Wer
hat nicht schon vom Fernsehen einen interessanten Gedanken in den Kopf zu
bekommen, der dann aber durch die nachfolgenden Sendungen wieder entführt
wurde.
Ich
habe schon sehr viel ferngesehen, sehr viel Mist zwar, aber durchaus auch gute
Filme. Die ganze Kunst besteht nur darin, den Apparat nur gezielt einzuschalten
und ihn nicht, wenn er mal läuft, bis zum Sendeschluß anzulassen. Gewiß,
manchmal hilft einem das langweilige Programm abzuschalten, doch eine
zunehmende Zahl von Sendern - wir haben neben den drei Deutschen noch zwei
Österreicher und einen Schweitzer - läßt einen zuleicht nur umschalten.
Ich
habe schon wiederholt versucht, mir das Fernsehen gänzlich abzugewöhnen, da
hatte ich es mit dem Rauchen leichter.
Es bleibt ein riesiges Loch, in dem man herumirrt und wovor man sich fürchtet.
Selbst so elementares wie Essen und Trinken, verliert, über lange Jahre mit
Fernsehen konditioniert, gewaltig an Reiz.
Nun
bin ich noch ein vergleichsweise beschäftigter Mensch, der gerne malt und
komponiert, liest und sich in der Natur bewegt. Doch immer mag man das alles
nicht, was haben nur die Leute früher in dieser Zeit gemacht? Da ich in den
ersten zwanzig Lebensjahren ohne Fernsehen aufgewachsen bin, weiß ich es zwar
noch schwach - wir haben viel gelesen, Radio gehört, sind ins Kino gegangen und
ins Wirtshaus.
Es
erschreckt mich, wenn ich mich heute so im Verwandtenkreis umsehe und - vor
allem die Männer - das ganze Wochenende vor der Glotze hocken sehe, jeden
sportlichen Krampf betrachtend. Doch die meisten von ihnen haben nur ihren
Beruf, keine Tätigkeit, die sie in der Freizeit wirklich beschäftigt. Ohne den
elektrischen Zeiträuber fühlen sie sich mit ihrem Pulsschlag allein gelassen.
Ihre Endlichkeit dämmert ihnen mit einem Male, Sinnfragen tauchen auf und
wollen verdrängt werden, und dann ist da diese Ruhelosigkeit, dieses Gefühl des
Alleinseins, das sie rastlos macht, es ist das Ich, mit dem man so wenig
anzufangen weiß.
Fernsehen
ist für das Augenwesen Mensch, das von Natur aus gerne beobachtet, vor allem
andere Artgenossen, das Mittel der Wahl, es ermöglicht, wie eine Piepshow das
versteckte Beobachten. Schlimm ist halt das Einwegsehen, das zur Passivität
verdammt sein, die fehlende Eingebundenheit in das was abläuft. Man lebt ein
Leben aus zweiter Hand, man läßt andere die Bilder aussuchen, die man sieht,
man läßt andere die Worte ausdenken, die man denkt.
Fernsehen
ist gefährlich, es klaut den Menschen ihre besten Stunden. Verzicht darauf,
wäre wohl die beste Lösung solange man nicht die Kraft hat, es nur gelegentlich
stundenweise an Regentagen oder langen Winterabenden einzusetzen.
Doch
obwohl ich das alles weiß, auch ich lasse mich immer wieder fangen und
elektrisch zum Narren machen. Das einzige, was mir helfen kann, ist eine
Umgebung ohne Stromanschluss und viele Freunde zum ratschen...