Geiss Haejm

Aufsätze, Vorträge und Fußnoten

zu verschiedensten Themen ab 1976

Copyright edition baam zwiesel


 

 

1976 Vom Lernen

Kaum da, zeugt das Neugeborene Aktivität- jeder weiß es – durch Strampeln und Schreien. Viel zu früh scheint es in diese Welt gepresst worden zu sein, unfertig, fast blind, ohne Schaltplan, angewiesen auf Seinesgleichen. Und gerade das macht den Menschen. Diese Hilflosigkeit zwingt zum Organisieren, zum Ausrichten an den Verhältnissen. Diese antworten auf die Aktivität des Neugeborenen. Das „Gesetz der Wirkung“, von Skinner als Lerngesetz erkannt, funktioniert von Anfang an. Es besagt, dass eine Aktion durch die Reaktion der Umwelt zukünftig bestimmt wird. Wird die Reaktion angenehm erlebt oder wird dadurch ein unangenehmer Reiz beendet, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens. Wird die Reaktion unangenehm erlebt, tritt das Gegenteil ein.

Nun ist die Welt aber so, dass manche Antworten kurzfristig anders sind, als sie sich auf lange Sicht erweisen würden. Oder das, was dem Einen angenehm ist, kann den Vielen schaden. Das „Gesetz der Wirkung“ kümmert sich auch weder um Moral noch um Vernunft oder um Wirtschaftlichkeit oder um langfristige Nützlichkeit.

Gewiss, es gibt auch ein Lernen aus Einsicht, doch das setzt später ein. 

Doch auch das „Koppelungslernen“, also das sogenannte „Konditionieren“ von Pawlow, das ist auch von Anfang an da. Da nichts für sich allein geschieht, geschieht es also in Anwesenheit von anderem. Und dieses andere, das objektiv betrachtet, eigentlich keine Bedeutung hat, übernimmt die Qualitäten, die wir mit ihm erleben. Essen, Trinken sind ein Wert für sich, von Anfang an da und von existenzieller Bedeutung. Die Menschen, die uns zu essen und trinken geben, koppeln wir schnell mit dem Essen und Trinken. Wie dieses, lieben wir bald diejenigen, die uns damit beglücken. Wir machen das auch mit ihrer Sprache, ihrer Musik, ihrer Art zu reden und zu leben. Das alles geschieht in einer bestimmten Umgebung, auch diese wird mit der Lust des Essens und Trinkens gekoppelt. Wie ein Eisen durch einen Magneten magnetisch wird und nun von sich aus anderes Eisen magnetisieren kann, so überträgt sich die Lust am Essen auf die Menschen, von diesen auf das, was sie sagen und tun. Das muß bekanntlich nicht klug oder sinnvoll sein. Wir übernehmen so alten Abneigung und alte Liebe, Klugheiten und Dummheiten, und auch alles, was mit Gewohnheit und Sucht zu tun hat, etwa Rauchen, Saufen, Religion....

Wie entsteht Liebe zur Heimat, zu bestimmten Menschen usw.? Na eben so, wie gerade beschrieben! An Worten ist es besonders leicht zu verstehen, diese werden mit Dingen und Tun in Verbindung gebracht, übernehmen deren Qualitäten, und bald stehen die Worte für die Dinge und das Tun. 

Was lässt sich daraus folgern? Zu allererst, dass durch das Konditionieren und das „Gesetz der Wirkung“, Menschen geprägt werden, ja auch abgerichtet werden können. Wenn diese Lernprozesse also einen Menschen über Jahre ausgerichtet haben, dann kann dies nicht  - beispielsweise durch pädagogische oder politische Anordnung – einfach verändert werden. Aus diesem Grunde scheitern auch politische Programme sehr bald, denn ein paar Gebote und Veränderungen, können uns nicht so einfach ändern. Ich sage nicht, dass dies überhaupt nicht möglich ist, aber es ist halt nur sehr schwer möglich und das Ergebnis ist immer unzulänglich und oft nicht von Dauer.

Darum ist die Welt so wie sie ist, und die Menschen in ihr sind aggressiv, egoistisch, faul und oberflächlich, einfach weil sich diese Verhaltensweisen offenbar als erfolgreich erwiesen haben.

 

1976  Über den Staat

Ein Staat ist zu groß, auch ein kleiner. Der Einzelne findet sich in ihm nicht, ebensowenig seine Arbeit und es ist ihm unmöglich die komplexen Strukturen zu überblicken. Wenn einer, voll der besten Absichten, das Erzeugte nicht sehen kann und nicht dessen nützliche Wirkung, wird daraus kein neuer Ansporn. Selbst die Gewissheit sich in eine gute Sache einzubringen, genügt alleine auf die Dauer nicht, denn wir wollen den konkreten Nutzen sehen, hören und spüren.

 Der Staat muß gegliedert werden, gerade so wie die Städte. Wir brauchen überschaubare Strukturen und Vertrautheit. Wir wollen in unserem Lebenskreis gekannt werden und die anderen kennen. Und wir wollen hier mitreden und mitentscheiden. Doch unsere Welt wird immer größer, zentralistischer, anonymer, gleicher. Dafür mag es gute Gründe geben, doch es ist keine Welt für uns Menschen.

 

1980 Wohnheimentwurf eines Praktikers

Die Räume werden mehrstöckig um einen geräumigen, gepflasterten, glasüberdachten Platz angelegt, der das Herz des Internates ist. Er ist das Zentrum, die Piazza, der Marktplatz, der soziale Raum in dem sich die Bewohner treffen, in dem sie ihre Mahlzeiten einnehmen, miteinander sprechen, Musezeiten verbringen, mit einem Brunnen in der Mitte, teilweise möbliert mit praktischem, zeitlos schönem, etwa aus Holz geflochtenem Mobiliar. Am Rande oder inmitten des Platzes liegt, guteinsehbar, eine Bühne für Theater und Konzerte. Wirtschaftsräume zur Speisenbereitung, neben dem Eingang die Büros des pädagogischen Personals, Fernsprecher, Infowände, Münzwechsler, Freizeiträume für Tischtennis, Billard usw., Werkstätten, Fernsehräume, Bibliothek - umfrieden den Platz. Darüber im ersten und zweiten Stocke liegen die Schlafräume, davor ein ringförmiger Flur, zugleich geländerbewehrte, rebenumrankte Galerie und Tribüne über dem Platz, von ihm aus etwa durch Wendeltreppen erschlossen. Wer aus seinem Zimmer tritt, tritt ins soziale Leben und ins Licht.

 

1982 Lustvolle Mäßigkeit

Als Vortrag im Sommer 1982 in Frauenau auf der sogenannten "Sommerakademie" gehalten, im Dezember 82 in der "Baam-Post Nr. 1" abgedruckt und in kleiner Auflage beim VHS-Jahreskonzert in Zwiesel verkauft. Durchgesehen und überarbeitet im Sommer 1994.

1.

Der Mensch strebt nach dem Glück, sagt man. Mir scheint, er rennt seinem Schatten hinterher.

Doch Schatten passen sich bekanntlich jeder Geschwindigkeit an, man kann also grad so gut stehenbleiben. Daß einem der Schatten folgt, erreicht man nur durch die Änderung der Laufrichtung oder der Stellung zum Licht.

Nicht anders ist es mit dem, was man Glück nennt.

Heute redet man den Menschen ein, Glück wäre eine Ware und käuflich zu erwerben. Da das "Beute -machen" eine arttypische Eigenschaft ist und Dinge dem Augenwesen Mensch ohne weiteres imponieren, bedarf es keiner großen Überredungskunst. So häufen die Leute in einem fort Dinge an. Ich will auch nicht bestreiten, daß der Erwerb einer "Beute" etwas Lustvolles ist, vielleicht auch dann das anfängliche Umgehen mit ihr. Doch wenn die Sache nicht gerade ein unverzichtbares Werkzeug ist, oder abhängig macht oder den Leuten die Langeweile vertreibt, verliert sich sein Reiz schnell und das Ding verstaubt in einer Ecke, während sein Besitzer schon wieder hinter neuer Beute her ist.

Ohne Sammeln und Horten hätte der Menschen wohl nicht überlebt und nicht Bewohner der unwirtlichsten Klimazonen werden können. Doch Dinge sicherten nicht nur die Existenz. Zu ihrem materiellen Wert brachten sie dem Besitzer auch Ansehen in der Gemeinschaft und oft sogar Macht über andere. So hat unsere Orientiertheit am Haben also tiefe Wurzeln.

Man könnte über diesen menschlichen Wesenszug lächeln, würde heute nicht irreparabler Schaden dadurch entstehen, nicht nur für den einzelnen, sondern für die Gemeinschaft, ja für das gesamte Leben, auch das zukünftige.

Nun habe ich für mich aber in zunehmenden Maß andere Quellen von Glück entdeckt, die den Vorteil haben wenig oder nichts zu kosten.

Ich lernte mein Heil nicht in der blinden Anhäufung von Dingen zu sehen, sondern aus einem Minimum an ihnen ein Maximum an Freude zu gewinnen. Ich nenne dies "lustvolle Mäßigkeit".

Wohlgemerkt, kein Verzicht auf das Zuträgliche und Nötige, schon gar keine Askese, sondern das für den Menschen vernünftige Maß für ein gesundes und lustvolles Leben.

2.

Wer nur die Not kennt, ist hier keine Hilfe. Er wird zu kriegen und zu horten versuchen, was immer möglich. Das Zuträgliche und Nötige auswählen kann alleine, wer über die Mittel auszuwählen verfügt. So waren es die Erfahrungen des Überflusses, der Völlerei, der allgemeinen Reizüberflutung, die mich zur Einschränkung in vielen Bereichen veranlaßten.

Irgendwann in meinem dreißigsten Jahr wurde mir bewußt, daß mein Wohlbefinden nicht von der Menge angebotener Reize und Dinge abhängt.

Da ich aber in einer Gesellschaft lebte, in der Besitz und mengen­mäßiger Konsum von Waren als Maßstab für Glück gilt, wurden meine Bemühungen die eingeübten Verhaltensmuster zu prüfen und neu zu regeln, auch von sonst gutmeinenden Freunden, als Art "philosophisch-verbrämte Sparsamkeit" belächelt.

Welche Erfahrungen haben mich nun genügsamer gemacht? Ich möchte es an einem Salatkopf verdeutlichen.A erntet einen Salatkopf aus seinem Garten. Er bereitet ihn geschmackvoll zu und erfreut sich seiner Arbeit. Während er genuß­voll seinen Salat - vielleicht mit einem Stück Brot oder einer Schale Reis verzehrt - erinnert er sich daran, wie er den Salat gesät, gegos­sen, verzogen, gedüngt und gepflegt hat, denkt an manchen sonni­gen oder verregneten Tag und an manche andere Einzelheit.

B ißt einen Salatkopf aus dem Kaufhaus. Er hat zu diesem keine besondere Beziehung, es ist ihm nur ein fremderzeugter, vielleicht mit üblen Mitteln aufgezogener Salatkopf, der bezahlt worden ist. (Vielleicht mit Geld, dessen Erwerb unangenehme Erinnerungen weckt.)

Selbst wenn B nun dazu eine Schale Reis genügen würde, emp­findet er beim Verzehr nur einen Bruchteil der Lust von A. (Von der geschmacklich schlechteren Qualität der Kaufhausware wollen wir hier nun gar nicht sprechen).

Über den Lustgewinn beim Verzehr einer Nahrung entscheidet al­so offensichtlich nicht der meßbare Wert der Dinge an sich, sondern die Einstellung, die damit verbunden ist.

Ich erkannte, daß Lust eine Sache des Kopfes ist, eine Sache des Bewußtseins also.

Und ich merkte, daß Lust nicht mit der Menge einer Sache zu tun hat (das notwendige Quantum vorausgesetzt), und daß die herrlich­sten Dinge durch ein Überangebot inflationiert werden, ihr wirkli­cher Wert also mit zunehmender Menge sogar abnimmt.

Wer sich dauernd mit Leckerbissen vollstopft, macht sich ärmer, bringt sich selbst um den Genuß. Er gewöhnt sich an die raffinierte­sten Dinge und es gibt für ihn schnell keine kulinarischen Höhe­punkte mehr, so daß die persönliche "Glücksempfindungsschwelle" mit Reiz- und Genußmittel schädlichster Art zu erreichen versucht wird.

Beispiele.

Durch Dauerberieselung wird die schönste Musik zur Geräusch­kulisse, das musikalische Empfinden abgestumpft, ja vielleicht sogar das Hören an sich.

Früher gab es in meiner Familie aus wirtschaftlichen Gründen nur zu Weihnachten Bratwürste, auf die wir uns das ganze Jahr gefreut haben. Heute, wo Bratwürste zur gewöhnlichen Speise geworden sind, erzeugt ihr Verzehr keine besonderen Glücksgefühle mehr.

Bei Vegetabilien ist es nicht anders. Wer sich das Jahr über im­portierte Erdbeeren, Tomaten, Südfrüchte usw. leistet, wird sie zu ihrer natürlichen Saison nicht mehr schätzen, er bringt sich um den Genuß.

Besonders eindringlich empfand ich dieses Prinzip infolge einer Krankheit.

Aus lange Zeit ungeklärtem Grund verlor ich über Jahre mein Ge­ruchsempfinden. Von kurzen Intervallen abgesehen, roch ich über­haupt nichts. Wenn nun aber mein Geruchssinn für Minuten oder Stunden wiederkehrte, erlebte ich eine unbeschreibliche Lust an den alltäglichsten Gerüchen. Selbst der Verzehr einfachster Nahrung brachte mir unerhörten Genuß.

Als sich - nachdem ich das Rauchen aufhörte - mein Geruchssinn auf Dauer wieder einstellte, verfiel ich aber bald in die frühere Gleichgültigkeit gegenüber der einfachen Speisen. Wie man es von Süchtigen her kennt, versuchte ich durch raffinierte Zubereitungsar­ten und durch Steigerung der Menge neue Geschmacksufer zu errei­chen. Was soll ich sagen, es endete wie bei den Bratwürsten.

Der Mensch scheint offensichtlich dazu verdammt zu sein, alle Fehler immer wieder neu machen zu müssen und wird erst durch Schaden klug. Erst wer nichts mehr riecht, weiß was er verloren hat. Keiner kennt den Wert der Beine mehr, als derjenige, der gehunfähig im Rollstuhl sitzt. Was würde der Erblindete für seine Sehkraft ge­ben!

Diese Dialektik scheint in allen Lebensbereichen zu gelten. Ver­mutlich werden wir den Wert von klarem Wasser, reiner Luft und giftfreien Lebensmitteln erst dann in mehrheitsfähigen Größenord­nungen erkennen, wenn es sie nicht mehr gibt.

Fazit. Was uns angenehm ist, ist eine Sache des Erkennens, also eine des Bewußtseins und so immer das Ergebnis von Lernprozessen. Darum können und müssen wir lernen unsere Sinne bewußter einzusetzen und die gewohnheitsmäßigen Vorgaben kritisch zu überprüfen.

So ist es ein Gebot der Vernunft, sich auf einem niedrigen Ver­brauchspegel einzupendeln, weil man nur so zu Steigerungen fähig ist.

Der Wert einer Sache steigt zudem mit dem Verständnis von ihr. Wer nichts von ihr weiß, wird sie vielleicht nicht einmal bemerken und an ihr gleichgültig vorbeigehen.

Wer beispielsweise die Pflanzen nicht kennt, wird durch die üp­pigste Flora tappen und sich nur langweilen. Anders der, der Gras und Kraut kennt, um ihre Entwicklung weiß, ihre Lebensbedingun­gen, ihren Wert für die Fauna, für Küche und Arzneischrank. Wer die Tiere nicht kennt, wird sich am Ende gar vor ihnen fürchten und kommt so um wunderbare Freuden. Wer auf Reisen geht und nichts über seine Route und die möglichen Entdeckungen an ihr weiß, wird sie verpassen, grad als wenn es sie nicht gäbe.

Auch wem nie Augen und Ohren für die Musik, die Malerei und Bildhauerei geöffnet wurden, ist ein armer Mensch. Die Auflistung ließe sich in alle Lebensbereiche fortsetzen.

Kein Genuß also ohne Erfahrung, Kenntnis und Bewußtheit. Das gilt auch für den Wert von Dingen. Solche, die mit persönlicher Lei­stung verbunden sind, etwa selbsterzeugte Nahrungsmittel, selbst­gefertigte Gegenstände, selbstvermittelte Fertigkeiten bei anderen usw., finden sich im Kopf (wo Lust ja entsteht) in begleitende Erinnerungen eingebettet. Wobei auch solche ursprünglich mühevoller, ja sogar schmerzhafter Art, da überwunden und gemeistert, häufig sogar die meiste Freude vermitteln.

3.

Wieviel Dinge braucht der Mensch zu seinem Glück, zehn, hundert oder zehntausend?

Eine müßige Frage, denn Menschen können für alle Dinge ein Bedürfnis entwickeln, sich an den Gebrauch und Verbrauch von allem gewöhnen.

Der biologische Bedarf dagegen kann sehr wohl aufgezählt werden: Sauerstoff, Nahrung, Flüssigkeit, Schlaf, Wärme, Bewegung und - mit einer gewissen Sonderrolle - Sexualität.

Die Erfüllung dieser Bedürfnisse setzt von Anfang an den sorgen­den Mitmenschen voraus, erst die Eltern, später einen weiteren Menschenkreis.

Der Mensch ist daher ein Gemeinschaftswesen, denn ohne schüt­zende Fürsorge könnte er nicht existieren. Menschen brauchen nichts so sehr wie andere Menschen, ihre Liebe, ein gewisses Maß an An­erkennung, aber auch, daß die anderen sie brauchen, also die Gele­genheit sinnvoll für sich und die anderen tätig zu sein.

Fast seine ganze Entwicklungsgeschichte war der Mensch mit der Sorge um die Befriedigung seiner Grundbedürfnisse beschäftigt. Diese Beschäftigung war durch ihre Notwendigkeit das Selbstver­ständlichste der Welt und unterschied sich nur durch seinen aktiven vorsorgenden Charakter, den Einsatz von Werkzeugen und wach­sendes handwerkliches und technisches Geschick vom Tätigsein der Tiere. Wesentlich aber ist, daß diese Tätigkeit stets Werkzeug für die Bedarfsdeckung war.

Erst die Trennung dieser Verbindung durch die Entwicklung von arbeitsteiligen Gesellschaften wandelte den Charakter des menschlichen Tätigseins vollkommen.

Der Menschen Tätigkeit wurde zur entfremdeten Arbeit, zur Ware, zum Handelsgut auf den Märkten. Mit seiner Tätigkeit wurde auch der Mensch selber zur käuflichen Ware.

4.

Grob unterteilt habe ich bislang zwei Arten von Arbeit erfahren. Da war die Berufsarbeit in der Fabrik, der ich mich nur des Entgeltes wegen unterzog und die Tätigkeiten in meiner Freizeit.

Es war nicht der vergossene Schweiß, der den Unterschied mach­te, auch nicht ob es Hand- oder Kopfarbeit war.

Der Unterschied war alleine die Freiwilligkeit, die selbstgestellte Aufgabe, die Einsicht in ihre Notwendigkeit, der ursächliche Zu­sammenhang von Tätigkeit und Bedürfnisbefriedigung.

