unveränderliche zu gewöhnen (da die Wege auf dieser Welt steinig
sind) und ihnen zu lernen, wie man die Steine wegräumt oder ihnen
ausweicht oder sie zerschlägt oder an Ort und Stelle vergräbt. Oder sie
sammelt und mit ihnen sein Haus baut. [zu Opus
518] •
Globalisierung
Der
Sauerteig Kommerz durchsäuert die ganze Erde, „Globalisierung“ nennt
man beschönigend diese Form des Krieges, der ohne Kanonen geführt wird,
zumindest solange, wie sich keiner dagegen wehrt. Das Alte wird
verdrängt - und ich bin der Letzte, der darin nur Bedauernswertes sieht.
Doch das Neue ist meist langweilig, uniform und so verarmt die Welt.
Statt kultureller und regionaler Vielfalt: Mac Donaldisierung. Und es
werden die gewachsenen Strukturen und Kulturen zerstört, und es gibt
eine Anpassung auf niedrigsten Niveau: im Sozialen und im
Ökologischen. [zu Opus
519] •
Leere
Welt
Ich liebe dich, nicht
immer wie ein liebestoller Schüler, aber immer wieder doch so
ähnlich. Vor allem, wenn ich spüre, dass die Welt leer wäre ohne
dich. [zu Opus
520] •
Stachel
der Schwachen
Nie
drohte mir von einem wirklich Starken Gefahr, immer waren es die
Schwachen, diejenigen, in die ich soviel Hoffnung gesetzt habe, die
intrigierten und meine Schwächen zu ihrem Vorteil
ausnutzten. [zu Opus
521] •
In
die Zange genommen
Du setzt dich ein für
andere, riskierst deine Existenz – raffst quasi wie jener Landsknecht auf
dem alten Gemälde die gegnerischen Spieße mit den Armen zusammen
und versenkst sie in deiner Brust, damit deine Nebenleute angreifen können
– doch niemand nutzt die Chance und so stehst du ziemlich blöd und allein
da, mit den Spießen in der Brust... Und das Schlimmste: die, für die
du dich meintest einsetzen zu müssen, lachen mit dem Gegner und du kommst
dir vor wie ein Vollidiot.... [zu Opus
525] •
Obermacker
Eine der größten
Illusionen ist es, dass ein Vorgesetzter wirklich etwas zu sagen hat,
zumal wenn er Frauen vorgesetzt ist. Ich höre zwar, wie diese jetzt lachen
und auch ein paar halbherzig protestieren, doch im Großen betrachtetes ist
es so. Du machst einen Plan und alle machen so weiter wie
immer. [zu Opus
527] •
Mit
dem großen Hammer
Die stärkste
Wirtschafts- und Militärmacht der Erde wird gleichsam von todbringenden
Wespen gestochen, doch sie hat zu ihrer Verteidigung keine geeigneten
Waffen, ihr ganzes Overkill-Potential hilft nichts und wenn sie es doch
einsetzt ist es, als würde einer mit einem schweren Hammer nach den
Angreifern hauen, die auf dem eigenen Körper sitzen, so dass man mit jedem
Treffer auch sich selber trifft und zerstört. Gegen die modernen
Bedrohungen, nicht nur den schrecklichen Terrorismus, helfen keine
Massenvernichtungswaffen, sondern allein das Bemühen um eine gerechte
Welt mit aufgeklärten Menschen, in der alle ihr Auskommen haben. •
Raus
aus der Kuhle !
Manche
bangen ihren Lebtag lang, dass sie sich durch unbedachtes Reden oder
Handeln irgend einen Schaden zufügen könnten und so sind sie wie die
Hasen : Wegducken und nach einer Weile wieder die Ohren spitzen. Mir
wär das zu langweilig, was nicht heißt, das ich nicht auch das feige
Hasenglück kenne und immer wieder auch genieße, doch allzulange halte ich
das Kauern in der Kuhle nicht aus und es verlangt mich nach dem rauen
Wind, damit ich die Nase hineinstecken kann. [zu Opus
532] •
Jetzt
Mancher
will sovieles tun und sagen, doch erst morgen, wenn er Zeit hat und keine
Repressalien befürchten muss. Doch wenig fällt mir ein, was man wirklich
verschieben kann: keine Gedanken, keine Kunst und erst recht kein mutiges
Wort, das heute gesagt werden muss. [zu Opus
533] •
Aus
dem Trott
Mancher
Mann, der in alltäglichen Dingen immer bedient wurde, dem fallen viele
Arbeiten erst auf, wenn sie ihm plötzlich niemand mehr macht. Aber Jammern
wäre da doch zu albern, selbst ist der Mann! [zu Opus
536] Ersatz
[zu Opus
537] •
Sicher?
Je
unsicherer das Leben wird, umso mehr Versicherungen werden verkauft. Aber
offenbar muss der Mensch an irgendetwas glauben. Wenns schon manchmal
keine Götter mehr sind, dann wenigstens
Assekuranzen... [zu Opus
538] •
Dei
Ruah mecht i ham
Feinfühlende
Menschen wünschen sich manchmal einen Lautstärkeregler an den Ohren, eine
rosarote Brille, pfundweise Lethargie oder einfach nur die Idylle, weil
die Wirklichkeit zu sehr schmerzt. Doch ob sie wirklich tauschen würden,
mit einem abgestumpften Zeitgenossen, das bezweifle ich dann doch
sehr. [zu Opus
539] |