Geiss Haejm

Prologe zu meinen Liedern

 

 

 

 

Vorwort

 

Die folgenden Texte sind kurze Vorreden zu meinen Liedern, mit dem Zweck auf ihre Thematik vorzubereiten, sie zu relativieren oder mit einer erweiteren Sichtweise zu ergänzen.

In diese Auswahl habe ich nur Texte aufgenommen, die für sich allein stehen können, also auch ohne das Lied Sinn machen. Es würde mich aber natürlich freu­en, wenn sie Interesse für die dazugehörigen Lieder wecken würden und Leser auch zu Hörern würden.

 

Die Überschriften sind nur ausnahmsweise identisch mit den Titeln der Lieder, diese kann man aber über die Opusnummern ermitteln, die auf allen Tonträgern vermerkt sind. Gegenwärtig reicht die Nummerierung von Opus 1, aus dem Jahr 1965, bis Opus 555 aus dem Jahr 2002.

 

 

 

 

 

 


     Komm mit an die Straße

Als junger Mensch liebte ich das Aufbrechen und das Unterwegssein, mehr aber das Ankommen. Ich brauchte immer ein Ziel, irgendeinen Menschen, der mich erwartete. Reisen als Lebenszweck, schien mir dem Wasser angemessen oder den Wolken.  Doch spürte ich schon früh, das Reisen immer auch etwas von Flucht hat, vor sich selber, vor den Umständen in denen man lebt. Heute sehe ich das weniger verbissen und glaube, dass das Herumziehen im Grunde das Naturgemäße ist und das Kleben am Ort das Künstli­che. Doch ist die Erde zu klein für sechs Milliarden Nomaden. Also muss das Reisen die Ausnahme blei­ben und die Treue zum Revier und die Übernahme der Verantwortung dafür, die Regel.

[zu Opus 3]

     Schau in den Spiegel

Von einem anderen hat man sich gleich ein Bild ge­macht, doch das liegt in der Natur der Sache, denn man hat ihn vor sich, kann ihn sehen, hören, tasten, riechen. Mit einem selber ist das schwieriger, denn man sitzt in sich drinnen und sieht aus sich heraus, es fehlt uns am nötigen Abstand. Ein Spiegel kann hier­bei helfen.

[zu Opus 4]

     Was ist der Mensch

Sollten wir - und vieles spricht dafür - keine Marionet­ten von Göttern sein, die Welt kein göttliches Computerspiel und der Mensch nur seinen Mitmen­schen verantwortlich, so kann der Sinn des Lebens nur im Leben liegen. Wer das unendliche tote Universum betrachtet und die wenigen Funken Leben darin, der erkennt dessen Wert.

[zu Opus 5]

     Keine Erwartung

Ich war lange ein überaus frommes Bübchen, das ewi­ge Seelenheil fest im Visier. Dann wuchs der kritische Verstand und riss ein tiefes Loch. Nichts hatte, wie es schien, mehr einen tieferen Sinn, außer dem profanen, der uns antreibt. Zudem verdichtete sich die Einsicht, dass die Menschen den lieben Gott gerade so erfunden hatten wie den Osterhasen und alle zusammen ein Theater spielten und die Welt eine Bühne war, voller unerfreulicher Zwänge und Chimären und dahinter kam - nichts.

[zu Opus 6]

     Fragen

Fragen sind gut und recht, doch sollte man den Wert der möglichen Antworten nicht überschätzen, meist überleben die Fragen die Antworten... Wir fragen ständig nach so vielen Dingen, die sich um alles mög­liche drehen, nur nicht darum, was wir für ein gesun­des und glückliches Leben brauchen. Doch nur diese Fragen haben Wert.

[zu Opus 7]

     Notwendige Gegensätze

Kalt gibt es nur, weil es heiß, dunkel nur, weil es hell gibt. Gibt es also das Gute auch nur, weil es das Schlechte gibt? Es kann gar nicht anders sein. Wären paradiesische Verhältnisse dann überhaupt möglich?

[zu Opus 8]

     Armer Wicht

"Ach, ich armer Wicht, ich tu mir so leid und ertränke mich in meinem Nachtgeschirr!" So verspottete ein äl­terer Berliner Freund meinen Weltschmerz. Und ich musste mit einem Male lachen über mein Gesäusel.

[zu Opus 9]

     Der Erfahrene

Am wenigsten akzeptiert man die weisen Ratschläge von jemandem, der klug schwätzt, ohne eine Sache selber durchlebt zu haben. Kaum etwas anderes hat mich mehr gelangweilt, als die wiedergekäuten Phra­sen von Spießern, die ihr Leben hinter dem Ofen zu­brachten. Wie heißt es in einer Volksweise dazu? "Den soll man als Gesell erkennen, oder gar ´nen Mei­ster nennen, der noch nirgends ist gewest, nur geses­sen in seinem Nest!"

[zu Opus 10]

     Appelle

Was wie Appelle an andere klingen, waren erst einmal Appelle an mich selber. Da ist erst ein Gefühl im Bauch, das in Worte gefasst sein will, damit man ihm glaubt.

[zu Opus 11]

     Halbes Wesen

Es kommt einem die Zeit, da hilft einem keine Eltern­liebe mehr, es treibt einen umher wie einen tollen Ka­ter.

[zu Opus 12]

     Unnütze Altklugheit?

Manche frühe Texte beweisen es, die Altklugheit eines Siebzehnjährigen wusste, wie es endet! Doch sie be­wahrte ihn nicht davor, die alten Irrwege zu gehen. Und das ist gut so.

[zu Opus 13]

     Alltag

Das ganze Leben war ein Theater und in der Schule paukten wir die Textvorlage.

[zu Opus 15]

     Liebe macht Licht

Ich saß im zweiten Ausbildungsjahr in der abgedun­kelten Glasbläserwerkstatt und bekam urplötzlich Angst, dass dies alles sein könnte, was in der Zukunft auf mich wartete. Bis jetzt war alles ja nur Spiel, das Glasblasen machte mir Spaß und es gab ja zur Ab­wechslung noch jede Menge theoretischer Fächer und es gab meine Bassgitarre und die Rock´n Roll Band... Doch in jener Stunde begriff ich alles und kein Ausweg fiel mir ein, außer der Gedanke an ein Mädchen...

[zu Opus 17]

     Verliebtsein

Verliebtsein ist wunderschön, wenn man auch geliebt wird. Wird dein Sehnen nicht erwidert, ist es die Höl­le.

[zu Opus 20]

     Ende der Jammerei

Es ging damals alles sehr rasch. Ich hatte das Glück kluge Freunde zu haben, deren Witz mir jede Wehlei­digkeit vertrieb. So spottete ich bald mit ihnen um die Wette.

[zu Opus 21]

     Wachträume

Es gibt viele Arten von Träumen. Die einen sind wie ein Gewitter, mit denen sich unser Gehirn reinigt, an­dere lassen geheime Wünsche in Erfül­lung gehen, manche schenken Wollust, erzeugen Zuneigung zu Menschen, die wir dann auch wach noch spüren. Träume lösen mit­unter sogar Probleme. Dann gibt es noch die Tagträume, die uns manche un­angenehme Wirk­lichkeiten erträglich machen. Sie sind wie eine Hängematte, in der wir unsere angeneh­men Ge­danken schaukeln. Manche Tagträume lassen uns nur entfliehen, andere wirken auf die Wirklich­keit zurück, in dem sie in uns den Drang nähren, die diese ihnen anzunähern. Sie sind dann wie gu­te Pläne: Vorwirklichkeit.

[zu Opus 25]

     Die Wolken haben Schuld

Die Sonne erhellt nicht nur die Netzhaut, sie erhellt uns Geist und Gemüt. Lichtarmut bedrückt dagegen, macht schwermütig, oft sogar depressiv. Mir ist das erstmals bei meinen Flügen nach Berlin bewusst ge­worden. Wie wunderbar die Lichtfülle über den Wol­ken, wie traurig das Eintauchen in dieselben. Un­glaublich, dass unten in diesem Grau überhaupt Men­schen leben konnten...

[zu Opus 26]

     Lob des Hinterfragens

Alles Unechte, Furnierte, Fassadenhafte, Aufgeblase­ne, Glanzierte, Verchromte, Vergoldete, Geschminkte, Gekünstelte ist mir seit meinen frühen Kindertagen zuwider, ge­schwollene Reden grad so, wie aufgemotzte Waren. Nun lernte ich die Mechanismen der Werbung zu durchschauen und die Lügen der Politiker und begann al­les auf seinen wahren Wert hin abzuklopfen. Kurz, ich lernte zu misstrauen aller Verpackung.

[zu Opus 28]

     Geringschätzung der Leute

Von den Leuten denken und reden wir meist gering. Gut reden wir nur von Einzelnen und auch das eher selten. Die Leute aber sind uns eine Ansammlung von Torheit, eine fremdgesteuerte Masse, dreist, denkfaul und selbstsüchtig, neidisch, laut und hortend.

[zu Opus 29]

     Soziale Träume

Gruppen waren mir immer eher suspekt. Ich wollte nicht unter den Vielen ver­schwinden oder nur überleben, indem ich laut wurde, blendete, wie ein Wichtigtuer meinen Kopf aus der Masse streckte.

Doch dann kam der einzelne ins Gerede, die Gruppe schien die Lösung aller Probleme zu bringen, damals im Berlin der beginnenden siebziger Jahre, in den Köpfen von angehenden Erziehern...

[zu Opus 31]

     Betroffenheit macht klug

In Kreuzberg erkannte ich, dass so vieles an dieser Zi­vilisation nur Fassade ist, ein aufgeblasener Popanz, ein glänzender Knüppelsteg auf einem ungeheueren Sumpf. Die Unwirtlichkeit der Umgebung öffnete mir die an kleinbürgerliche Provinz gewöhnten Augen und der Umgang mit kritischen Geistern sorgte dafür, dass sie mir nie mehr zufielen.

[zu Opus 32]

     Über unseren Staat

Es war nicht nur der schmutzige Krieg in Vietnam. Es waren nicht nur die Kumpanei unserer Regierenden mit Diktatoren und Mördern, nicht nur die Wohnungsnot, die Armut und der Schmutz in Kreuzberg, die Verlogenheit der Me­dien, die knüppelnden Polizisten, es wurden auch scharf geschossen. Die Opfer hießen Ohnesorg, Weißbecker, Georg von Rauch. Und das alles passierte vor meiner Haustür.

[zu Opus 35]

     Spiel, spiel

Das Spielen gehört zum Menschen wie der Pansen zur Kuh. Spielen ist nicht nur das Kind der Arbeit, es ist die Grundlage für unser Menschsein. All unsere Kunst - und damit mein ich alles, was künstlich ist, men­schengemacht eben, ist Ergebnis unserer Fähigkeit zu spielen. Der Prüfstein, ob eine zukünftige Gesellschaft besser sein wird als die gegenwärtige, wird sein, ob sie es schafft die Arbeit wieder zum Spiel zu machen.

[zu Opus 37]

     Unsere Sozialisation

Die Erkenntnis, dass unser Verhalten weitgehend das Ergebnis von Prägung, also von Lernprozessen ist, hat mich veranlasst Erzieher zu werden, voller Hoffnung die Welt besser machen zu können... Nur - die vage Erkenntnis, dass etwas so oder so funktioniert, ist das eine, dessen Veränderung eine ganz andere Sache. Ein alter Schulmann, dem ich meine pädagogischen Weis­heiten predigte, gab mir maximal zwei Berufsjahre. Auch wenn er meine Hartnäckigkeit und meinen lan­gen Atem falsch einschätzte und heute ein viertel Jahrhundert Erziehertätigkeit hinter mir liegt, so fühle ich mich immer öfter am Ende meiner Kraft und Weisheit. Ach – so jammere ich, manchmal sogar laut - ich mag niemanden mehr erziehen! Soll die Welt bleiben wie sie mag!

[zu Opus 38]

     Zauberei

Es ist ein großer Zauber: ein kleines Kind macht schwache Männer stark.

[zu Opus 39]

     Spiel mit dem großen Tod

Welch eine Verrücktheit! Irgendeine Staatsform, ir­gendein Wirtschaftssystem über das Leben zu stellen! Was waren das nur für Verrückte, die vorgaben uns mit Wasserstoffbomben schützen zu wollen?

[zu Opus 42]

     Notwendiger Wechsel

Es ist nicht leicht mit den anderen und leicht ist es nicht alleine. Zumindest mir geht es so, ich brauche die anderen, aber ich brauche auch die Einsamkeit. Wie viel darf man an sich denken und wie viel an die anderen? Es ist ein dauerndes Schwingen zwischen den beiden Polen.

[zu Opus 43]

     Hau mal auf den Tisch!

Ab und zu sollte man schon etwas riskieren. Es kommt keine gute Fee, die uns aus dem Trott befreit. Der Volksmund sagt, der Mensch sei ein Gewohnheit­stier. Doch ebenso stimmt, dass sich der Mensch - an­ders als ein Tier - über seine Gewohnheiten zu erhe­ben vermag.

[zu Opus 48]

     Selbstgeschmiedete Ketten

Die Arbeit, mit der der Mensch seine Bedürfnisse be­friedigen wollte, hat Abhängigkeiten geschaffen, die stark sind wie Essen und Trinken, nur absolut irratio­nal.

[zu Opus 49]

     Wenn Reime diktieren

Eigentlich mag ich keine Reime, da sie beim Schrei­ben leicht eine gängelnde Eigendynamik entwickeln. Was habe ich Zeit damit verbracht, mir „ei­nen Reim auf etwas zu machen“, einen, der den ge­wünschten Gedanken trifft und nicht mich und die Zuhörer in die Irre führt. Doch gelegentlich habe ich die Reimerei auch Regie führen und mich von Zufäl­ligkeiten und Wortspielerein leiten lassen.

[zu Opus 58]

     Sprüchemacher

Kein Abgrund ist tiefer, als der zwischen den Sonn­tagsreden der professionellen Moralisten und ihrer Verhaltenswirklichkeit.

[zu Opus 59]

     Vom einfachen rechten Weg

Die Rechten haben viele Probleme gar nicht. Für sie ist die Sache so und nicht anders. Da wird nicht viel diskutiert, was der Leithammel sagt, gilt. Linke dage­gen stellen alles in Frage und erwägen hunderterlei Wege. Wie soll man mit solchen Leuten wirkungsvoll Politik machen können? Und trotzdem ist der richtige Weg: hundert Wege.

[zu Opus 61]

     Neues ist fremd

Hier muss ich immer an eines meiner jungen Schafe denken, das erst etwas aus meiner Hand fraß, nach­dem es dieses besabbert hatte. Erst wenn es vertraut schmeckte, bis es ab.

[zu Opus 62]

     Ohne Skrupel hat man es leicht

Wer keine Skrupel hat, sich keiner Ethik verpflichtet fühlt, hat es leicht im Leben. Aber zum Teufel, ich möchte so nicht leben!

[zu Opus 63]

     Obacht vor Heiligen!

Seit Nietzsche wissen wir, dass man bei Altruisten leicht entgegengesetzte Beweggründe finden kann und – nehmen wir das Extrem - die Heili­gen in aller Regel auf irgendeine Art eher kranke Menschen waren. Auch im sozialen Bereich – ich spreche aus eigener Erfahrung - finden sich, bei näherem Hinsehen, große Egoisten. Damit meine ich noch gar nicht diejenigen, die, in dem sie anderen helfen sich selber helfen, das ist für mich ein Stück Lebenskunst.

Auch bei Sozis habe ich nur am Haben orientierte, schadenfrohe, neidige Menschen gefunden und trotz gründlichster Gewissenserforschung kenne ich keinen einzigen wirklich menschenfreundlichen Christen­menschen.

[zu Opus 64]

     Wie soll der Mensch gut sein?

Wer im Schmutz lebt, wird sich schwer tun immer sauber zu sein. Die Menschen sind so, wie ihre Leben­sumstände und die sind bekanntlich meist unerfreu­lich. Doch was wäre, wenn diese gut wären, wären dann auch die Menschen gut?

[zu Opus 65]

     Vom unserem Staat

Was ist ein Staat? Ein Deckel für einen geographi­schen Bereich und alles was darin lebt? Eine Organi­sationsform für Menschengruppen? Eine Etikettierung für Völker verwandter Sprache?

Wer braucht den Staat? Welchen Sinn und Zweck hat er? Ich meine, er hat Dach und Schild zu sein, für die Armen und Schwachen und muss vor dem Faustrecht schützen.

Doch welche Perversion: heute schützt er im allgemei­nen die Starken und Reichen und fördert und sichert ihr Handeln. Und noch schlimmer: der Staat wird zum Selbstzweck und tut so als ginge es um ihn. Er heiligt seine Regeln und mischt sich ohne Not in die Angele­genheiten der Menschen und gängelt sie, ja gebärdet sich oft wie eine Peitsche.

Auch unser demokratischer Staat scheint oft nur ein Instrument der Wirtschaft zu sein und es ist zu be­fürchten, dass er seine gegenwärtige demokratische Form nur solange bewahrt, solange sie sich wirtschaft­lich bewährt, d. h., solange man darin genug Gewinne machen kann.

[zu Opus 66]

     Sehnsucht nach dem freien Leben

Irgendwann..., irgendwann werde ich mein Leben so leben, wie ich es leben will, selbstbestimmt, faul und arbeitsam, wie es grad meiner Stimmung entspricht! Befreit von der Peitsche der Uhr, frei von fremden An­weisungen, frei vom Theaterspielenmüssen mit Vor­gesetzen oder Untergebenen... Aber - ich weiß - auch dann bleiben noch genug Verpflichtungen, etwa ver­wandtschaftlicher Art, oder solcher, die sich aus der Vorsorge für den Winter oder einfach nur den eigenen Bedürfnissen ergeben. Da bleibt immer noch genug an Peitsche übrig. Viele Frauen flüchten davor in die Be­rufsarbeit, weil die ihnen mehr Freiheit und Abwechs­lung bietet, trotz aller Fremdbestimmtheit dort...

[zu Opus 67]

     Chancengleichheit

Chancengleichheit - zumindest im großen und gan­zen, sollte zu machen sein. Im kleinen und speziellen wird sie immer unmöglich bleiben, glücklicherweise...

[zu Opus 69]

     Demokratie als Mogelpackung

Wenn man den Begriff „Demokratie“ wörtlich nimmt, dann hat unser Staatssystem nur beiläufig mit Demo­kratie zu tun. Die „repräsentative Parteien- Demokra­tie“, bei der sich die „Herrschaft“ des Volkes in gele­gentlichen Kreuzchen für Personen und Parteien be­schränkt, ist ein demokratisches Theater, eine pseudo­demokratische Mogelpackung. Demokratie gibt es nur, wenn das Volk konkret über wesentliche Sachthe­men abstimmen kann. Heute wählt man mit seinem Kreuzchen immer die Katze im Sack, das kleinere Übel, wenn es hochkommt. Um über Sachthemen ab­zustimmen, sind die Bürger zu blöde, sagen die Partei­en, in netteren Worten natürlich. Um sie zu wählen aber, sind die Bürger klug genug... Also, was denn nun?

[zu Opus 70]

     Nest im Herzen

Kein größeres Glück kann einer haben, als in ein war­mes Nest geboren zu werden. Die Nestwärme wärmt einen oft das ganze Leben durch.

[zu Opus 71]

     Angenehm

Das Leben kann so schön sein, wenn wir ein Empfin­den dafür haben und keine unrealen Erwartungen.

[zu Opus 72]

     So ist das Leben eben

Das einzig Beständige ist das Unbeständige! Wer über Werden und Vergehen lamentiert, der ist noch Licht­jahre von der für dieses Leben erforderlichen Weisheit entfernt.

[zu Opus 73]

     Denken, um die Not zu wenden

Alleine die Not macht denken, Sattheit macht nur faul. Wobei ich letzteres aber nicht geringschätzen will, im Gegenteil, denn wohin führt das ganze Den­ken aus einer Not heraus? Wenn es gut geht zur Satt­heit.

[zu Opus 75]

     Entwicklungen

Ein „gestandenes Mannsbild“ ist nichts anderes, als ein stehen gebliebenes Mannsbild. Also eines, das sich nicht mehr entwickelt, eines mit einem „Standpunkt“. Und die Welt ist voll von diesen Exemplaren: überall Männer, die auf einem Punkt stehen... Warum Frauen oft ein wenig beweglicher bleiben, wäre eine Untersu­chung wert.

[zu Opus 76]

     Pubertieren

Fast zwanzig Jahre habe ich Jugendliche betreut, mich also zwanzig Jahre in „pubertärem Milieu“ aufgehal­ten, dazu kommen noch die Jahre eigenen Pubertie­rens und die Erfahrungen mit der Pubertät meiner Kinder, ich kann also behaupten Experte zu sein, auf diesem Gebiet. Auch wenn ich gelegentlich mit meiner „Allergie gegen pubertierende Jugendliche“ kokettiere, so ist das alles ein Krampf. Wenn die Alten über die schlimme Jugend herziehen und das Ende des christlichen Abendlandes herannahen sehen, dann kann ich darüber nur lachen. Zumindest die Jugendlichen, die ich erlebt habe, waren in ihrer Mehrheit brav, fleißig, strebsam und angepasst. Und die 5 von Hundert, die dies nicht und schwer „am Pubertieren“ waren, das wurden oft sogar die wertvollsten von allen, sie gärten, wie der Most im Fass, und gaben – einmal zur Ruhe gekommen - den besten Wein.