Ob ich nun mein Haus gebaut, meinen Garten bestellt, Lieder, Bilder und Texte geschaffen habe - niemals war mir dieses Schaffen etwas Fremdes. Auch wenn ich nicht immer die Muße fand den Ar­beitsprozeß als solches zu genießen, weil die Notwendigkeit zum Fertigwerden drängte, so war nie eine Kluft zwischen mir und dem Produkt. Diese Arbeit war ich selber, mit ihr schaffte ich mich und mein Selbstwertgefühl.

Wer je das Glücksgefühl nach einer gelungenen selbstgestellten Arbeit erlebt hat, weiß, daß es nichts mit der Sattheit gemein hat, die bloßes Konsumieren hinterläßt.

Ich weiß deshalb, daß die Qualität unserer Arbeit der Schlüssel für ein lustvolles und maßvolles Leben ist. Wer sich in seinem Tätigsein wohl fühlt, braucht sein Glück nicht über den Umweg von Konsum und Besitz von Waren zu suchen.

Wenn man die im Warenüberfluß lebenden Menschen betrachtet, wie sie sich eine Sattheit nach der anderen kaufen, wie sie in ihren Benzinkutschen versuchen der inneren Leere und Ziellosigkeit da­vonzufahren, wie sie sich mit fremden Federn schmücken um Aner­kennung zu finden und sei es in der Form von Neid, wie sie ihre Körper mit immer schärferen Dingen zu reizen versuchen - erkennt, daß sich die Menschen verrannt haben und ihr "way of life" nichts mit Lebensqualität zu tun hat.

Kürzlich habe ich einen Bericht über die Lebensumstände von über hundertjährigen Menschen gelesen, die in manchen Gegenden gehäuft leben.

Allen Befragten war gemeinsam, daß sie ein nach unseren Begrif­fen eher kärgliches, bewegungsreiches bäuerliches Leben lebten. Die Trennung ihrer Aktivitäten in Arbeit und Freizeit war ihnen unbekannt, ebensowenig ein Ruhestand im Sinn unseres Rentenalters.

Alle diese Methusalems lebten in Gemeinschaften, in denen sie auch im hohen Alter ihren Teil zum allgemeinen Wohlergehen beitragen können und in denen ihr Wort noch etwas galt.

Bei uns ist es bekanntlich anders. Funktionierende Gemeinschaf­ten sind immer seltener, die Vereinzelung nimmt immer mehr zu. Die Wirtschaft benötigt die mobile, heimatlose Kleinfamilie, deren Arbeitskraft überall eingesetzt werden kann. Die "noch-nicht-Ware", die inder, und die "nicht-mehr-Ware", die Alten, werden von ge­sonderten Institutionen betreut, damit sie nicht stören.

Doch auch die Arbeit als solche ist meist weder lustvoll noch ge­eignet Mäßigkeit zu erzeugen , im Gegenteil. Die wenigsten Men­schen produzieren nützliche Güter, viele dagegen stellen überflüssige her, immer mehr gefährliche und schädliche. Der Rest verwaltet, be­treut und bewacht dieses unvernünftige System. Und alle suchen ihr Glück außerhalb ihres bezahlten Tätigseins.

5.

Ich habe nirgends behauptet, daß nur Arbeit glücklich macht. Doch wenn ich nun ein Lob auf die Beschaulichkeit und das Pausieren anstimme, dann bitte ich doch zu bedenken, daß ihr Wert durch das vorangegangene Tätigsein bestimmt ist. Wer nur faulenzt wird müde (faulenzen macht viel müder als arbeiten!) oder er langweilt sich zu Tode. Beides ist nur begrenzt lustvoll.

Am Schönsten fand ich immer das Ruhen nach dem angestrengten Tätigsein, das zufriedene Betrachten des Geschaffenen, das Planen des Weiteren. Ich lege das Werkzeug oft weg und trete von der Ar­beit ein paar Schritte zurück. Einmal wohl, weil ich ein Genießer bin und den Arbeitsfortgang des Werdenden vollständig auskosten will, zum Zweiten, weil in diesem scheinbaren Untätigsein das Eigentliche passiert, der schöpferische Vorgang im Kopf. Auch dafür gibt es nichts Entsprechendes in den Kaufhäusern...

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Leben und Leben lassen

Manifest von 1983

1.

Das Leben ist Gabe, genieße es. Das Leben ist auch Aufgabe, drum entwickle deine Fähigkeiten und wirke zum eigenen und fremden Nutzen.

 

2.

Begegne allen Geschöpfen so, wie du möchtest, dass man dir begegnet. Bedenke deine Natur und deine Angewiesenheit auf alles Lebendige und lass alles leben nach seiner Art. Freue dich über die Verschiedenheit der Menschen und ihrer Kulturen!

 

3.

Dir steht zu, was du benötigst. Alles was darüber hinausgeht bringt dir wenig Nutzen und vermehrt dein Glück nicht.

 

4.

Nach eigenem Bedürfnis zu denken und zu handeln, ist natürliches Recht. Unrecht ist, anderen zu schaden oder zu schweigen, wenn andere anderen schaden. Denn wer soll den Menschen zurechtweisen, wenn nicht der Mensch?

 

5.

Übe den Körper für den Geist und übe den Geist für den Körper.

 

6.

Setze dir wenig ferne Ziele und viele nahe. Gewöhne dich an steinige Wege, denn diese sind das Normale. Bevor du deine Kraft an Hindernissen vergeudest, versuche sie zu umgehen.

 

7.

Kehre um, wenn sich dein Weg als Irrweg herausstellt!

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1984 Nur keinen Rat!

Niemand habe das Recht zu raten und zu warnen, sagen sie, jeder muß für seinen eigenen Weg finden. Zu sagen, was not tut, sei anmaßend und immer auch Gängelung. Bedauerlicher halten sich die Gegebenheiten nicht an diese schönen liberalen Spielregeln: sie sind da und die Menschen haben sich ihnen anzupassen. Soll jeder ohne Hilfe die verrücktesten Labyrinthe durchirren? Soll wirklich niemand aus dem Schaden anderer lernen können, bzw. dürfen? Oder sollten nicht doch ein paar Reisebeschreibungen von denen, die sich die Nase bereits gestoßen haben, erlaubt sein? Sollen sie nicht auf die versengende Hitze des Feuers hinweisen dürfen, auf die Fettnäpfchen, die Fallstricke überall, die Nepper und Bauernfänger?

Auch wenn unsere Weisheiten klein und individuell sein sollten und manchmal bieder, so sollten wir sie doch anbieten, unaufdringlich zwar, aber doch anbieten.

 

1985 Übers Fernsehen

Wer hat nicht schon erfahren: vom Fernsehen einen interessanten Gedanken in den Kopf zu bekommen, diesen dann aber durch die nachfolgenden Sendungen, die man laufen ließ, wieder entführt zu bekommen.

Ich habe schon sehr viel ferngesehen, darunter sehr viel Mist, aber durchaus auch gute Filme. Die ganze Kunst besteht darin, den Apparat nur gezielt einzuschalten und ihn nicht, wenn er mal läuft, bis zum Sendeschluß anzulassen. Gewiß, manchmal hilft einem das langweilige Programm abzuschalten, doch eine zunehmende Zahl von Sendern - wir haben neben den drei Deutschen noch zwei Österreicher und einen Schweizer - läßt einen zuleicht nur umschalten.

Ich habe schon wiederholt versucht, mir das Fernsehen gänzlich abzugewöhnen, da hatte ich es mit dem Rauchen leichter. Es bleibt ein riesiges Loch, in dem man herumirrt und wovor man sich fürchtet. Selbst so Elementares wie Essen und Trinken, verliert, über lange Jahre mit Fernsehen konditioniert, viel an Reiz.

Nun bin ich noch ein vergleichsweise beschäftigter Mensch, der gerne malt und komponiert, liest und sich in der Natur bewegt. Doch immer mag ich das auch nicht, was haben nur die Leute früher mit ihrer Zeit gemacht? Da ich in den ersten zwanzig Lebensjahren ohne Fernsehen aufgewachsen bin, weiß ich es zwar noch schwach - wir haben viel gelesen, Radio gehört, sind ins Kino gegangen und ins Wirtshaus.

Es erschreckt mich, wenn ich mich heute so im Verwandtenkreis umsehe und - vor allem die Männer - das ganze Wochenende vor der Glotze hocken sehe, jeden sportlichen Krampf betrachtend. Doch die meisten von ihnen haben nur ihren Beruf, keine Tätigkeit, die sie in der Freizeit wirklich beschäftigt. Ohne den elektrischen Zeiträuber fühlen sie sich mit ihrem Pulsschlag allein gelassen. Ihre Endlichkeit dämmert ihnen mit einem Male, Sinnfragen tauchen auf und wollen verdrängt werden, und dann ist da diese Ruhelosigkeit, dieses Gefühl des Alleinseins, das sie rastlos macht, es ist das Ich, mit dem man so wenig anzufangen weiß.

Fernsehen ist für das Augenwesen Mensch, das von Natur aus gerne beobachtet, vor allem andere Artgenossen, das Mittel der Wahl, es ermöglicht, wie eine Piepshow das versteckte Beobachten. Schlimm ist halt das Einwegsehen, das zur Passivität verdammt sein, die fehlende Eingebundenheit in das was abläuft. Man lebt ein Leben aus zweiter Hand, man läßt andere die Bilder aussuchen, die man sieht, man läßt andere die Worte ausdenken, die man denkt.

Fernsehen ist wie ein Dieb, es klaut uns die besten Stunden. Ach, hätten wir nur die Willenskraft, es nur stundenweise an Regentagen oder langen Winterabenden einzusetzen!

Doch obwohl ich das alles weiß - auch ich lasse mich immer wieder fangen und elektrisch zum Narren machen. Manchmal flüchte ich mich in eine Umgebung ohne Stromanschluß und esse, schaue und denke und beschäftige meine Hände mit nützlichen Arbeiten.  

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1986 Grundsätzliche Gedanken über Politik

Ich verabscheue Verschwendung, Habsucht, Unrecht und Diskriminierung und der Teufel soll mich holen, wenn ich einmal anders denken sollte.

Immer wieder habe ich versucht nichtmaterielle Themen wie Arbeitsqualität, Entfremdung, Ausbeutung der 3. Welt durch die Industrieländer, Umweltzerstörung, Atomkraft usw. anzusprechen, das Interesse dafür war überschaubar…

Ich habe immer einen tieferen Ansatz gehabt, als ihn etwa Gewerkschaften und Sozialdemokraten zeigen, denn was hilft materieller Konsum, wenn er uns physisch und psychisch abhängig macht und unsere Gesundheit zerstört? Was hilt ein Leben, das größtenteils von einer sinnlosen Arbeit aufgefressen wird, die einen zwingt, sein Glück außerhalb von ihr zu suchen und das Leben in Arbeit und Freizeit teilt?

Wie soll man eine Wirtschaftsweise rechtfertigen, die sich alleine am Materiellen, Quantitativen orientiert und über Leichen geht? Was hilft eine Pseudowohlfahrt in einer künstlichen Welt, die unserer Natur nicht angepaßt ist und ihre Grundlagen zerstört?

Deswegen lebe ich heute so anders, als jene, die sich als "links" bezeichnen. Mit ihnen lehne ich dieses Gesellschaftssystem ab und träume von einer menschlicheren Gesellschaft, doch ich gehe weiter und lehne auch diese völlig verkommene Räuberzivilisation ab, diesen parasitären Lebenstil, mit seinem kindischen Konsum, seinem Materialismus, seiner Verschwendung, seinem Müll, seiner menschlichen Kälte usw.

Materiell lebe ich viel bescheidener als es üblicherweise heute Arbeiter leben, ja vielleicht bescheidener als diejenigen, die allgemein als arm gelten. Dennoch fehlt es mir an nichts, im Gegenteil bemühe ich mich ständig auf weiteren überflüssigen Verbrauch zu verzichten, alleine zu meinem Vorteil.

Das können Arbeiter, Gewerkschaftler, auch linke Grüne nicht verstehen, denn ihnen geht es darum durch "Klassenkampf" den materiellen Kuchen anders zu verteilen und sich selber auch ein größeres Stück davon abzuschneiden. So sind sie, ohne es zu merken, voll in den verachteten Prinzipien des bekämpften Systems verfangen. Egal, ob in West oder Ost, es geht überall nur um "Mehr- Haben" und Konsum.

Und dann ist da einer- sprachlich, im Äußeren und seiner Lebensgeschichte eher ein Linker, der zum Konsumverzicht auffordert und sein Glück in einer materiellen Mäßigkeit sucht.

Doch ich fordere keine Askese und erst recht keinen Verzicht auf Glück und ich vertröste niemandem mit einem Glück in einem schimären Jenseits. Im Gegenteil bin ich eher ein Genießer, der jeden Augenblick seines Lebens mit allen Sinnen auszukosten sucht. Nur habe ich halt erfahren, daß das Maximum dessen, was an Sinnlichkeit möglich ist, ein recht niedriges materielles Niveau erfordert, denn die wirklichen Genüße sind billig oder kostenlos zu haben: Atmen, sich in der Natur zu bewegen, sich seine Nahrung anzubauen und zuzubereiten, essen, trinken, schlafen, lieben usw. Ähnliches gilt für die kulturellen Genüsse wie Schreiben, Lesen, Musizieren, Malen, Formen, Dichten usw.

Diese Freuden kann jeder genießen und täten dies mehr Menschen, würde sich die Welt wirklich verändern, radikal.

Kein Umsturz eines Staatssystems kann da helfen, auch wenn verbesserte Rahmenbedingungen schon manches fördern und erleichtern könnten. Doch ein Umsturz der Produktionsverhältnisse läßt die verblendeteten Köpfe wie sie sind und die Hoffnung, daß sich in einem humaneren Sein einmal ein humaneres Bewußtsein entwickelt, ist nur in der Theorie richtig, wie sich in existierenden Großversuchen zeigt.

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1986 Zähe Wildgräser

Ohne Zweifel ist Gärtnern ein ständiger Kampf für die Kulturpflanzen gegen die Wildgräser um den begehrten Platz in der Sonne. Als Gärtner reißt man die Erde auf, beraubt sie ihres natürlichen Kleides, um seine Kulturpflanzen großziehen zu können. Dies ist ein mühseliges Unterfangen, denn die Wildgräser sind dem jeweiligen Standort in jedem Fall besser angepaßt. Wer jemals ein Stück Wiese in einen Gemüsegarten umgewandelt hat, weiß, in welch kurzem Zeitraum die Wiesenpflanzen die Wunde wieder schließen können. Wer nicht alle paar Tage seine Beete ausgrast bzw. die Erde um seine Kulturen lockert, so daß die Wildgräser permanent in ihrer Entwicklung gestört werden, wird sein Gemüse bald nicht mehr finden.

Für arme Gärtner wie mich, die aus beruflichen Gründen nur in den Ferien den "Kampf" mit den Wildgräsern aufnehmen kann, ist garteln nur mit Mulchen möglich.

Bei dieser Technik wird der Garten ständig mit einer Schicht aus Grasschnitt bedeckt, gut zwanzig Zentimeter dick, damit die Wildpflanzen diese nur schwer durchstoßen können und darunter eingehen. Ein weiterer Vorteil ist, daß dadurch auch viel weniger gegossen werden muß, denn die Bodenbedeckung reduziert die Verdunstung beträchtlich. Zudem ist der Mulch Nahrung für das Bodenleben uns in der Folge auch für die Kulturpflanzen (und für uns).

Dieser Düngeeffekt fällt weg, wenn man mit einer schwarzen Folie mulcht, wie man es oft im landwirtschaftlichen Gemüseanbau sieht.

Die Bauern in unseren Breiten haben eine andere Lösung gefunden, dem rückenbeugenden Kampf mit den Wildkräutern auszukommen: sie garteln nicht und verzichten auch immer mehr auf Feldbau, dafür düngen sie die Wildpflanzen auf Teufel komm raus, damit sie noch schneller wachsen um dann gemäht werden zu können für ihre Nutztiere.

 

1987 Über das Bauen/ Hirnbatzl für das Magazin Lichtung

Im Urlaub hält uns kaum etwas in unseren modernen Städten. Neben Sonne, Berge und Meer sind es die alten Mauern, die uns locken. Was ist es doch für eine Wohltat für die Augen, durch alte Dörfer und Städte zu schlendern! Kein Haus ist wie ein zweites, keine Fassade, kein Dach, kein Giebel, kein Tor findet man mehrfach. Die Häuser sind ineinander verwachsen - hoch, niedrig, schmal, breit, die Mauern oft schief und asymetrisch, der Putz unregelmäßig - eine gerade Linie wäre in dieser Umgebung ein Fremdkörper. Oft schon Jahrhunderte alt, sind die Gebäude stabil wie eh und je, wenn nicht irgendwo Wasser an tragendes Holz kam, dies ohne Stahlbeton und giftigen Holzschutz (doch dies nur nebenbei).

Die Baumaterialien sind immer typisch für die Gegend - Holz, Natursteine, gebrannter Lehm. Überall spürt man den Menschen: in den Mauern diejenigen, die sie aufeinanderschichteten, in den Balken die Zimmerleute, in den Türen und Fenstern die Schreiner, und im unregelmäßigen Pflaster der Menschen Schritte. Alles hat menschliches Maß. Obwohl gleichfalls künstlich, wirken die alten Siedlungen unendlich organischer wie unsere heutigen. Wie in der Natur ist alles verschieden und einmalig.

Unsere modernen Baustoffe dagegen sind überall im Handel erhältlich, die Kraft der Machinen und die Baumode schaffen sie überall hin. Ja, Häuser sind heute ebenso der Mode unterworfen wie alles andere, womit sich Geld verdienen läßt. Ist heute dieses "in", ist es morgen jenes. Mit verbundenen Augen in ein Neubaugebiet gestellt, könnte man, nach Entfernen der Binde, nicht sagen, ob man in einem Vorort Münchens, Hamburgs oder Zwinsings steht. Ich bedauere diese Gleichmacherei und Charakterlosigkeit.

Sicher gibt es auch gute Beispiele, vor allem Akademiker bauen neuerdings Häuser mit viel Naturmaterialien und gediegenen Details. Weniger Geldige mit kalten Häusern aus den sechziger und siebziger Jahren bringen gerne pseudorustikale Accessoires an die Fassaden (vor allem in ostbayerischen Fremdenverkehrsgebieten, es ist zum Weinen!), wobei Wagenräder, klotzige Fertigbalkone und funktionslose Fensterlädenattrappen alpenländische Gemütlichkeit suggerieren sollen. Und immer noch versteckt man guten Putz hinter Fassadenplatten aus Kunststoff, um nicht altmodisch oder ärmlich zu wirken.

Auch wenn ich gerne in manchem alten Haus wohnen und die alten Gebäude restauriert und belebt sehen möchte, fände ich es falsch, sie beim Neubau zu imitieren. Was wir aber von ihnen lernen sollten, wäre das erwähnte menschliche Maß, der Verzicht auf modischen Firlefanz, das Besinnen auf die heimischen Baumaterialien und das Bestreben ein unverwechselbares Haus zu bauen, das unseren individuellen Ansprüchen genügt. Das würde bedeuten, daß man sich nicht mehr ein Haus aus einem Katalog aussucht oder einen fertigen Plan von irgendjemandem übernimmt. Wer bauen will, sollte sich sein Haus in den Grundzügen, nach seinen Bedürfnissen, selber planen und erst danach zu einem Architekten gehen und sich beraten lassen. Von Vorteil wäre es auch, den Grundaufbau so flexibel zu gestalten, daß es auch noch die Enkel für ihre veränderten Bedürfnisse umgestalten können.

