Selbstversorgung

 

„Noch nie zuvor haben auf der Erde so viele zur Gänze abhängige und unfreie Menschen gelebt. Und ich rede hier von uns, von den Bewohnern der "reichen" Industrienationen. Noch nie zuvor waren Menschen so total von fremder Versorgung abhängig wie heute. Die allermeisten von uns hängen am Tropf der Supermärkte und Discounter. Jede auch noch so kleine Kleinigkeit muß für Geld erworben werden, jeder Apfel und jedes Ei. Und das Verrückte dabei ist, alle fühlen sich frei, weil sie nicht zu den Hühnern müssen und nicht die Frucht vom Baum pflücken.  

aus: Gedankenbuch des Geiss Haejm, edition baam 2003

 

In unserer bis ins Extreme gesteigerten arbeitsteiligen Gesellschaft ist aus hunderterlei Gründen vollständige Selbstversorgung nicht möglich. Selbst derjenige, der erkannt hat, wie arm und unfrei wir damit geworden sind, ist von Gerätschaften umgeben, auf die er nicht verzichten will, weil er sie nicht selber bauen kann. Aber das soll hier nicht das Thema sein. Diese totale Fremdversorgung und Angewiesenheit wird uns aber noch immer als ein Fortschritt verkauft und mit großem Werbeaufwand werden wir eingelulllt und partiell auf dem Entwicklungsstand von Kleinkindern gehalten und so völlig den vielfältigen Versorgern gegenüber ausgeliefert. Damit einher geht der Verlust elementarer Überlebenskompetenzen, der auch ein Verlust an Kultur und Freiheit ist. Immer bedeutete Erwachsenwerden, die kindliche Hilflosigkeit zu überwinden, also die Abhängigkeit in allem, das Nichtkönnen, die Schwäche. Nur wer lernte und Aufgaben übernahm, der war auf dem Weg zum Erwachsenen, nur der konnte einmal sich und die Seinen ernähren und behausen.. In den vorindustriellen Gesellschaften geschah dieser Prozess ganz selbstverständlich und ohne große Bewußtheit, denn alles was man brauchte, wurde um einen herum hergestellt und man wuchs quasi von selbst in diese Kompetenzen hinein.

Heute leben wir, oft wie Legehühner in anonymen Wohnbatterien der großen Städte aufgestallt, in allem auf Versorgung von aussen angewiesen, für deren Finanzierung wir unsere Arbeitskraft für die schwachsinnigsten Tätigkeiten zu verkaufen gezwungen sind. Ketten also, wohin man auch schaut, genauso im Freizeitbereich, was aber auch wieder ein eigenes Thema wäre.

Unter solchen unnatürlichen Verhältnissen wird Selbstversorgung nur in kleinem Rahmen möglich sein. Und doch ist dieser Rahmen größer, als man im ersten Moment annimmt. Alleine die Beschränkung auf das wirklich Nötige, ist schon ein großer Schritt zur relativen Freiheit. Aber auch die Auswahl von regionaler und sajsonaler Nahrung geht in die richtige Richtung. Gerade so wie das Nichtverwenden der allgegenwärtigen Fertigprodukte oder wenigstens derjenigen, von denen wir wissen, dass sie uns direkt schaden.

Im Verzicht auf Überflüssiges liegt also erst einmal unsere größte Chance um ein wenig freier zu werden. Viele teuere und schädliche Gewohnheiten haben wir ohne bewußte Entscheidung dafür angenommen. Doch auch das wäre ein eigenes Thema, hier soll es erst einmal um ganz praktische Dinge geben, die uns ein wenig freier machen.

Wer etwa selber kochen kann, wird aus einfachen Grundnahrungsmitteln wunderbare  Gerichte zaubern können. Wer sich seinen Getreidebedarf einmal im Jahr kauft und sein Mehl selber mahlt und etwa sein Brot selber bäckt, der wird sich schon mächtig selbständig fühlen. Auch wer auf seinem Balkon Salat, Tomaten und Kräuter zieht, macht einen großen Schritt in die Selbständigkeit. Wer ein Häuschen hat und ein Stück Garten darum, kann seine „Autarkie“ enorm vergrößern, alleine schon, in dem er aus Landnot einen senkrechten Garten anlegt, also an seinen Hauswänden nahrhafte Pflanzen zieht: Spalierobst, Wein, Bohnen usw.

Leicht kann man auch zwei, drei Hühner halten, sie machen genausoviel Freude wie Hund und Katz und versorgen dich mit Eiern und befreien dich von den Schnecken, einfach dadurch, weil sie deren Eier suchen und fressen. Leicht ist es in etwas ländlicheren Gegenden auch eine Ziege zu halten, das nützlichste Tier, das man sich vorstellen kann. Es schenkt dir etwa 700 Liter Milch im Jahr und damit den Grundstoff für Käse, Joghurt und Butter. Ihre Kitz kannst du schlachten und einen großen Teil deines Fleischbedarfs damit decken. Wenn du sie verkaufst, kannst du dir Getreide dafür kaufen. Das Besorgen von Futter ist leicht: Ein paar Heubündel für wenig Geld beim Bauern gekauft, reichen für die Grundversorgung, als Stall ein kleiner Schuppen mit einem kleinen Auslauf davor. Wenn du dann auch noch täglich mit der Ziege spazieren gehst (das macht genausoviel Spaß, wie mit einem Hund) dann wird sie so nebenbei ihren Bedarf an Frischkost an Sträuchern und Unkräutern stillen. Als Rinden-, Knospen und Blattfresser liebt sie auch Äste und würde mit Begeisterung ganze Baumstämme entrinden. (Was auch ihr größter Nachteil ist, wenn sie an deine Obstbäume kommt...) Was Ziegen angeht, habe ich einen extra Aufsatz darüber geschrieben. Der Lebensmittelgewinn durch Tierhaltung bedeutet aber auch einen Verlust an Freiheit, denn der Zwang zu ihrer Versorgung an 365 Tagen im Jahr, wird nicht jeder eingehen wollen, bei Nutztieren ist es da nicht anders als mit Schmusetieren.

 

Auch in Sachen Energie ist einiges an Befreiung aus den Fängen der Konzerne möglich. Die stromsparenden Vorzüge eines Holz-Küchenherdes habe ich im Aufsatz über das Brotbacken gerühmt. Natürlich ist das nur dann eine Alternative, wenn man Spaß daran hat Brennholz zu hacken. Diese Möglichkeit ist aber vermutlich in der Stadt nur ausnahmsweise gegeben.

 

Elektrischen Strom zum Betrieb von Licht und Fernseher kann man aber sogar mit ein paar Solarmodulen sammeln, mit denen man etwa seinen Balkon verkleidet. Man braucht dann nur noch ein paar Autoakkus, einen Wechselrichter und einen Spannungswandler, der Gleichstrom in 220 Volt Wechselstrom wandelt.

 

 

 

--- wird fortgesetzt! ---

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