[zu Opus 81]

     Leere Lehrer

Der Lehrerberuf ist der härtesten einer, da helfen auch keine Ferien und auch nicht das, mit andern Beschäf­tigten verglichen, niedrige Stundenmaß. Im Nacken den Kultusminister, die eigenen Ansprüche und die der Eltern und der Gesellschaft, sollen sie junge Men­schen ausbilden und gar erziehen. Sie müssen einen Hürdenlauf veranstalten, mit Leistungsproben und Zensuren, müssen die lieben Kinderlein bewerten und messen, erleben immer wieder aufs Neue die gleichen Anpassungsprobleme und Entwicklungsschwierigkei­ten und die immer gleiche Einfalt, und sollen so tun, als sei dies etwas Neues... Die eigenen schulischen Er­fahrungen und die meiner Kinder sagen, es gibt ganz wenige gute Lehrer und ganz viel gelangweilte, die sich von Ferien zu Ferien retten und innerlich absolut leer sind.

[zu Opus 82]

     Sie kommen aus dem Morgenland

Seit ich denken kann verabscheue ich Deutschtümelei. Was habe ich mich immer geschämt für manche Landsleute, wegen ihrer geringschätzigen und bösen Reden gegen Ausländer! Doch ich fühle auch mit den alten Kreuzbergern, denen mit den billigen Arbeitskräfte aus Anatolien die Löhne gedrückt wurden oder die ganz ihren Job verloren ha­ben, ja auch ihre Wohnung, ihr heimatliches Viertel, ihre Wurzeln. Nun leben sie im betonierten Elend der Trabantenvorstädte und in ihre alten Wohnungen ha­ben die Hauseigentümer fremde Menschen gepfercht. Der Kapitalismus, so las ich, braucht immer eine Re­servearmee an Arbeitskräften, damit die Arbeiter ja nicht übermütig werden und ihre Löhne bescheiden. So haben sich natürlich nicht die deutschen Arbeiter ausländische Konkurrenten ins Land geholt, sondern dies haben die Unternehmer gemacht. Wenn ein Ar­beiter dagegen schimpft, meist schimpft er wegen sei­nes geringen politische Durchblickes gegen die Frem­den und nicht gegen die Fabrikanten, dann ist er aus­länderfeindlich, ja, am Ende gar ein Nazi. Und die wohlhabenden Bürger und Akademiker? Ihnen sind die Fremden nur Werkzeug oder exotische Ergänzung der Bevölkerung! Schon dieBezeichnung „Gastarbeiter“  ist bezeichnend für die ganze Heuchelei... Nein, ihnen sind die Fremden keine Konkurrenten um Arbeit und Woh­nung, da tut man sich leicht mit humanitären Phrasen...

[zu Opus 83]

     Ratschläge für Kapitalisten, Bonzen und andere Hammel

Die Mächtigen sind sehr trickreich, wenn es darum geht ihre Macht zu sichern. Um Polizei und Wachen zu sparen, wird viel Theater inszeniert, mit dem man die Untergebenen so beschäftigt, dass ihnen keine Zeit bleibt, sich auf ir­gendeine Art zu befreien. Beliebt ist z. B. alle paar Monate eine Sau durchs Dorf zu treiben, wodurch eine Zeit alle anderen Themen verdrängt werden und die Betroffenen Wochen brauchen um die Verwüstung des Viehtriebs zu beseitigen. Das wäre doch einmal ein lehrreicher Stoff für eine Doktorarbeit, würde einer die Tricks einigermaßen vollständig erfassen.

[zu Opus 84]

     Hühnerhof

Daran kann man Menschen erkennen: Wenige drüc­ken nach oben, viele drücken nach unten.

[zu Opus 85]

     Angst vor dem Montag

Schon früh habe ich begriffen, dass beinah alles, was wirklich Wert hat und Spaß macht, nichts oder wenig kostet: Liebe, Natur, Denken, Lesen, Schöpferisch sein. Und doch verkaufte ich mich für Geld in der Fabrik und spür­te, dass mir in der Arbeit das Wertvollste gestohlen wurde, was ich besaß: meine Lebenszeit. Und so hatte mich, kaum dass das ersehnte Freitag da war, schon die Angst vor dem Montag am Wickel.

[zu Opus 102]

     Winter

Als Eingeborener des schneereichen Böhmerwaldes, von dem man sagt, es herrsche dort neun Monate Winter und die anderen Monate sei es kalt, habe ich nie eine romantische Einstellung zum Winter entwickelt. Als Kind kannte ich nur einen ge­heizten Raum, die Stube, und auch die war nur warm, wenn man ein Feuer anschürte, sonst war alles kalt: der Flur, das Schlafzimmer, das Bett, das wir gerne mit einem heißen  Ziegelstein vorwärmten, das Wasser, der Abort... Und dann die Schneemengen! Schneeschaufeln kann durchaus netter Bewegungssport sein, wenn - ja, wenn es nicht über Monate geht, wenn nicht zum halben Meter Neuschnee noch auch noch ein Meter Dach­schnee kommt, und wenn es nicht hineinregnet: Schneematsch, Eisplatten auf den Gehwegen, Eiszap­fen, die von den Dachrinnen fallen, rote Ohren, klam­me Finger, kalte Füße, und... und... Nein, Winter ist nicht schön!

[zu Opus 113]

     Geliebte Sonne

Im Hochsommer flieht man vor ihren sengenden Strahlen und sucht den Schatten, doch im März er­sehnt man sie und sucht ihr Licht, wie der Säugling die Mutterbrust.

[zu Opus 114]

     Höhepunkte

Seit ich denken kann, habe ich Kinder über alles ge­stellt, denn Kinder sind die Zukunft! Jeder Augen­blick, den man sich ihnen widmet, ist gut angelegt, ja, es gibt kein sinnvolleres Tun. Nebenbei macht es Spaß und selten lernt man für sich selber mehr, als wenn man seinen Kindern etwas beibringt. Müsste ich für meine Erinnerungen eine Rangfolge aufstellen, so käme auf Platz eins die Zeit, die ich mit meinen Kindern und Enkelkindern zugebracht habe. Nicht umsonst bin ich als einer der ersten Männer Kindergärtner geworden.

[zu Opus 117]

     Lob des Fußballspielens

Ich habe erst im Mannesalter das Fußballspielen schätzen gelernt, zwangsweise, weil meine Schüler nichts lieber taten. Danach habe ich fast zwanzig Jah­re lang regelmäßig mehrere Stunden in der Woche mit Hallenfußball zugebracht, berufsmäßig und lei­denschaftlich. Wenn ich davon erzähle muss ich mich fast bremsen, damit ich nicht als Sprüchereißer dastehe. Aber zu gern erinnere ich mich meiner Qualitäten als Torjäger, prahle mit Fallrückziehern, Seitfallschüssen und gefühlvollen Kopfbällen... Ich war nie ein großer Techniker und den Ball konnte ich kaum jemandem abnehmen, aber mein Ziel war stets weniger gegnerische Tore zu ver­hindern, als vielmehr selber eins mehr zu schießen. Ich habe immer gekämpft, bis mir die Zunge auf der Brust hing, meine Stärke war das Kombinieren mit kurzen Zuspiel, schnörkellos und zum gegnerischen Tor strebend. Doch ich war niemals fanatisch dabei und gelungene gegnerische Aktionen haben mich ebenso begeistert... Klar wollte ich gewinnen, aber nicht durch Bekämp­fen der anderen, sondern durch besseres Spielen, was immer besseres Zusammenspielen bedeutet. So kann auch ein Kampfsport zum Rahmen für Gemeinschaft­lichkeit und Kooperation werden.

[zu Opus 119]

     Bäume

Wegen meines Einsatzes für Bäume bin ich oft als grüner Schwärmer belächelt worden. Ein Kritiker beim Nürnberger Bardentreffen 1984 spottete in der Zeitung: „...und beim Geiss Haejm reimt sich an jeder Ecke ein Baum...!“ Selbstkritisch habe ich darauf mei­ne Lieder durchsucht und viel zu wenig Bäume gefun­den.

[zu Opus 120]

     Mein Kampfstil

Na ja, die Mafia war es vielleicht nicht gerade, aber immer habe ich mich mit den Mächtigeren angelegt. Oft habe ich Kopf und Kragen riskiert und das Herz klopfte mir bis zum Hals, doch immer nur vorher und zu Beginn. Im Gefecht selbst verflog dann jede Angst und ich war dann nur noch ein Werkzeug mei­nes Gewissens. Und es war wohl diese freche Unerschrockenheit und meine ehrliche Leidenschaft, die den Gegner davon zurückhielt mich zu zermalmen. Kurzfristig habe ich dabei selten ge­siegt, langfristig sind aber beinahe alle meine Anlie­gen aufgegriffen worden.

[zu Opus 121]

     Gegen die Kernspaltung

Warum ich gegen die Atomspalterei bin, ist schnell gesagt: kurzer Nutzen - lange Gefährdung. Keine Ge­neration hat das Recht, den Kindern ein so tödliches Erbe zu hinterlassen.

[zu Opus 122]

     Einfach leben um zu überleben

Unsere Zivilisation ist parasitär und gefährdet das Fortbestehen unserer Art. Dagegen nur zu polemisieren genügte mir nicht. Ich wollte wissen, ob es anders geht und so habe ich mich der Natur anvertraut und nach und nach  ein Doppelleben als selbstversorgender Landmann begonnen.

[zu Opus 123]

     Lüften im Kopf

Wie ein Bär Winterschlaf halten! Sich zu Winterbe­ginn eine Höhle suchen und dann schlafen bis zum Frühjahr! Danach sehnte ich mich oder zumindest nach einem Kundendienst, einer Runderneuerung, ei­nem Ölwechsel, einem neuen Luftfilter - einer Forma­tierung der Festplatte, oder wenigstens nach dem Lö­schen des ganzen unnützen Ballasts...

[zu Opus 124]

     Gestrige

Mögen mich die Götter davor behüten, so zu werden wie manche Stammtischbrüder, die immer ihren alten Mist breittreten, den verbrecherischen Krieg schönre­den und ihren Adolf! Diese Hohlköpfe! Selber verführt und erniedrigt und nun große Töne spuken, so als wä­ren sie am Obersalzberg verkehrt! Doch Toleranz und ursächliches Denken haben sie nie gelernt und nie­mand auf der ganzen Welt wird es ihnen noch beibrin­gen können, sie sind eine bedauernswerte verlorene Generation und hoffen kann man nur, dass sie ihre Beschränktheit einmal mit ins Grab nehmen.

[zu Opus 129]

     Teufelskreis

Der Wald hat seine Menschen nie alle ernährt, und es waren nicht die Schlechtesten, die Rusel und Donau hinter sich ließen um das Brot in der Fremde zu ver­dienen. Auch heute verlassen Tausende Männer Familie und Heimat und verkaufen ihre Arbeitskraft die Woche über auf Baustellen, in Fabriken und Behörden im Landshuter und Münchner Raum. Fast alle sind sehr sparsam und sie stecken jeden ersparten Pfennig in das Wohnhaus in der Heimat, denn die Kinder sollen es einmal besser haben... Doch diese haben meist einen anderen Geschmack oder zum „entfremdeten“ Vater keine Beziehung, da sie ja  beinah vaterlos aufwuchsen. Und auch für sie gibt es in der Heimat keine Arbeit und so landen auch sie, oft auf Dauer, in der Fremde. Zurück bleiben die Alten, endlich beren­tet und zu Hause, doch oft genug allein...

[zu Opus 130]

     Säue?

Natürlich kann man es erklären, warum manche Men­schen solche Umweltschweine sind (wobei man Schweinen damit sogar unrecht tut, die ihren Kot in einer Ecke ablegen und keinen Müll wegwerfen) – unsere Vorläufer haben auf den Bäumen gesessen und einfach alles fallenlassen, der Boden ging sie nichts an. Auch als sie später auf zwei Beinen auf dem Bo­den herumliefen, sind sie der Nahrung nachgezogen und ihre Hinterlassenschaften brauchten sie nicht zu interessieren, sie waren aber auch kein Problem. Dies hat sich in den Köpfen als Schaltplan eingebrannt und ein neuer Plan wird einige Zeit brauchen, bis er den alten ersetzt.

[zu Opus 132]

     Reif für Land

Nie war jemand reifer für ein Stück Land! Zwölf Jahre lang habe ich alle Literatur zum Thema Landbau und Tierzucht verschlungen, jede Handvoll Erde genutzt, um etwas darin anzubauen... Was bin ich herumgelau­fen und habe wehmütig in fremde Gärten geschaut, fremde Felder betrachtet, fremde Tiere. Wie oft fand ich das Land ungerecht verteilt: die einen hatten, was ich ersehnte im Übermaß und nützten es nicht, andere nützten es nicht nur nicht, sie zerstörten es sogar!

[zu Opus 133]

     Notwendige Dialektik

Wir brauchen den Winter, um den Sommer noch mehr genießen zu können, wir brauchen das Tal, um den Berg zu schätzen, wir brauchen Lärm und Bewegung, der Ruhe wegen.

[zu Opus 134]

     Verehrte Kellnerinnen

Das Bier und das Gespräch ist das eine, die Kellnerin das andere. Wo ist der Mann, der noch keine Kellne­rin begehrt hat?

[zu Opus 135]

     Baumopfer

Natürlich ist es auch eine Form von Wertschätzung, wenn man die höchsten Feste mit Bäumen und Zwei­gen schmückt. Vielleicht spielt dieser Baumverlust auch gar keine Rolle, wenn man die großflächige Waldzerstörung weltweit betrachtet. Vielleicht können sich auch nur der Natur entfremdete Stadtmenschen derartige Sor­gen machen, die keine Ahnung haben, von dem was so nachwächst. Und doch ist die Sache wert darüber nachzudenken.

[zu Opus 136]

     Vom Wert der Betten

Ein warmes Bett und ein geliebter Mensch sind Lade­geräte für unseren Akku. Das warme Bett ist die Ge­bärmutter der Geborenen, das wohlige Nest, die ber­gende Höhle... Dem seelisch Gesunden reicht es, sich nächtens dahin zurückzuziehen, vielleicht gelegent­lich auch mal an einem faulen Nachmittag, viele see­lisch Kranke lockt nichts außerhalb des Bettes, sie zie­hen sich dahin immer zurück, wann immer es ihnen möglich ist.

[zu Opus 139]

     Spekulier nicht zulange!

Wenn man zu lange über etwas nachdenkt, es von al­len Seiten betrachtet, sich alle Vernetzungen und alle möglichen Folgen ausmalt - wie soll man dann noch handeln können! Alles hat nicht nur zwei Seiten, sondern viel mehr. Nur weil es kein „richtig“ im absoluten Sinn gibt, ist es aber doch nötig, dass man handelt, wenigstens ein klein wenig richtiger als die meisten. Wenigstens, dass man sich in der richtige Richtung bewegt.

[zu Opus 140]

     Der Hang

Es war ein wunderschöner Hang, von Rainen durchzo­gen, mit Wiesen und Feldern. Die Großmutter kannte jedes Feld und sie erstaunte mich oft, wenn sie mit über achtzig Jahren feststellte, dass Bauer Sowieso sein Feld bestellte, ein anderer Bauer Mist ausbreitete, die Tauben des Vaters auf dem Acker jenes Bauern niedergegangen seien. Der Hang war für uns nicht ir­gendein Hang, er war ein wertvolles Stück Heimat, denn er füllte unseren Gesichtskreis, wenn wir vor un­sere Tür traten. Nun haben sie quer über den Hang ei­nen hohen Damm aufgeschüttet, auf dem Tag und Nacht der Verkehr rollt. Der Teufel soll sie holen!

[zu Opus 141]

     Unbelehrbar

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch..!“ hatte Brecht in den Nachkriegsjahren festgestellt. Dass dieser braune Schoß aber solange fruchtbar bleiben sollte, hat er wohl auch nicht gedacht. Doch auch jetzt noch, nach „All your need is love“ und „Blowing in the wind“, nach dem Völkermord in Vietnam und Kambodscha, kommt einem das große Grausen, wenn man nur die Zeitung aufschlägt. Hört euch nur die bösen Reden von diesem Strauß an! Und hört euch an, wie ihm die Menschen zujubeln...

[zu Opus 142]

     Mein Traum

Das war mein Traum: ein Häuschen zwischen blühen­den Feldrainen, abseits von Dorf und Stadt, in sonni­ger Lage, nicht weit vom großen Wald...

[zu Opus 143]

     Zu blöde zum Fürchten?

Zum Fürchten ist Verstand nötig, zumindest Vorstel­lungskraft, um sich die Folgen unseres Tuns auszuma­len.

[zu Opus 144]

     Frauen ans Gewehr?

Auch Frauen sollen Soldaten werden, wird heute von liberalen Politikern gefordert! Ihre Logik ist so einfach wie teuflisch: Wer Emanzipation will, muss auch be­reit sein zu marschieren! Leider gibt es auch ein paar Frauen, die Marschieren und Töten für ein erstrebens­wertes männliches Privileg halten und bereit sind alle männlichen

 Blödheiten nachzumachen.

[zu Opus 146]

     Jeder hat seine Stiege

Das Leben als eine Wegstrecke zu begreifen, mit Stu­fen und einem Oben und Unten, mag eine einfältige Vorstellung sein. Aber es ermöglicht uns eine gewisse Vogelschau darauf und hilft uns das Leben als Gabe und Aufgabe zu sehen.

[zu Opus 147]

     Unterhaltung für Schafe

Sich hinter einem Leithammel scharen und dann über seinen Führungsstil lamentieren - ist das nicht eine unserer Lieblingsbeschäftigungen?

[zu Opus 148]

     Es gibt keine natürliche Feindschaft

Ob Hund und Katze, ob Katze und Ratte: Tiere, die mit dem Nötigen versorgt miteinander aufwachsen, tun sich nichts, ja entwickeln die unglaublichsten Zu­traulichkeiten. Bei Menschen ist es nicht anders, wenn nicht eine bösartige Umgebung Zwietracht sät.

[zu Opus 150]

     Grüße sie von mir!

Viele Kontakte die man so pflegt, haben keinen aktu­ellen Wert für beide Seiten, sie kosten Zeit, Nerven und Benzin. Dennoch sollte man sich davor hüten, al­te Freundschaften aufzukündigen, denn sie sind kost­bar und nicht zu ersetzen. Und es ist auch schön, über das Land verstreut vertraute Menschen zu wissen, de­ren Zuneigung man aber nicht durch zu häufiges Be­suchen verspielen sollte.

[zu Opus 151]

     Einsicht in der Hängematte

Es gab eine Zeit, da meinte ich den Menschen ihre Oberflächlichkeit und ihre Sucht nach Kurzweil vor­halten zu müssen. Nie habe ich überflüssigere Lieder verfasst.

[zu Opus 152]

     Hohe Zeit des Jahres

Die Märzensonne bringt die Haseln zum Stauben und wenn ich mich an den schneefreien Hängen eine Wei­le ins dürre Gras lege und den Vögeln zuhöre, dem er­füllt mich tiefes Glücksgefühl. Ein Monat später, wenn dann die Schlehen, Kirschen und Anemonen zu blühen, dann überfällt mich die zweite Woge des Frühlingsglücks. Wenn dann die Apfelbäume blühen und die Wiesen sich lö­wenzahngelb färben und meine Bienen mit dicken Pollenringen heimkehren, dann beginnt mir die hohe Zeit des Jahres.

[zu Opus 154]

     Menschenrecht

Wenn einer für sich ein Haus baut, dann soll man ihn in Ruhe lassen! Er hat das Recht so schön oder so ge­schmacklos zu wohnen, wie es ihm gefällt. Nur kei­nem Nachbarn darf er schaden damit!

[zu Opus 155]

     Vom wirklichen Reisen

Reisen als Zweck und nicht als Mittel! Also nicht Rei­sen, um von A nach B zu kommen, nein, der Prozess des sich Fortbewegens, das ist wirkliches Reisen! So wie nicht das Sattsein schön ist, sondern das Essen, nicht das gelesene Buch schön ist, sondern das Lesen, so muss auch beim Reisen der Weg das Ziel sein. Und es ist keine Nostalgie, sondern unabdingbare Voraus­setzung, dass zu dieser Art Reisen kein Motor als An­triebsmittel passt, es reichen die eigenen Beine, die ohne Zweifel die uns entsprechendste und edelste Art des Reisens ermöglichen. Doch auch ein Reittier, ein Kanu, ein Segelboot, ein Fahrrad, ein Ballon, ein Flugdrachen oder ähnliches sind als Hilfsmittel geeig­net und akzeptabel.