Überhaupt- viele werden entsetzt zusammenzucken- fordere ich Freiheit beim Bauen von Wohnhäusern! Ein Haus ist quasi unsere dritte Haut, und wie diese auszusehen hat, geht keine Behörde etwas an. Diese sollten weiter bei der Statik mitreden, beim Abwasser und bei den Feuerungsanlagen, ansonsten sollten sie sich auf Beratung beschränken. Damit keine Mißverständnisse entstehen: ich meine Wohnhäuser, die sich Menschen bauen um in ihnen zu leben. Auf keinen Fall meine ich Wohnblöcke, die einer für andere baut, meine nicht Gewerbe- und Industriebauten, die heute an Häßlichkeit kaum zu überbieten sind, meine nicht den Bau von Kraftwerken, Flughäfen, Kasernen und landschaftsfressenden Tiefbauten. Im Gegenteil, hier gehören die Vorgaben verschärft. Doch heute scheint es gerade umgekehrt zu sein: je größer ein Bauvorhaben und je potenter der Bauherr, um so kleiner erscheinen die Probleme mit der Genehmigung. Wäre es anders, würde unser Land nicht so heillos verbetoniert und unendlich häßlich und langweilig sein. Bei den Wohnbauten des kleinen Mannes läßt sich dagegen leichter dreinreden: von der Dachneigung bis zu den Fenstern wird ihm alles vorgeschrieben. Was dabei herauskommt ist allenthalben zu sehen: Uniformiertes, langweilig, gleich und kleinkariert.

Ich bestreite nicht, daß die Bebauungspläne erlassenden Kommunen, die einschlägigen Gesetze und diejenigen, die sie anwenden wollen, das Beste wollen, leider aber keine Individualität. Und der Spießergeschmack der meisten Bauherren will das ebensowenig. Self-made-Häuser, wie in den USA, sind den einen wie den anderen eine Horrorvorstellung. Alte Städte sind eben nur etwas für den Urlaub, zu Hause regiert weiter das Lineal.

Wer uniformierte Langeweile individueller Abwechslung vorzieht, dem läuft bei meinen Vorschlägen wohl zurecht die Gänsehaut. Doch schlimmer, wie heute, könnte es gar nicht werden! Und ganz auf Einschränkungen würde auch ich nicht verzichten, etwa die Vorgabe, daß keine Nachbarn geschädigt werden dürfen. Wenn man dann noch die Verwendung heimischer Baumaterialien vorschreiben würde und die Teilnahme an sachkundig machenden Kursen und Exkursionen für Häuslebauer, dürfte nicht mehr viel schiefgehen. Gelegentliche Auswüchse würden auch nicht schaden, denn diese wären unbezahlbar lehrreich...

Vielleicht würden dann unsere Dörfer und Städte wieder zum Spazierengehen einladen, so wie die alten Vorbilder...

 

 

1987Ansichten eines Internatssleiters über Pädagogik

Es ist eine Binsenweisheit, dass es vergleichsweise nicht mehr gute Pädagogen gibt, als es etwa gute Ärzte, Journalisten, Politiker usw. gibt, also nicht allzuviele.

Viele Erzieher und Lehrer haben ihre Berufswahl scheinbar zufällig getroffen, etwa, weil sie ihre Arbeitszeit lieber mit lebenden Menschen verbringen als mit toten Werkstücken oder Akten, was an sich ja schon ein guter Ansatz ist. Nun gehört die Betreuung und Förderung von Kindern und Jugendlichen zu den wichtigsten Aufgaben überhaupt, denn nichts weniger wird dadurch bestimmt als die Zukunft unserer Welt. Leider werden Lehrpläne und Wirklichkeit dieser großen Bedeutung nur wenig gerecht. Man sollte das Gute definieren und beim erzieherischen Handeln immer danach fragen, ob es geeignet ist, diesem Gutem näherzukommen. Was ich persönlich unter diesem Guten verstehe? Beispielsweise alles, was die Menschen gesund macht, geistig und körperlich, was sie befähigt über sich selber hinauszudenken und Verantwortung für andere zu übernehmen, was sie selbständig macht, ihr Gerechtigkeitsempfinden schärft, ihr Problemlöseverhalten schult, ihre Vorstellungskraft entwickelt, sie kausal denken lehrt und die Zusammenhänge dieser Welt zu begreifen hilft, alles was Naturverständnis fördert, gegenseitige Rücksichtsnahme, Bescheidenheit.

Jeder Reisende hat sein Ziel im Kopf. Um wenigstens die richtige Richtung einschlagen zu können, sollten doch wohl auch Pädagogen ihre Ziele umreißen. Ihr Erreichen ist dann sowieso wieder ein ganz anderes Thema, denn die möglichen Wege sind sehr zahlreich. Ich meine aber sicher zu wissen, daß man als Erzieher den Weg immer ein Stück vorangehen muß, was nichts anderes heißt, als daß man nur durch das eigene Beispiel erzieht. Wer erziehen will, hat erst einmal sich selber zu erziehen. Daneben muß ein Pädagoge natürlich die Regeln kennen, nach denen Verhalten gelernt wird und seine Arbeit darauf abstellen, denn ob man die Lerngesetze nun bewußt anwendet oder nicht - funktionieren tun sie auf jeden Fall.

So oft ich auch Erzieherinnen nach ihren Erziehungszielen befragte (was ich mir meist nur im Rahmen des Einstellungsgespräches getraute), eine klare Antwort bekam ich noch nie.

Doch die Schüler schätzen die freundliche Unverbindlichkeit der Erzieherinnen, die nichts fordern und niemals belehren oder den moralischen Zeigefinger heben. Zudem sind sie jung und attraktiv, duzen und lassen sich duzen, überlassen alles Ordnende dem Leiter und machen nach Feierabend die Internatstür hinter sich zu.

Nach meinem Verständnis haben, neben den Pädagogen, auch Berufsgruppen wie Ärzte, Richter, Politiker, Polizisten, Journalisten, Autoren und Künstler eine große moralische Verantwortung, haben gefälligst gerecht, ehrlich, den Schwachen verpflichtet und vorausschauend zu sein. Doch dies ist natürlich naiv, denn bei einer Berufswahl sind andere Aspekte ausschlaggebend: etwa das Ansehen eines Berufes in der Öffentlichkeit, der Verdienst, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Angst vor den Arbeitsverhältnissen in der Wirtschaft, der zu erwartende interessante Berufsalltag, vielleicht auch die Macht über andere usw. So ist man zwar Erzieher, aber das ist halt nur so eine Berufsbezeichnung. Wirklich erziehen will man niemanden, weil man sich selber im Grunde auch nicht ädern mag. Zudem hat der Begriff den Beigeschmack von Manipulation und riecht nach Politik. Letztere Annahme nicht zu unrecht, denn Erziehung ist wirklich immer eine politische Sache. Entweder erzieht man die Menschen zum Hinterfragen der jeweiligen Verhältnisse oder man tut es nicht, wobei die zweite Möglichkeit die bestehenden Zustände festigt, was hochpolitisch ist. (Dies sieht die Pharisäer, die hierzulande das Sagen haben, natürlich anders, für sie ist nur politisch, was die Menschen aufklärt und zum Nachdenken anregt, da sie in der Folge leicht aufbegehren könnten...)

Manchmal frage ich mich, was auf den Erzieherakademien eigentlich gelernt wird. Doch wie soll über einen Stundenplan menschliche Reife, Humor, Liebe zu den Menschen und Hunger nach Wahrheit und Gerechtigkeit zu vermitteln sein? Überhaupt ist es selbst durch beste Ausbildung nur in sehr beschränktem Maße möglich, gute Pädagogen zu bekommen, denn zum guten Teil entscheiden darüber charakterliche Eigenheiten, also das Persönlichkeitsprofil, das Ergebnis des eigenen Sozialisationsprozesses. Selbstverständlich kann und soll man Erzieher gut ausbilden und ihnen didaktische und psychologische Hilfestellungen geben, doch im Berufsalltag werden sich letztlich die verinnerlichten Konfliktlösemechanismen und der Charakter der Erzieherpersönlichkeit immer wieder vordrängen, besonders dann, wenn es darauf ankommt - in nichtvorhergesehenen Problemsituationen.

Es ist auch kein Trost, daß die verbreitete Wurstigkeit keine Eigenheit von Erziehern ist und es bei Lehrern in dieser Hinsicht sogar eher noch schlimmer aussieht, offenbar haben sich die meisten von ihnen ihren Beruf nur wegen der langen Ferien ausgesucht. Gute Pädagogen sind da wie dort eher selten.

Und ich? Bin ich überhaupt ein solcher? Eine Reihe von Jahren war ich das wohl, heute bin ich mir dessen nicht mehr so sicher. Alleine, weil die erlebten Enttäuschungen verhindern, daß ich - wie in den ersten Berufsjahren - im nötigen Umfang Vertrauen und Liebe investiere, um mir weitere schmerzende Erfahrungen zu ersparen. Nach wie vor mag ich die Menschen und die Fähigkeit mich in sie hineinzuversetzen ist eher noch gewachsen. Auch wenn ich gelegentlich vorschnell richte, läßt mich mein Gerechtigkeitsempfinden keine Ruhe finden, bis ich eine Sache wieder einigermaßen ins Lot gebracht habe. Ich lege auch immer Wert auf die Feststellung, daß es sich bei unangepasstem Verhalten nur um Regelverletzungen handelt, um nicht mehr und nicht weniger. Schlußfolgerungen auf charakterliche Mängel versuche ich grundsätzlich zu vermeiden, da sie niemandem  nützen. Immer wieder nehme ich mir vor, möglichst ohne Strafen auszukommen und noch mehr zu appelieren und in Güte zu regeln. Doch bei der Vielzahl der Schülern im Internat und ihrer dauernden Fluktuation, die wirkliche Vertrauensbildung fast unmöglich macht, sind Strafen einfach nicht zu vermeiden, auch wenn sie erzieherisch nur wenig bewirken. Darum bemühe ich mich parallel zu jeder Strafe, positive Ansätze der Schüler (auch wenn sie noch so klein sind) anzuerkennen und so zu festigen. Das sind übrigens Grundsätze, die bei der Ausbildung zu vermitteln sind und die auch ich durch Einsicht gelernt habe . Daher ist es kein Zufall, daß niemand mich öfter besucht, als die Schüler, die irgendwann bestraft werden mußten.

Es sind auch niemals mehr als etwa fünf Schüler von hundert, die unfähig sind, sich der geforderten sozialen Ordnung anzupassen. Durch besonderes Bemühen um diese schwarzen Schafe gelingt es dennoch zumeist, sie einigermaßen zu integrieren, dies jedoch nur, wenn ihre besonderen Probleme rechtzeitig zu erkennen sind. Leider fehlt meist die Zeit, sich auf einzelne Sorgenkinder länger konzentrieren zu können. Da sich aber einige von ihnen oberflächlich als angepaßt zeigen und unerkannt um so heftiger gegen die Regeln verstoßen, führt dies immer wieder zu tagelangem Ärger, Mißtrauen, Ermittlungen, Verdächtigungen, dem schweren Führen von Nachweisen, Lügen, Verleumdungen, Strafen.-

Meine Schüler sollen ruhig spüren, daß ich ein Mensch bin und wie sie Gefühle habe, die ich nicht verstecken will, Sympathie und Freude ebensowenig wie Empörung, Trauer oder Betroffenheit.

 

1987 Ernährungskurs

Ich habe etwa 15 Jahre lang Ernährungskurse abgehalten, meist gekoppelt mit einem Brotbackkurs. Bei etwa zehn Kursen im Jahr und durchschnittlich zehn Teilnehmern habe ich so in den Jahren an die 1500 jungen Menschen das Brotbacken beigebracht, sie aber hoffentlich auch angeregt, über gesunde Nahrung nachzudenken. Der nachfolgende Text soll ein wenig zeigen, was ich inhaltlich zu vermitteln suchte. 

Es liegt mir fern zu behaupten, richtige Ernährung wäre der alleinige Schlüssel zur Gesundheit, denn ausreichend Bewegung, gute Luft, ein genügend Maß an Sonne und psychisches und soziales Wohlbefinden sind ebenso wichtig.

Und doch, Ernährung ist ein überaus wichtiger Faktor. Doch nicht nur das "was" ich esse, ist entscheident (wenn dies auch das Thema des heutigen Vortrages sein wird), wesentlich ist auch das "wie", das "wieviel", das zu heiß oder zu kalt. Die meisten Menschen verschlingen das Essen viel zu schnell, dabei nehmen sie natürlich zu große Mengen zu sich, ihr Mund- quasi frustriert über das Zuwenig an Kauen, Schmecken, Auskosten- verlangt nach seinem Recht, das dann oftmals durch verrückte Ersatzhandlungen, wie Naschen, Dahinnuckeln und Rauchen ersetzt wird.

Essen ist mit der größte Genuß, den das Leben zu bieten hat, und man sollte sich deshalb diesem Genuß auch reichlich hingeben. Das geht auch solange gut, ohne Nachteile für die Gesundheit, solange man das Richtige richtig zu sich nimmt. Doch was ist richtig?

Um diese Frage zu beantworten, braucht man keine klugen Bücher, sondern alleine seinen Verstand.

Unser Körper mit seinen Organen hat sich in vielen Jahrmillionen entwickelt. Um gesund zu bleiben braucht er die Nahrung, an die er sich in diesen langen Zeiträumen angepaßt hat. Das was wir uns in den letzten fünfzig oder den letzten paar hundert Jahren angewöhnt haben, hat uns zwar hunderterlei Zivilisationskrankheiten beschert, keinerlei Einfluß aber auf unsere Körperfunktionen gehabt.

Im Vergleich zu unserer Entwicklungszeit ist das gerade wie eine Minute im Vergleich zu einem Tag. Um zu erkennen, welche "Urnahrung" dem Menschen begleitet hat, brauchen wir uns nur einmal die ganzen technischen Errungenschaften wegdenken: unsere Waffen, Werkzeuge, Kochtöpfe, unsere Beherrschung des Feuers. Über diese Dinge verfügen wir ja erst seit dem, was wir Steinzeit nennen, und selbst dieser Zeitraum ist wie ein Zentimeter zu einem Meter in unserer Entwicklungsgeschichte.

Schauen wir uns unseren waffenlosen Körper an, so merken wir schnell, welche Nahrung wir mit unseren bescheidenen Möglichkeiten erlangen konnten. Wir besitzen weder die Schnelligkeit noch die Sprungkraft der jagenden Tiere, unser Gebiß ist das Gebiß eines Früchteessers, völlig ungeeignet zum Aufbrechen von Tierkörpern, mit unseren wunderbar geschickten Fingern kann man Beeren und Blätter pflücken oder Wurzeln ausgraben. Wir haben keine Raubtierklauen, unser Darm ist im Verhältnis viermal länger als der von Raubtieren, unser Speichel ist alkalisch und nicht sauer wie der von Raubtieren, er besitzt das Enzym Ptyalin, das Kohlehydrate verdauen hilft, unsere Verdauung beginnt im Mund, Raubtiere verschlingen dagegen ihre Beute.

Der Mensch ist ohne Zweifel erst durch seine Waffen und anderen Hilfsmittel zu einem "sekundären" Raubtier geworden, er erhitzt die Leichenteile, wobei er sich fast vollständig auf Muskelfleisch konzentriert, was von den echten Raubtieren wenig geschätzt wird, denn diese trinken das Blut, fressen die Eingeweide und knacken die mineralstoffreichen Knochen. Auch darin zeigt sich die Verirrung des Menschen. Nur die Eskimos machen es anders, doch ihre durchschnittliche Lebenserwartung liegt trotzdem nur bei etwa dreissig Jahren.

Doch warum soll man sich überhaupt über diese Dinge Gedanken machen? Einfach deshalb, weil durch nichts mehr Menschen vorzeitig krank werden und sterben, wie durch Fehlernährung. Es ist kaum übertrieben, aber mindestens zwei Drittel aller Krankheiten ließen sich durch richtige Ernährung vermeiden, was heißt: überwiegend pflanzliche Kost essen und diese möglichst in natürlichem Zustand. "Laßt die Nahrung so natürlich wie möglich!", dieser berühmte Satz des großen Ernährungsforscher Prof. Kollath faßt alles in einem Satz zusammen.

(Für meine Kurse hatte ich mir nur Stichwörter zurechtgelegt, etwa die nachfolgend aufgeführten. Sie weiter in einen Aufsatz zu formulieren kann ich mich nicht aufraffen...)

Stichworte: (noch auszuformulieren!)

lebendige Nahrung, Versuchsschilderungen, Nahrungsmittel- Lebensmittel, Knochenverformungen, Unfruchtbarkeit

Energiebilanz von Nahrung, Energieverlust durch schwere und denaturierte Speisen

Verdauungsleukozytose, Probleme durch Erhitzung über vierzig Grad,

Eiweißproblematik/ Aminosäuren- Märchen, Baustoff-Funktion von Eiweiß, erhitztes Eiweiß als Baustoff unbrauchbar, unvollständige Verbrennung, Harnsäure, Gicht, Kapillarenverengung durch Ablagerung

Säureproblematik, Ph-Wert des Blutes liegt leicht im basischen Bereich, falsche Ernährung senkt den Ph-Wert des Blutes und dieses entmineralisiert Zähne und Knochen,

Zähne und Knochen brauchen Kautätigkeit und körperliche Belastung, besonders wichtig: vor dem 30 Lebensjahr wird die Knochensubstanz aufgebaut, danach verringert sie sich wieder.

Zuckerproblematik, Vitamin- B -Räuber, Übergewicht

Salzproblematik, Widerlegen der Salzlüge: wir brauchen zwar Natrium und Chlorid, das sich in Rohkost findet, nicht aber Natriumchlorid, Niere kann nur etwa 10-15 Gramm täglich ausscheiden, viele nehmen aber die doppelte Menge an Salz zu sich, das führt zu Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe,1 Gramm Salz wird in 125 cm³ Gewebewasser gelöst und gespeichert, Bluthochdruck

Probleme der Fleischernährung

- der Welternährung (1 Jäger- 10 Bauern- 100 Gärtner), bei fleischärmerer Ernährung wäre das Hungerproblem zu lösen,

- bestes Getreide und Soja für Tiermägen, unsere Agrarüberschüsse sind importiert, Gülleproblematik (Gewässer- u. Luftvergiftung, Waldsterben), Giftreimport

- fabrikmäßige Tierhaltung, Dauermedikamentierung, Antibiotikaresistenz,

- Vergiftung durch Verstopfung, Darmkrebs, Krampfadern, Hautunreinheiten

- Schlachten

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Wie richtig machen:

- möglichst natürlich, möglichst unerhitzt

mindestens 1 Drittel, besser 2 Drittel Obst- und Gemüserohkost,

doch vor den Mahlzeiten!