Natürlich kenne ich den Einwand: Die Welt ist heute nicht mehr natürlich und kleingegliedert und voll neu­em Reiz hinter jedem Berg, sie ist weitgehend eine Agrarsteppe, kahl und ausgeräumt, von Asphalt und Hochspannungsleitungen durchzogen, zubetoniert, langweilig und einfältig wie die Köpfe derer, die das verbrochen haben. Durch eine solche Öde müsse man mit Maschinen eilen und keine Geschwindigkeit sei dafür hoch genug. Und doch, das ist nicht wirkliches Reisen. Nach meinen Erfahrungen muss man sich in trostlosen Gegenden an den Flüssen entlang schlän­geln, wo es noch einigermaßen erträglich ist.

[zu Opus 156]

     Ursache bürokratischen Hochmuts

Meine Erfahrungen mit Ämtern und Bürokraten sind umfangreich und überwiegend trauriger Natur - auch wenn sich in Büros durchaus auch liebenswürdige Menschen tummeln, die ihre menschlichen Qualitäten von zu Hause mitbringen, sie mögen sie sich hoffentlich noch lange bewahren! Doch ich rede hier von den faden und hochmütigen Bürokraten, die ihre Vorschriften für ihre eigenen halten und sich für den Staat, dem sie doch nur Werkzeug sind. Eigentlich für die Bürger da, sind ihnen diese nur Arbeit und oft genug scheint es, ihre persönlichen Feinde, deren Ansprüche und Forde­rungen sie abzuwehren haben und von deren Geld sie möglichst viel kassieren müssen, auch um sich selber zu erhalten.

[zu Opus 157]

     Der lange Arm des Gelderwerbs

Arbeitende bringen aus der Arbeit nicht nur Geld nach Hause, sondern oft genug auch Unmut, Müdigkeit, Demütigung, Zorn, Ungeduld, Überreizung. Und ohne dass sie es wollen - ich spreche aus eigener Erfahrung - geben sie die Last oft weiter an die Familie.

[zu Opus 158]

     So nicht!

Die Zeitungsmeldungen eines Tages reichten aus zum Verzweifeln! Es läuft soviel verkehrt, in diesem Land, in dieser Welt! Nicht nur, dass die Soldaterei noch im­mer nicht geächtet ist, nein, der militärische Wahn­sinn treibt immer neue Blüten! Und noch immer ge­ben Mütter ihre Söhne dafür her!

Und das Gefasel von Freiheit und Menschenrechten! Soviel Lüge, soviel Betrug! Und das scheinheilige Po­chen auf Verfassungstreue! Die am lautesten schreien, haben nie Achtung davor gezeigt und das Grundgesetz zigfach geändert und verwässert! Es ist wie immer, die Brandstifter schreien am lautesten nach der Feuer­wehr!

[zu Opus 159]

     Wir wohnen in einem alten Haus

Es raschelt im Gebälk, es sind die alten Würmer. In den Wänden steckt der alte Schwamm und in den Rit­zen und Winkeln verbergen sich tagsüber die Wanzen. Im Keller liegt der alte Müll und die alten Ratten gehen ein und aus.

[zu Opus 160]

     Kreuzberger Träumereien

Wenn ich in der Kreuzberger Naunynstraße am Fen­ster saß und den schmutzigen Asphalt betrachtete, malte ich mir aus, die Straßenschlucht sei ein Garten mit großen Laubbäumen, Obstgehölzen, Gemüsebee­ten, weidenden Tieren, einem gewundenen Bächlein, spielenden Kindern. Und statt heulender Motoren und Türenschlagen füllte die Ohren Vogelgesang.

[zu Opus 161]

     Nicht böse im Grunde

Die Menschen sind nicht wirklich böse, sie sind nur träge, unreif, ängstlich, schwach, festgefahren, zu be­schäftigt, gerne wichtig, laut, voller Illusionen und ih­re schlimmste Krankheit ist die Langeweile, aus der sie heraus miteinander die übelsten Spiele spielen. Und dann gibt es auch die Freude daran, andere zu be­herrschen und ihnen überlegen zu sein. Statt solches Tun zu brandmarken und zu verachten wird es hono­riert und bewundert. Und das ist die Quelle für alles Böse.

[zu Opus 162]

     Rezept

„Was verboten ist, das macht uns grade scharf!“, sang Wolf Biermann und jeder, der den Leuten zuschaut, kann sich von der Wahrheit dieser Feststellung über­zeugen. Oft bekommt man von den Leuten nur was man will, wenn man zuvor das Gegenteil einfordert.

[zu Opus 164]

     Macht der Lieder

Können Lieder etwas bewegen? Ja, vielleicht nicht gleich die Welt, aber doch gelegentlich einzelne Men­schen. Lieder haben mich bewegt und weil ich dies er­fahren habe, wurde ich Liedermacher. Und ein paar Mal habe auch ich schon gehört, dass eines meiner Lieder ähnliches bei anderen ausgelöst haben soll.

[zu Opus 165]

     Eigenbrötler

Ich sei ein Eigenbrötler, sagte mir mit zwanzig Jahren mein Meister in der Kreuzberger Glühlampenfabrik. Sieben Jahre später fing ich wirklich an mein Brot sel­ber zu backen.

[zu Opus 166]

     Sonnenfalle

Es waren nicht nur ökologische Gründe, die mich im 1978 für vierzehn Tage aufs Dach steigen ließen und eine Sonnenheizung bauen, aus Kupferrohren, ge­brauchten Schaufensterscheiben, einer alten Regen­tonne usw. (die Anlage funktionierte übrigens viele Jahre lang), nein, da war auch das starke Gefühl, mit der Solarheizung ein Stück mehr Freiheit zu erlangen, weniger abhängig zu sein.

[zu Opus 167]

     Heimat Wald

Der Wald ist wie eine Mutter, er schenkt uns Nah­rung, Wärme und Frieden.

[zu Opus 168]

     Sterben der Bergwälder

Das Sterben der Bergwälder mit unserer künstlichen Lebensweise in Verbindung zu bringen, fällt vielen nicht leicht. Der Zusammenhang ist nicht sichtbar und der Mensch ist ein Augenwesen und nur auf den au­genblicklichen Vorteil bedacht.

[zu Opus 169]

     Geliebter Sommer

Und wenn die Sonne noch so heiß brennt - nie werde ich mich über sie beklagen! Und wenn noch soviel nächtliches Gedudel von Sommerfesten mir den Schlaf raubt, niemals würde ich mir deswegen den Winter herbeiwünschen! Und wenn mich das Gesumm von Fliegen- und Mücken noch so nervt - es ist die Musik des Sommers, des geliebten Sommers!

[zu Opus 170]

     Zivilcourage

Zivilcourage - wenn es genug davon gäbe, dann wäre dieser Sumpf bald trockengelegt!

[zu Opus 172]

     Alles zu spät?

Es ist einfach eine zu tiefe Kluft zwischen dem, was die Menschen anstellen und dem, was sie verantwor­ten können. Die Dinge sind so ineinander verwoben und der Mensch denkt nur so armselig gerade und kurz.

[zu Opus 174]

     Leistungsgesellschaft

Etwas leisten und sich etwas leisten - das gilt als Devi­se in unserer Leistungsgesellschaft. Doch jenes wird oft überschätzt und entspricht selten dem Entgelt, das dafür bezahlt wird und dieses ist davon abhängig. Mein Tipp - sich Dinge leisten, die keinen Warenwert haben, z.b. Denken, Humor, Courage, Liebe, Zuwen­dung, Solidarität, Natur, Phantasie.

[zu Opus 175]

     Gläserner Bürger

Die amtliche Datenerfassung wird immer lückenloser und die Gefahr des Missbrauchs steigt.

Es ist anmaßend, was der Staat alles über seine Bürger registriert, denn vieles geht ihn überhaupt nichts an.

[zu Opus 176]

     Stadt im Kopf

Die Zahl und Größe der Städte ist Maßstab dafür, wie sehr sich eine Kultur der Natur entfremdet hat und wie hoch der Grad an Arbeitsteilung ist. Anonym und beziehungsarm leben die Menschen dort in unüber­schaubaren Strukturen und in den Köpfen spiegelt sich die Künstlichkeit, die sie umgibt.

[zu Opus 177]

     Das Leben leben

Wer sein Leben nur als Gabe begreift, der wird seinen Zweck darin sehen, alle Sinnesfreuden optimal zu ge­nießen. Wer das Leben als Aufgabe begreift, der wird alles tun, um den Weg, auf dem die Menschheit unter­wegs ist, möglichst in die richtige Richtung weiterzu­bauen, seinen Platz als Gliedchen in der langen Kette der Generationen gut auszufüllen und daraus seinem Dasein einen höheren Sinn abgewinnen.

Die wahre Lebenskunst besteht darin, im richtigen Maß beide Möglichkeiten zu leben: das Leben als Ga­be und Aufgabe!

[zu Opus 179]

     Überraschung im Himmel?

Was für ein Alptraum: der Himmel gefüllt mit Phari­säern, Heuchlern und Philistern! Mit den Scheinheili­gen aller Länder, mit den Süßlichen, Biederen, Mäch­tigen der Erde...

[zu Opus 180]

     Kann Spott etwas lehren?

Es gibt Augenblicke, da bin ich es leid zu appellieren, hinzuweisen, zu debattieren. Vielleicht, so meine Rechtfertigung, könnte mitleidiger Spott die Einfälti­gen in ihrem Stolz treffen und sie zum Nachdenken bringen. Zumindest später, wenn sich ihr Zorn gegen mich gelegt hat und sie nicht mehr wissen, was ihnen da im Kopf an neuer Einsicht umgeht.

[zu Opus 181]

     Verhängnisvolles Überbeschützen

Selten hilft man jemandem, wenn man ihn zu fest um­klammert, ihn einengt, in Abhängigkeit bringt, ihm die Luft nimmt.

[zu Opus 182]

     Regel

Gewalt kann man nicht mit Gewalt beseitigen, Hass nicht mit Hass, Dummheit nicht mit Dummheit!

[zu Opus 183]

     Lerne und übe beizeiten!

Gewiss werden auch wir einmal eine Chance bekom­men! Doch sind wir dafür vorbereitet? Das, was wir dann anders machen wollen, müssen wir heute schon lernen, heute schon üben! Wer erst gehen lernen muss, wenn er den gewünschten Weg bekommt, der wird nicht weit kommen. Darum übe dich auf den vorhan­denen Wegen, auch wenn sie oft im Kreis führen.

[zu Opus 184]

     Perverse Militärdoktrin

Etwas schützen, in dem man mit seiner Zerstörung droht, diese perverse Militärdoktrin hat mich rasend gemacht.

[zu Opus 186]

     Sicherheit durch Freundschaft

Man kann vielleicht Sicherheit durch Zähne und Pan­zerung erreichen, ebenso aber auch durch Freund­schaft und Freundlichkeit, letzteres macht mehr Spaß.

[zu Opus 187]

     Was alleine bleibt

Wir waren nie Dauerhändchenhalter, wir haben uns geneckt, manchmal geärgert, wohl gelegentlich auch verletzt -  doch hundert Mal öfter haben wir uns ge­liebt. Daneben verblassen alle anderen schönen Erin­nerungen.

[zu Opus188]

     Kindliche Erwartung

Wo ist der Retter, der Messias, der Leithammel? Wo der Papa, der es schon richten wird? Wo die Mutter, unter deren Rockschoß wir flüchten können? Wo die rettende Wahrheit, das stützende Dogma, die Fahne, hinter die wir uns scharen könnten?

[zu Opus 189]

     Notwendige Flucht

Gelegentlich muss ich den Niederungen entfliehen, den Sümpfen, deren fauliges Wasser mir oft bis zum Kinn reicht, dem Ameisengewirr der Stadt, den Ketten aus Sachzwängen und Regeln, meinem lächerlichen Stolz.

[zu Opus 190]

     Erst uns verändern

Könnten wir die Welt wirklich retten? Ja, wenn wir uns von unseren Illusionen trennen, von unserem Stolz, den Fleischtöpfen, unseren Gewohnheiten, unserer Rechthaberei, unseren Stimmungen.

[zu Opus 191]

     Prophezeiung

Es wird noch einmal eine Zeit kommen, da werden es die Menschen nicht glauben, dass Bauern und Gärtner die Lebensmittel mit den schrecklichsten Giften sprit­zen durften und diesem Treiben den verlogenen Na­men „Pflanzenschutz“ gaben.

[zu Opus 192]

     Wenn ich Herrgott wär

Nein, ich wäre kein gütiger Gott! Mit Blitzen würde ich werfen auf diejenigen, die meine Schöpfung zer­stören! Doch andererseits: wenn die Menschen nur vernünftiger würden, um meinen Blitzen zu entgehen, könnte ich mich daran freuen? Nein. Also, keine Blitze. Aber was dann?

[zu Opus 193]

     Abwarten

Bei der Partnersuche ist es wie beim Stuhlgang, beim Schlafen, beim Lieben, beim Kinderkriegen und beim Erinnern - je mehr man die Sache erzwingen möchte, desto weniger funktioniert es.

[zu Opus 194]

     Tu was!

Etwas leisten, nützlich sein, einmal nicht umsonst ge­lebt haben, etwas hinterlassen, das noch lange die Menschen erfreut - und dabei selber Freude haben! So habe ich versucht mich einzubringen und lange war mir nicht bewusst, dass dies der anmaßende und auch hilflose Versuch ist, dem Leben durch Künstlichkeiten einen Wert außer ihm zu geben und damit unzulängli­ches eigenes Tun über das Leben zu stellen. Doch auch nachdem ich das erkannt hatte, hielt ich es weiter so, denn ohne diese Illusion kann ein Mensch vielleicht nicht leben und würde vor der Zeit an Lan­geweile sterben.

[zu Opus 195]

     Hehrer Anspruch

Ein Barde sollte eine moralische Instanz sein! Sein Gesang sollte die Menschen feinfühlender machen, aufwecken, ihnen Mut geben – sollte schon auch ange­nehm sein - doch nie einlullen und mit billigen Phra­sen unterhalten. Die, das machten, waren mir nur Verpackungskünstler und eitle Zeisige.

[zu Opus 196]

     Arme Stallmenschen

Die Menschen verbringen den weitaus größten Teil ih­res Lebens heute in ihren künstlichen Höhlen, schon Kneipp hat sie deswegen vor hundert Jahren „Stall­menschen“ genannt.

[zu Opus 198]

     Brutales Pendlerlos

Wenn wirtschaftliche oder politische Zwänge verwur­zelte Menschen in die Fremde zwingen, ist das ein großes Unglück. Ich habe dieses Los als Gewalt be­griffen, der Trennungsschmerz lähmte und würgte mir oft die Eingeweide.

[zu Opus 199]

     Wie geklont

Die Menschen erscheinen mir oft wie Karikaturen, wie Abziehbilder. Sie sprechen einander nach und spielen ihre Rollen, als wenn sie sie selber geschrieben hätten und haben sie doch nur auswendig gelernt. Sie plustern sich auf wie Hähne und aus ihren Schnäbeln kommt das immergleiche Kikeriki.

[zu Opus 200]

     Notwendiges Jammern?

Auflisten, was uns mißfällt, das ist leicht. Doch die Beseitigung der Mißstände mit Glück gleichzusetzen, daß wäre zu einfach, da muss sich schon auch noch so manches Unausgesprochene erfüllen...

[zu Opus 201]

     September

Kein Datum hat für mich so etwas Umbrechendes wie der erste Septembertag. Mit einem Mal ist der Herbst da. Das Licht ist anders, es sticht in die Augen und al­les unbescheinte sinkt in tiefen Schatten. Die Sonne steigt nur noch so hoch wie im April und die Nacht ist fast schon wieder so lang wie der Tag, was nicht mehr ausreicht den Badeweiher auf das Erträgliche zu erwärmen und so überlassen wir ihn wieder den Fischen und Frö­schen. Der Sommer, also das, auf was man sich in unseren Breiten die übrige Zeit freut, ist vorüber. Für den Im­ker beginnt das neue Bienenjahr, für die Schulleute das neue Schuljahr. Für uns als Pendler hatten die Sommerferien noch größere Bedeutung, denn ihr Ende heißt Abschiednehmen nach sechs Wochen. Wir ernten den Garten ab und stellen den Kopf um.

[zu Opus 202]

     Geiselnehmer

Spätere Generationen, so es sie gibt, werden es einmal kaum glauben können, dass zum Ende des zweiten Jahrtausends, mitten in Europa, sich zwei derart un­versöhnliche politische Blöcke gegenüberstanden, von denen beide ihre wirtschaftliche Ideologie höher be­werteten als sich selber. Bedrohten sich in früheren Zeiten Armeen, so bedrohen diese heute mit ihren ato­maren Sprengköpfen alle Menschen, ja alles Leben auf der Erde. Und nicht alles einmal vernichten können, reichte diesen Wahnsinnigen! Sie können es heute schon hundertmal und dennoch rüsten sie immer wei­ter. Ihre Drohung: Wenn ihr uns angreift, verbrennen wir euch! Dass ihr auch uns verbrennt, nehmen wir in Kauf, denn wir sind lieber tot als rot..!

[zu Opus 203]

     Goldene Ketten

Du sitzt im vollen Kühlschrank, gut versorgt inmitten der verlockendsten Speisen, du kennst es nicht anders. Alleine mit der Temperatur willst du dich nicht recht abfinden. Manchmal denkst du, dass man auch an­derswo leben kann. Selbst auf die Gefahr hin, dass es dort vielleicht auch nicht wärmer ist und das Speisenangebot karger, willst du dein kühles Schlaraffenland verlassen, du nennst es ein Gefängnis. Doch wo ist der Ausgang?

[zu Opus 204]

     Sei weich!

"Dass das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den harten Stein besiegt. Du verstehst? Das Harte un­terliegt!" So ließ Brecht seinen Laotse formulieren.

Und dies ist eine tröstliche Wahrheit für den hart wer­denden jungen Menschen, wenn ihm das Ausmaß des menschlichen Unrechts einmal bewußt wird. Schnell hat einer die Urheber ausgemacht und meint, er müßte sein Leben einsetzen und die Welt mit Gewalt von ei­nem Tyrannen befreien.

Doch der Tyrann gleicht dem Kopf einer Hydra und gewaltsames Abschnei­den lässt dutzendweise Hydraköpfe nachwachsen und nicht selten wird der "edle"  Streiter bald zum schlimmsten von ihnen... Dafür lohnt es sich einfach nicht zu sterben.

Darum werde wie das Wasser, weich aber beständig fließend!

[zu Opus 205]

     Mächtige Filter

Täglich passieren unzählige Schweinerein. Nur ein Bruchteil davon wird bekannt. Davon paßt wieder nur ein kleiner Teil in eine Zeitung. Wer wählt diesen aus? Wer bestimmt, wie und in welcher Form darüber be­richtet wird?

[zu Opus 206]

     Unterschied

Die Tiere leben in der Gegenwart. Sie denken vermut­lich weder an Morgen noch an Gestern. Und wir Men­schen? Die Jungen träumen von Morgen, die Alten von Gestern.

[zu Opus 207]

     Grausamer Lärm

Mit meiner Lärmempfindlichkeit befinde ich mich in guter Gesellschaft, auch Schopenhauer wetterte gegen die peitschenknallenden Fuhrleute seiner Zeit, die ihm den letzten Nerv raubten. Nicht auszudenken, hätte er wie ich, fünfzehn lange Jahre, als Internatsleiter sein Brot verdient und mit hunder­ten von Jugendlichen unter einem Dach wohnen müs­sen! Und über unseren Köpfen, oft keine hundert Me­ter darüber, tobten Militärjets an allen sonnigen Ta­gen. Unsere Wände bebten und die Trommelfelle drohten zu zerreissen. Acht Stunden Schlaf war im­mer mein Ziel, bekommen habe ich meistens nicht die Hälfte.

[zu Opus 208]

     Lieber leiden als nie freuen

Der Leidenschaften sollte man sich enthalten, sagte Glückseligkeitslehrer Epikur, denn in ihrem Gefolge käme stets der Schmerz. Aber um den zu vermeiden müßte man sich wohl auch aller tieferen Bindungen enthalten, denn alleine diese geben den Enttäuschun­gen Gewicht und Schärfe. Doch was wäre das für ein Leben! Ist da nicht im akuten Schmerzfall der Alkohol als Tröster vorzuziehen? Und das Einlassen auf Freunde, die für erträgliche Dosierung sorgen?

[zu Opus 211]

     Verfluchte Geldwirtschaft

Solange die Börsen dieser Welt nicht als Plätze der Gaunerei geächtet werden, solange Waren produziert und verkauft werden, die niemandem nützen, ja, die oft nur zerstören, solange nur danach entschieden wird, ob eine Sache Gewinn verspricht und nicht ob sie gebraucht wird, solange kann es auf dieser Welt nicht besser werden, solange bleiben alle Reden über Menschenrechte und Ökologie nur gutgemeinte Phra­sen.

[zu Opus 215]

     Seeräuber

Ach ja, Seeräuber wollte ich auch einmal werden, natürlich ohne Blutvergießen - Freiheit der Meere - die Beuteschiffe der Reichen en­tern und die Ladung den Armen zurückgeben – Hula­mädchen – einsame polynesische  Inseln - Abenteuer - freie Konfektion...

[zu Opus 216]

     Verkanntes Lied?

Ein total blödsinniges Lied wollte ich schreiben und fügte eines Abends die unterschiedlichsten Impressio­nen und Expressionen zu einem Puzzle zusammen, unterstützt von einigen Gläsern selbstgekelterten Apfelmostes.

Meine Frau kam einige Male ins Zimmer, weil sie mein  Gelächter nicht deu­ten konnte. Kurz - ich hatte ziemlich viel Spaß bei der Reimerei.

Der Kritiker eines norddeutschen Musikmagazins suchte sich fünf Jahre später für seine Besprechung meines Liederbuches akkurat dieses Lied aus. Seine Kritik war vernichtend.

[zu Opus 217]

     Kraft aus Erregung

Die Kunde, dass unsere Wälder sterben und eigene Ansichten dieses Tatbestandes, erfüllte mich mit heili­gem Zorn. Dieser gab mir die Kraft über Jahre meine Stimme gegen das wahnwitzige industrielle Treiben zu erheben.

[zu Opus 219]

     Sisyphus

Sisyphus wurde wegen eines Regelverstoßes von Zeus dazu verdammt, einen Felsbrocken auf einen Berg zu wuchten, der immer wieder ins Tal rollt. Auch wir schieben alle unseren Felsen vor uns her, ohne Aussicht, ihn wirklich auf den ersehnten Berg bringen, geschweige ihn dort halten zu können. Als Lösung meinte ich – dreißigjährig - raten zu müs­sen, dass die Leute ihre Felsen zerschlagen und die Teile gemeinsam auf den Berg schaffen sollten. Heute, zwanzig Jahre später, weiß ich, dass es keine sinnlose Bewegung gibt und es für uns alle das größte Unglück wäre, würde unser Stein auf dem Berggipfel liegen bleiben. Und ich wette: Sisyphus hatte seine Freude daran, den Stein ins Tal poltern zu lassen...

[zu Opus 221]

     Gegen Werbung

Meine Abneigung gegen Werbung sitzt tief, wenig unsittlicheres fällt mir ein.

[zu Opus 222]

     Tut es!

Was gibt es traurigeres als eine Sklavenseele, die nur etwas tut, wenn die Peitsche droht oder ein Vorteil lockt? Die über Jahrzehnte das Leben vergeudet, ja, des Lebens überdrüssig ist und die erst kurz vor dem Tod die große Panik überfällt und nun alles Versäum­te nachholen möchte. Darum kann man nur raten sei­ne Möglichkeiten zu nutzen, Wissen, Kraft und Ge­schicklichkeit für die richtigen Dinge einzusetzen, al­les auszuprobieren und alles zu kosten, was es zu ko­sten gibt! Zu gehen, wenn man Beine hat und zu schauen, wenn man Augen hat!

[zu Opus 223]

     Gärtnerfreude

Wenn die Sonne den letzten Schnee vom Garten weg­geschleckt hat und endlich die Reste der Gründün­gung vom Herbst beiseite gerecht werden können, dann beginnt das Bereiten der Saatbeete, das Sähen und Pflanzen, das Gießen, Anhäufeln, Mulchen, Hac­ken und Jäten. Das derartiges Treiben Spaß macht, be­greifen viele nicht. Seis drum, ich kann ihnen nicht helfen.

[zu Opus 225]

     Kultur

Ich kenne niemanden, der sich gänzlich kulturellen Dingen verschließt, auch wenn man diese auf künstlerische Dinge beschränkt. Musik mögen alle, wenn auch nicht alle dieselbe. Auch bildnerischen Dingen gegenüber ist kaum jemand gänzlich gleich­gültig, ebensowenig sprachlichen Schöpfungen. Wir unterscheiden uns eigentlich nur im Grad der Ent­wicklung, dem Grade des Verständnisses für eine Sa­che. Klassische Musik, besonders die Oper, Freejazz, abstrakte Kunst, weite Bereiche der gehaltvolleren Literatur - sind der Mehrzahl der Menschen eher Grund zum Ärgern als hoher Genuß. Was man da an Hinführung in jungen Jahren versäumt, läßt sich später kaum nachholen.

[zu Opus 226]

     Rollen lassen

Selten wollen Kinder das, was ihre Eltern wollen, ei­gentlich sollte dies jeder von sich selber noch wissen. Doch dann wird man Vater und möchte seinen Sprösslingen alles das beibringen, was man selber kann und wer hätte nicht auch gerne, dass diese auch in ihren Urteilen und Ansichten dem elterlichen Bei­spiel folgten... Auch wenn der Apfel meist nicht allzu­weit vom Stamm wegrollt, so rollt er eben erst einmal doch weg und man fiebert eine ganze Weile, bis er schließlich seinen Platz zum Wurzeln gefunden hat.

[zu Opus 227]

     Fortschritt nicht von uns

Fortschritt als Mittel, etwa um besser leben zu können - wenn auch die langfristigen Folgen berücksichtigt werden, habe ich nichts dagegen! Aber Fortschritt als Ziel, so wie er uns heute verkauft wird, das ist gefähr­licher Schwachsinn.

[zu Opus 228]

     Rauchen

Ich habe nie etwas anderes geraucht als Pfeife und auch die brannte tagsüber fast nie. Erst zum Feier­abend holte ich eine aus meiner Sammlung, fummelte eine Weile mit mehreren Utensilien herum bis sie brannte und beglückte dann meine oberen Atemwege mit dem Rauch parfümierter Blätter. Ich wußte sehr wohl, dass Rauchen an Dummheit nur von wenig an­derem zu überbieten ist, dennoch habe ich über zehn Jahre geraucht. Und auch dann war es nicht der Ver­stand, der mich zum Aufhören brachte, sondern Schaden, der bekanntlich klug macht. Ich hatte mein Geruchsempfinden verloren, das wiederkam, als ich Tabakqualm zu meiden be­gann, nicht nur eigenen, sondern auch fremden.

Nun ist das aber überhaupt nicht leicht, weniger we­gen des Rauches, als wegen der Beschäftigung mit der Pfeife. Sie ist quasi ein Geländer, an dem man sich festhalten kann, ein tolles Fummelgerät, mit dem man in Gesellschaft nicht nur Pausen überbrücken kann, und natürlich ein Spielzeug für die Lippen. Da man - wenn man das Rauchen aufhört - nur schwer wieder anfangen kann Daumen zu lutschen oder an einem Schnuller zu schnullern, stecken viele Süßigkeiten oder Knabberzeug in den Mund. Ich nahm eine Block­flöte. Ich spielte damals sogar vorm Fernseher, ja ge­rade da, weil ich davor oft geraucht hatte. Ach, was musste meine geduldige Familie damals erleiden...! Am Ende war ich Nichtraucher und Flötenspieler.

[zu Opus 229]

     Blühe beizeiten!

Wenn einer lange genug gewachsen und seine Krone tragfähig ist, dann sollte er nicht weiter in den Him­mel treiben (denn die paar noch möglichen Meter bringen diesen nicht näher). Er sollte zusehen, dass er Blühten ansetzt, dass an ihm Früchte reifen, zur Ver­schönerung der Welt, zur Labung der andern und natürlich zur Fortführung der Art. Manch einer blüht zu früh und bricht unter den Früch­ten vor der Zeit, ein anderer "rüstet sich" den Sommer lang zum Blühen und wird vom Winter überrascht.

[zu Opus 231]

     Waldlerstolz

Traditionelles waldlerisches Selbstverständnis: man kokettiert als „Highlander“ mit dem, was die „Lowlan­der“ des reichen und klimatisch begünstigten Gäubo­dens gerne als Spott über den „Nordwald“ und seine Bewohner vorbringen. Hochmütiges Gefrotzel der Münchner - Salonbayern, ist uns zumeist nicht einmal eine Antwort wert und preußischen Hochmut kann ein Waldler sowieso nicht ernst nehmen... Doch diese selbstbewussten Waldler sind am Aussterben und gehören auf die Rote Liste der bedrohten Arten...

[zu Opus 232]

     Stimmungstöter Moral

Von einem bayerischen Barden wollen die Leute Sati­re, Hinterfotzigkeit und deftige verbale Keulenschläge, oder, wenn es schon sein muss, volksdümmliches Ge­träller. Eines wollen die Hörer aber überhaupt nicht: Moral! Mit einem moralischen Lied schafft man es ohne weiteres die beste Stimmung im Publikum inner­halb Minuten auf den Nullpunkt zu bringen. Dieses wohl wissend, habe ich derartige Lieder trotzdem ge­sungen, wenn ich den Beifall der Kleinkunstschickeria, die immer nur nach beißendem Spott und Pointen giert und auf gewisse Weise genau so kleinkariert und boshaft ist wie jene, die sie verlachen, nicht mehr ertragen habe.

[zu Opus 233]

     Mein Kater

Mein alter Kater ist ein fauler Kater, alleine deswegen stellt er recht wenig an. Doch manchmal bewegt er sich, tätzelt neckisch nach einem Tischtennisball, richtet sich auf, dreht den Kopf und gibt sich ähnli­chen anstrengenden Bewegungen hin. Nur gelegent­lich lässt er sich gehen und gibt sich seinen Stimmun­gen hin und tut so, als sei ihm nicht schon vor über ei­nem Jahrzehnt von menschlicher Willkür die Männ­lichkeit geraubt worden.

[zu Opus 236]

     Seltsames Geschäft

Wahlkampf ist oft eine würdelose Sache. Die Kan­didaten versuchen sich gegenseitig kleiner und schlechter zu machen, um selber größer und vorteil­hafter zu wirken. Sind sie dann gewählt, dürfen sie auch nichts durchsetzen, was unpopulär macht, sonst bekommen sie vom Wähler die Quittung. So ist die Politik ein recht seltsames Geschäft.

[zu Opus 237]

     Kritische Jugend?

Die heutige Jugend gilt als kritisch und unzufrieden, doch das sind nicht meine Erfahrungen. Von den über 4000 Jugendlichen, die ich in meiner pädagogischen Laufbahn betreuen durfte, interessierten sich für die brennenden politischen und ökologischen Themen der Zeit nur eine kleine Minderheit, ein Anteil nicht höher als in der Gesamtbevölkerung. Für popig aufge­machte Jugendthemen konnte man vielleicht 10 Pro­zent mobilisieren. Die Interessen der anderen? Rau­chen, Trinken, Autos, Mopeds, Disco, Mode, Fußball und natürlich das andere Geschlecht.

[zu Opus 239]

     Leicht und schwer

Wie leicht ist es etwas zu zerstören, wie schwer dage­gen, etwas aufzubauen! Wie leicht ist es auf den Schwachen herumzuhacken und wie schwer, dem Starken die Stirn zu bieten! Wie leicht ist es vor dem Unrecht die Augen zu schließen und wie schwer ist es manchmal, für Gerechtigkeit einzutreten.

[zu Opus 240]

     Traum

Und dann war da plötzlich eine zweite Erde: gleich da oben, wenig höher als die Wolken, näher als der Mond auf jeden Fall... Und diese Erde war jungfräu­lich, unverbraucht, mit sauberem Wasser, klarer Luft, endlosen Wäldern, voller Tiere und - das wichtigste - menschenleer!

[zu Opus 241]

     Verrücktes Wirtschaften

Unsere Wirtschaft floriert nur, wenn gekauft wird. Nur dann, wenn es alljährliches „Wachstum“ gibt, al­so mehr produziert und konsumiert wird wie im Jahr zuvor, dann geht es uns gut, so wird uns gesagt. Nun sollten wir aber eigentlich wissen, dass für unser Wohlergehen nur ein Teil dieser Waren nötig wäre, das Allermeiste sind Accessoires, über dessen Sinn sich trefflich streiten ließe. Ein weiterer beträchtlicher Teil der Pro­duktion ist nur für unsere Mobilität nötig, weil Woh­nen, Arbeiten und Erholen heute meist an verschiede­nen Orten passiert, weil Familienmitglieder und Freunde über das ganze Land verstreut leben. Und ein weiterer Teil ist nur nötig, um die Schäden, die wir mit unserer Lebensweise erzeugen, zu reparieren. Schließlich bleiben dann noch die gigantischen Auf­wendungen, die wir in die Rüstung stecken, so als könnten uns Raketen und Bomben vor den Bedrohun­gen schützen, die wir selber erzeugen.

Wenn diese Überlegungen richtig sind, dann könnten wir locker auf die halbe Produktion schadlos ver­zichten und unsere Arbeitszeit auf die Hälfte zurück­fahren.

[zu Opus 242]

     Leicht gesagt

„Du wirst noch merken, dass du nichts versäumst“ sagte mir mein Vater, als ich im jugendlichen Alter oft kaum die Zeit hatte für die Mahlzeiten, um ja gleich wieder loszusausen, dorthin, wo ich meinte, dass ich sein musste.

[zu Opus 243]

     Floh im Ohr

„Alleine kannst du doch nichts ausrichten! Du bist ein kleines Würstchen und die andern sind mächtig! Dein Widerstand ist hoffnungslos!“ Wie oft musste ich mir solche Reden anhören und ich habe darauf gepfiffen, denn ich hatte keine Wahl, denn mein Gewissen zwang mich den Mund aufzutun. Eine Laus im Pelz kann einen Mächtigen ganz schön beißen, an einer Gräte kann er ersticken und ein Scherz, der einen Mächtigen entlarvt, kann ihn stürzen usw. Im übrigen sind alle Gedanken erst einmal von Einzelnen gedacht worden und – wenn sie gut waren, haben sie irgend­wann viele gedacht. Der einzelne Mensch muss sich einmischen und er muss den anderen ein Beispiel ge­ben, sonst ändert sich nichts. Es ist Fatalismus und Herdentum, wenn man alles treiben lässt. Wie lange habe ich alleine gegen den Rüstungswahnsinn gesun­gen und dann stand ich im Herbst 1983 auf einmal mit Hundertausenden in der Menschenkette zwischen Stuttgart und Ulm! Es war wie im Märchen!

[zu Opus 245]

     Grund genug den Mund aufzutun

Ich stellte mir vor, dass irgendwann einmal ein Kind mich fragen würde, warum ich nichts gegen den Wahnsinn getan habe, in einer Zeit, wo man nicht ein­mal um sein Leben fürchten musste, wenn man den Mund auftat.

[zu Opus 246]

     Was ich nicht ausgebe, brauche ich nicht zu verdienen!

Dies ist im Grunde mein gefährlichstes Lied, denn würden die Leute sich danach richten und wirklich ihre Ausgaben auf das Nötige beschränken, dann würde unser Wirtschaftssystem, das auf Verschwendung aufgebaut ist, zusammenbrechen. Trotzdem ist das Liedchen  unangreifbar, nicht einmal die heilige Inquisition könnte daraus einen Strick drehen...

[zu Opus 247]

     Beweggründe

Im Grunde geht es uns - auch älter geworden – um nichts anderes, als dem, was auch einem Neugebore­nen die kalte Welt erträglich macht: Wärme, Zuwen­dung, Liebe.

[zu Opus 248]

     Atomarer Wahnsinn

Spätere Generationen werden es wohl kaum glauben: Staaten, die sich selber als zivilisiert betrachten, haben im 20. Jahrhundert  aus ideologischen Gründen zum tausendfachen Overkill fähige Massenvernichtungs­waffen gegeneinander gerichtet. Und die meisten Atomraketen waren auf Ziele in Deutschland gerich­tet, die der Russen grad so, wie die der Amis, der Eng­länder und der Franzosen. Und die deutsche Regie­rung unterstützte vasallentreu die US - Amerikaner und sprach sich für weitere Raketen aus, die sogenannten Pershing 2, mit denen sogar Moskau in wenigen Minuten getroffen werden konnte, was eine ganz neue Qualität der Bedrohung darstellte. Schon ein Computerfehler konnte einen Fehlstart und den Gegenschlag und somit die absolute Katastrophe auslösen. Wenn man das alles weiß, kann man sich nur wundern, warum es keine Menschenkette von Hamburg bis München gab. Aber immerhin, über 110 Kilometer reichte die Menschenkette über die schwäbische Alb, und auch diese wird niemand vergessen, der dabei gewesen ist.

[zu Opus 249]

     Alternativ

Das “alternative” Denken erfasste Anfang der 80iger Jahre weite Teile der Gesellschaft. Alternativ hieß ei­gentlich nichts anders als wertkonservativ, im Gegen­satz zu „strukturkonservativ“ und fortschrittsgläubig. Man erinnerte sich bewährter traditioneller Lebens­weisen und Techniken und versuchte der alles beherr­schenden Künstlichkeit und dem Kommerz ein wenig zu entrinnen. Leider gab es auch Sektierer, die durch Fanatismus und Kleingeisterei den vernünftigen Wan­del in Verruf brachten. Und Gegenwind kam nicht nur aus der rechten und liberalen Kommerzlerecke, son­dern auch aus der linken, denn dort war man genau so vernagelt fortschrittsgläubig und materialistisch. Auch für Spötter waren die alternativen Übertreibungen eine dankbare Sache, denn über Körndlfresser, Gemüsehei­nis und Naturapostel ließ sich trefflich spotten.

[zu Opus 250]

     Geburtenstreik

War es verantworten, in diese verrückte Welt Kinder zu setzen, konnte man Kindern dies anzutun? Diese Fragen wurden damals diskutiert und auch wir haben darüber nachgedacht. Das folgen­de Lied ist als verzweifeltes Gedankenspiel eines Va­ters zu verstehen, der glücklich seinen Nachwuchs in den Armen hält.

[zu Opus 251]

     Mit Gegnern zusammenarbeiten

Ich hatte nie Probleme für eine als richtig erkannte Sache auch mit Gegnern ein Stück weit zu gehen. Würde sich diese Eigenschaft durchsetzen, wäre dies das Ende von Fanatismus und Korpsgeist.

[zu Opus 252]

     Bananenrepublik

Vielleicht sollte man es nicht so streng sehen, eine Demokratie fällt schließlich nicht vom Himmel, son­dern muss von der Bevölkerung erst in einem langen Prozess errungen werden.Und so ist Demokratie eben nicht gleich, was ihr Na­me verheißt, eine Volksherrschaft, sondern erst ein­mal nur ein hübsch klingender Slogan für eine Mogelpackung: die Herrschaft des Geldes und der Konzerne.

[zu Opus 253]

     Freiheit

Die Freiheit gibt es nicht, sondern nur das Gefühl da­von. Keine willkürlichen Verbote im persönlichen Be­reich, das reicht.

[zu Opus 254]

     Beruf

Wer sich für einen Beruf entscheidet, akzeptiert die Arbeitsteiligkeit der Welt und den zerrissenen Teil­menschen. Und das fällt mir schwer, in lichten Mo­menten.

[zu Opus 255]

     Urlauber fühlen sich nur wohl, wo wir uns selber wohlfühlen

Es soll doch bloß keiner glauben, dass die Urlauber bei uns das suchen, was sie zu Hause sowieso haben: Verkehr, Unwirtlichkeit, moderne Uniformität. Und - Urlauber sind untreu. Wenn es ihnen an einem Ort nicht gefällt, fahren sie im nächsten Jahr woanders hin. Doch geht es nicht nur um die Urlauber, es geht um unseren eigenen Lebensraum, unsere Heimat!

[zu Opus 256]

     Da hilft keine Renovierung

Dieses Lied ist nicht gerade sehr optimistisch, mir ist das durchaus bewußt.

Doch diese Zivilisation ist nicht nur oberflächlich ver­korkst, sie ist es durch und durch! Sie verbessern zu wollen ist grad so, als wolle man einen Sumpf tragfä­hig machen, indem man seine Oberfläche streicht.

Meine Hoffnung ist alleine, dass die Natur (und wir Menschen) mehr aushalten als ich befürchte und genug Zeit bleibt den Sumpf trockenzulegen.

[zu Opus 257]

     Wahrheiten

Früher dachte ich, es gäbe nur eine Wahrheit. Heute weiß ich, dass es viele Wahrheiten gibt. Ja, selbst das einfachste Ding zeigt sich immer anders, je weiter ich mich von ihm entferne oder in es eindringe, es un­ter verschiedenen Gesichtspunkten betrachte. Die Wahrheit ist wie eine Zwiebel, in der sich unter jeder Schale eine weitere verbirgt. Ja, selbst der Keimling in der Mitte hat letztlich nur den Zweck einen Stengel ins Licht zu schieben und Samen zu bilden, aus denen wieder neue Schalen erwachsen.

[zu Opus 258]

     Arme Nase

Geld, sagt man, stinkt nicht. Ich hab mir einmal aus­gemalt was wäre, wenn ehrlich verdientes Geld duften würde und erlumptes Geld stinken.

[zu Opus 259]

     Maschinenherz

Kennst du die Geschichte von dem weisen Chinesen, der einen Mann mühevoll Was­ser aus einem tiefen Brunnen schöpfen sah und diesem von der praktischen Erfindung des Ziehbrunnen er­zählte? Letzterer antwortete, er kenne diese Maschine, wolle sie aber nicht anwenden, weil jeder, der mit ei­ner Maschine arbeite, ein Maschinenherz bekäme und ihm „die rechte Einfalt des Herzen“ dabei verloren ginge.