- salzarm

- kein Zucker

- wenig Fette

- wenig Fleisch

- gut kauen

- Mahlzeiten lecker bereiten, auf angenehme Stimmung beim Essen achten

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1988 Über Feste/ Hirnbatzl für das Magazin Lichtung

"Wo die Leute am wenigsten zu lachen haben, feiert man die meisten Feste!" Falls an diesem Sprichwort etwas dran sein sollte, hätten die Altbayern im Alltag ziemlich wenig zu lachen, denn von Mai bis September wechselt in unseren Breiten ein Fest das andere ab. Wer es darauf anlegt, kann den Sommer über von einem Maßkrug zum anderen wandern: die alten Volksfeste wurden verlängert, dazu kommen Stadt-, Wald-, Garten, Frühlings-, Sommer und Herbstfeste, dazu reichlich Feuerwehrfeste und Fahnenweihen. Kirchweih gibt es natürlich auch noch und schließlich bruzeln ungezählte Vereine an den lauen Sommerabenden und hoffen auf guten Ertrag. Irgendwo ist auf jeden Fall immer etwas los, ja, es wäre ja gelacht, wenn wir keinen Grund zum Feiern finden würden...!

Auch habe nichts gegen eine Maß Bier in geselliger Runde, auch wenn ich selten die Zeit dazu finde. Da ich also auch nur wenige Male im jahr feiere, ist das Feiern für mich etwas besonderes. Wer dauernd feiert, dem geht es wie uns allen mit den Bratwürsten: als es diese nur am Hl. Abend gab, galten sie als Leckerei. Heute ißt man sie zu jeder Gelegenheit und sie haben viel von ihrem Reiz verloren. Aber so ist es ja mit allem, was infaltionär gehandelt word, verliert seinen Wert.

Doch richtig, wir brauchen die vielen Feste ja in erster Linie, um die kleinen Brauereien am Leben zu erhalten, ach ja. Würden die Festgäste das Jahr über ihr Bier bei den ortsansässigen Brauereien kaufen, anstatt im Getränkemarkt vom Braumulti, bräuchte es das Opfer in den Festzelten nicht.., oder?

Doch vielleicht sind die vielen Feste auch nur eine Antwort auf die zunehmende Vereinzelung der Menschen. Jeder dritte Bundesbürger ist ein Single. Wo gibt es noch funktionierende Nachbarschaft, wo auch nur das Gespräch auf der Straße?

Heute winken sich die menschen höchsetens noch aus dem Auto aus zu und fahren - ins Fest, um dort echte nachbarschaft zu erleben.

"Na, Herr Nachbar, schmeckts?"

"I versteh nix, weil d´ Muse so laut is!"

"Wos ham s´gsagt? I hör nix...!"

Nun auch eine gescheite Blechmusik braucht heute einen Verstärker. Aber die Leute sollen offenbar nicht miteinander reden sondern schunkeln...

Doch nichts gegen Feste. Wenn sie mich anders verstanden haben, dann haben sie mich falsch verstanden. Schließlich helfen sie uns der Einsamkeit vor den elektrischen Bilderkisten zu entfliehen, mit denen man sich gar nicht unterhalten kann. Und überhaupts, mia vosamma scho nix, schließle hamma ja an Video..!

 

 

1989 Bedingungsloser Anschluß

Ich freue mich darüber, daß die künstliche Grenze, die Deutschland 45 Jahre teilte, nun endgültig gefallen ist und die Deutschen endlich wieder souverän sind (soweit man das bei den multinationalen wirtschaftlichen und militärischen Verflechtungen überhaupt sein kann). Über die Einzelheiten des Zusammengehens der beiden deutschen Staaten bin ich weniger froh, denn in der Sorge, man könnte die gewonnene Chance zerreden oder es könnte noch irgendetwas dazwischen kommen, haben sich die Bürger der ehemaligen DDR zu leicht über den Tisch ziehen lassen. Sie werden zweifellos bald zu spüren bekommen, daß auch ihr altes politisches System eine Reihe von guten Seiten hatte, auch wenn es sich nur um eine traurige Karikatur von Sozialismus gehandelt hat.

Ich gestehe, mir noch vor einem Jahr gewünscht zu haben (eine Vereinigung war ja damals noch undenkbar), daß die sturen Politbürokraten a´ la Honecker & Co durch weisere Führer ersetzt würden und endlich ein Sozialismus mit menschlicherem Antlitz sich entwickeln könnte, der nur noch die Rahmendinge regelt und sonst die Menschen ihre Geschick selber bestimmen ließe, der ökologische und sittliche Dinge in den Vordergrund schiebt, der Welt ein Vorbild an Freundlichkeit und Vernunft würde. Nun, die Mehrzahl der Menschen in der DDR wollten dies nicht, ihr Mißtrauen in ein neues sozialistisches Experiment war wohl zu gut begründet. Daneben lockten natürlich der westliche Konsum, über dessen zweifelhafte Wurzeln sie meinten nicht nachdenken zu müssen (sie, die Zukurzgekommenen!); daß sie darüber zukünftig mehr reflektieren werden als die Bundesbürger, ist wohl auch kaum zu erwarten. Trotzdem habe ich noch die Hoffnung, daß sie nach einer ersten Phase der Euphorie und des Konsumrausches - und der zweifellos eintretenden sozialen Ernüchterung durch die zu erwartende Arbeitslosigkeit - vielleicht doch noch einige sozialistische Werte einbringen werden; ich meine es würde unserem Dschungelsystem nicht schaden.

 

 

1989 Die wahren Gegner der deutschen Einheit

Diejenigen, die über Jahrzehnte am lautesten über die Trennung Deutschlands gejammert und gehetzt haben, waren es, die eine von den Sowjets in den fünfziger Jahren angebotene Vereinigung zu einem neutralen Staat ablehnten. Besonders publik wurde das aber nicht, denn stets wurde nur gesagt, daß die Russen an der Teilung schuld seien. Nun haben die Sowjets unter Gorbatschow sogar ihre Forderung nach Neutralität fallengelassen, die eigentlich nur zu verständlich war, angesichts der zwanzig Millionen Toten, die sie der deutsche Überfall der Naziarmee gekostet hatte. (Seit ich denken konnte, habe ich mich dafür immer geschämt. Ich schämte mich einem Volk anzugehören, daß, statt sich der begangenen Verbrechen an den Russen zu schämen, gerade dieses Volk wie potentielle Verbrecher behandelte. Mir kam das vor, als würde ein Mörder vor den Angehörigen der Opfer warnen.)

Aber vielleicht standen hinter Adenauer die westlichen Allierten, und er hatte die Vereinigung nur als deren Strohmann abgelehnt. Ich gestehe, das ist ein böser Verdacht, und falls er nicht zutreffen sollte, bitte ich ihn zu entschuldigen. Aber wir werden jetzt ja sehen, wer wirklich am meisten gegen die Vereinigung der beiden deutschen Staaten sich streuben wird: die Russen oder die Westmächte. Mit ihrer Ablehnung eines neutralen Deutschlands zeigen sie ja bereits recht offen ihr Mißtrauen, denn mit der Forderung nach weiterer Einbindung Deutschlands in die NATO wollen sie ja auch eine weitere Besetzung unseres Landes durch ihre Truppen rechtfertigen. In einem Fernsehbeitrag wurde aus England berichtet, daß dessen veraltete Industrie voll auf der Rüstungsschiene fährt, ja, ein Gewerkschaftsboss beschwor Leid und Verelendung hunderttausender Rüstungsarbeiter, wenn in der Rüstung durch die sich abzeichenende Entspannung größere Aufträge gestrichen werden sollten. Die Rüstung sei das Herz der Produktion im Land, wurde wörtlich gesagt. Viele Engländer haben also Angst vor Abrüstung, und ein Abzug der Rheinarmee erscheint vielen als apokalyptische Vision. Es ist wirklich zum Kotzen, daß Waffen Mordinstrumente sind, berührt offenbar nur diejenigen, deren Einkommen nicht von ihnen abhängt...

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1989 Sozialismus Ade

Die US-amerikanische Art zu leben sei einem Sauerteig vergleichbar, der selbst den größten Teig durchsetzt, schrieb Brecht einmal in einem reimlosen Gedicht im ersten Drittel des Jahrhunderts.

Die Gegenwart zeigt, daß sich in den sechzig Jahren seither nichts geändert hat. Die ehemals sozialistischen Staaten werfen alle ihre Errungenschaften über Bord, ihrer Bevölkerung kann es dabei gar nicht schnell genug gehen. Auch wenn, zugegeben, ihr sogenannter Sozialismus nur ein Zerrbild der von seinen geistigen Vätern unter der Barbarei des Kapitalismus geträumten Hoffnungen war, so erstaunt mich doch der zu Tage tretende Haß und die Blindheit der Menschen, wie sie in jene Verhältnisse zurückstolpern, die zu verlassen ihre Großeltern einmal alles gegeben haben. Sie wollen keinen neuen, menschlicheren Sozialismus, mit weniger Bürokratie und Partei, weniger Plan und weniger Gängelung. Wie entsetzlich müssen diese Verhältnisse tatsächlich gewesen sein, daß sich die Menschen lieber bedingungslos in die Arme derjenigen werfen, die bekanntermaßen für Geld alles machen. Alles, sagen sie, nur kein neuer Sozialismus! Einen dritten Weg lehnen sie ab, zu groß erscheint ihnen die Gefahr, daß die Planer von gestern wieder erstarken könnten. Erst einmal anständigen Kapitalismus - dann kann man ja weitersehen....

Vielleicht ist es aber gar nicht so sehr das Erstreben vermehrter individueller Freiheit, denn wieviele Menschen bei uns nützen diese schon tatsächlich? (die Menschen laufen eben gerne in der Herde hinter Hammeln her); allgemein wird gemutmaßt, es ginge allein um die Hoffnung auf größeren Konsum, um einen Platz am gefüllten Fleischtopf also, der aber bei uns nur deswegen so gefüllt ist, weil seine Füllung die Überlegenheit des kapitalistischen Systems anzeigen sollte (und weil ein guter Teil der Zutaten in der ganzen Welt zusammengestohlen ist). Ob der Fleischtopf weiterhin so gefüllt bleibt, wenn der Propagandaeffekt nicht mehr nötig ist, die Umwelt daran zugrunde geht und die Armen im Süden einmal aufbegehren, wird sich bald zeigen.

Welche Lehren sind zu ziehen? Ist es nun müßig, für die Menschen ein gerechteres Gesellschaftssystem zu erstreben, da sie einfach nicht sozial zu kriegen sind, weil sie nicht gleich sein wollen, weil sie sich in erworbenen Dingen unterscheiden wollen, weil sich stets in einem Ausleseprozeß die schlechten Menschen an die Schalthebeln der Macht drängen, weil jede neue Generation offenbar jeden Fehler selber machen will, weil Egoismus sich scheinbar alleine vermittelt, auf Dauer immer erfolgreich ist, soziales Denken und Verhalten dagegen ein unrealistisch hohes Maß an Einsicht und Feingefühl verlangt...? Wer kann schon durch einen See schwimmen ohne naß zu werden? Grad so ist es aber mit dem Egoistischen, also dem Bösen. Doch wie soll man einen See trockenlegen, wenn er von sovielen Quellen und Sümpfen gespeist wird? Die Lage erscheint hoffnungslos.Mit Luwig Hohl möchte ich sagen: Die Menschen ändern sich nicht. Wenige doch. Die andern: Laß!

 

 

 

1989 PC-Man

Pcman ist eine brauchbare Möglichkeit sich das Rauchen abzugewöhnen, denn wer dem Spiel einmal verfallen ist, hat keine Zeit mehr, sich eine Zigarette anzuzünden. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, einmal derart oft ein nimmersattes, blinkendes Maul mit den Cursortasten durch ein Labyrinth zu steuern, dabei Punkte aufzusammeln, mich an Lichtpunkten zu stärken und mit diesen geschöpften Kräften zu haushalten um nicht von gierigen, entfernt an Quallen erinnernde Geistern, die jene Punkte offenbar bewachen, die Lebensluft ausgelassen zu bekommen. Nur gut, daß man drei Leben hat, die aber doch dauernd zu wenig sind, denn die gefräßigen Geister sind lernfähig und nützen alle Festgefahrenheiten des Spielers und dessen Raffgier schamlos aus. Sie zu fangen erhöht die Punktzahl beträchtlich und nur zu leicht läßt man sich in der Gier nach Punkten von ihnen in ungünstige Wege locken, wo man sie zwar meist erwischt, die befristet erzeugte Immunität aber schwindet, so daß wir verloren sind. Es empfiehlt sich, nicht PCman zu jagen, sich nicht an ihnen zu rächen, (obwohl ihre Gerissenheit und Gnadenlosigkeit sie nicht gerade sympathisch machen) sondern sie nur zu packen, wenn sie auf unseren Wegen verkehren und keine Zeit kosten oder wenn alle Punkte aufgesammelt sind und Lebenskraft übrig ist. Doch Vorsicht! Nur wer seine Gier und seine Greiflust zügelt und diszipliniert sammelt, kommt in die nächste Schatzkammer und darf weitermachen! Auf der ersten Ebene mag man sich noch an sichere Teilstrecken halten; es gibt solche und die Geister scheinen teilweise an einen bestimmten Fahrplan gebunden zu sein. Auf den folgenden Ebenen aber gilt es sparsam mit seinen Kräften hauszuhalten, sich nicht zum Jagen verführen zu lassen und nicht zum Aufsammeln zusätzlicher Schätze, die allenthalben angeboten werden, es lohnt sich nicht! Später, ab der 5. Ebene mag man die dann auch reicheren Schätze mitnehmen, wenn Ihr Aufsammeln keinen zu großen Umweg bedeutet.

Neben Disziplin im Sammeln und einiger Überlegung über die Wahl der günstigsten Wegstrecken, muß man lernen Hacken zu schlagen, die Richtung blitzschnell zu wechseln und die PCmans in die Irre zu führen, was bei deren aggressiven Zielgerichtetheit schwer genug ist. Mögen sie einem in dem einen Moment noch blöde vorgekommen sein, weil sie in ihren Bahnen so festgelegt erscheinen, so sind sie es im nächsten Moment schon nicht mehr.

Ich habe das Spiel anfangs für verwerflich gehalten und nur die niederen Instinkte fördernd. Vielleicht sollte man dieses anfängliche Urteil annehmen, denn heute bin ich viel zu befangen und habe mich an die spannenden Jagden gewöhnt, zwischen vernünftigerem Tun. Die erste Zeit hat sich bei diesem Spiel mein Herzschlag beträchtlich erhöht, die Spielerei hat mich so fertig gemacht wie sonst nur größere Aufregung. Wenn ich meine Augen nachts geschlossen habe, bin ich gegen meinen Willen noch lange Lichtpunkten nachgefahren und durch das Labyrinth gekurvt, es war entsetzlich. Doch mit zunehmender Häufigkeit des Spieles bin ich ruhiger geworden. Heute schimpfe ich zwar ab und an immer noch, wenn mich die Geister knapp vor einem stärkenden Lichtpunkt fangen (manchmal scheint der Computer auch zu schummeln!), mein Herzschlag ist aber weitgehend normal. Ob das Spiel zu empfehlen ist, kann ich nicht genau sagen, unter dem Strich ist es wohl eher schädlich, denn es ist schwer, es nur gelegentlich zu spielen, es kann durchaus süchtig machen. Trotzdem ist es eine ganz neue Art von Spiel, es ist wahrscheinlich so gut und so schlecht wie "Mensch ärgere dich nicht". Doch während jenes die Geselligkeit fördert, fördern die Pcman eher die Vereinsamung, wie jedes Spiel mit unseren elektrischen Gehirnimitationen...

 

1990 Negative Auslese, wohin man schaut

EG-Bürokraten haben beschlossen, daß nur noch Äpfel mit einem Durchmesser über 55 Zentimeter gehandelt werden dürfen. Kleinere sollen entweder als Tierfutter verwendet oder ganz vernichtet werden.- Aus Brüssel kommen ja die unglaublichsten Beschlüsse, aber sowas...! Da kann man erst einmal nur schweigen und tief durchatmen. In solchen Verordnungen zeigt sich die ganze Hohlheit der Politik, die Beschränktheit unserer Führer, die nur nach Äußerlichkeiten urteilen. "Schein statt sein", "außen hui, innen pfui" usw, kann man da nur sagen. Es ist nicht nur bei den Äpfeln so, daß kleinere oft besser schmecken, daß weniger oft mehr ist, daß das Kriterium der Größe nur ein Kriterium ist, und selten das entscheidende. Aber so ist es ja wohin man schaut: überall wird hinter dem Aufgeblasenen und dem Glänzenden hergejagt. So findet dauernd eine negative Auslese statt, bei der das Bescheidene, Unscheinbarere, Unaufdringlichere, Leisere, Rücksichtsvollere auf der Strecke bleibt und das Laute, Aufgeblasene siegt.

 

 

1990 Wer rastet, der rostet

Mancher sucht sich zu schonen, mit seinen Kräften zu haushalten, um nicht vor der Zeit zu verschleißen. Doch von extremen über- und einseitigen Belastungen abgesehen, etwa bei Leistungssportlern, manchen Berufen usw. gilt, daß gerade ständige Übung und Belastung uns Menschen leistungsstark erhält. Die meisten unserer Leiden entstehen nicht durch den vernünftigen Gebrauch von Kopf und Körper, sondern durch den Nichtgebrauch. Wer rastet, der rostet, das Sprichwort sagt es kurz und bündig. Diese Regel gilt nicht nur für die Muskeln (die ja etwa unter einem Gipsverband schnell an Masse verlieren), sie gilt auch für die Gelenke, denn die vielgehörte Diagnose "Abnutzungserscheinungen" sind normalerweise keine solchen, sondern die Störungen haben ihre Ursache in Bewegungsmangel und Ablagerungen infolge falscher Ernährung. Dies gilt auch für die Knochen, denn der Körper baut überall dort Masse ab, wo sie nicht gebracht wird. Wer sich nicht bewegt, dessen Knochen verlieren Substanz und damit Festigkeit und Härte, dies gilt genauso für die Zähne. Neben der aggressiven Wirkungen, die unsere Zivilisationskost chemisch von außen und innen auf die Zahnsubstanz ausübt, ist es der mit dieser verfeinerten Kost einhergehende Verzicht auf das notwendige Beißen, das die Zähne stabil erhält. Es funktioniert hier gerade so wie bei den Knochen, sie werden entmineralisiert und zerbröseln oder zerbrechen dann bei Belastung.

Ähnliches gilt auch für unser Gehirn. Zoologen haben festgestellt, daß Haustiere ein Drittel weniger Gehirnmasse haben als ihre wildlebenden Artgenossen. Dies leuchtet auch ein, denn die Haustiere müssen sich weder um ihre Nahrungsversorgung kümmern noch um ihre Sicherheit. Da es bei der Natur keinen überflüssigen Ballast gibt, baut sie eben das überflüssige Gehirnvolumen ab. So ähnlich wird es wohl auch beim Menschen sein, egal ob jetzt ein Masseverlust stattfindet oder nur die "Schaltungen" und Zugriffsmöglichkeiten "einrosten": Wer seinen Kopf nicht fordert, wird geistig träge, dies kann bis zum erworbenen Schwachsinn gehen. Bei Menschen, die ins Altersheim kommen und sich um nichts mehr kümmern müssen, vielleicht auch noch durch ein körperliches Gebrechen in ihren Kontakten eingeschränkt werden, ist schon bald ein deutlicher geistiger Abbau festzustellen. Die Lehre die daraus gezogen werden sollte, dürfte klar sein: Übt und belastet Körper und Kopf, damit sie lange funktionstüchtig bleiben!

 

 

1990 Was Frauen und Männer unterscheidet

Frauen und Männer sind grundverschieden. Doch wieviel der Unterschiedlichkeit - um in der Computersprache zu sprechen- ist in der "hardware" schon festgelegt? Ohne Zweifel unendlich weniger, als gemeinhin angenommen wird, denn fast alle Verschiedenheiten haben ihren Grund im antrainierten geschlechtsspezifischen Rollenverhalten. Die Realität zeigt, daß bei entsprechenden Rahmenbedingungen und Training die Frauen durchaus zu beinahe allen männlichen Dumm- und Gemeinheiten fähig sind. Auch das körperliche Leistungsvermögen unterscheidet Männer und Frauen nicht grundsätzlich, wie Leistungssportlerinnen überflüssigerweise immer noch zu beweisen suchen. Aber das wußte man auch so, denn in vielen Kulturen wird praktisch die ganze harte Arbeit von den Frauen geleistet. Wo gibt es also strukturelle Verschiedenheiten, die auch durch gleiche Rahmenbedingungen nicht zu nivellieren sind? Nach meinen persönlichen und meinen Erfahrungen mit anderen, gilt das nur bei der Sexualität. Selbst wenn Mädchen und Jungen in einem freien Klima aufwachsen und ihre Geschlechtlichkeit als die natürlichste Sache der Welt erfahren, wird ihr sexuelles Verlangen dennoch verschieden sein. Nicht so verschieden, wie unter sexualfeindlicher katholischer Erziehung zwar, aber immer noch verschieden genug. Dafür gibt es zahlreiche Erklärungen. Tiere kennen keine Sexualität im menschlichen Sinn, der Koitus dient ausschließlich der Fortpflanzung der Art, die auch nur zu festgelegten Zeiten erfolgt. Beim Menschen hat sich die Sexualität von diesen Festlegungen befreit, sowohl Männer wie Frauen können praktisch jederzeit sexuelle Lust erleben, was sich auch in der Organbildung niedergeschlagen hat, die weiblichen Klitoris z.B. hat keine andere Funktion, als die des Lustgewinns. Da die Natur solche Möglichkeiten nicht grundlos entwickelt, gibt es auch in diesem Falle Erklärungen dazu. Entweder mußte der Zeugungsakt so attraktiv gemacht werden, um die Arterhaltung zu sichern, oder die Möglichkeit zur sexuellen Lust entwickelte sich, um in den immer länger werdenden Kinderaufzuchtzeiten die Gatten beisammen zu halten, so daß sexuelles Lustempfinden quasi zum Kitt für die Arterhaltung wurde. In jedem Fall koppelte sich die menschliche Sexualität von der reinen Zeugung ab, denn sonst würde die weibliche Klitoris nicht etwas abseits von den bei der Paarung berührten Geschlechtsteilen liegen. Auch das Lustempfinden anderer Körperzonen, wie Lippen, Ohrläppchen, Nacken usw. spricht dafür.

Die Unterschiede von Mann und Frau liegen nicht in der Fähigkeit sexuelle Lust zu empfinden, aber sehr wohl in den notwendigen Auslösereizen dafür. Nirgendwo habe ich bislang einen Hinweis auf diese Unterschiedlichkeit gefunden, die schon unzählige Partnerschaften zerstört hat. Bei Männern genügen als Stimulus für Sex schon optische Signale - etwa der Anblick des weiblichen Körpers. Diese Erregbarkeit ist also an optische Schlüsselreize gekoppelt und nicht personengebunden. Deswegen ist das christliche Gebot auch der psychischen Treue eine Unmöglichkeit, da jede Frau (mehr oder weniger) über dieselben Schlüsselreize verfügt, die die männliche Phantasie und in der Folge die Sexualorgane stimulieren. Bei Frauen scheint es diese optischen Auslöser nicht zu geben, zumindest nicht in der Ausprägung, weswegen die Pornoindustrie auch von den Männern lebt. Frauen brauchen, um sexuell stimmuliert zu werden, erst einmal ein gewisses Maß an psychischer Übereinstimmung mit dem Partner, ein gewisses Vertrauensverhältnis, müssen Sympathie für ihn empfinden, wollen von ihm anerkannt, liebkost und gestreichelt werden. (Vielleicht liegt auch deshalb die Klitoris außerhalb der Koituszone, des widerstandsfähigen, empfindungsarmen Geburtskanals, um, etwa bei erzwungener Paarung nichts für den Mann empfinden zu brauchen, außer vielleicht Hass und Abscheu).

Der größte Unterschied zwischen Mann und Frau ist aber der, daß ein Geschlechtsakt für eine Frau immer schwerwiegende Folgen haben kann, nämlich ein Kind, was neunmonatiges Austragen der Leibesfrucht bedeutet, Mühe, Beschwernis und Schmerz, früher sogar oft den Tod, von der Verantwortung und Sorge um das geborene Kind ganz zu schweigen. Für Männer dagegen bedeutet der Geschlechtsakt nur Lust. Kein Wunder also, daß die beiden Geschlechter verschiedene Einstellungen dazu entwickelten. Durch seine leichte Erregbarkeit und seinem in der Folge beinahe dauerndem Verlangen nach körperlicher Liebe hat es die Natur dennoch verstanden den Mann an Frauen (praktischerweise eine Frau!) zu binden und ihm so Verantwortung für die Kinder mitzutragen erleichtert. Und noch eins hat die Natur gleichzeitig entwickelt - ein Großhirn, das über sich selber nachdenken kann und Vernunft und Moral zur Verhaltenssteuerung einsetzt, wie wir wissen, leider mit bescheidenen Erfolg. Die Natur hat sich darauf nicht verlassen und die Kinderaufzucht deswegen auch noch mit der sexuellen Begierde abgesichert...

 

 

1990 Glockenterror

Wer schreit, hat es meist auch nötig. Wer im dunklen Wald (oder sonstwo) Lärm macht, tut dies in aller Regel, um sich Mut zu machen. Auch Hunde die bellen, machen sich damit wohl in erster Linie selber Mut. Warum also läuten Pfarrer dauernd mit den Turmglocken ihrer Kirche? Manchmal meine ich, sie hätten früher weniger oft und weniger laut geläutet. Steht nun dieses Mehr im Zusammenhang mit dem Weniger an Gläubigen? Wie es auch sei - mich treiben die Glocken noch zum Wahnsinn, rauben mir schon um 7 Uhr morgens meinen Schlaf (auch am Wochenende, ja da erst recht. Glocken schlagen, im wirklichen Sinne dieses Wortes, denn Lärm ist eine Form von Gewalt. Wer wie ich Nachtarbeiter ist und selten vor Zwei ins Bett kommt, kann das Getöse der Glocken nur hassen. Was sie mit der christlichen Lehre zu tun haben sollen, habe ich sowieso noch niemals verstanden. Sie haben damit sowenig zu tun, wie das Zöllibat, die Reichtümer der Kirche oder die Verknüpfung der Kirche mit den politisch und wirtschaftlich Mächtigen im Land, es scheint mir nur die Demonstration von Macht des Kirchenapparates zu sein, um die Menschen immer wieder daran zu erinnern, wer Lärm machen darf.

Doch was kann ich tun? Anzeige erstatten? Wenn ich mich recht erinnere, hat dies schon einmal einer versucht und ist bei den Gerichten abgeblitzt, es hieß Glockengeläute sei ein ortsübliches Geräusch, in Bayern sowieso. Was wurde dagegen in anderen Fällen nicht alles verboten: ein Hahn durfte nicht mehr krähen, Frösche durften nicht mehr quacken, Tennisbälle durften nicht mehr fliegen. Vielleicht geschah dies alles zurecht, aber dann bitte ich doch auch den kirchlichen Glockenterror stoppen, oder wenigstens auf wenige Gelegenheiten begrenzen; und das viertelstündige Geschlage der Turmuhr ebenfalls, denn mag dies in uhrarmen Zeiten sinnvoll gewesen sein, heute, wo schon jedes Kind mindestens eine Uhr hat, besteht dafür wohl keine Erfordernis mehr. Aber vermutlich sind auch Turmuhren in Bayern heilige Kühe (und wer die angreift, kann nur ein schlimmer Heide sein), erinnern sie uns doch alle Viertelstunden daran, daß wir unserem Schöpfer wieder ein Stück nähergerückt sind. Ich bin überzeugt, daß uns die Kirche mit Absicht unser Leben mit Glockenschlägen zerhackt, um es uns zu vermiesen. Schließlich ist nach ihrer Auffassung das Leben ja auch nur ein Jammertal (sie tut alles, daß es das wirklich ist!) und Eignungstest für den Himmel...

 

 

1991 Der "Innen"-Wahn

Es zieht mir den Bauch zusammen, wenn ich sehe, wie in der "alternativen" und linken Kulturszene - um den Feministinen zu gefallen - von BürgerInnen, SchülerInnen, ArztInnen usw. geschrieben wird. Ein medizinisches Buch eines einschlägigen Verlages mußte ich entnervt weglegen, weil mich diese sprachzerstörenden Floskeln vom Lesen des Inhaltes abhielten. Seit einiger Zeit gibt es derartige Sprachvergewaltigungen auch in einem ostbayrischen Magazin, das ich seinerzeit mitinitiiert hatte. Nun könnte man sagen, daß wäre halt das Problem eines Matschos und diese Art von Männern werde sich zukünftig noch an manches gewöhnen müssen. Es ist aber in keiner Weise so, daß ich Frauen in meiner Weltsicht auch nur im Geringsten hintenanstelle. Im Gegenteil gefallen mir viele als typisch weiblich geltende Eigenschaften so, daß ich sie mir auch bei Männern wünsche. Im übrigen habe ich die Gesellschaft von Frauen derer von Männern meist vorgezogen, eben weil den Frauen die typischen Matscho-Eigenschaften meist fehlen. Als Erzieher hatte ich beinahe nur weibliche Kollegen, als Internatsleiter betreute ich tausende Mädchen und junge Frauen und ich glaube, nicht eine wird mir auch nur die geringste Diskriminierung nachsagen können. Man wird es albern finden, daß ich derartige Zeugnisse überhaupt anführe, doch die Erfahrung mit manchen sogenannten "Emanzipierten" sagt mir aber, daß mein Votum ohne diese Referenzen sofort in eine Ecke geschoben würde.-

Ich möchte auch betonen, daß ich sehr wohl weiß, wie sehr Sprache und Denken verbunden ist und daß sich in unserer heutigen Sprache auch alte Macht- und Denkverhältnisse widerspiegeln. Dennoch ist dieses Herunterleiern von "er und innen" usw. eine gräßliche Sache und dient dem beabsichtigten Zwecke wohl in keiner Weise. Mich erinnert dieses formelhafte Geratsche immer an das Wortgeratter von der "Deutsche Demokratische Republik" die in den politischen Reden von Ulbricht und Honecker die Menschen so ermüdet hat. Mit formellen Geleier kann man zwar die Menschen ärgern und einschläfern, Denkänderungen werden damit aber wohl eher verhindert. Nicht umsonst sind diese "er-und innen-Formeln" in gesprochener Form auch zuerst bei Politikern aufgetaucht, die den weiblichen Wählern schmeicheln wollten um ihre Stimmen zu kriegen. Was ich vorschlage? Erst habe ich gegrübelt, ob man für einschlägige Begriffe durch Anhängen einer neutralen Endung oder durch Einführen eines neuen, gemeinsamen Geschlechts o. ä. die Sache lösen könnte. Ich glaube aber, das wäre noch alberner und ich würde mir dann die Ohren verstopfen und die Augen verbinden müssen, um nicht noch mehr leiden zu müssen. Ich bitte euch deswegen, ihr Frauen, laßt unsere Sprache wie sie ist und unterbrecht die süßen Redner, wenn sie mit dem "innen" zu sülzen beginnen. Freut euch darüber, daß die alten, auf Männer bezogenen Ausdrücke nun auch für euch gelten, denn daß sie für euch gelten ist doch das Wesentliche. Und tröstet euch damit, das Sprache sowieso immer nur eine Krücke bleibt, um das auszutauschen was man meint. Vielleicht fällt uns aber auch noch irgendwann etwas besseres ein..!

 

 

 

1991 Die modernen Raubnomaden

Der Mensch war, wie die meisten anderen Lebewesen, über Jahrmillionen Nomade, er zog seiner Nahrung nach. Er nahm was er brauchte, schied aus, was er nicht mehr benötigte und zog weiter, wenn die Nahrung aufgegessen war oder anderswo bessere lockte, niemals lebte der Mensch mehr im Einklang mit der Natur. Auch heute gibt es in den Weiten Asiens, Afrikas und Amerikas noch Nomadenvölker die so leben. Ich habe vor ihnen die größte Hochachtung und glaube, daß wir sogenannten Seßhaften viel von ihnen lernen können. Ja, ich glaube, daß dies solange die vernünftigste Art zu leben ist, wie die Landfläche mit der Zahl der Menschen harmoniert, was aber heute beinah nirgendwo mehr der Fall ist.

Die Geschichte lehrt, daß nach der Nomadenzeit die Ackerbaukulturen kamen, die Arbeitsteilung, die Städte und alles was man Zivilisation nennt und, mit zunehmendem Abstand zur Natur, die Anmaßung des Menschen, alles außer ihm ausnutzen und ausplündern zu dürfen. Neben den existentiellen Bedürfnissen erfanden die Menschen tausend künstliche, die zu befriedigen ihnen jedes Mittel recht erscheint.

Die alten herumziehenden Naturvölker hatten es nicht nötig, für ein Stück Land Verantwortungsgefühl zu entwickeln, einmal war genug davon da, zum anderen fehlten ihnen die Werkzeuge (und auch der Antrieb) die Erde anders zu behandeln als es vernünftig war. In der ganzen menschlichen Entwicklungsgeschichte war es daher nicht nötig, dieses Verantwortungsgefühl zu entwickeln und folgerichtig fehlt es auch den modernen Menschen. Dies ist unser nomadisches Erbe.

Heute, wo die Menschen wegen ihrer großen Zahl, der Bequemlichkeit und des besseren Wirtschaften wegens, seßhaft geworden sind (oder es zu sein scheinen) hat sich zwar unser Konsum und unser Abfall vervielfacht, nicht aber die Fähigkeit für etwas außer uns, unserer Familie oder unseres Besitzes, Sorge zu tragen. Das Land (erst recht wenn es uns nicht gehört), das Wasser, die Luft sind uns nur tote Dinge, die wir für unsere Zwecke gebrauchen. So haben wir es zwar verstanden, beispielsweise den Ertrag des Landes durch verschiedene Kunstkniffe zu erhöhen, doch wer begreift den Mutterboden schon wirklich als unser aller Mutter? Nur die Nachdenklichsten von uns haben begriffen, daß wir ein Teil der Erde, des Wassers, der Luft sind, untrennbar damit verbunden; daß alles, was wir unseren Lebensgrundlagen antun letztlich in uns und unseren Kindern landet. Die Menschen nennen sich heute zwar seßhaft (worauf sie sich viel zugute halten) übersehen aber, daß selbst der seßhafteste Moderne im Grunde eine neue Art von Nomade ist, ein hirnloser Raub-Nomade, der grenzenlos einheimst. Er kauft sich die Waren die er braucht (oder zu brauchen glaubt) von überall, er grast praktisch Weiden ab, von denen er manchmal nicht einmal weiß, daß es sie gibt und er verteilt seine giftigen Ausscheidungen über den ganzen Planeten. Durch diese gigantische und beziehungslose Raub-Nomaderei ist es schier unmöglich geworden, für die Folgen des Handelns Verantwortung zu tragen, ja nur ansatzweise möglich, die Folgen in etwa zu erahnen. Dieses Raubnomadentum der modernen Seßhaften muß als das Grundübel unserer Zeit begriffen werden.

Es scheint ein menschlicher Grundzug zu sein, nur das zu schätzen und pfleglich zu behandeln, was einem gehört. Deshalb ist der ganze Welthandel, wo Waren irrwitzig hin und hergeschoben werden, die Arbeitsteilung immer weiter getrieben wird, ein tragischer Irrweg. Das Gegenteil davon: regionales Wirtschaften, Zurückfahren der Arbeitsteilung auf ein vernünftiges Maß, und individuelle Verantwortung für ein Stück Land - scheinen mir alleine in der Lage, die Einsicht und das Verantwortungsgefühl der Menschen entwickeln zu können.- Doch die Menschen sind faul, taub, träge im Denken, kurzsichtig und alleine an ihrem kurzfristigen Vorteil interessiert. Und hat eine Generation wirklich einmal durch Schaden etwas begriffen, so wird die nächste es bestimmt nicht übernehmen. So schaukelt sich die Menschheit immer nur millimeterweise von der Barbarei weg; trotz der menschlichen Bildsamkeit, des Einsichtsvermögens und seiner grundsätzlichen Gutmütigkeit.

Die Aussichten sind trist, alle bedeutenden Entwicklungen gehen in eine üble Richtung, an deren Ende der Zusammenbruch des Ökosystems stehen muß.

 

1991 Kritik der gegenwärtigen Weltwirtschaft

Die Welt ist klein geworden, das weiß jeder, ebenso daß die Reichen ihren Wohlstand von überall zusammenstehlen. Alles Leben auf der Erde greift ineinander, wir trinken dasselbe Wasser, atmen dieselbe Luft usw. Daß alle Menschen vor Gott gleich sind, haben weise Religionsstifter schon vor tausenden von Jahren gepredigt, daß alle Menschen dieselben Menschenrechte haben, steht in der UN-Charta. Der Sozialismus hat internationale Solidarität gefordert und auch, daß sich die Unterdrückten aller Länder vereinigen sollen, denn eine wirkliche Kluft gäbe es nur zwischen denen, die Menschen ausbeuten und denen, die ausgebeutet werden.

In allen Sonntagsreden gilt Völkerverständigung als hoher Wert, der Fall von Landesgrenzen als Fortschritt.

Daß Rassisten und Faschisten immer das Gegenteil wollten und Menschenrechte mit Füßen traten (und treten) ist ebenfalls bekannt. Daß aber zum Ende des zweiten Jahrtausends nach Christi das nationale Denken wieder derartigen Aufschwung nimmt und sich auf der ganzen Welt wieder Volksgruppen die Schädel einschlagen, ist entsetzlich und zeigt wie barbarisch die Menschen immer noch sind, wie beschränkt, egoistisch und kurzsichtig.

Anstatt die ökologischen und Verteilungsprobleme anzugehen, weltweit die Menschlichkeit voranzubringen, werden Kriege geführt und treibt blinder religiöser Dogamtismus Blühten wie in finsteren Zeiten des Mittelalters, nur daß die Mordwerkzeuge in der Zwischenzeit unendlich effektiver geworden sind. Doch die Erde ist klein geworden, die Bevölkerungsentwicklung ist explodiert, gleichzeitig wird der nutzbare Lebensraum aber durch die Folgen der menschlichen Mißwirtschaft immer kleiner. Das Bild vom gemeinsamen Boot Erde, wie es manchen Astronauten aus dem All erschien, ist treffend. Doch wie lange kann ein Boot schwimmen, auf dem das Faustrecht herrscht? Auf dem es Hunger bei den einen und Überfluß und Verschwendung bei den anderen gibt? Wer auf einem Schiff bei den Armen die Bordwände abbaut und bei den Reichen verheizt, kann nur ein Narr sein, denn wenn irgendwo Wasser eindringt, werden schließlich alle ersaufen.