Ich habe diese Geschichte lange nicht verstanden, denn was soll schon daran schlecht sein, wenn man sich die Arbeit einfacher macht? Doch schau dich um: Wir sind umgeben von praktischen Maschinen, die uns das Leben ja so erleichtern. Sie sparen uns viel Schweiß, doch unser Körper braucht zu seinem Wohl­ergehen körperliche Belastung. Die Maschinen sparen uns viel Zeit, doch was machen wir damit? Die Ma­schinen haben den Ertrag der Arbeit vervielfacht. Die meisten von uns haben deshalb heute ein Arsenal von Gerätschaften. Doch wieviele von ihnen wenden wir zu unserem wirklichen Nutzen an? Wer kann behaup­ten, dass er wegen einer seiner Maschinen glücklich ist?

Ich kann nur von mir sprechen und ich brauche jeden Tag ein paar Stunden körperliche Arbeit, die ich mir auch von keiner Maschine stehlen lasse. Darum sage ich jedem, der mir mit so einem Ding ankommt, kurz und kokettierend wie der alte Diogenes: "Geh mir aus der Sonne!"

zu Opus 260]

     Blender

Wir Menschen lassen uns so leicht betrügen! Als Au­genwesen imponiert uns leicht die Verpackung ei­ner Sache oder einer Person. Wer es versteht seine Fassade und das Beiwerk, mit dem er sich umgibt, dem jeweiligen Geschmack anzupassen, kann beinahe nur noch erfolgreich sein. Wirklich schlimm wird es aber, wenn der Blender an sein eigenes Blend­werk glaubt.

[zu Opus 261]

     Drei Drachen

Anders als in China gelten uns Drachen als Bedro­hung. Durch drei Drachen sehe ich unsere Welt be­droht: den land- und lebenfressenden Autoverkehr, den Rüstungswahnsinn und unsere Beschränktheit, Anmaßung und Gier.

[zu Opus 264]

     So sind wir eben

Im Büro jammern, weil man bei schönem Wetter am Schreibtisch darben muss und die freie Zeit dann vor dem Fernseher hocken, so haben wir es am liebsten!

[zu Opus 265]

     Weiser Wasserdoktor

“So sollt ihr leben!” Pfarrer Kneipps Ratschläge fielen bei mir auf überaus fruchtbaren Boden. Ich befreite mich aus dem Gefängnis der Schuhe und meines Men­schenstalls so oft es nur ging und ich spürte, wie mei­ne Gesundheit zunahm und meine Kraft wuchs.

[zu Opus 267]

     Die Frage trägt die Antwort in sich

Wie man in den Wald ruft, so hallt es zurück. Druck erzeugt Gegendruck. Wie du mir, so ich dir. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Wer andern eine Grube gräbt... usw.

[zu Opus 269]

     Jedes Ding ist auch Geist

Der Mensch schafft sich auch außerhalb seines Kopfes Erinnerungen. Nicht nur Notizen auf Papier, Tagebü­cher, Lexikas, Fiebeln, Archive verschiedenster Art, Tonkonserven, Bildern. Eigentlich ist jedes künstlich geschaffene Ding auch eine Erinnerung, ein Ding gewordener Gedanke.

[zu Opus 271]

     Lob des Ganzheitlichen

Nicht der, der mit einem Vergrösserungsglas in immer kleiner werdende Ecken starrt, will mir imponieren, sondern derjenige, der den Abstand sucht und das Ganze betrachtet.

[zu Opus 273]

     Moderne Voyeure

Wir sind heute Voyeure, die der realen Welt eine Schlüssellochwelt vorziehen und wir verbringen unse­re Zeit vor einer flimmernden Ersatzwelt, die gleich fließendem Wasser ins Haus strömt. Mussten sich frü­her die Menschen zum Berg bemühen, so kommt heute der Berg zu uns, wenn auch nur als flaches Abbild.

Wir leben also ein Leben aus zweiter Hand und ver­geuden unser eigenes. Doch groß erscheint der Ge­winn. War früher das „Einwegsehen“ nur den Göttern vorbehalten, so ist dieser Zeitvertreib heute Allge­meingut.

[zu Opus 274]

     Maschinen müssen zahlen

Immer mehr wird von immer weniger Menschen produziert, denn die Rationalisierung und Automatisierung wird immer schneller vorangetrieben, gefördert vom Staat mit Subventionen und steuerlichen Abschreibungen. Das bedeutet, daß der Staat den Unternehmer belohnt, der Menschen aus der Produktion nimmt. Er belohnt also ihren Ersatz durch Maschinen. Doch Maschinen und Computer zahlen keine Steuern und keine Sozialabgaben, so daß die sozialen Sicherungssysteme auf immer weniger Schultern lasten und die menschliche Arbeit immer teuerer wird und immer weiter durch billige Maschinen ersetzt wird. Doch dies kann nicht auf Dauer funktionieren, dieses inhumane System muss irgendwann zusammenkrachen. Es ist nur recht und billig, daß die Maschinen, die den Menschen seine Arbeit genommen haben, das soziale Netz mitfinanzieren.

[zu Opus 275]

     Bayerisch zum Lachen

Immer wieder versuchen sich Altbayern im ernsthaf­ten Dichten und Singen in ihrer Mundart, doch dies ist ein heilloses Unterfangen. Ich habe in der Fremde gelebt und bin mit meinen Liedern durch die Lande gezogen, doch wo immer man jenseits der bayerischen Grenzen den Mund auftut, haben die Leute sofort die größte Freude, denn bayerische Kehllaute wirken bei ihnen sofort auf das Zwerchfell. Sie können denen sa­gen und singen, was sie wollen - die Leute amüsieren sich darüber köstlich. Zulange haben sich bayerische Politiker als derb-schlitzohrige-gamsbärtige-Kasperl verkauft, mit ihnen Legionen von 

Ko­mödianten in Lederhosen und volksdümmelnden Musikanten. Allei­ne die Franken hören einem bayerischen Barden auf­merksam und ernst zu, aber seit wir sie annektiert ha­ben, ist ihnen das Lachen über altbayerische Laute vergangen, ich habe deswegen immer gerne in Franken gesungen. Die Preußen dagegen, die uns kolonialisiert haben, finden uns nur zum Lachen und wir müssen schon saugrob werden, dass sie wenigstens mit dem Lachen aufhören.

[zu Opus 276]

     Zerstörerische Straßen

Überall werden neue Straßen gebaut und das Land im­mer mehr zerschnitten und zergliedert. Nirgendwo auf der Welt gibt es ein ähnlich dichtes Straßennetz. Doch jede Straße zerstört das, wo sie hinführt.

[zu Opus 278]

     Schwache Hoffnung auf den Teufel

Diese Religiösität heuchelnde Politikerbrut und die feinen Unternehmer mit den steinernen Herzen, die für Geld jede Gemeinheit produzieren! Gibt es einen Teufel, dann werden sie einmal in der tiefsten Hölle braten!

[zu Opus 279]

     Vorübergehender Spuk

Wir brauchen die Natur, doch sie braucht uns nicht. Flora und Fauna werden aufatmen, wenn es uns ein­mal nicht mehr gibt.

[zu Opus 280]

     Verlogene Marktschreier

In Politik und Werbung wird willentlich gelogen, da werden die schrecklichsten Dinge schöngeredet und die hoffungsvollsten verleumdet. Die wunderbare menschliche Sprache wird so zu einem schmutzigen Werkzeug für Egoismus und Macht.

[zu Opus 281]

     Sinnfrage

Viele haben schöne leere Blätter Papier und wissen nichts zu schreiben. Andere haben den schnellsten PC und die teuersten Programme, doch wozu, sie machen damit nichts, als sich bestenfalls in sie einzuarbeiten. Morgen gibt es neue und dann arbeiten sie sich wieder ein, und erwerben immer neue, noch schnellere Hard­ware. So ist es in vielen Bereichen und alle scheinen zufrieden damit und niemand stellt die Sinnfrage.

[zu Opus 282]

     Heillos

Solange ein naturnahes, einfaches Leben als armselig, mühsam und altmodisch gilt, werden es nur wenige Menschen ausprobieren. So erfahren nur wenige, dass die Mühsal überschätzt wird und sinnvolle körperliche Arbeit lustvoll sein kann, dass im Gefolge nahrhafter Ernten solche der Seele und des Kopfes einzubringen sind.

Doch vermutlich werden sich die Leute erst wieder dem Boden zuwenden, wenn sich die ganzen Künst­lichkeiten als Seifenblasen entpuppt haben und mit ih­nen das, was sich heute so Fortschritt schimpft, also aus einer Not heraus, was alleine schon wieder lust­verhindernd wirkt.

[zu Opus 283]

     Urvertrauen

Wenn Psychologen recht haben, braucht der Mensch, um ein Grundvertrauen in die Welt entwickeln zu können, zumindest in den ersten Lebensjahren eine fe­ste Bezugsperson, also einen verlässlichen und ihn lie­benden Menschen. Muss ein Kind diesen Menschen entbehren, können Bindungsunfähigkeit und lebens­lange Ruhelosigkeit die Folge sein. Wer sich um­schaut wird feststellen, dass die erwünschten Bedin­gungen für Kinder heute schon fast die Ausnahme sind. Viele Mütter geben ihre Kinder schon früh in fremde Hände, weil sie dazu verdienen müssen, um sich den üblichen Lebensstandart leisten zu können. Doch auch in wohlsituierten Kreisen machen sich die Mütter bei ihren Kindern rar und verkaufen ihre Ar­beitskraft lieber für Geld, aus Gründen der Karriere oder um sich „selbst zu verwirklichen“ (eine den Egoismus schönredende Phrase). Bereits heute scheinen die bindungsunfähigen, rastlosen Menschen in der Überzahl zu sein. Gibt es in einer Generation keine anderen Menschen mehr?

[zu Opus 285]

     Böse

Stimmt das Wort, dass es nichts Böses gibt, sondern nur Dummes? Oder ist das, was wir als Böse bezeich­nen, einfach nur der angeborene Drang zur Konflikt­bereitschaft, die aus Überlebensgründen in uns veran­kert ist und die es uns zu üben drängt? Oder ist es nur der Versuch durch Kräftemessen der Langeweile zu entgehen, ist also „Bösesein“ nur ein grausames Spiel? Oder ist böse nur ein Etikett für egoistisches Verhalten, das keine Rücksicht auf andere nimmt, sich aber leider nach wie vor als erfolgreich bewährt? Oder ist das Böse nur in uns, weil es böse Verhältnisse spiegelt?

[zu Opus 287]

     Zukünftige Therapie

Ganz sicher! Wenn die Zeiten noch grauer werden, wird es rosarote Brillen einmal auf Krankenschein ge­ben.

[zu Opus 288]

     Nötige Bindung

Ich verdanke meiner Frau viel. Sie gibt mir das warme Nest, aus dem heraus ich immer wieder „wagemutig“ in die Welt ziehe. Sie ist mir eine Art Schwerkraft, die mich aus­richtet, so dass ich oben und unten nicht verwechsle. Sie ist die Sonne, um dich ich rase und ohne deren An­ziehungskraft ich längst irgendwo ins Weltall abge­trieben worden wäre. Und sie ist der einzige Mensch, der meine Witze versteht, schon alleine deswegen kann ich sie nicht entbehren.

[zu Opus 289]

     Globale Regeln

Nationale und rassistische Überheblichkeit, Standes­dünkelein, Kastenwesen, Rücksichtslosigkeit gegen­über Alten, Kranken und Behinderten, Kinderarbeit, dummer Hochmut unter den Geschlechtern, aber auch Elend und Not als Folge von einseitiger Verteilung von Land und Gütern - das muss global geregelt wer­den. Auch das Gewaltmonopol und der Besitz von Kriegswaffen muss auf die UN übergehen. Die natio­nalen Armeen müssen zu Not- und Katastrophenhel­fern werden. Eine Illusion? Es muss so werden, wollen wir nicht wieder in der Barbarei versinken.

[zu Opus 290]

     Brutale Flurbereinigung

Spät nachts kam eine Dokumentation über das brutale Vorgehen der Flurbereinigung im Fernsehen. Es wur­den unglaubliche Beispiele aus Franken gezeigt. Nie werde ich den weinenden alten Bauern vergessen, dem man seine Obstbäume gefällt, seinen Weiher zuge­schüttet und sein Bächlein verrohrt hat und alles ge­gen seinen Willen und auf seine Kosten. Man mag das gar nicht mehr mit behördlicher Beschränktheit abtun, das ist staatliche Willkür, das ist Gewaltherrschaft!

[zu Opus 291]

     Tschernobyl

Nun ist eingetreten, was irgendwann passieren muss­te: ein atomarer Supergau verseucht Europa! Wir schreiben den 1. Mai 1986, es ist herrliches Wetter und die Allgäuer Wiesen sind gelb vom Löwenzahn. Wir sitzen bei geschlossenem Fenster im Haus und die Kinder begreifen nicht, warum sie das Haus nicht ver­lassen dürfen. Diese Atomschädel in den weißen Kragen! Sie verseu­chen uns die Welt, aus Gründen der Macht und des Profits! Was sollen wir zukünftig essen? Wo sollen wir leben? Zum Teufel mit ihnen!

[zu Opus 293]

     Geh nicht in der Herde!

Der Mensch ist ein Herdentier, doch er hat – anders als etwa Menschenaffen - auch die Kraft zum Einzelwe­sen. Zu welch großartigen Leistungen ist er im Stan­de! Warum soll er nicht auch einmal selber denkend, souverän und mutig werden? Ich mag den Menschen nur einzeln, denn nur dann kann man mit ihm ernst­haft und vernünftig reden. Wenn er anfängt sich zu­sammenzurotten, dann empfiehlt es sich, als denken­der Mensch, die Flucht zu ergreifen, denn nur selten versammeln sich die Leute aus Gründen der Solidari­tät, um etwa Bedrohungen abzuwenden oder Schwä­cheren zu helfen.

[zu Opus 295]

     Notwendiges Tun

Wie die Vögel das Fliegen und die Fische das Wasser, braucht der Mensch eine sinnvolle Beschäftigung. Und die sinnvollste ist die ihm seit jeher angestamm­te, nämlich sich und die Seinen zu erhalten. Die ganze Menschheitsgeschichte lang war er notwendigerweise ein Vielkönner, er musste sich überall zu helfen wis­sen, musste sich um alles sorgen, es gibt keine anspruchvollere und interessantere Art zu leben. Er musste die „Not wenden“ und wurde so wendig und klug. Und wie ist es heute, in unserer extrem arbeitsteiligen Gesell­schaft? Die Kinder werden zu Experten abrichtet, also zu arbeitsteiligen Teilmenschen, aus ganzheitlicher Sicht, zu Karikaturen von Menschen.

[zu Opus 296]

     Übertreibung als Wecker

Wenn ich als Künstler überpointiere, dann nur um aufzuwecken. Im alltäglichen Leben bin ich ein sehr differentierender Mensch, der unter Übertreibungen eher leidet. Von daher kann ich schon gut verstehen, wenn andere Feinfühlende es lieber ein bißchen dis­kreter hätten.

[zu Opus 297]

     Dressiert

Im Labor hab ich Ratten gesehen, wie sie bestimmte Handlungen, für die sie in der Vergangenheit belohnt worden waren, hektisch wiederholten. In großen Ab­ständen gab es dann wieder ein Körnchen als Beloh­nung. Wenn ich manchen Zeitgenossen so zuschaue, meine ich Ähnlichkeiten zu erkennen.

[zu Opus 298]

     Vom Aufstehen

Vor dem Morgengrauen graut mir, seit ich mit 14 Jah­ren in der Glashütte jobbte und um 4 Uhr aufstehen musste. Ich finde es schon recht abartig, dass sich die Menschen oft noch im Finstern aus dem Schlaf reis­sen, schon die Kinder quält man damit. An den freien Tagen übertreibt man es dann in die andere Richtung, manche ignorieren den Tag und bleiben bis Mittag in den Federn. Die modernen Menschen müssen anschei­nend immer zwischen Extremen pendeln.

[zu Opus 299]

     Versüßung des Vergehens

Den Abschied vom Sommer versüßen uns die leckeren Früchte und die Schönheit des Herbstes.

[zu Opus 300]

     Immer wieder

Wie schön - auf die stets wiederkehrende Freude am Essen, Trinken und Schlafen ist in jedem Fall Verlass!

[zu Opus 302]

     Zweckbündnisse

Weit davon entfernt Solidarität gering zu achten, habe ich doch die größte Scheu vor Bündnissen, Vereinen und Parteien, weil sie sich immer als Zweck gebärden, obwohl sie nur Mittel sein sollen. Auch Gemeinschaft im kleinen und großen ist mir nicht heilig, denn sie soll nur Mittel sein, niemals Zweck! Gehen muss es immer um den einzelnen Menschen und Aufgabe aller Gruppen darf es nur sein, seine Freiheiten und Rechte zu schützen! Wenn es darum geht, bin ich auch bereit mich mit den anderen Schwachen zusammenzutun, um gemeinsam irgendeine Willkür oder Be­drohung abzuwenden oder miteinander etwas Konstruk­tives zu schaffen, was der Einzelne nicht vermag. Für diese Zwecke reihe ich mich in die Menge, ja helfe sogar mit, sie zusammenzu­rufen. Ist der Zweck erreicht, bin ich ei­ner der ersten, der sich zurückzieht, was oft durch die entstandene Bindung und Übung nicht leicht ist.

[zu Opus 303]

     Bedrohliche Sesshaftigkeit

Ich erinnere mich noch genau an jenes Gefühl aus Mitleid und Glück, das in mir Menschen auslösten, die ich vom Zugfenster aus ihrem Tagwerk nachge­hen sah. Sie mussten bleiben und ich durfte verreisen!

Später, als Pendler, beneidete ich die Zurückbleiben­den, die Ortsfesten, die scheinbar zufrieden in sich Ruhenden.

 

Heute, wo ich diese Letzteren durch wirkliche Zufrie­denheit und Ruhe weit übertreffe, errege ich gerade deswegen oft ihren Unmut, denn ihnen ist heute das touristische Reisen oft alleiniger Lebenszweck, den sie durch meine Ortbeständigkeit kritisiert sehen.

[zu Opus 304]

     Bauchlieder

Nur moralische oder dramatische Texte langweilen schnell. Sprachlich interessante Metaphern kann man sich schon etwas länger anhören, zumal wenn sie in kräftiger bildhafter Sprache geformt sind und gute Musik sie durchs Ohr ins Herz befördert. Am längsten erträgt man aber Texte, die wie Puzzleteilchen daher­kommen und durch nichts anderes zusammen gewach­sen sind, als durch ihren sprachlichen Klang oder eine heitere Laune ihres Urhebers.

[zu Opus 305]

     Bayernschänder

Das bayerische "Mia-sand-mia" haben die Schwarzen immer mit großem Geschick für sich ausgenutzt, wenn es darum ging kritisches Gedankengut als "art­fremd" zu bekämpfen. Sie haben es geschafft Eigen­schaften wie Schlitzohrigkeit, Derbheit, Matchotum, Scheinheiligkeit, Unmäßigkeit und Rücksichtslosig­keit zu Synonymen für "bayerisch" zu machen und zerstörten - verkleidet in Lodenjanker und Gamsbart - die bescheidene, naturverbundene  bayerische Lebensart und das bayerische Land. 

[zu Opus 306]

     Bei sich anfangen

In mir spiegeln sich die anderen, in den anderen spie­geln sich ebenfalls die anderen, aber auch ich.

[zu Opus 308]

     Kneipenzauber

Die Kellnerinnen haben etwas, was die Ehefrauen nicht haben. Der Wirtshaustisch hat etwas, was der Wohnzimmertisch nicht hat. Was macht einen harten Wirtshausstuhl so anziehend, was verleidet einem ein warmes Ehebett? Stoff genug für zehn Doktorarbeiten.

[zu Opus 309]

     Feuchte Gewohnheiten

Ich habe niemals ge­trunken um einen Rausch zu bekommen. Tagsüber ha­be ich praktisch nie Alkohol angerührt, ja gar nicht an ihn gedacht. Und doch - es gab nicht viele Abende, an denen ich mir kein Bier eingeschenkt hätte, oder ein Glas trockenen Weißwein oder selbstgekelterten Ap­felmost.

[zu Opus 311]

     Zerrissene Tierliebe

Ich liebe die Tiere und niemals habe ich selber eines geschlachtet, um sein Fleisch zu essen oder sein Fell zu gerben. Doch trage ich Lederschuhe, einen Leder­gürtel, schlafe auf einem Schaffell und auch der Schinken auf der Pizza ist mir nicht unangenehm. Ich überlasse, wie die meisten von uns, das Geschäft des Tötens anderen. Dass dies alles recht inkonsequent ist, erkenne ich in meinen empfindsamen Stunden und leide auch unter heftigen Gewissensbissen, etwa wenn ich daran denke, dass unsere Zivilisation die Tiere noch immer als Sachen wertet und nicht als fühlende Geschöpfe. Man nimmt es hin, dass schon den kleinen Kälbern riesige Marken in die Ohren gezwickt und ihnen die Hörner ausgeätzt werden, dass sie nie am Euter ihrer Mutter säugen dürfen und.. und... Oder was man Schweinen, Hühnern und Puten antut - es ist einfach grauenhaft! Ein Abgrund tut sich auf, wenn man auch nur ein wenig hinter die Kulissen der sogenannten Nutztierhaltung schaut. Wenig anderes kennzeichnet uns mehr als herzlose Primitive. Tolstoj hat gesagt, es gäbe solange Schlachtfelder, solange es Schlachthöfe gibt.

[zu Opus 312]

     Leserbriefe

Niemals habe ich die Morgenzeitung gelesen, ohne dass ich nicht wenigstens einen Kommentar hätte schreiben mögen. Und oft genug habe ich auch einen geschrieben, abgeschickt aber nur höchstens jeden Zehn­ten.

[zu Opus 313]

     Richtiges Jahrhundert

Manchmal denke ich, in ein falsches Jahrhundert ge­boren worden zu sein. Doch dann denke ich weiter und weiß, dass jede Zeit die richtige ist und es nur darauf ankommt, wie man sich in ihr einrichtet.

[zu Opus 314]

     Lache und liebe!

Mehr, als dass man sich wohlfühlt, kann man nicht erreichen. Einmal schafft man dies alleine durch die Erfüllung der grundlegenden Bedürfnisse, ein anderes Mal durch eine sinnvolle Arbeit, eine angenehme Be­gegnung, ein erfüllendes Spiel. Aber zwei Zauberer können auch die unangenehmsten Dinge mit Lust füllen: Heiterkeit und Liebe!

[zu Opus 315]

     Was not tut

Es ist unser ständiges Habenwollen, das schuld ist am gegenwärtigen traurigen Zustand der Welt. Unsere Art hat nur eine Chance zu überleben, wenn es uns gelingt zu begreifen, dass Liebe, Heiterkeit, Phantasie, Ruhe, Frieden, usw., materielle Güter an Wert weit übertref­fen. Das heißt nicht, dass wir nur von Luft und Liebe leben müssten. Es heißt aber das sein zu lassen, was uns schadet und die Natur zerstört.

[zu Opus 316]

     Neue Bescheidenheit

In meinen zwanziger Jahren glaubte ich alles zu wis­sen und hatte auf beinah jede Frage eine Antwort pa­rat. Die folgenden zwanzig Lebensjahre haben meine früheren Gewissheiten ziemlich ramponiert, manche sind sogar nur noch ein Trümmerhaufen. Ich habe mir abgewöhnt über das Un­vermeidliche zu lamentieren. Ob ich mir auch noch abgewöhne über das Vermeidliche zu schimpfen, wird sich zeigen.

[zu Opus 318]

     Schwere Einsicht

Die Einsicht, dass man manche Dinge nicht erarbeiten und erreden kann, fiel mir schwer, denn mein Ver­trauen in die Gestaltbarkeit der Welt und die Entwick­lungsfähigkeit der Menschen war grenzenlos. Es gab für mich kein Böses, sondern nur Defizite an Er­kenntnis.

[zu Opus 319]

     Von den Bedürfnissen

Epikur unterschied dreierlei Bedürfnisse: die existen­ziellen, die leicht zu erfüllen sind, dann weitere natür­liche, die aber nicht lebensnotwendig sind, und schließlich alle künstlich geschaffenen, die zahllos sind und deren Erfüllung somit unmöglich ist. Diese letzteren sind es, wegen denen sich der Mensch ver­sklavt, selber als Ware verkauft und nebenher die Erde zerstört.

[zu Opus 320]

     Zu breiter Weg

Ein Weg, als richtig erkannt, deshalb befestigt und mit Leitplanken begrenzt, ist für den, der ihn benötigt eine gute Sache. Ein Albtraum dagegen ist es, wenn schließlich die ganze Welt befestigt ist und der Weg zu einem Platz wird!

[zu Opus321]

     Feiner Unterschied

"Jetzt ist er auch ruhiger geworden!", höre ich die Spießer sagen und sehe, wie sie sich zuzwinkern. Heu­te fange ich an ihnen zu gefallen, weil ich anschei­nend ihre Werte endlich als gut erkannt habe. Sie ha­ben es schon immer gewusst und - hinterm warmen Ofen sitzend - meine Gärungsprozesse und meine Odysseen belächelt. Doch das eine ist nicht gleich dem anderen und meine Ruhe ist nicht ihre. Wir unter­scheiden uns, wie sich ein abgekochter Apfelsaft und ein vergorenen Apfelwein unterscheiden.

[zu Opus 323]

     Vater werden ist nicht schwer...

Immer wieder gab es Momente, wo ich bezweifelte, dass der Aufwand, den die Rolle als Partner, Ehemann und Vater mit sich bringen, in einem vernünftigen Verhältnis zum "Ertrag" stehen. Die Entscheidung da­für trifft man als junger verliebter Spund, zu einer Zeit also, in der man noch keinen Gedanken an die daraus erwachsende Aufgabe verschwendet. Wahrscheinlich ist es gut so, denn wäre es anders, stürbe die Mensch­heit vermutlich aus. Und doch: wenn ich mir mein Le­ben ohne meine Kinder und Enkelkinder vorstelle, was bliebe da an wirklichem Wert? Meine Kleckse­rein, meine Gsangl und mein Geschreibsel und die größere persönliche Freiheit? Es fröstelt mich, wenn ich nur daran denke. So ist es gut, dass ich bei Freiheit selten nach dem "Von-was", sondern meist nach dem "Für-was" gefragt habe, weil ich mir selber nicht die Sonne sein konnte, um die ich kreiste. So sind zwei­fellos der größte Ertrag meines Lebens meine Nach­fahren, was für schöne Stunden habe ich mit ihnen schon erlebt!

[zu Opus 325]

     Kindliches Bemühen

Da wir nur für einen kleinen Teil unserer Eindrücke Worte besitzen, ist es nicht mehr als rührendes Bemü­hen, dumpf Gefühltes in verständlichen Zungenschlag umzuwandeln, noch schwerer in einen flächigen Far­bauftrag oder in ein Wechselspiel von Tonfrequenzen, hervorgerufen etwa von schwingenden Drähten.

[zu Opus 326]

     Trennende Erfahrungen

Auch wenn es stimmen sollte, dass man immer so alt ist wie man sich fühlt, so trennen einen doch die ge­machten Erfahrungen von den Jüngeren. Irgendwann langweilt einen das Geschnatter seiner Umgebung, ja, kann gar nicht mehr nachvollziehen, dass es einmal das eigene gewesen sein könnte.

[zu Opus 327]

     Arme Kinder

Für beinah alles wird eine Qualifikation verlangt, nur Vater und Mutter darf jeder werden, ohne auch nur die geringste Ahnung von Kindern zu haben und dem was sie brauchen. Klar, bei den Tieren ist es auch so, nur können diese auf Grund ihres Instinktes nichts falsch machen. Früher, als Kinder im festgefügten Sippenverband aufwuchsen, mit klaren Regeln und nah natürlicher Abläufe, konnte ebenfalls nicht viel schief gehen. Selbst wenn die Eltern nichts taugten, ir­gendwo gab es beinah immer einen Erwachsenen, an dem man sich ausrichten konnte.

Heute werden Kinder in eine künstliche Welt geboren, die sozial und wirtschaftlich ungeheuer wackelig und zerbrechlich ist. Die Normen und Werte werden von den Medien vermittelt und das meiste davon ist Dreck. Und da Kinder Orientierung suchen und erfolgreiche Vorbilder nachahmen, kann einem Angst werden bei den Angeboten. Dazu ertrinken die Kinder in einer Flut von Reizen aller Art, werden so abstumpft, ver­dummt und verroht.  Nebenher läuft die Ochsentour durch die Schule, was vor allem Stillsit­zen, Leistungsdruck, fremdbestimmter Lernstoff, An­passung und Schablonendenken bedeutet. Und das Allerschlimmste ist der chronische Mangel an Nestwärme und Halt.

[zu Opus 328]

     Im Maschinenland

Sie wollen nicht wie die Tiere leben, sie wollen nicht nur essen, trinken, schlafen und sich fortpflanzen. Nein, sie bauen Maschinen, leben mit und für Maschi­nen. Ursprünglich sollten die Maschinen nur Mittel sein, nicht Zweck, ja Götze. Heute sind die Menschen den Maschinen oft genug nur noch Anhängsel.

[zu Opus 329]

     Die Seele baumeln lassen

Wann willst du es endlich begreifen! Du versäumst nichts, wenn du schläfst! Du versäumst auch nichts, wenn du in der Hängematte schaukelst! Dieser Appell ist an mich selber gerichtet (ich duze mich), denn ich bin einer der Schlimmsten dieser rastlos Tätigen.

[zu Opus 330]

     Sehnsucht nach freier Zeit

Ich weiß es ja nicht, wie lange ich Urlaub wirklich aushalten würde, denn ich konnte es leider noch nie testen. Bislang habe ich zudem im Urlaub immer ge­arbeitet und die Dinge, von denen das Lied erzählt im­mer nur kurz ausprobiert. Wo ist die Fee, die mir den Versuch ermöglicht?

[zu Opus 331]

     Armer Teufel

Ich stelle mir die Hölle von jenen Toren bevölkert vor, die heute mit ihrer Lebensweise die Erde zerstören. Bei diesem Klientel kommt Mitleid mit dem armen Teufel auf. Hört sein Klagelied: ---

[zu Opus 335]

     Unterwegs sein

Meine Stärke? Ich mache gerne den ersten Schritt, den zweiten, dritten usf. Das Ziel ist na­türlich schon auch wichtig, aber nur um die Richtung nicht zu verlieren und vielleicht auch zur Rechtferti­gung der Mühen des Weges. Und allein auf diesen kommt es an. Ich bin also einer, der gerne "unter­wegs" ist, der also beständig an einer sinnvollen Sache arbeiten kann und daraus Lust und Kraft zu schöpfen versteht.

[zu Opus 336]

     Zwischenstopp

Wie räumt man in seinem Kopf auf? Nur, in dem man sein äußeres Tun verändert und auf eine heilsame Wirkung nach innen hofft. Ich begann mich mit gro­ßem Eifer mit der Imkerei zu befassen, sagte alle Auf­tritte ab, suchte und fand endlich wieder den Weg zur schöngeistigen Literatur. Dann rasierte ich mir den Vollbart ab, der mir ein Symbol meiner früheren inne­ren Haltung zu sein schien und freute mich darüber, dass das Gesicht, das auftauchte, mir unbekannt vor­kam. So mahnte mich der morgendliche Blick in den Spiegel an mein Vorhaben, die zweite Hälfte meines Lebens anders anzugehen. Und ich begann in allem Bilanz zu machen.

[zu Opus 340]

     Neujahr im Sommer

Wenn ich meine Großmutter nach dem Zeitpunkt für das Eintreffen des Unmöglichen fragte, bekam ich im­mer nur eine Antwort: "Wenn das neue Jahr in den Sommer fällt!". Nun, unlängst konnten wir an einem milden Silvestertag auf der Hausbank Kaffee trinken, Mitte Dezember habe ich schon einen Grashüpfer ge­sehen und im Januar konnten wir bei einer Bergwan­derung schon die nackten Füße in die warme Sonne strecken. Mir scheint, der Tag an dem Sommer und neues Jahr zusammenfallen ist nicht mehr fern.

[zu Opus 343]

     Dreck geteilt durch Tausend

In seiner "Antiqiertheit des Menschen" schrieb Gün­ther Anders sinngemäß, dass Schmutz oft nicht als Schmutz begriffen wird, weil seine tausend Einzeltei­le, für sich betrachtet, als sauber erscheinen. Auch die arbeitsteilige Aufgliederung einer bösen Sache in lau­ter Einzelbereiche verhindere das Begreifen ihres wahren Charakters. Soweit ich mich erinnere machte Anders dies am Beispiel der Atombombe deutlich, de­ren Existenz auf unzähligen Vorarbeiten fußt, von de­nen der weitaus überwiegende Teil in überhaupt kei­nen Zusammenhang mit dem Massenmord in Hiroshi­ma gebracht werden kann. Doch hätte der Arbeiter, der dafür Schrauben oder Lötungen herstellte, oder gar der, der die Drehbank baute, an der Teile der Bombe letztlich gefräst wurden, der Einzelteile des Flugzeuges herstellte oder montierte, der den Schotter für die Rollbahn brach, der die Nahrung für den Bom­berpiloten anbaute, oder die Hebamme, die ihn oder einen der entscheidenden Industrieellen oder Politiker zur Welt brachte usw. gewusst, was ihr Zutun für ent­setzliche Folgen haben würde, wären dann diese Vor­arbeiten gemacht worden?

Als ich das folgende Lied schrieb, glaubte ich es nicht. Heute dagegen bin ich mir sicher, dass auch ein Bewusstsein der möglichen Folgen nur wenig verhindern würde. Die Menschen sind unfähig für ge­genwärtiges Tun Verantwortung zu tragen, wie sollen sie fähig sein dies für mögliche schädliche Wirkungen in ferner Zukunft zu tun, wenn sie bei Verweigerung gegenwärtige Not drücken würde? Auch fänden sich immer hundert schlüssige Argumente alles zu recht­fertigen.

[zu Opus 345]

     Unwirtlichkeit

Wie hässlich sind unsere modernen Städte! Wie un­wirtlich, wie kalt! Sind sie so, weil sie von Menschen gebaut und belebt werden, die ebenso sind, oder sind diese so, weil sich in ihnen ihre kalte Umgebung spie­gelt?

[zu Opus 348]

     Zeichen von Leben

Sich nicht mehr zu erregen, bei all dem Wahnsinn überall, wer das kann, der muss innerlich tot sein.

[zu Opus 349]

     Notwendiger Gegenpol

Schimpf nicht über die Nacht, nicht über den Schmerz, den Regen, die Dummheit! Denn wer könn­te ohne sie den Tag lieben, die Gesundheit, die Sonne und die Weisheit?

[zu Opus 350]

     Autosuggestion

Das Büchlein vom Apotheker Coe über die Wirksamkeit von Autosuggestion, hat mich sehr beeindruckt. Obwohl mir seine Ausführungen über die Macht des Unbewussten und seine Beeinflussung durch Formeln wie "Es geht mir jeden Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser!", vollständig einleuchteten und ich die Macht fremder Suggestion hundertmal erlebte - ein Wort kann einen glücklich und stark, ein anderes krank machen oder niederschmettern wie eine Keule! - hab ich es doch nie mehr als ein paar Tage durchge­halten, mir durch Herunterbeten von Formeln etwas Gutes zu tun.

Mit einem Lied versuchte ich das zu än­dern. Doch nur wenige Lieder habe ich seltener gesun­gen.

[zu Opus 352]

     Entwicklung

Als Maler habe ich - was mir erst hinterher bewusst wurde - die Geschichte der menschlichen Schrift nachvollzogen. Erst malte ich gegenständlich und hielt mir viel auf meine Fertigkeit zu gute. Dann ab­strahierte ich nach und nach, bis meine Bilder zu ei­ner Art Hieroglyphen wurden. Schließlich blieben nur noch Symbole, wenn man so will, eine Art Schriftzei­chen. Dann begann ich "Textbilder" zu malen, den was war abstrakter als ein Wort? Ich malte Worte auf die Leinwand und wurde vom Maler zum Schreiben­den.

[zu Opus 375]

     Von weitem alles golden glänzt

Die Mauer fiel und die Bürger der alten DDR verga­ßen alle sozialistischen Werte, die offenbar niemals die ihren gewesen waren und verfielen geradezu in ei­nen Konsumrausch. Ich versuchte mich in sie hinein­zudenken und mir ihr böses Erwachen auszumalen.

[zu Opus 376]

     Erschreckende Entdeckung

Ich wollte meinen Kindern alles vermitteln, was ich selber erworben und für gut und brauchbar gefunden hatte. An meine schlechten Seiten dachte ich nicht. Als ich sie schließlich an meinen Kindern entdeckte, traf mich das wie ein Schlag.

[zu Opus 377]

     Alles selber erfahren

Wir Menschen sind offenbar dazu verdammt, alle Feh­ler immer wieder neu machen zu müssen. Wir lernen durch eigenen Versuch und eigenen Irrtum, die Irrtü­mer unserer Vorfahren sind uns entweder unbekannt oder wir ignorieren sie, denn wir bestehen auf unse­rem „Recht auf eigene Dummheiten“, wir wollen uns die Finger am Ofen selber verbrennen! Das sich Eltern und Großeltern schon bei dieser Gelegenheit verbrannt haben, interessiert uns nicht! Und weil es so ist, habe ich auch wenig Hoffnung auf positive Entwicklungen in der Welt.

[zu Opus 378]

     Interessante Entdeckung

Es leben heute Menschen aller Entwicklungsstufen, nicht nur weltweit gesehen, auch in einem Land, in ei­ner Stadt, ja oft sogar in einer Familie. Im Laufe sei­ner Entwicklung durchläuft auch der Mensch diese Stufen, fällt, kaum dass er eine Stufe überwunden hat, wieder zurück und so geht es wie auf einer Treppe le­benslang hin und her. Selten nur schafft man es auf die oberen Stufen zu gelangen, noch seltener dort eine Weile zu verharren, wenn, dann ist der Rückschritt oft umso tiefer. Der nächste Aufstieg, wenn es zu einem solchen kommt, dafür manchmal wieder umso höher. Wer durch seine Straße geht und mit den Menschen redet, macht eine Reise durch die Entwicklungsgeschichte, was kann spannender sein?

[zu Opus 379]

     Wortarme Ohrenlust

Es gab eine Zeit, da meinte ich, es käme bei Liedern auch auf die Zahl der Strophen an und auf die inhaltli­che Tiefe. Heute will ich von Liedern Spaß, Hörer­lebnis, Rhythmus, Meditation, vielleicht beim instru­mentellen Improvisieren ein Stück Ekstase, weniger Lehre. Die "Botschaft des Kopfes", einst mein zentra­les Anliegen, fehlt immer öfter sogar gänzlich, was ja gewissermaßen auch eine Botschaft ist. Und da steht plötzlich ein Jodler gleichberechtigt neben der Balla­de, ein Singsang über eine Nichtigkeit neben einem Chanson, ein gereimter Ohrwurm „auf gleicher Au­genhöhe“ mit einem garstigen politischen Lied.

[zu Opus 380]

     Sumpfpanorama

Diese Zivilisation ist ein Sumpf! Überall schöne Ober­fläche, die nicht trägt! Doch wer mittendrin auf­wächst, kennt es nicht anders, ist schließlich Teil da­von. Man bewegt sich halb schwimmend und mit ge­streckten Zehen vor sich hin suchend vorwärts und ge­legentlich stößt man tatsächlich auf harten Grund, stützt sich erleichtert ab darauf und - nachdem man sich ein wenig ausgeruht hat – reckt man den Kopf in den Himmel und -  erspäht in der Ferne ein paar Vö­gel, die vielleicht festes Land anzeigen.

[zu Opus 381]

     Zauber des Reimes

Ein Reim macht noch kein Lied. Gelegentlich ist er aber wie ein Magnet, dem die Worte zufallen, man braucht sie dann nur noch notieren.

[zu Opus 383]

     Feuer vom Nächsten

Die Möglichkeit zum Brennen trägt jeder in sich, ent­zünden kann einer allein sich aber nicht. Dazu braucht es immer die anderen.

[zu Opus 384]

     Schwache Menschen

"Der Mensch ist ein Wesen das Krach macht und sei­nen Hund bellen lässt. " An diesen Satz von Tucholsky kann ich nur anmerken: und wenn’s der in­nere Schweinehund ist! Nietzsche hat recht mit sei­nen wenig schmeichlerischen Aphorismen über die Menschen, Schopenhauer ebenfalls. Und mein Wort sollte was gelten in dieser Hinsicht, denn ich hatte be­ruflich mit allen Sorten von Menschen zu tun. Sie sind einfach nichts, auf das man bauen könnte. Doch wenn man das einmal kapiert hat und sie nimmt wie sie sind, dann muss man sie einfach mögen, wenn auch nicht immer und nicht immer alle...

[zu Opus 385]

     Liebe

Die Woche, in der meine Frau im Krankenhaus lag, war alles kalt um mich. Als sie heimkam machte ein Zauber alles wieder warm.

[zu Opus 386]

     Wenn der Körper sich durch die Ohren bewegt

Tanz war mir immer Mittel zum Zweck, ein erlaubtes, geregeltes Spiel sich näher zu kommen, sich zu berüh­ren. Die Bewegung war dabei erst einmal der neutrale Reiz, der bald die Qualitäten des Wertreizes "Berüh­rung" übernahm, grad wie die Glocke bei Pawlows Hunden.

Heute kenne ich die Lust an der rhythmi­schen Bewegung auch als etwas Primäres.

[zu Opus 387]

     Einzelgeher

Menschen bewegen sich gerne hordenweise auf brei­ten Wegen, wenige schreiten lieber alleine frei durch das Gelände.