Doch welche Möglichkeiten des weltweiten Miteinander haben wir? Die gegenwärtige Situation: Ein eher kleiner Teil der Menschheit, weitgehend Nachfahren ehemaliger Kolonialmächte, hat durch Know-How, Infrastruktur, technische Möglichkeiten, Finanzmittel, militärische Mittel usw. die Macht sich seine Konsumgüter aus der ganzen Welt zu beschaffen. Alleine durch Schulden- und Zinsdruck sind die armen Länder gezwungen Güter zu exportieren, für die Produktion der Güter werden technisches Gerät, für die Absicherung der meist unsozialen Produktionsverhältnisse Waffen importiert, was die Verschuldung und den erwähnten Teufelskreis in Gang hält. Sobald ein Land daraus aussteigen will, oder sich mit Leidensgenossen zu organisieren sucht, antworten die reichen Ländern mit Waffengewalt, häufig auch verdeckt über Umwege. Es werden Konflikte geschürt, dem eigenen Vorteil genehme Kräfte unterstützt, damit die Vereinzelung der armen Länder erhalten bleibt.

Durch diese Politik werden natürlich in der ganzen Welt Krisenherde unterhalten, was zu Verfolgung und Vertreibung von Menschen führt. Viele von ihnen drängen in die reichen Länder um dort Asyl zu bekommen. Eine noch größere Zahl, die sogennanten "Wirtschaftsflüchtlinge" gehen denselben Weg, um für sich mehr Wohlstand zu erlangen, in dem sie sich als Verfolgte ausgeben. Natürlich ist es ein Unding, wenn einer die fremden Menschen nicht haben will, bei ihren Produkten (die billig feilgeboten werden) aber mit beiden Händen zugreift!

Die reichen Ländern, die einen guten Teil ihres Wohlstandes auf ehrliche, halbehrliche oder räuberische Weise von den armen Ländern haben, wollen zwar auf die Waren nicht verzichten, gerne aber auf die fremden Menschen. Man befürchtet Überfremdung, hat rassistische Vorbehalte, Angst vor sozialen Konflikten und verweist auf eigene Übervölkerung, Umweltprobleme usw. Liberale, linke und christliche Humanisten pochen aber auf die Menschenrechte und fordern eine multinationale, multikulturelle Gesellschaft.

Diese Forderung zuende gedacht hieße, daß es parallel zum freien Weltmarkt der Waren auch einen solchen an Menschen geben müßte, also neben weltweit freien Warenfluß einen ebensolchen Menschenfluß. Eine im ersten Moment bestechende Idee: Die Menschen siedeln sich dort an, wo sie wollen, behalten ihre kulturellen Eigenheiten oder verschmelzen mit den anderen, alle sind frei und gleichberechtigt usw. Mir ist diese Vorstellung persönlich sehr sympathisch, ich habe schon immer gerne mit toleranten Menschen anderer Kulturen zusammengelebt, landsmannschaftlicher Dunstkreis war mir stets zuwider, ein Deutschland, indem nur Deutsche leben, geradezu ein Alptraum. Ich meine auch, wer ja zu freiem Warenverkehr und grenzüberschreitender Umweltzerstörung sagt, muß ebenso Ja zu freiem Menschenverkehr sagen! Da ich aber zu dem Einen Nein sage, muß ich es auch zum anderen tun. Nicht weil mir der Gedanke daran nicht gefällt, sondern weil dies die Verstädterung, die zerstörerischen Konzentrationen von Menschen, Waren und ihrer tödlichen Ausscheidungen noch mehr vorantreibt, weil es zwangsläufig die Menschen der Natur noch mehr entfremdet und unser Ende noch mehr beschleunigen würde!

Völkerwanderungen zu den Fleischtöpfen sind aber die logische Folge unseres heutigen Wirtschaftens, denn Menschen suchen immer ein möglichst bequemes Leben zu führen. Die sozialen und ökologischen Folgen wären für die ganze Welt katastrophal, denn über 5 Milliarden Menschen wollen gut verteilt sein. Überall wo Menschen zu eng aufeinanderleben, wächst das Elend und die Kriminalität, wie sich in allen Metropolen auf der ganzen Welt zeigt. Es gibt nur wenige Beispiele in der Geschichte, wo verschiedene Kulturen und Völker friedlich nebeneinander lebten und noch leben, jede Menge Beispiele aber, wo sie sich haßten, diskriminierten und bekämpften. Wenn ich heute die Völker der Sowjetunion sehe, wie sie wieder ihre alten Nationalstaaten erstreben und Minderheiten bekämpfen- oder der Dauerkonflikt auf dem Balkan, im vorderen Orient, auch in den USA, wo zweihundert Jahre Demokratie noch nicht Rassismus und Diskriminierung beseitigt haben, dann kann ich an einen Erfolg weiterer Vermischungen nicht glauben. Einwanderungsfreiheit zu fordern ist für wirtschaftlich abgesicherte Idealisten das eine, für Menschen, die auch heute schon in Not leben und um ihren Arbeitsplatz fürchten etwas anderes. Gut ist der Mensch, wenn er satt ist, schlecht, wenn er um seine Existenz bangen muß!

Es geht einfach aus tausenderlei Gründen nicht, die alle in unserer Beschränktheit wurzeln.

Um nochmal das Bild von den Fleischtöpfen aufzugreifen: Diese sind nicht länger haltbar! Reichtum und Überfluß sind die andere Seite der Medaille von Armut und Mangel! Die Reichen müssen abgeben und die weitere Ausbeutung der Armen, was ja die Quelle des Reichtums ist, muß gestoppt werden! Ich weiß, daß die Wirklichkeit unendlich komplex ist, die wirtschaftlichen Verwicklungen scheinbar unauflösbar, die Zerstörung der anderen Kulturen durch die europäisch-amerikanische Zivilisation, die einem Krebsgeschwür gleich wuchert und bereits in den entlegensten Winkeln der Erde ihre Metastasen gesetzt hat, kaum rückgängig zu machen. Und weil gegen Karzinome auch mit Apparatemedizin wenig auszurichten ist, Stahl und Strahl die Lebenserwartung nicht wirklich verlängern, kann das Heil nur in der Prophylaxe liegen, also: Vermeidung krebsauslösender Bedingungen, Stärkung des Organismus, Umstimmungstherapie...

Oder meint jemand - um nochmal ein medizinisches Bild zu bemühen - daß ein Körper überleben kann, wenn die Körperzellen aus unterversorgten Körperregionen alle zum alles an sich reißenden Karzinom wandern?

Die allerwenigsten Menschen würden, wenn sie eigenes Land, Brot und Gerechtigkeit hätten, ihre Heimat verlassen wollen. Deswegen gilt es das Wohlstandsgefälle abzubauen, denn solange es Reiche und Habenichtse gibt, wird es Flüchtlinge geben. So wie eine Säure nach einer Base und diese wiederum nach einer Säure strebt, um sich gegenseitig zu neutralisieren, muß es auch zwischen Armut und Reichtum zu einem Ausgleich kommen. Kein Mensch sollte sein Land mehr aus wirtschaftlicher Not oder politischer Verfolgung verlassen brauchen! Jeder sollte sich zur Kultur seiner Wahl bekennen können, die Völker einander begegnen und gerade wegen ihrer Eigenarten achten. Die Vermischungen, die sich dann unter Gleichrangigen ergeben würden, liefen auf einer anderen Ebene ab und wären von Wertschätzung füreinander geprägt.

Ich verurteile also radikal unsere heutige Weltwirtschaftsordnung und ich bin dafür, daß jedes Volk nur dann Waren exportieren darf, wenn die primären Bedürfnisse aller Mitglieder gedeckt sind. Nur die wirklichen Überschüsse dürfen gehandelt werden. Da das heutige Zinssystem die Ursache von neuer Versklavung und Inflation ist, muß die Wucherei des Kapitals geächtet werden.

Jedes Volk muß erkennen, daß sein einziger Reichtum sein fruchtbares Land ist, dessen Artenvielfalt und die Gesundheit, Bildung und die Fähigkeiten seiner Menschen.

 

1991 Meine Pyramidentheorie

Warum wurden die ägyptischen Pyramiden, diese unglaublich präzisen künstlichen Berge erbaut? Nun bin ich zwar kein Archeologe, doch die üblichen Deutungen als Grab- oder Schatzkammern erscheinen mir nicht glaubwürdig. Ich meine aus allgemeinem Wissen um den Menschen eine begründete andere Theorie aufstellen zu können. Ich bin auch sehr wohl der Meinung, daß es legitim ist von den Beweggründen heutiger Menschen ein paar tausend Jahre zurückschließen zu dürfen, denn neben all dem technischen Fortschritt hat sich das Sozialverhalten der Menschen kaum oder gar nicht verändert: ungerechte Lebensverhältnisse treiben die Menschen immer wieder zu den gleichen Verhaltensweisen. Vor was haben die Begüterten und Mächtigen Angst? Natürlich vor der Vergeltung derjenigen, die ihren Reichtum begründen und über die sie Macht ausüben. Sie (die Wenigen) versuchen also Vorsorge zu treffen für den Fall, daß die Vielen (eigene oder fremde) ihnen Leben und Reichtum wegnehmen könnten. Diese Vorsorge reicht von der Verteilung und Stufung von Vorrechten und Ämtern an systemtragende und regelnde Gruppen (auch hier hat man Pyramiden gebaut: Ständepyramide!), bis zur Förderung einer die Vielen irreleitenden und deren Unwissenheit ausnützenden Priesterschaft und dem Unterhalt waffentragender Einheiten. Üblicherweise reichen diese Maßnahmen auch aus, Herrschaft zu sichern, doch wie heute allenthalben zu sehen, hat die Sucht der Habenden sich abzusichern keine Grenzen, sie schaffen sich (und ihren Schätzen) sowohl Domizile außerhalb des eigenen Landes als auch unter der Erde in atombombensicheren Bunkern usw. Warum soll es bei den Pharaonen anders gewesen sein? Glaubt wirklich jemand, daß die Grabkammern im Inneren der Pyramiden nur für die Mumien so großzügig ausgestattet worden sind? Vermutlich sind der Totenkult und die damit verbundenen religiösen Vorgaben auch die Schiene gewesen, auf der das Volk zum Bau dieser künstlichen Berge zu bewegen war, denn zu solchen Taten treibt nur religiöser Fanatismus und keine Knute. Kurz: ich bin also der Meinung, die Pyramiden sind als unzerstörbare und uneinnehmbare Zufluchtsorte für die Herrschenden gebaut worden. Für diese Annahme sprechen auch die komfortable und kunstreiche Ausstattung, die Schatzkammern, die Getreidefunde, die Luftschächte und die verborgenen Zugänge. Ob die Pyramiden auch derart genützt worden sind, weiß ich nicht, aber vermutlich werden auch die Atombunker unserer Reichen überwiegend unbenützt bleiben.

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1991 Negative Auslese am Beispiel der Ärzte

Die Gruppenbildung bringt die Abgrenzung, zu allem was außerhalb ist, naturgemäß mit sich. Innen und außen, wir und die anderen! Dies ist schon im Kinderkreis so und ist so in Familien, Volksgruppen, Glaubensgemeinschaften, Parteien und bei Berufsgruppen. Vor allem bei letzteren geht es es dann auch immer um Pfründe. Das Handwerk hat sich die Zunftordnung geschaffen und schließt jeden aus, der seine Fähigkeiten nicht in der vorgeschriebenen Ochsentour erwirbt, die Akademiker verlangen den Hürdenlauf durch Gymnasium und Hochschule. Über das Fortkommen entscheidet neben Anpassung und jahrzehntelanges Hintanstellen von eigenen Bedürfnissen das Erbringen von Leistungen in bestimmten Fächern, in denen sich nur ein winziger Teil der wirklichen Welt spiegelt. Da müssen beispielsweise nach wie vor tote Sprachen gepaukt werden, die als "Geheimsprachen" immer noch eine Rolle spielen, verbergen sie doch wissenschaftliche Erkenntnisse vor denen, die sie nicht beherrschen.

Die amtlichen Eichmeister des schulischen und beruflichen Fortkommens messen daher manches Kuriose, Bedeutsames lassen sie dagegen unberücksichtigt. Den Zugang zu medizinischen oder pädagogischen Fächern vom Erreichen bestimmter Notendurchschnitte abhängig zu machen, ist geradezu eine Verrücktheit. Ob jemand die Menschen liebt und ihnen helfen oder zu gesunden und denkenden Menschen erziehen will, bleibt völlig unberücksichtigt. Gerade beim Arztberuf kann daher angenommen werden, daß in den letzten Jahrzehnten durch den Numerus Clausus (und die lockenden materiellen Pfründe) wahrscheinlich eine negative Auslese getroffen worden ist. Ob einer ein guter Arzt sein wird, ist von seinem Persönlichkeitsprofil abhängig und nicht von erpaukten guten Zensuren in den unterschiedlichsten Fächern. Im Gegenteil kann man doch wohl annehmen, daß sture Streber vorwiegend lexikalisches Wissen in sich hineingenötigt haben und ihnen vergleichsweise wenig Zeit geblieben sein muß, Erfahrungen mit "echten" Menschen zu sammeln oder alle die Fehler zu machen, die einen reifen Menschen erst wirklich ausmachen. Gut, es mag ein paar Genies geben, die auch dafür noch Zeit gefunden haben, die Regel dürfte es doch wohl eher nicht sein.

Es ist ein Unglück, daß Ärzte - noch mehr Zahnärzte! - (aber auch andere Akademiker) soviel verdienen, denn wäre es anders, würden nur diejenigen Menschen diese Berufe ergreifen, die sich zu ihnen berufen fühlen. (Dies gilt natürlich auch für Lehrer, Juristen oder Politiker.)

Worüber nach meiner Meinung ein guter Arzt verfügen sollte?

Er muß bescheiden sein und erkennen, daß er nur wenig weiß und nicht er heilt, sondern im besten Fall die Natur unterstützt.

Er muß versuchen zu begreifen was Gesundheit ist, wovon sie abhängt, was ihr entgegenwirkt. Dann muß er sein eigenes Leben danach richten und seinen Mitmenschen ein Beispiel geben.

Er muß kausal denken können, damit er nicht - wie heute meist üblich - an Symptomen herumdoktert.

Er muß vernetzt denken können, denn der Mensch steht nicht für sich allein, er wird von den unterschiedlichsten Reizen bestimmt. Wenn beispielsweise politische Verhältnisse krank machen, muß er diese grad so bekämpfen wie etwa ein ander Mal Streptokokken...

Er muß große Wertschätzung vor dem Leben, vor der Natur und natürlich vor den Menschen haben, die ja ein Teil davon sind.

Er muß die natürlichen Abläufe zu verstehen suchen. Die Gemeinsamkeiten zwischen Pflanzen, Tieren und Menschen sind viel größer als viele glauben. Er muß bereit sein, auch von Pflanzen und Tieren zu lernen.

Er muß die Menschen lieben. Er muß sich in sie hineindenken können, mit ihnen mitleiden und mitfreuen; ihr Glück muß sein Ziel sein.

 

 

1998 Einsatz aversiver Reize in der Erziehung

Physische Gewalt gegen Kinder als Mittel der Erziehung ist heute in gebildeten Gesellschaften verpönt, ja in vielen Ländern auch unter Strafe gestellt. Jeder verständige Mensch wird bemüht sein mit Worten und vor allem mit seinem eigenen Beispiel zu erziehen. Leider werden dabei oft die Worte zur Peitsche und manche, die jeden Klapps kriminalisieren, foltern ihre Kinder ganz selbstverständlich mit der schlimmsten aller Strafen, mit Liebesentzug, früher nur das Folterarsenal von Frauen. Ist mit der Ohrfeige, die der Arbeiter seinem Buben gibt, die Sache erledigt, quält Liebesentzug die Kinder in der besseren Gesellschaft oft Tage und Wochen. Das Brennen der Wange nach einer Watsche klingt nach kurzer Zeit ab, wogegen der Liebesentzug oft lebenslangen Schaden an der Seele erzeugt.

Das Kriminalisieren physischer Gewalt wird vollends fragwürdig, wenn es um die Erziehung von Kindern geht, die auf Grund ihres Entwicklungsstandes sprachliche Steuerversuche überhaupt nicht begreifen. Um schlimmeres zu verhindern gibt es Fälle, wo alleine das gezielte "Setzen eines aversiven Reizes" das Mittel der Wahl sein kann und muss. Ich getraue mir das kaum zu schreiben, da ich Sorge haben muss von falscher Seite gelobt zu werden. Doch ich befürworte ganz und gar nicht die körperliche Züchtigung, ich schließe sie nur in ganz seltenen Fällen nicht aus, etwa als Reaktion im Affekt oder zur Abwendung einer akuten Gefahr. Physische Kraft kann aber auch das Mittel der Wahl sein, wenn in extremen Situationen sprachliche Mittel keine Wirkung zeigen, etwa als Ausdruck von "Notwehr", wenn der Erzieher oder ein Dritter durch den zu Erziehenden terrorisiert wird. Nach meinem Verständnis ist es eine Frage von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, dass auch ein Erzieher gelegentlich seine Gefühle zeigt. Wenn dies in einer Form geschieht, die dem zu Erziehenden ein gutes Beispiel gibt - auch der Problemlösung - umso besser. Immer aber ist die Anwendung von körperlicher Gewalt Ausdruck von Hilflosigkeit und sollte auch so mit dem Erziehenden diskutiert werden, wenn sprachlicher Austausch wieder möglich ist.

Auf Grund der schlimmen Zustände in der Psychiatrie der Vergangenheit ist heute jeder körperlicher Einsatz auch bei rasenden Patienten verfemt. Nicht so der massive Einsatz von Psychopharmaka, was den Menschen oft aufs schwerste schädigt. Während aversive Reize als Antwort auf untragbares Verhalten u.U. noch einen Lernprozess auslösen, tun dies chemische Mittel mit Sicherheit nicht und verschaffen der pharmazeutischen Industrie Kunden auf Dauer.

 

 

1998 Controlling

Controlling begnügt sich nicht damit, Ergebnisse zu kontrollieren, sondern versucht durch Führung und Steuerung Ergebnisse mitzugestalten. Dies ist nicht neu, denn jeder Leitende ist bemüht, die Ergebnisse seiner Arbeit durch entsprechende Steuerung zu optimieren. Hierbei spielen Zahlen zwar eine Rolle, doch nur eine neben einer Vielzahl anderer Faktoren.