[zu Opus 388]

     Größte aller Künste

Man kann über eine Wahrheit hundert Abhandlungen schreiben, sie aber gerade so in einer Metapher oder einer Sentenz ausdrücken. Besonders gut prägen sich solche ein, die sich reimen, die man singen kann. Doch Vorsicht! Nicht alle geheimnisvoll klingenden Sprüche, die sich reimen und die man singen kann, sind auch wahr!

[zu Opus 389]

     Die Tür ist offen

Ich lebte in goldenen Ketten, wohlsituiert aber un­glücklich.

Und doch waren es Ketten, die ich selber sprengen konnte, wenn ich es nur wollte. Dies wissend, zögerte ich doch viele Jahre aus wirtschaftlicher Sorge, Ver­antwortlichkeit gegenüber der Familie, Bequemlich­keit, Sachzwängen tausenderlei Art. Nie habe ich ein Lied mehr an mich selber geschrieben!

[zu Opus 391]

     Braune Krankheit

Grausam, wenn einem die dümmsten Nazisprüche aus dem Munde von Angehörigen jener Generation entge­genschallen, in die man selber einmal viel Hoffnung gesetzt hatte. Parolen, die man in der eigenen Jugend von unverbesserlichen Altnazis bis zum Übermaß ge­hört hat. Wie sehr hatte ich gehofft, dass dieser Spuk aufhören würde, wenn die letzten Geier jener Genera­tion einmal unter der Erde lägen! Und nun hat diese braune Krankheit die Generation der Enkel befallen... !

[zu Opus 392]

     Unkraut vergeht nicht

Habgier und Neid braucht keiner zu predigen, die wachsen von alleine, solange der Nährboden da ist.

[zu Opus 393]

     Die Katze als Arznei

Meine Katze gibt mir die Gewissheit, dass es irgend­wo ein Lebewesen gibt, welches tut was es will, wel­ches ruhigen Gewissen tagsüber schläft, sich höch­stens mit Entscheidungen abmüht, ob man Gähnen oder besser sich Kratzen soll, um schließlich die Au­gen zu schließen, sicher fühlend, dass man dabei nichts versäumt.

Wenn ich sie, wohlig schnurrend, im Arm halte und mein Kinn an ihrer Stirn reibe, wärmt sie mir den Bu­sen mehr, als es ein Arzt mit einer Medizin je könnte.

[zu Opus 394]

     Anmaßendes Werkzeug

Wann hört dies endlich auf, dass sich Mittel zum Zweck aufspielen? Beispiel: Der Staat ist nicht der Zweck und ebenso wenig sind es seine hochmütigen Beschäftigten! Die Aufgabe des demokratischen Staa­tes ist die Organisation und der Schutz seiner Bürger und die Sorge um wirtschaftliche und soziale Infra­struktur!

So ist der Staatsapparat seinem Wesen nach nur ein Hilfsinstrument, ein Werkzeug, ein Diener der Men­schen eines Landes! Doch das ist nur ein frommer Traum, denn der Staat hat sich verselbständigt, er ist zum Zweck geworden. Und auch die Politiker können ihn nicht wirklich steuern, es geht ihnen nicht anders als dem Zauberlehrling, der den Zauberbesen wohl in Betrieb setzen, aber nicht stoppen konnte.

[zu Opus 396]

     Ausnahme

Schlimme Verhältnisse bringen gewöhnlich schlimme Menschen hervor. Doch manchmal entwachsen ihnen so gute Menschen, wie sie gute Verhältnisse kaum hervorbringen. Ich habe dafür keine Erklärung, doch es ist wunderbar.

[zu Opus 397]

     Die vielen Sachen

Nichts erleichtert so, wie die Trennung von belasten­den Dingen. Dennoch behauptet die Werbung stets aufs neue, dass der Erwerb dieser und jener Ware "frei" machen soll. Doch wie kann die Abhängigkeit von einer Sache frei machen?

[zu Opus 399]

     Gefährliches Gewürz

Eine kleine Verliebtheit würzt den Alltag. Doch gibt es kein gefährlicheres Gewürz, weil Verliebtheit so schwer zu dosieren ist. Gerade noch wirkt sie belebend und motivierend und schon eine Prise mehr kann Partnerschaften und Familien zerstören.  

[zu Opus 401]

     Negative Auslese

Sollten an den Leitungspositionen nicht die Beschei­denen sitzen? Die Geduldigen, die Stillen, Individuel­len, die Nachdenklichen? Doch um nach oben zu kommen sind andere Qualitäten nötig: Sitzfleisch, El­lenbogen, Ehrgeiz, Rollenspiel. Und man braucht ge­wöhnlich eine Vereinigung hinter sich, die sich für ih­re Unterstützung auch etwas erhofft. Und man muss die Worte setzen können, reden, was die Leute gerne hören: Schmeicheleien, Herabsetzen anderer, Verspre­chungen. So versammelt sich "oben" – von seltenen Ausnahmen abgesehen - eine bestimmte Auslese von Menschen, egal ob in Schulen, Kliniken, Rathäusern, Vereinen, Parlamenten. Und oben strahlt nach unten aus.

[zu Opus 402]

     Unauflösbarer Widerspruch

Von Menschen verlangen, dass sie sich in ihrer Liebe und ihrem Verlangen auf ein einziges Wesen be­schränken, dies lebenslang, ist schon eine arge Zumu­tung gegen die Natur. Und doch, nur ein wenig von dir reicht mir nicht!

[zu Opus 403]

     Erwachsenwerden heißt sozialwerden

Erst kümmern uns alleine die eigenen Interessen, spä­ter erkennen wir auch jene der nächsten Umgebung. Wir werden sozial, also erwachsen. Die Fürsorge der meisten Menschen erschöpft sich aber auf seine Familie. Nur wenige schaffen es darüber hinaus für fremde Artgenossen oder gar auf Flora und Fauna auszudehnen.

[zu Opus 404]

     Dem Winter entfliehen

Mit den Vögeln im Herbst in mildere Landstriche zie­hen, wer möchte das nicht. Vermutlich zeigen sich hier unsere nomadischen Wurzeln.

[zu Opus 405]

     Möchte gerne brav sein

Niemals war es die Lust an Händel, die mich antrieb mich einzumischen und Partei zu ergreifen. Immer wollte ich lieber meine Ruhe haben, mich um meine Lieben kümmern, das Leben genießen. Doch weil ich meine Lieben und das Leben bedroht sah, schärfte ich meine Feder und begann mit Worten zu hauen und zu stechen. Und dann quälten mich die angerichteten Wunden mehr, als diejenigen, denen ich sie zufügte. Alleine die Erinnerung an die gezeigte Courage ist heute lustvoll.

[zu Opus 406]

     Bin kein Gentleman

Nein, ein feiner Herr wollte ich nie werden, da schon eher ein Seeräuber, ein Beschützer der Armen, ein Clown oder ein den Dunst vertreibender Aufklärer. Nun - ein feiner Herr bin ich wohl auch nicht gewor­den, ein fein fühlender Mensch aber doch wohl schon.

[zu Opus 407]

     Bücherzauber

Auch wenn ich am liebsten jene Bücher lesen würde, die nie geschrieben oder gedruckt worden sind, von je­nen Menschen, die ihre Gedanken nicht als Ware auf dem Markt verkaufen wollten oder deren Gedanken auf dem Markt keinem Verleger Gewinn versprachen, so sind mir doch auch viele der vorhandenen Bücher unendlich lieb. Die Welt zwischen den Buchdeckeln schätze ich beinahe so wie die wirkliche Welt.

[zu Opus 408]

     Alter Hut

Die Überheblichkeit, mit der jede Jugend auf das Alte schaut und meint, dass nur sie das Schießpulver erfin­den könne, sollte niemand verspotten. Es ist gut, wenn jede Generation das Überkommene kritisch abklopft und am eigenen Erleben und den eigenen Bedürfnis­sen misst, denn viel zu schnell setzt die Gewöhnung ein, weshalb unsinnige Strukturen doch immer weiter am Leben bleiben.

Früh genug kommt dem Denkenden die Zeit, in der er erkennt, dass auch das originellste eigene Neue oft schon vor Jahrtausenden gedacht worden ist. Dies ent­täuscht oft so, das man sich gar keinen eigenen Ge­danken mehr zu formulieren getraut.

[zu Opus 409]

     Anmaßender Musikant

Nur ein Spielmann sein, reichte mir nicht. Ich wollte ein Licht sein, das Wärme spendet und in dunkler Nacht leuchtet. Doch die Leute sagen: "Was will der mit seiner Wärme, uns ist nicht kalt!" Und: "Was will der mit seiner Funzel am hellen Tag?"

[zu Opus 416]

     Steine

Steine, vom Wasser geformt, vom Weichen in Bewe­gung, vom mächtigen Eisberg geschliffen oder von den Regentropfen, die sich, in eine Fuge geschwemmt, bei Frost zerstörerisch ausdehnten, betrachte ich gern. Ich liebe verwitterte Steinoberflächen, erfreue mich an Flechten und Moosen darauf und schätze alle Spuren, die von ihrem Dasein erzählen. Manche trage ich zu­sammen, ordne sie nach meinem Sinn zu nützlichem Werk oder lege sie einfach dorthin, wo ich ihnen oft begegne.

[zu Opus 417]

     Hühner

Auch ich dachte einmal Hühner seien dumm, gewöhn­lich und nur gut zum Eierlegen. Heute bin ich klüger und ich sage jedem: Hühner sind wunderbare Tiere!

[zu Opus 421]

     Rauf, runter, rauf

Das einzig Beständige auf dieser buckligen Welt ist der ständige Wechsel. Es ist so und man richtet sich möglichst beizeiten darauf ein.

[zu Opus 422]

     A priori

A priori nennt die Philosophie das, was von Anfang an da ist. Alles was dazu kommt, also posteriori, ist überwiegend Menschenwerk, das man leicht satt be­kommt. Auf die Freude an den primären Dingen da­gegen kann man lebenslang bauen.

[zu Opus 423]

     Meide Mittler

Mag sein, dass es in manchen Fällen auch gut ist, wenn man gelegentlich über einen Dritten miteinan­der verkehrt, wenn dieser ein Menschenfreund ist, der scharfen Worten ihre verletzende Spitze nimmt. Meist ist dieser Dritte aber ein Filter und ein Lautsprecher mit eigenen Interessen, der Aussagen aussiebt und je­ne verstärkt weitergibt, die ihm nutzen. Ich habe sel­ber erlebt, wie freundlich gemeinte Anweisungen schon aus dem zweiten Mund wie Kriegserklärungen klangen. Darum sollte man besser das persönliche Ge­spräch suchen, auch wenn es manchmal weh tut. Doch nach meinen Erfahrungen spart man sich nicht nur keinen Schmerz, wenn man eine Auseinandersetzung über einen Dritten führt, manches Feuer würde gar keinen Schaden anrichten, hätte man es nicht erst im Stillen genährt und ausgebreitet.

[zu Opus 426]

     Biederdichter

Kein Mensch weiß, wie ich leide, muss ich einer bieder-gekünstelten Reimerei zuhören, etwa wenn ein braver Akademiker dem Volk meinte aufs Maul schauen zu müssen und dies in Versform bei vorweihnachtlichen Gemütlichkeiten dann übertrieben theatralisch vorträgt. Er­schreckt frage ich mich dann, ob ich derartiges viel­leicht auch schon verbrochen habe, blättere zu Hause dann ängstlich meine Aufzeichnungen durch und at­me erleichtert auf, wenn ich nichts dergleichen finde. Vor lauter Freude schreibe ich dann gleich ein beson­ders blödsinniges Lied und zahne dabei wie ein Holz­fuchs.

[zu Opus 428]

     Schaum

Angefangen bei den gigantischen Staatsschulden bis zu denen der Wirtschaft und der übrigen Gesellschaft - vieles Imponierende ist wie Schaum. Hinter einer at­traktiven geblähten Oberfläche verbirgt sich nur war­me Luft. Dieses Prinzip gilt oft auch im Warenhandel. Nicht auf das Nützliche und Gediegene greifen die Kunden, sondern auf das oberflächlich Aufgemotzte, das einem die Werbung als vorteilhaft suggeriert. Es ist so in der Politik und nicht anders im Alltag der Menschen. Aufgeblasene Blender haben Hochkon­junktur. Doch wird das beim Augenwesen Mensch wohl schon immer so gewesen sein. Wenn gelegent­lich irgend ein Schaum in sich zusammenfällt, regt sich zwar oft Einsicht, doch neuer Schaum an anderer Stelle lenkt schnell ab.

[zu Opus 429]

     Er und sie

Unglaublich, wie synchron manches alte Ehepaar die Köpfe wendet!

[zu Opus 430]

     Wir leben zum Essen

Brecht sagte, erst käme das Fressen und dann die Kul­tur. Aus diesem Wort meinte ich immer Geringschät­zung des Essens zu spüren. Ich sage, alle kulturellen Bemühungen münden irgendwann im Essen. Manche meinen, man esse um zu leben. Doch wir leben auch um zu essen, das habe ich von meinen Tieren gelernt. Dar­um, lieber Brecht: Das Essen ist der Zweck, Kultur das Mittel.

Und wo bleibt die höhere Bestimmung des Menschen? Es gibt sie nur, wenn man sie sich einredet.

[zu Opus 431]

     Dazwischen

Es gibt kluge Köpfe, die zweifeln an der Belehrbarkeit des Menschen. Andere leugnen jede Festlegung und glauben an die totale Bildsamkeit. Ich habe schon zu beiden Gruppen gehört, heute bewege ich mich zwi­schen ihnen.

[zu Opus 435]

     Bewährte Köder

"Brot und Spiele" hieß bekanntlich schon bei den Rö­mern das bewährte Rezept das Volk zu beruhigen. Dieses leuchtet auch sofort ein, denn Hunger färbt ei­nem die Welt grau. Den Part des römischen Zirkus hat der Sport übernommen, noch mehr aber das Fernse­hen, dass den Menschen das zweitgrößte Übel, die Langeweile nimmt.

[zu Opus 436]

     Positiv denken

Diese Welt ist voller schädlicher und verrückter Sug­gestionen. Überall dudelt es, überall springt es einen an. Die Wirtschaft lebt davon, dass wir immer noch ir­gendein käufliches Ding für unser Glück zu brauchen meinen, ja sie redet uns sogar Krankheiten ein, damit sie ihre vielen bunten Dragees verkaufen kann.

Doch lasst euch nicht verrückt machen, flüchtet vor diesen akustischen und visuellen Viren und schenkt euerem Kopf freundliche Gedanken!

[zu Opus 441]

     Rückzug

Heuer lass ich mich einschneien und setzte vor März keinen Fuß mehr vor die Tür und ich ernähre mich von Vanillekipfel und Kletzenbrot!

[zu Opus 442]

     Morgen will ich es besser machen!

Auch wenn - wie der Prediger Salomon schon fest­stellte - alles eitel ist und nur ein Haschen nach dem Wind - so will ich das doch so gut machen, wie ich es eben vermag.

[zu Opus 444]

     Geduldiges Papier

Als einer, der regelmäßig etwas schwarz auf weiß von sich gibt, habe ich vor Geschriebenen wenig Respekt. So bin ich auch ein Zeitungsleser, wie ihn sich Redak­teure eigentlich wünschen sollten, aber meist nicht wünschen, denn ich lese genau und finde schlampige Recherchen zuhauf und lasse es auch manchmal nicht gut sein. Aber ließe man den Zeitungen Falschmeldungen durchgehen, welchen Wert hätten sie dann?

[zu Opus 445]

     Versorgtheit reicht

Ausreichende Versorgtheit für alle, das muss zu ma­chen sein. Mehr zu fordern, etwa Reichtum für alle, ist nicht möglich, denn Reichtum gibt es nicht ohne Ar­mut.

[zu Opus 447]

     Pro Mundart

Ich ärgere mich darüber, wenn jemand unsere waldle­rische Mundart als „gschead“ bezeichnet oder sich gar ihrer schämt. Unsere Sprache ist sowenig „gschead“ wie irgendeine andere. Ihre lautmalerische Kraft, ihre holzschnittartige Präzision, ihre Kürze ist wunderbar - auch wenn in unseren Ohren das Hochdeutsche oder das Salonbayerisch vornehmer klingt, doch was heißt schon vornehm? Redet, wie euch der Schnabel ge­wachsen ist, schämt euch nicht, um Gotteswillen! Schämen müsst ihr euch nur dafür, dass ihr euch für unsere Muttersprache schämt! Neulich warnte jemand vor Mundartförderung, weil sich darin Ausländer­feindlichkeit zeige. Da kann man sich nur gegen die Stirn tippen, in einem Land in dessen Hauptstadt noch zwei Prozent der Kinder die Landessprache sprechen.

[zu Opus 448]

     Optische Sedativa.

Wasserflächen beruhigen die Nerven, sie sind eine Wohltat für die Seele. Es ist nicht alleine ihre Schön­heit, sie sind eine große Wasserwaage, die uns aus­richtet.

[zu Opus 450]

     Zuhören

Zuhören können - einen besseren Gradmesser für psy­chische Gesundheit und menschliche Reife gibt es nicht, denn diese Fähigkeit setzt soviel voraus: Inter­esse für den anderen, Geduld, Wertschätzung. Und es gibt auch kaum eine bessere Therapie, eine bessere Medizin für so viele Leiden, wie ein Mensch, der ein Stück seiner Lebenszeit hingibt und zuhört. Im übri­gen gibt es auch keine Eigenschaft, die beliebter macht.

[zu Opus 451]

     Kraft der Worte

Und sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund! Ich habe diesen Satz immer für eine Phrase gehalten. Doch das richtige Wort zur rechten Zeit kann gesund machen oder krank. Worte heben den Menschen aus dem Tierreich, geben Kraft, können alles schaffen und alles zerstören.

[zu Opus 453]

     Schwere Wahl

Ach, keiner der Kandidaten will mir gefallen! Der ei­ne ist eine populistische Marionette, der andere ein Angeber und der Dritte will nur Karriere machen!

[zu Opus 454]

     Keine Sicherheit

Wir möchten gerne ewige Wahrheiten, unser Haus auf Felsen bauen und Sicherheit für alle Zeit. Darum lässt sich mit nichts so gut Geld verdie­nen, wie mit dem Gefühl von Sicherheit. Wer lebt nicht alles von dieser tiefsitzenden Angst! Versiche­rungen, der staatliche Sicherheitsapparat, die Kirchen und eine ziemlich umfangreiche Zulieferindustrie...

[zu Opus 455]

     Allergisch gegen jammern

Nichts hilft besser gegen eigenes Lamentieren als ein Beruf, in dem einem den ganzen Tag andere vorjam­mern.

[zu Opus 456]

     Hackordnung

Auf dem Hühnerhof herrscht bekanntlich Hackord­nung. Es gibt Hennen, die alle anderen hacken dürfen und schließlich, fein abgestuft, eine Henne, die von al­len gehackt wird. Nichts erbärmlicheres gibt es, wenn es unter Menschen genauso zugeht. Doch ist es wohl keine Übertreibung, wenn ich feststelle, dass es in manchen Familien so ist, in vielen Schulklassen, im Kindergarten, in  Vereinen, Betrieben, den Kasernen, ja selbst in jenen Teams, die sich gut nennen. Selten findet man Menschen, die bescheiden und sanft nach „unten“ sind und stolz nach oben. Doch das ist kein Wunder, den katzbuckeln lohnt sich eben.

[zu Opus 457]

     Unvereinbar

Schwer verdient sich sein Geld, wer Skrupel hat und Ideale, reich werden kann ein solcher Mensch nie­mals.

[zu Opus 458]

     Viel Theater

Gut, dass Gedankenlesen keine sehr verbreitete Kunst ist, denn manchem würde das aufgesetzte Lächeln ein­frieren.

[zu Opus 464]

     Müdigkeit

Wenn ich daran denke, wie ich einmal ernsthaft daran geglaubt habe, dass man dieses entartete Geschlecht nackter Affen, die sich Menschen nennen, zur Besin­nung bringen kann und ich dabei mithelfen muss, kann ich mich nur wundern. Heute weiß ich nicht ein­mal mehr, auf was sie sich besinnen sollen. Die Men­schen sind, wie sie sind, es gibt gute und schlechte, je nach Standpunkt und wenn man diesen wechselt, sind die guten schlecht und die schlechten gut.

Ich ereifere mich zwar immer wieder und poltere über die Bor­niertheit, Ichsucht und Gier der Leute, doch manch­mal meine ich, dass es egal ist, ob ich mich ereifere oder nicht. 

[zu Opus 466]

     Im Hochsommer schweigen die Vögel

Die Natur ist sparsam, was nicht nötig ist, wird uner­bittlich eingespart. So ist es mit unseren Muskeln und Knochen und unserem Denkvermögen, was nicht ge­braucht wird, verkümmert, wird abgebaut, rostet ein. Aber auch beim Blühen und Singen meine ich zu erkennen, dass die Natur es nicht aus Übermut macht: Blühen und Singen tut nur wer es nötig hat.

[zu Opus 467]

     Vereinsmeier

Was wäre ein Mensch ohne Verein? Allein, allein, al­lein!

[zu Opus 469]

     Bin bei keinem Schützenverein

Mir läuft die Gänsehaut allein bei der Vorstellung, mich in eine Partei oder einen Verein einbinden zu müssen. Ich ertrage kein Geplapper, ertrage nicht zu­viel von dem, was man gemeinhin als Gemütlichkeit bezeichnet, ich verabscheue jede Art von Korpsgeist und mag die Menschen als Einzelexemplare am Lieb­sten. Nur einzeln kann man ihren Wert erfassen, kann man wirklich mit ihnen sprechen, kann man ihnen wirklich nahe sein. Ich habe es unzählige Male erlebt: sobald sie in der Gruppe sind, werden Schafe zu Wöl­fen und Wölfe zu Schafen.

[zu Opus 470]

     Weisheit der Raupe

„Ist das all mein Wert?“ So fragt keine Raupe, wenn sie ihre Spur betrachtet, das ist eine Menschenfrage, eitel und blöd.

[zu Opus 472]

     Den Kaufleuten ausgeliefert

Das Leben in unseren Breiten war immer von der Vor­sorge für den Winter bestimmt. Heute haben die mei­sten Menschen keine Vorräte, denn alles gibt es auf den Märkten zu jeder Jahreszeit zu kaufen. Noch nie­mals zuvor haben Menschen ihr Schicksal so vollstän­dig in fremde Hände gelegt. Manche nennen das Frei­heit, doch üblicherweise bezeichnet man Abhängigkeit und Ausgeliefertsein als Unfreiheit.

[zu Opus 473]

     Futterneid

Bevor meine Tiere ihren eigenen Trog leeren, versu­chen sie erst noch etwas aus dem fremden Trog zu er­haschen - was man hat, das hat man! Außerdem: die anderen könnten etwas besseres haben. Auch uns Menschen dünken fremde Weiden immer grüner als die eigenen, und über unsere Hort- und Gewinnsucht kann man tagelang lamentieren.

[zu Opus 474]

     Wert der Erinnerung

Alleine unsere Erinnerungen besitzen wir wirklich. Auch aus dem Grund soll man sein Leben so leben, dass man gerne zurückdenkt, ohne sich schämen zu müssen. Alleine dafür lohnt es sich gut und mutig zu sein.

[zu Opus 475]

     Immer enger

Das Leben wird mit den Jahren enger. Wenn man auf die Welt kommt, hat man alle Möglichkeiten, zumin­dest grundsätzlich. In dem man sich für das eine oder das andere entscheidet, wird der Kreis der Möglich­keiten kleiner. Die Antworten, mit denen die Welt das Tun beantwortet, bestimmt zudem das zu­künftige Tun. Viele Träume und Ideale schlägt einem die Erfahrung aus dem Kopf. Und trotzdem reicht, was übrigbleibt, für ein gutes Leben.

[zu Opus 476]

     Gib nach, wenigstens manchmal

Harmonie streichelt die Seele, wenigstens ab und zu sollten wir freundlich zueinander sein, ohne jede Spit­ze. Hilfreich ist dabei die Vorstellung, dass es viel­leicht die letzte Chance ist, sich mit jemandem vertra­gen zu können.

[zu Opus 477]

     Zum Lachen

Die Gesellschaft verachten und nach ihrer Anerken­nung heischen - ein Widerspruch in sich.

[zu Opus 478]

     Heimlich feist

Ziegen kommen vergleichsweise knöchrig daher, die Armen! Kein Zweifel, sie haben Hunger und so bemü­hen wir uns ihnen mitleidig Speck auf die Knochen zu füttern. Doch sie tricksen uns aus, denn das Fett sam­meln sie extra und verbergen es in den Körperhöhlen. Es scheint, sie fahren gut damit. Es empfiehlt sich gei­stigen Speck ähnlich still zu verwahren. Ich selber ha­be mich leider nie daran gehalten.

[zu Opus 479]

     Menschliches Grundproblem

Ach, warum begehren wir immer, was wir nicht ha­ben? Und warum stoßen wir oft gerade die Menschen zurück, die uns lieben? Im Bayerischen nennt man lie­ben spinnen. Damit ist alles gesagt. Und welche The­rapie gibt es? Nietzsche meinte, gegen Liebe helfe nur Gegenliebe.

[zu Opus 480]

     Ausgleich

Je  beschränkter einer ist, um so protziger ist sein Au­to. Ein Spaßvogel behauptete, das Gehirn schrumpfe im selben Maß wie der Hubraum sich vergrößert.

[zu Opus 481]

     Kalter Wind mit vielen Namen

Die Allgäuer nennen ihn den bayerischen Wind, jenen trockenen Ostwind, der für schönes Wetter sorgt und schneidend kalt sein kann. Wir Waldler nennen die­sen Wind den böhmischen. Und die Böhmen? Heißt er dort „russischer Wind“? Und wie nennen diesen Wind die Chinesen?

[zu Opus 482]

     Bredouille

Solange einer noch darüber lachen kann, dass er in der Bredouille steckt, ist noch nichts verloren. Über­haupt - Schlamassels größter Feind ist das Lachen!

[zu Opus 484]

     Der neue Mann

Der neue Mann soll sanft sein, geduldig, gehorsam, pflegeleicht, attraktiv, beherrscht, großzügig, fleißig in Beruf und Haushalt, brauchbar für grobe Arbeiten, weil körperlich stark und willig, usw. Manche Frauen schmücken sich mit seiner Begleitung, er ist ihnen ei­ne Art Trophäe... Nicht wenige Frauen gibt es, die hätten den Mann am liebsten als eine Art Neutrum. Und der Mann soll sie nur als Person lieben und nicht als Weib an sich. (Aber dieses Verhalten gegen alle Natur hat ja auch der bekannte Nazarener gefordert, was viel über seine Kenntnis der Welt aussagt). Und wehe, bei einem Mann blitzt zur Unzeit sein Ge­schlechtstrieb auf! Wundert sich ernsthaft jemand dar­über, dass männliche Impotenz immer mehr zunimmt und Potenzmittel weltweit ein so großes Geschäft sind?

[zu Opus 487]

     Nur Papier

Unsere Zivilisation steht auf papierenen Füßen: sie druckt kleine Papierzettel mit Zahlen darauf und wir alle tauschen unsere Lebenszeit dafür, gründen unsere Existenz auf die Hoffnung, dass alle an den Wert die­ser Papierzettel glauben.

[zu Opus 489]

     Richte dich darauf ein

Alleine die Unbeständigkeit hat Bestand.

[zu Opus 490]

     Reifeprozess

Mit etwa zwanzig Jahren wusste ich alles ganz genau. Mit fünfundzwanzig wusste ich alles noch besser und zehn Jahre später waren mir viele der alten Gewisshei­ten weggebrochen. Nun, weitere zehn Jahre später, lasse ich fast alles gelten, nur mit denen, die alles ge­nau zu wissen vorgeben, habe ich meine Probleme.

[zu Opus 492]

     Männerhormone/ 1

Vieles von dem, was uns antreibt, ist keine Sache des Verstandes, auch wenn wir uns das gerne einreden. Verborgene Drüsen schicken Bo­tenstoffe ins Blut und erzeugen in uns eine biochemi­sche Suppe, die uns zu Taten aufputscht. Kopf und Konvention steuern zwar dann die Form unseres Tuns (und dieses wiederum wirkt durchaus auch auf jene geheimnisvollen Drüsen), doch nicht wenige zerbre­chen am Widerspruch zwischen unserer Natur und der Menschenkultur.

     Männerhormone/ 2

Maskuline Protzerei, spottete eine kluge Frau, als sie vom Titel dieses Liedes hörte. Doch wer wäre so blöde mit etwas zu protzen, für das er nichts kann? Dass uns Botenstoffe von Drüsen antreiben und nicht nur unser vielgepriesener Verstand – diese Wahrheit passte auch lange nicht in mein Weltbild. Natürlich ist das keine leichte Erkenntnis, dass es nicht nur unser Geist ist und unser Charme, der uns täglich aufs Neue zueinan­der treibt und uns Dinge tun lässt, über die unser Ver­stand lacht, in den seltenen hellen Momenten, wenn sich die hormonellen Wildwasser verlaufen haben...

[zu Opus 494]

     Schlimmes Verbrechen

Kein Diebstahl schmerzt mich mehr, wie der von Le­benszeit. Ich spüre es sofort, wenn mir die Zeit gestoh­len wird.

[zu Opus 495]

     Augenwesen

Wir sind nun mal Augenwesen und so haben Blender mit uns leichtes Spiel.

[zu Opus 496]

     Klingeling

Immer neue Etikettierungen für alten Käse! Gaukelei und Phrasen - gepaart mit Hartherzigkeit, Lust an der Macht und lupenhafter Weltsicht! Viele leben davon nicht schlecht, wenn man den materiellen Ertrag als Maßstab gelten lässt.

[zu Opus 497]

     Den Tieren kann ich es nicht nachtragen

Ich weiß was im Hühnerstall abläuft, kenne das Trei­ben von Ziegen, Pferden und im Bienenstock und ich weiß, wie es in Firmen und Behörden zugeht. Warum wohl ziehe ich in meiner Freizeit die Gesellschaft der Tiere vor?

[zu Opus 498]

     Mancher denkt was er sagt

Viele Leute bestehen nur aus Phrasen, aus fertigen Sätzen, die scheinbar ohne Beteiligung des Gehirns den Mund verlassen.

[zu Opus 499]

     Trost?

Der Tod geht uns nichts an, wenn er da ist, sind wir nicht mehr da. Diese Weisheit des Epikur soll uns trö­sten. Mich tröstet sie auf jeden Fall mehr als die Aus­sicht auf den katholischen Himmel, bevölkert von Pharisäern und Philistern.

[zu Opus 502]

     Ich brauche dich

Was wäre uns das Licht ohne Augen und die schönste Musik ohne Ohren? Was wäre ich ohne dich? Ein Narr, der um sich selber kreist.

[zu Opus 503]

     Was soll ich in Barcelona?

In einem Wassertropfen spiegelt sich die ganze Welt. Und welche Vielfalt an Möglichkeiten bietet mir erst die Welt, die mich umgibt! Nicht den tausendsten Teil kann ich nützen, nicht den tausendsten Teil kann ich mit den Menschen die ich liebe ausprobieren und ge­nießen. Was soll also einer wie ich in Barcelona?

[zu Opus 504]

     Mitleid mit den um die Welt Rasenden

Nein, es reizt mich nicht in die großen Städte dieser Welt zu reisen. Nichts gibt es, was ich nicht auch zu Hause haben könnte. Die Menschen in den Flugzeu­gen, die mir den Himmel über meiner Weide mit stän­digem Gewittergrollen füllen, sind moderne Flüchtlin­ge, Getriebene, über deren Atmosphäre zerstörenden Egoismus ich zwar fluche, die mir aber doch auch sehr leid tun. Aber auch ein wenig Glück schenken, Glück, das aus der Erleichterung stammt, dass ich nicht in dem Flugzeug sitzen muss.

[zu Opus 505]

     No Party

Ich könnte nur Mitglied in der „Anti-Partei-Partei“ sein, aber so eine Partei wäre ja ein Widerspruch in sich. Und doch dachte ich schon manchmal daran eine Partei zu gründen, die Bürokratismus und staatliche Willkür bekämpft, den Korpsgeist, die Ideologien, die Fraktionszwänge und den Hochmut der Parteien, eine freisinnige, individualistische und doch auch soziale Toleranz-Partei würde mir gefallen!

Aber wie lange würde es dauern und diese Partei wäre ebenfalls beherrscht von Ver­einsmeiern, Biedermännern und Fanatikern, die Entwicklung dahin läuft scheinbar nach einem Naturgesetz ab, siehe die Entwicklung bei den Grünen. Ich habe deren Entwick­lung schon Anfang der achtziger Jahre befürchet und im­mer gehofft, dass ich mich täuschen möge. Und schon damals kritisierte mich ein Freund und forderte mich auf mit in die Partei zu gehen und Fehlentwicklungen mit zu verhindern helfen und nicht nur pessimistisch zu unken... Doch mein Egoismus hat mich davor be­wahrt mich auch noch an dieser Front zu verheizen, die Last und Verantwortung meines Berufes genügten mir vollauf.

[zu Opus 507]

     Man sollte aus seinen Erfahrungen lernen

Ab einem gewissen Alter kann man nicht mehr aus seiner Haut. Ein unehrlicher, falscher Mensch wird ei­nen immer wieder enttäuschen, auch wenn er gele­gentlich einen leutseligen Tag hat. Dies ist eine bittere und – zugegeben - eine vereinfachende Erkenntnis, aber sie ist nichts weniger als wahr.

[zu Opus 509]

     Arme Tiere

Die Überheblichkeit der Menschen gegenüber den Tie­ren ist ihr größtes Verbrechen. Was Menschen ihren Mitgeschöpfen antun, disqualifiziert sie als „Krone der Schöpfung“. Kein Wesen hat je grausiger und per­verser gehandelt.

[zu Opus 512]

     Ökonauten

Immer wieder gab es Menschen, die ein einfaches, na­turnahes Leben erstrebten. In den Augen der Gesell­schaft waren sie Sektierer und wunderliche Gesellen, die sich von einem Extrem ins andere stürzten und deshalb häufig, zur Freude und zum Gespött der Beob­achter, scheiterten. Doch manche haben sich vorsich­tig und mit Verstand zu einem einfachen Leben vor – nicht zurück!! - bewegt und ihre Erfahrungen sind Schätze, unendlich mehr wert als aller gesammelter Mammon. Zukünftige Generationen werden die Schät­ze heben und ein naturnahes Leben selber ausprobie­ren, weil es sie sonst nicht geben wird.

[zu Opus 513]

     Lebenskunst

Wäre das Leben endlos, was wäre es dann wert? Gera­de die schreckliche Gewissheit des Todes macht es so wertvoll. Man möchte meinen, dass die Kunst ein gu­tes Leben zu leben der Menschen wichtigste Wis­senschaft wäre, doch weit gefehlt. Sie beschäftigen sich mit dem größten Mist, nur ja nicht mit dem Le­ben. Aber vielleicht ist gerade das ihre Lebenskunst.

[zu Opus 515]

     Handfeste Arznei

Ich kenne arme Menschen, die laufen dauernd zum Doktor und bekommen Medika­mente verschrieben für horrende Summen. Es würde ihrer Gesundung mehr dienen, würde ihnen der Arzt das Geld, was die Medizin kostet, bar auf die Hand geben.

[zu Opus 516]

     Mann des Wortes

Ich liebe den Frieden, die Ruhe und alles Harmoni­sche. Und ich liebe es zu denken und zu debattieren. Bisher hat das auch immer ausgereicht, niemals im Leben habe ich physische Gewalt gebraucht und ich hatte es mit den wildesten Kerlen zu tun. Und doch denke ich gelegentlich, dass ich im heiligen Zorn auch zu Affekten fähig bin, die mein Kopf verspottet. Und so will ich halt ein wenig mit dieser Erregbarkeit ko­kettieren und hoffen, dass ich niemals eine Axt gegen jemanden schleudern muss.

[zu Opus 517]

     Aus den Steinen

Eltern können nichts Sinnloseres tun, als ihren Kin­dern alle Steine aus dem Weg räumen, damit sie sich ja nicht daran stoßen. Besser ist es sie an das Unver­änderliche zu gewöhnen (da die Wege auf dieser Welt steinig sind) und ihnen zu lernen, wie man die Steine wegräumt oder ihnen ausweicht oder sie zerschlägt oder an Ort und Stelle vergräbt. Oder sie sammelt und mit ihnen sein Haus baut.

[zu Opus 518]

     Globalisierung

Der Sauerteig Kommerz durchsäuert die ganze Er­de, „Globalisierung“ nennt man beschönigend diese Form des Krieges, der ohne Kanonen geführt wird, zumin­dest solange, wie sich keiner dagegen wehrt. Das Alte wird verdrängt - und ich bin der Letzte, der darin nur Bedauernswertes sieht. Doch das Neue ist meist lang­weilig, uniform und so verarmt die Welt. Statt kultu­reller und regionaler Vielfalt: Mac Donaldisierung. Und es werden die gewachsenen Strukturen und Kul­turen zerstört, und es gibt eine Anpassung auf niedrig­sten Niveau: im Sozialen und im Ökologischen.

[zu Opus 519]

     Leere Welt

Ich liebe dich, nicht immer wie ein liebestoller Schü­ler, aber immer wieder doch so ähnlich. Vor allem, wenn ich spüre, dass die Welt leer wäre ohne dich.

[zu Opus 520]

     Stachel der Schwachen

Nie drohte mir von einem wirklich Starken Gefahr, immer waren es die Schwachen, diejenigen, in die ich soviel Hoffnung gesetzt habe, die intrigierten und mei­ne Schwächen zu ihrem Vorteil aus­nutzten.

[zu Opus 521]

     In die Zange genommen

Du setzt dich ein für andere, riskierst deine Existenz – raffst quasi wie jener Landsknecht auf dem alten Ge­mälde die gegnerischen Spieße mit den Armen zusam­men und versenkst sie in deiner Brust, damit deine Nebenleute angreifen können – doch niemand nutzt die Chance und so stehst du ziemlich blöd und allein da, mit den Spießen in der Brust... Und das Schlimm­ste: die, für die du dich meintest einsetzen zu müssen, lachen mit dem Gegner und du kommst dir vor wie ein Vollidiot....

[zu Opus 525]

     Obermacker

Eine der größten Illusionen ist es, dass ein Vorgesetz­ter wirklich etwas zu sagen hat, zumal wenn er Frauen vorgesetzt ist. Ich höre zwar, wie diese jetzt lachen und auch ein paar halbherzig protestieren, doch im Großen betrachtetes ist es so. Du machst einen Plan und alle machen so weiter wie immer.

[zu Opus 527]

     Mit dem großen Hammer

Die stärkste Wirtschafts- und Militärmacht der Erde wird gleichsam von todbringenden Wespen gestochen, doch sie hat zu ihrer Verteidigung keine geeigneten Waffen, ihr ganzes Overkill-Potential hilft nichts und wenn sie es doch einsetzt ist es, als würde einer mit ei­nem schweren Hammer nach den Angreifern hauen, die auf dem eigenen Körper sitzen, so dass man mit jedem Treffer auch sich selber trifft und zerstört. Ge­gen die modernen Bedrohungen, nicht nur den schrecklichen Terrorismus, helfen keine Massenver­nichtungswaffen, sondern allein das Bemühen um eine gerechte Welt mit aufgeklärten Menschen, in der alle ihr Auskommen haben. 

 

     Raus aus der Kuhle !

Manche bangen ihren Lebtag lang, dass sie sich durch unbedachtes Reden oder Handeln irgend einen Schaden zufügen könnten und so sind sie wie die Hasen : Wegducken und nach einer Weile wieder die Ohren spitzen. Mir wär das zu langweilig, was nicht heißt, das ich nicht auch das feige Hasenglück kenne und immer wieder auch genieße, doch allzulange halte ich das Kauern in der Kuhle nicht aus und es verlangt mich nach dem rauen Wind, damit ich die Nase hineinstecken kann.

[zu Opus 532]

 

     Jetzt

Mancher will sovieles tun und sagen, doch erst morgen, wenn er Zeit hat und keine Repressalien befürchten muss. Doch wenig fällt mir ein, was man wirklich verschieben kann: keine Gedanken, keine Kunst und erst recht kein mutiges Wort, das heute gesagt werden muss.

[zu Opus 533]

 

     Aus dem Trott

Mancher Mann, der in alltäglichen Dingen immer bedient wurde, dem fallen viele Arbeiten erst auf, wenn sie ihm plötzlich niemand mehr macht. Aber Jammern wäre da doch zu albern, selbst ist der Mann!

[zu Opus 536]

 

 

Ersatz

Wo gibt es bei Rindviechern noch den Natursprung? Man ruft den Besamer und der hat den neusten Supersamen im Angebot, wer braucht da noch einen Stier? Und solange der Milchaustauscher billiger ist als Milch, werden die Kälber gleich von der Mutter getrennt. Aber das gibt es auch noch immer unter Menschen, dass Babys die Muttermilch vorenthalten wird. Gab es je hartherzigere Wesen als uns moderne Menschen?

[zu Opus 537]

 

     Sicher?

Je unsicherer das Leben wird, umso mehr Versicherungen werden verkauft. Aber offenbar muss der Mensch an irgendetwas glauben. Wenns schon manchmal keine Götter mehr sind, dann wenigstens Assekuranzen...

[zu Opus 538]

 

     Dei Ruah mecht i ham

Feinfühlende Menschen wünschen sich manchmal einen Lautstärkeregler an den Ohren, eine rosarote Brille, pfundweise Lethargie oder einfach nur die Idylle, weil die Wirklichkeit zu sehr schmerzt. Doch ob sie wirklich tauschen würden, mit einem abgestumpften Zeitgenossen, das bezweifle ich dann doch sehr.

[zu Opus 539]