Es ist zu fragen, ob die durch Controlling erstrebte Totalität in der Erfassung von Einzeldaten und der Wert, den man diesen zumißt, gerechtfertigt sind und ob die möglichen Erkenntnisse den Aufwand rechtfertigen.

ob es sinnvoll ist, Praktiken aus dem allgemeinen Wirtschaftsbereich in den sozialen Bereich zu übertragen, in dem es um inhaltliche Dinge geht und nicht um Quantitäten und Verkauf

ob nicht Schnellschüsse auf Grund nicht repräsentativer Einzeldaten mehr Schaden als Nutzen anrichten

ob nicht die totale Datenerfassung kontraproduktiv ist, weil sie zu einer Überbewertung von Zahlen führt, ein System des Mißtrauens darstellt und Vertrauen und die alleine aus ihr erwachsende Motivation zerstört, durch ihre verengte Sicht nur meßbare Dinge gesteuert werden können, was im sozialen Bereich zu einer falschen Gewichtung führt.

Ob Controlling nicht naturgemäß zu Zentralismus führt

Wer kontrolliert den Controller?

Ein Controller sollte neutraler Moderator sein. Was ist wenn er gleichzeitig de facto Unternehmensleiter ist?

 

 

 

1999 Vom Füllen unserer Zeit

Das Leben ist kurz, doch dies ist es nur mit Abstand betrachtet. Wenn man es lebt und so mittendrin ist, besteht es aus viel Zeit, die strukturiert werden will. Tiere haben damit kein Problem, denn ihnen genügt es, sich zu erhalten und weiterzupflanzen, was ja zumeist genug Aufwand macht. Bleibt Zeit darüber hinaus, dann dösen sie vor sich hin. Dies ist übrigens dem vergleichbar, was die weisesten Menschen auch als besonders edlen Zeitvertreib werten, sie nennen es Kontemplation oder Meditation.

Die weniger weisen Menschen haben aus dem Leben ein kompliziertes Spiel gemacht, das zu erlernen viele Jahre Schulausbildung, je lebenslanges Lernen, erfordert. Alles, auch das Einfachste, ist schwierig, und nichts ist so einfach, dass es nicht noch geteilt, vertieft und spezialisiert werden könnte, was die Sache nie erleichtert sondern im Gegenteil immer mehr erschwert. So füllen Menschen ihr Leben.

 

Nun könnte man sagen, dies sei ein im Grunde sinnloses, künstliches Treiben, doch es gehört eben zum Menschen, und sie loben es in den höchsten Tönen, finden in ihren Beschäftigungen und Künsten ihren Lebenszweck. Und wer die Welt betrachtet, kommt nicht umhin, sich über das Geschaffene zu wundern und es zu bewundern.

 

Etwas "außer sich zu erstreben" gilt auch den größten Köpfen als edle Sache. Ja, der Mensch gilt letztlich als das, was er tut, wie er nach außen wirkt, er erschafft sich so ein Stück selbst. Je größer sein Arbeitseinsatz, sein Wissen um eine Sache oder seine Kunstfertigkeit, umso angesehener ist er zumeist. Und doch verbringt die Mehrzahl der Menschen ihre Tage mit stupiden und langweiligen Tätigkeiten und die Freizeit lassen sie sich durch käufliche Kurzweil aller Art vertreiben.

 

Eine die Welt sehr dominierende Variante des menschlichen Tuns ist das Sammeln und Horten von Dingen und Gütern aller Art über das vernünftige Maß der Erhaltung der Existenz hinaus. Hier mag noch ursprünglich arterhaltendes Verhalten zur Abwendung von Notsituationen zu Grunde liegen, vielfach ist dieses Verhalten heute entartet bis zum Exzess. Gleiches gilt für das ursprüngliche Verhalten zur Sicherung des Reviers und des Erstrebens einer Dominanz im Herdenverband, die ursprünglich arterhaltende Funktion hatte. Die maßlose Zunahme der menschlichen Population, der damit verbundenen gedrängten Wohnformen mit dem daraus resultierenden Rattenschwanz an Folgeproblemen, aber auch dass krasse Missverhältnis zwischen seiner ethischen Steuerung und seinem technischen Vermögen, hier vor allem seiner Zerstörungskraft, machen den Menschen zum größten Feind seiner eigenen Art, aber auch zum furchtbarsten Feind der ganzen Schöpfung.   

 

Doch was ist uns derart entarteten Wesen zu raten? Dieses verrückte Spiel immer weiter zu treiben oder uns wieder auf das lebenswichtige Tun zu beschränken und uns ansonsten still zu halten? Vielleicht genügt es schon, wenn wir auf dieses ursprüngliche Tun nicht mehr herab schauen, das andere könnte sich dann durchaus von alleine regeln.

 

 

2004 Generationengerechtigkeit

Manche junge Politiker prangern heute sehr vehement mangelnde Generationengerechtigkeit an. Es werden Statistiken von begüterten Alten dargelegt und dass deren übertriebener Wohlstand von den Jungen finanziert werden muß und sie selber einmal im Alter kaum etwas aus den Rentenkassen bekommen werden. Hier wird eine Front zwischen den Generationen aufgemacht, die aber in Wirklichkeit ganz anders verläuft, nicht zwischen alt und jung, sondern zwischen arm und reich. Es ist richtig, dass viele vermögende Leute auch oft noch besonders hohe Renteneinkünfte beziehen. Aber die Mehrzahl der älteren Menschen bezieht Renten nahe beim Existenzminimum, bzw. nahe des Sozialhilfesatzes und sie haben auch keine Geldvermögen und keine Immobilien, sondern höchstens eine sauer ersparte Wohnung oder ein Häuschen.

 

Dann wird auch gerne von der gestiegenen durchschnittlichen Lebenserwartung der letzten Jahrzehnte auf ein weiter steigendes Lebensalter in der Zukunft geschlossen, es sind da manchmal unglaubliche Prognosen zu hören. Dazu wird ein Loblied auf die moderne Medizin gesungen. Doch zum einen ist die gestiegene Lebenserwartung die durchschnittliche, die auch durch die Senkung der Kindersterblichkeit begründet ist. Heute werden vor allem Menschen alt, die in ihren wichtigsten Entwicklungsjahren noch viel gesündere Lebensbedingungen hatten, auch kargere, bewegungsreichere. Sie stammen noch aus einer "Auslesegeneration", da. h. hatten auch nur überlebt, weil sie gesund und zäh waren, viele ihrer Geschwister sind schon im Kindesalter gestorben. Sie zehren also von Bedingungen, die es seit Jahrzehnten immer weniger gibt. Ich meine feststellen zu können, dass meine Großelterngeneration noch so um die neunzig Jahre alt wurde, meine Elterngeneration wird nur noch um die Achtzig und in meiner Generation häufen sich schon die Krebsfälle schon in den Fünfziger Jahren. Ich glaube, dass Neunzigjährige in unserer Generation einmal sehr selten sein werden, da kann die Medizin noch so viele Ersatzteile bereithalten. In keinem Fall ist es ausgemacht, dass die Lebenserwartung auch zukünftig noch bedeutsam steigen wird. Wie alt wir in dreißig Jahren werden, wissen vielleicht Wahrsager und Märchenerzähler, aber sonst kann dies niemand wissen. Nicht nur, weil wir nicht wissen, was passieren wird, an politischen Entwicklungen, Völkerwanderbewegungen, Kriegen, Seuchen oder Katastrophen, und wir wissen auch nicht wie sich die Zahl der Kinder entwickeln wird. Wobei deutlich gesagt werden muß, dass schon lange nicht mehr die Kinderzahl über das Bruttosozialprodukt entscheidet, sondern die Automatisierung und etwas, was ich einmal den "globalen Raubfaktor" nennen möchte. Wenn die politischen und wirtschaftlichen Führer 1995 um Herrn Brezinski recht hatten, dann reichen 20 % der Bevölkerung aus die zur allgemeinen Wohlfahrt nötigen Dinge herzustellen. (Sie nannten dies "Tittytainment")

 

Ob die Renten von Morgen bezahlt werden können entscheidet sich also, wie gerecht die Güter zukünftig verteilt werden, ob sie sich ein paar Prozent der Bevölkerung aneignen oder wir doch die derzeitige extreme egoistische Raubgesellschaft in eine sozial gemäßigtere umbauen können.

 

 

 

 

2003 Wie eine moderne demokratische Schule aussehen könnte

 

Meiner Ansicht nach gehörte vordringlich (nicht nur) an den bayerischen Schulen folgendes geändert:

1.

Spätere Selektion. Zehn, mindestens acht Jahre sollten alle Schüler gemeinsam einen Schultyp besuchen, wobei aber schon früher erkennbare Interessen und Talente in Schwerpunktgruppen gefördert werden.

2.

Durchfallen nicht mehr wegen Schwächen in einem Fach. (Es ist entsetzlich, wie heute deswegen jungen Menschen alle Chancen auf Studium und Karriere zerstört werden. Nur weil einer in Fremdsprachen schlecht ist, kann er beispielsweise dennoch ein ausgezeichneter Pädagoge, Natur- oder Geisteswissenschaftler u.ä. werden).

Manchmal scheitern Schüler auch an bestimmten Lehrern. Niemals darf ein Lehrer alleine über Durchfallen entscheiden.

3.

Große schöpferische Leistungen wurden selten von angepassten Musterschülern vollbracht. Es ist ein verhängnisvoller Irrtum, dass man mit Zensurendruck und Stoffpauken eine "Elite" heranziehen kann, die ein Land braucht. Oft waren es Aussenseiter und einseitige Begabungen, die die Entwicklung der Menschheit voranbrachten. Ja, manchmal erwuchs gerade aus einem Handycap eine überragende Kompensation in anderen Bereichen. Auch aus diesem Grund ist frühzeitige Auslese verhängnisvoll.

5.

Eine humane und erfolgreiche Schule braucht eine gleichberechtigte Förderung von geistigen, künstlerischen, manuellen und sozialen Kompetenzen. Der heutige Fächerkanon ist geradezu ein Unding. Die Unterrichtsinhalte müssen sich aus dem wirklichen Leben der Schüler entwickeln, in denen lebenspraktische Fähigkeiten mit ethischen und kognitiven gleichberechtigt vermittelt werden. Improvisationsfähigkeit, Problemlöseverhalten und Teamfähigkeit sollen Priorität haben vor allem Detailwissen und Stoffpauken. Kopf und Hand sind gleichberechtigt zu fördern.

 

2004 Unser Sozialsystem- Gedanken dazu und Ausblick

Als Ursachen für die Probleme mit unseren Sozialkassen werden allgemein die zunehmende Überalterung der Gesellschaft und die hohe Arbeitslosigkeit angeführt. Diese Gründe lassen Deutschland aber nicht verarmen, im Gegenteil wird immer mehr mit immer weniger Menschen hergestellt, die Gewinne daraus steigen kontinuierlich, nur in den Sozialkassen schlagen sie sich nicht nieder, sondern vor allem im Besitzstand der sowieso schon Reichen. Immer weniger Menschen gehört immer mehr in unserem Land. Wie ein Schneeball wächst diese Ungleichheit immer weiter an. Einmal durch das Zinssystem, dann durch professionelle Hilfe bei der Geldvermehrung und dem Steuersparen. Jeder Euro, der an Steuern bezahlt wird, gilt der Wirtschaft als Kunstfehler. Sie selber dagegen zapfen alle erreichbaren öffentlichen Zuschüsse und Subventionen ganz selbstverständlich an. Kurz gesagt heißt das, das sich die Reichen nicht oder jedenfalls außer aller gerechter Relationen an den Gemeinschaftsaufgaben beteiligen. Dieses kurzsichtige und unsolidarische Verhalten kann keine Gesellschaft auf Dauer aushalten.

 

Da sich das auf freiwilliger Basis nicht ändern wird, muß der Staat an entsprechenden Stellschrauben "drehen", was sich aber bei den gegenwärtigen Machtkonstellationen nicht durchsetzen lässt. Bislang wurde nur an denjenigen Stellschrauben gedreht, die die kleinen Leute, besonders die Armen betreffen. Der Sozialabbau wird seit Jahren immer weiter vorangetrieben, die Menschen in Niedriglohnsektor gezwungen (was in zum himmelschreiender Weise der Wirtschaft weitere finanzielle Vorteile bringt), der Renteneintritt etwa auf 67 verschoben, obwohl immer weniger über Fünfzigjährige überhaupt noch beschäftigt werden) und schon nach kurzer Arbeitslosenunterstützung fällt man in das - sinnigerweise nach einem Wirtschaftskriminellen benannte - Hartzsytem, das die in Armut gefallenen Menschen zu Zwangsarbeit verpflichtet und ihnen ihre Ersparnisse und oft sogar die vertraute Wohnung raubt.

 

Doch jede zivilisierte, also vom Vernunftprinzip geleitete Gesellschaft, würde versuchen durch mehr Verteilungsgerechtigkeit den Überdruck im sozialen System zu verringern. Dies lässt sich nur durch die Finanzierung der Sozialkassen durch die gesellschaftliche Wertschöpfung erreichen, womit auch die aus der Automatisierung erwirtschafteten Werte und die Erträge aus Kapitalvermögen herangezogen werden müssen.

 

Soweit die Vernunft. Doch in einer Welt des freizügigen Geldes und des Freihandels würden solche Regelungen Kapitalflucht nach sich ziehen, denn Kapital lässt sich nur dort nieder, wenn es sich rentiert. Wenn es anderswo höhere Renditen bekommt, wandert es aus. Das heißt, an den "Stellschrauben" müßte weltweit gedreht werden, die Steuerparadiese müßten verboten werden, was aber kaum möglich sein wird, solange es keine Weltregierung gibt. Da eine solche aber angesichts der grass unterschiedlichen Entwicklungsstände weder möglich noch wünschenswert ist, ist der weltweite Freihandel eine unglaubliche Barbarei und die Hauptursache für das soziale Elend und die ökologische Zerstörung des Planeten.

Da die Reichen aber genau von dieser Zerstörung und diesem Elend leben und im Besitz schrecklicher militärischer Vernichtungspotentiale sind, wird eine Verbesserung nicht von allein kommen. Da durch Revolutionen und Verteilungskämpfe aber die Not, Entmenschlichung und die ökologische Zerstörung noch zunehmen würden, wäre dieser Weg ein verhängnisvoller Irrweg. Das 20. Jahrhundert bietet dafür reichlich Anschauungsmaterial.

Es bleibt also nur die Hoffnung auf wachsende Vernunft und die kollektive Verachtung der Reichen und ihrer mafiösen Machtstrukturen. Und natürlich die Förderung und Restauration regionaler Strukturen und regionaleres Wirtschaften.

 

Sozialysteme funktionieren bislang nur als geschlossene Systeme. Sie stehen also in ständigem Konflikt mit dem globalen Waren- und Menschenverkehr, der das Gegenteil eines geschlossenen Systems ist. Der Versuch die Sozialsysteme zu globalisieren wäre gleichbedeutend mit ihrer Zerstörung.

Solange aber keine globalen Sozialsysteme möglich sind, darf es auch keinen globalen Freihandel geben. Doch diesen gibt es in immer weiter steigenden Maß und hier liegen die weiteren Ursachen für die behandelten Probleme.

 

 

2006 Die Schweiz

 

ist ein wunderschönes Land und seine Bewohner gelten allgemein als sehr tüchtig. Ihre Verfassung enthält mehr plebiszitäre Elemente als anderswo, was sie auch für ihr Land und dessen Politik mehr verantwortlich macht, als es die Bevölkerungen in den repräsentativen Zuschauerdemokratien je sein können, denn die Eidgenossene können in Volksabstimmungen zumindest immer wieder einmal über Sachthemen abstimmen. Erwähnenswert ist auch, dass die Männer nach dem Militärdienst ihre Gewehre mit nach Hause nehmen dürfen, ein Zeichen, dass der Staat seinen Bürgern mehr vertraut, als es anderswo der Fall ist. (Wie man hört werden die Waffen aber vor allem gerne zum Selbstmord verwendet, was für einen freien Menschen ja auch eine ehrenwerte Sache ist...)

 

Ganz und gar nicht ehrenwert ist es aber, wie sich dieses so angesehene Land einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Wohlstandes erwirbt, in dem es sich zur finanziellen Fluchtburg für die Gauner und Verbrecher dieser Welt hergibt, was ein unverschämt einträgliches Geschäft ist. Die Schweiz ist ein Hehlerstaat, nicht der einzige, aber der bedeutsamste und mächtigste dieser Erde. In seinen Tresoren bunkern Diktatoren und Mordbrenner ihr geraubtes und ergaunertes Vermögen, gerade so wie der zweifelhafte Profit von Produzenten und Händlern aller Art dem heimischen Fiskus entzogen wird, schön anonym, verborgen hinter Stahl und Beton und gesichert mit Nummernkonten. Hier werden riesige Summen Diebesbeute gewaschen und die Schweiz ist alleine durch diese Möglichkeiten mit verantwortlich für alle Verbrechen, die mit den Reichtümern verbunden sind. Das Blut und das Elend des gebunkerten Geldes klebt auch an den Händen der Eidgenossen. Und sie sind auch dafür mit verantwortlich, dass diese Zustände, die dieses Gaunergeld hervorbringen, weiterbestehen. Solange sich die Schweiz als goldenes Rattenloch zur Verfügung stellt und keine Skrupel hat von schmutzigem Geld zu leben, stellt sie sich faktisch gegen die Betrogenen und macht sich gemein mit den Tätern. Denn gäbe es für diese die schweizer Rückzugs- und Verwahrmöglichkeiten nicht, würde den großen Gaunern dieser Erde ihr "Rettungsboot" genommen und sie würden sich vermutlich weniger hemmungslos bedienen. Gut möglich, dass dem Raubtierkapitalismus damit eine seiner wesentlichen Voraussetzungen entzogen würde.

 

2006 Gedanken zur Todestrafe

 

"Auge um Auge, Zahn um Zahn", das war das alte Racheprinzip seit Urzeiten. Es galt und gilt auch immer schon im Tierreich, wobei man hier schon die wesentliche Einschränkung anführen muß: es galt nur unter Gleichstarken oder von Starken zu Schwachen. So ist es geblieben bis sich in der Neuzeit in demokratisch verfassten Völkern der Gerechtigkeitsgedanke Raum verschafft hat, der besagt, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Leider sind aber auch bei uns einige "gleicher" als die anderen, sie können sich freikaufen oder von an wirklicher Gerechtigkeit nicht interessierten Advokaten freitricksen lassen, aber das ist hier nicht das Thema.

Wenn man an das Thema "Auge um Auge, Zahn um Zahn" rein sachlich herangeht, also ethische Überlegungen erst einmal weglässt, dann wäre dieses Prinzip nur gerecht, wenn der Schaden, der anderen zugefügt wird, wirklich durch die Zufügung desselben Schadens als Bestrafung des Übeltäter auch möglich wäre. In vielen Fällen bestünde wohl die Möglichkeit, wenn man den Täter erwischt und dieser auch wirklich der Täter ist. In vielen anderen Fällen ist dies aber nicht möglich, etwa weil Schäden etwa durch multible Umweltgifte verursacht werden, die aber nur schwer zu beweisen sind und meistens zu einer unübersehbaren Zahl von Verantwortlichen führen, von den Herstellern bis zu den Anwendern schädlicher Produkte. Dabei bewegen sich derartig verursachte Schäden in kaum erfassbaren Dimensionen. Das heißt also, diese Verletzungen, die einem nicht nur einen Zahn oder ein Auge kosten, sondern oft sogar mit ihren Folgeschäden weit in die Zukunft reichen und unabsehbare viele Generationen schädigen, sind kaum einer Gerechtigkeit bzw. einer angemessenen Vergeltung zuführbar.

Auch in den Fällen, wo absichtlich anderen Gewalt angetan wird bis zur Ermordung, wird heute nur ein kleiner Teil erfasst und bestraft, denn wer bestraft die Staatsmänner, die Kriege führen und andere Menschen durch Soldaten töten, verletzen oder zu Waisen oder Witwen machen?

 

Ich glaube jeder von uns kann es nachfühlen, wenn die Angehörigen von Ermordeten für die Täter die Todestrafe fordern. Oder für diejenigen die Sprengfallen bauen und vergraben, damit Menschen getötet und verstümmelt werden, oder für diejenigen, die mit voller Berechnung Bomben zünden, um andere zu töten. Doch wann würden je die Verantwortlichen für ihr mörderisches Tun zur Verantwortung gezogen? Die Sieger von Kriegen schon gar nicht. Sicher wäre es angemessen, die Täter zu töten, sie nur ein paar Jahre einzusperren ist eine Beleidigung für die Opfer. Doch da die Erfassung der Mörder nur zu einem kleinen Teil möglich ist und es selbst in diesen Fällen oft genug Justizirrtümer gibt, ist die Todestrafe keine Lösung.

 

 

2006 Sterben kostet

Der Tod ist heute eine große Abzocke. Trauer und Pietätsgründe lassen die Menschen darüber schweigen.

Es beginnt schon beim Rettungseinsatz.  Auch in günstigen Fällen vergehen selten unter zehn Minuten, bevor Notarzt und Sanka eintreffen. Trotzdem werden häufig Wiederbelebungsversuche gemacht und abgerechnet, auch wenn der Patient schon Minuten tot ist und "erfolgreiche" Reanimationen irreversible Gehirnschäden bedeuteten. In einem mir bekannten Fall rechnete der Notarzt für seinen kurzen Einsatz 300 € ab. Der Rote Kreuz-Sanka fuhr den Toten dann noch ins Krankenhaus, Entfernung keine zwei Kilometer. Kosten: 530 €! Auch das Krankenhaus schickte noch eine Rechnung für Kühlhausgebühren.

Wer eingeäschert werden will, benötigt in Deutschland einen Sarg, auch wenn diesen niemand zu Gesicht bekommt, er wird ausschließlich zur Überführung ins Krematorium benötigt und zum Verbrennen, denn es gibt ein Gesetz, dass man nur im Sarg verbrannt werden darf, warum? Um den Herstellern ihre Pfründe zu sichern? Um die Luft unnötig zu belasten? Man fasst sich an den Kopf. Warum gibt es keine Transportsärge? Warum werden Menschen nicht mit einem Leichentuch bedeckt eingeäschert?

Für die Asche ist eine Urne vorgeschrieben, denn die Asche darf nicht vertreut werden, sondern muß in einem Friedhof vergraben oder in einer Urnenwand verwahrt werden. Dafür kassieren die Urnenhersteller und die Friedhofsbetreiber kräftig ab. Insgesamt fielen für den Todesfall fast 5000 € an Kosten an.

 

2006 Zahngold

Ein Thema, über das heute auch nicht gesprochen wird, ist das Zahngold von Verstorbenen. Nachdem in letzter Zeit Beschäftigte von Krematorien wiederholt lange Finger machten, hieß es von den Krematoriumsbetreibern, das Gold werde normalerweise selbstverständlich in die Urne gegeben. Mittlerweile habe ich eine Filmreportage über den Ablauf in einem Potsdamer Krematorium gesehen. Da wurden metallische Fremdkörper in einem extra Rost herausgesiebt und in einen Restmetallbehälter geworfen. Quasi Entsorgung von Sondermüll, wie etwa Gelenksprothesen, Herzschrittmacher usw. Keine Rede war davon, dass die Abfälle personenbezogen gesammelt würden und der nach dem Verbrennen mit Eisenkugeln gemahlenen Knochenasche wieder beigefügt würden. Technisch wäre das bei der gezeigten Praxis auch überhaupt nicht möglich.

Und wer verwertet dann das Zahngold, das gilt auch für das Zahngold aus Erdbestattungen, wenn Tote tiefergelegt oder umgebettet werden, oder wenn Gräber nach ein paar Jahren ganz aufgelassen werden?

Beim heutigen Stand der Zahngesundheit und den kostenaufwändigen Zahnbehandlungen der letzten Jahrzehnte, findet sich vermutlich in unseren Gebissen mehr Gold als in den Tresoren. Es geht also nicht um Peanuts, sondern um große Summen. Das Gold gehört dem Verstorbenen (anteilsmäßig vielleicht noch der Krankenkasse) und ist somit ein Teil seiner Erbmasse. Durch die immer verbreitetere Praxis Tote einzuäschern, könnte also über das Zahngeld schon kurze Zeit danach verfügt werden. Wenn ich von mir ausgehe, dann möchte ich nicht, das das Gold, das ja etliche tausend Euro wert ist, von den Bestattern zu den so schon immensen Bestattungskosten kassiert wird, sondern meiner Familie zu Gute kommt, bzw. die Begräbniskosten damit gedeckt werden.

 

2006 Hanf

Die Hexenjagd gegen eine Pflanze, die zu den nützlichsten auf diesem Planeten gehört, kommt - wie so viele Hexenjagden, aus den USA. Es ist gerade ein Paradebeispiel dafür, wie die Wirtschaft die Politik und diese wiederum die Justiz bestimmt.

 

Der Hanf hat über Jahrtausende in manchen Teilen der Erde für die Menschen eine große Rolle gespielt. Er liefert Körner, die für Mensch und Tier ein bedeutsames Nahrungsmittel sind, er liefert Fasern, mit denen bis vor wenigen Jahrzehnten konkurrenzlos haltbare Taue und Kleidung hergestellt wurden. Hanf könnte heute wegen seiner enormen Wuchskraft auch als bedeutsamer Lieferant nachwachsender Rohstoffe dienen, er könnte die Wälder schonen, weil er hervorragend zur Papierherstellung geeignet ist, mit seinen Stengelabfällen könnten die Häuser isoliert werden und bei seinem Anbau sind praktisch keine giftigen Spritzmittel erforderlich, weil er schnell alles Unkraut unterdrückt und den Boden in ausgezeichneter Gare hinterlässt. Seine aber vielleicht bedeutsamste Eigenschaft sind seine medizinischen Qualitäten, er hilft praktisch ohne Nebenwirkungen gegen eine Vielzahl von Krankheiten - und gerade dieser Umstand ist ihm zum Verhängnis geworden, denn die pharmazeutische Industrie will ihre teueren Pillen verkaufen, die chemische Industrie ihre synthetischen Gewebe, Seile und Schaumstoffe und ihre Spritzmittel. Manche Hanfkenner behaupten, dass ein nicht unbedeutsamer Teil aller Apotheker und Ärzte überflüssig wären, wenn in den Hausgärten eine Hanfstaude stehen würde und die Menschen mit der medizinischen Verwendung des Hanfes vertraut wären. Und deshalb gibt es auch eine so unheilige Allianz quer durch alle Gewerbe und Erzeuger gegen dieses großartiges Gewächs, die sich mit dem Hanfverbot ihre Pfründe sichern.

Und auch die Alkohol- und Tabakproduzenten sehen im Hanf eine Konkurrenz, denn seine Legalisierung würde ihnen ihr Geschäft verderben. An dieser Stelle will ich aber auch sagen, dass Rauschmittel und natürlich auch der Hanf nicht in Kinderhand gehören. Nur weil er mißbraucht werden könnte, ist sein Verbot nicht zu begründen, denn dann müßte vieles aus unserem Leben verboten werden. Im Übrigen würde eine Legalisierung den Reiz des Verbotenen nehmen, und damit ein wesentlicher Grund für manches "Ausprobieren" beseitigen. Zumal der Konsum von medizinischem Hanf ja vor allem entspannt und müde macht, was für junge Leute ja kaum interessant sein dürfte (wenns nicht verboten wäre....).

 

 

2008 Über Weidehaltung

 

Wer Land besitzt und meint, er könne es durch Weidetiere pflegen und erhalten, der träumt. Alle, ohne Ausnahme, suchen sich das Beste heraus und lassen das andere stehen. Ziegen sind dabei wohl am wählerischsten, aber auch Pferde haben ihre Lieblingsgräser und verschmähen krautige Pflanzen. Und Schafe und Rinder lassen harte Gräser stehen. Dazu kommen die Stellen, wo sie misten, um diese fressen sie großzügig herum, obwohl dort durch die konzentrierte Düngung oft eine Weile das schönste Gras wächst, bald setzen sich aber Brennnesseln, Disteln oder Ampfer durch. Naturgemäß vermehren sich die Miststellen schnell und die verschmähten Pflanzen samen aus und vermehren sich immer mehr, die abgeweideten Pflanzen dagegen, können zumeist keine Samen bilden. Dazu kommen Trittschäden, die bei Nässe extreme Ausmaße annehmen können. Zudem breiten sich an diesen Stellen beinahe nur unerwünschte Pflanzen aus. Nun könnte man diesen Problemen mit der nötigen Mischung von Tierarten versuchen Herr zu werden, denn Tiere verschmähen nur Gras, das von ihrer eigenen Art gedüngt ist. Doch nach meiner Erfahrung kann man die Problematik nur abmildern und schafft sich durch den Artenmix andere Probleme. Und man kommt auch dann um die nötige Weidepflege, also Abmähen der Geilstellen und Mistabsammeln nicht herum. Und nun zu dem zweiten Problem, dem sicheren Einzäunen einer Weidefläche.

Elektrozäune müssen ständig freigeschnitten werden und selbst dann gibt es Tiere, die sich vom Strom nicht einschüchtern lassen. Ich habe beobachtet, wie sich Pferde neben dem Zaun provozieren und dann mit dem nötigen Adrenalinschub den Zaun einfach über den Haufen rennen. Und wenn das einmal geklappt hat, machen sie es immer wieder. Zaunpfähle verfaulen, Drahtgewebe verrosten oder verderben auf andere Weise. Und in sogenannten Schafzäunen zwängen manche Tiere- auch Kälber - ihren Kopf durch und - wenn ich nicht in mehreren Fällen dazugekommen wäre, wären sie mir erstickt. Aus all den Erfahrungen glaube ich heute, dass bei unseren bayerischen Verhältnissen die Weidehaltung nicht ratsam ist, es sei den auf Almen oder im Rahmen der Wanderschäferei. Was aber nicht heißt, dass die Tiere im Stall eingesperrt werden sollen, auch wenn sie den an heißen Sommertagen tagsüber von alleine aufsuchen, oder eine schattige Baumgruppe, alle Weidetiere übrigens. Neben Schatten suchen sie Schutz vor Fliegen und Bremsen. Erst abends verlassen sie den Stall und weiden die ganze Nacht im Freien. Tiere verhalten sich also, wenn sie wählen können, genau anders herum, als die meisten Bauern dies praktizieren. Sie zwingen die Tiere tagsüber auf die Weide, häufig ohne jeden Sonnenschutz. Dann werden die Weiden ein-zweimal im Jahr intensiv mit Gülle gedüngt. Dazu kommen dann noch die Vermistung durch die Weidetiere. Man zwingt sie also durch Hunger und fehlende Ausweichmöglichkeit, Gras zu fressen, das nach den eigenen Ausscheidungen schmeckt, was nicht nur Tierquälerei ist, sondern auch gesundheitsgefährdend.

 

Doch wie könnten Alternativen aussehen? Bei Pferden habe ich erlebt, dass sie in einer, mit dem Stall verbundenen Kleinkoppel unter freien Himmel, die sie Tag und Nacht aufsuchen können, ganz zufrieden sind. Nun werden Pferde ja zusätzlich bewegt, was bei Wiederkäuern eher nicht vorkommt. Wer aber etwa mit seinen Ziegen regelmäßig spazieren geht, der sollte auch dem Bewegungsbedarf der Tiere genügen. Bei Rindern ist die Sache schwieriger, denn spazieren gehen kommt eher nicht in Frage. Aber eine schattige Freifläche, groß genug einander ausweichen zu können und für gelegentliche Spurts, mit reichlich Gras- und Heuraufen, Strohschüttungen zum Ausruhen und größtenteils gepflasterten Boden, einerseits um sich die Klauen abzulaufen und andererseits den Mist besser wegräumen zu können, sollte doch ein Kompromiss gegenüber dem heute noch immer üblichen Zustand sein. Und Rinder lieben nicht nur im Sommer feuchte Plätze, sie stehen gerne im Schlamm, vermutlich um Körperwärme abzuleiten. Hochlandkühe, vermutlich aber alle Rinder, stehen gerne zum Wiederkauen bis zum Euter im Wasser, stundenlang, wie jeder beobachten kann, der an unserem Weiher vorbeikommt.

 

2009 Über Homosexualität

 

Allgemeines dazu

Ein Pfarrer Wagner aus dem Linzer Raum wurde unlängst von Papst Ratzinger zum Bischof ernannt, offenbar weil er sich mit besonders fanatischen Aussagen hervorgetan hatte, etwa dass der Wirbelsturm deshalb in New Orleans so besonders schlimm gewütet hatte, weil Gott die Menschen wegen der dortigen Abtreibungskliniken bestrafen wollte... Die zweite Aussage, die durch die Presse ging, war, dass der neue Bischof Homosexualität eine Krankheit nannte, die geheilt werden könnte. Die allgemeine Entrüstung über diese Sprüche - parallel dazu gab es den Skandal über die Wiederaufnahme der Piusbruderschaft, aus deren Reihen ein Bischoff den Holocaust an den Juden geleugnet hatte - ließ den Pfarrer Wagner auf seine Ernennung verzichten.

 

Die Empörung über die Etikettierung von Homosexualität als Krankheit führte aber nicht zu einer Diskussion über das Thema an sich, was zu belegen scheint, dass es sich nach wie vor um ein Tabuthema handelt. Warum die Kirchen gegen Schwule sind, scheint naheliegend zu sein, in erster Linie ja wohl, weil diese sich nicht fortpflanzen und die Herde der Gläubigen nicht vermehren. In zweiter Linie wohl, weil der Zölibat dazu führt, dass sich in den Reihen des katholischen Klerus fast zwangsläufig viele Männer finden, die mit ihrer Sexualität und der Beziehung zu Frauen Probleme haben. Der erstgenannte Grund ist vermutlich auch die Erklärung dafür, dass auch andere Religionen Homosexualität als Feindbild aufgebaut haben, im Islam droht ihnen ja sogar die Todesstrafe.

 

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind in Westeuropa dagegen Schwule mittlerweile beinah zur Selbstverständlichkeit geworden, vor allem die Grünen haben sich für ihre Rechte als Minderheit eingesetzt. Vor allem das couragierte „Outen“ von regierenden Politikern haben die Anerkennung von Homosexuellen in der Öffentlichkeit weiter befördert. Gelegentlich drängt sich schon der Eindruck auf, dass es hier auch zu Übertreibungen gekommen ist, in manchen Kreisen gewinnt man den Eindruck, als gelte diese andere sexuelle Orientierung schon fast als besondere „Qualifikation“, was natürlich Quatsch ist, denn die politische Arbeit jener Politiker unterscheidet sich qualitativ nicht von denen ihrer Kollegen…

 

Auch in Sachen Forderung nach der "Homo-Ehe" würde ich mir wünschen, dass die „geouteten politischen Gallionsfiguren“ die Kirche im Dorf ließen. So berechtigt die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist, so unangebracht scheint mir die geforderte Gleichstellung mit der traditionellen Ehe zwischen Mann und Frau, die ja immer eine fördernswerte Schutzgemeinschaft ist, weil alleine aus ihr sich die Gesellschaft fortpflanzt und die Kinder großgezogen werden, was eine völlig andere Qualität von Verbindung darstellt.

Eigentlich sollte diese Selbstverständlichkeit jedem einleuchten, doch wird daraus eine weitere Diskriminierung der so lange diskriminierten Homosexuellen konstruiert und jedermann, der sich hier hervortut, als Reaktionär verunglimpft.  

 

Überlegungen zu den Ursachen der Homosexualität

Heute wird der Eindruck erweckt, als handele es sich quasi um eine Art "drittes Geschlecht", was Unsinn ist. Auch gegen  die Versuche Homosexualität genetisch erklären zu wollen, spricht die Tatsache der Zunahme der Homos. Da sie sich nicht fortpflanzen, wäre das "Homo-Gen" längst ausgestorben oder würde zumindest immer mehr abnehmen. Man liegt daher sicher richtig, wenn man die Gründe für die Zunahme in gesellschaftlichen Faktoren vermutet.

 

Meiner Ansicht nach geht auch die geschlechtliche Prägung auf die Lebensumstände eines Menschen zurück. Da diese nicht in der Macht eines Kindes liegen, kann es also auch keine Verantwortung dafür gegeben. Welche Einflüsse die sexuelle Ausrichtung auf das eigene Geschlecht begünstigen, ist vielleicht niemals zu beantworten, weil es immer sehr komplexe Vorgänge sind.

Auch wenn die Natur Homosexualtät nicht als Regelfall vorsieht, da sie zum Aussterben einer Art führen würde, lässt sie die Spielart als Möglichkeit zu. Diese sexuelle Spielart als "Krankheit" zu bezeichnen, ist unsinnig. Krankheiten können aber entstehen, wenn Menschen unter dieser Prägungsvariante leiden, etwa in Folge von Diskriminierung durch das ablehnende soziale Umfeld.

Es ist auch zu bezweifeln, ob die Prägung durch therapeutische Maßnahmen umgedreht werden kann, ohne einen Menschen zu zerbrechen. Die Verständigung auf eine "Krankheit" würde auch ihre Heilbarkeit voraussetzen. Wobei in diesem Fall man auch schnell wieder die persönliche "Schuld" ins Spiel bringen würde, denn wer sich nicht heilen lässt, sei dann eben selber schuld...

 

Genese

Wenn es keine genetischen Ursachen von männlicher Homosexualität gibt und die Prägung während der Entwicklung stattfindet, dann gibt es nach den Lerngesetzen nur drei Möglichkeiten: Ein Verhalten wird eingeübt, weil es sich als erfolgreich oder lustvoll erweist, oder erfolgreiche Modelle werden imitiert.

 

Man liegt sicher nicht völlig schief, wenn man die Lebensumstände, etwa in Internaten und Klosterschulen, in denen gegen alle Natur nur ein Geschlecht lebt, als die Entwicklung von Homosexualität begünstiged ansieht. Kinder und Jugendliche, denen die soziale Geborgenheit der Familie fehlt, suchen mangels Alternativen die emotionale Geborgenheit bei Freunden. Wenn dieser "emotionale Notstand" zudem mit der Pubertät zusammenfällt, werden auch Erfahrungen sexueller Lust oftmals mit Freunden erlebt, wodurch sich sexuelle Gewohnheiten, vielleicht Prägungen entwickeln können. Da aber die Konditionierung in den meisten Fällen nur temporär bleibt, ist Pawlow hier aber nur eingeschränkt brauchbar. Zudem gibt es auch häufiger den gegenteiligen Effekt, dass sich in so reinen Männer- oder Mädchengesellschaften oft der Drang nach dem anderen Geschlecht besonders stark ausprägt und die so lange entbehrten "Objekte der Begierde" eine besondere Anziehung bekommen. Letzteres geschieht m. E. aber nur, wenn in früheren Entwicklungsphasen bereits die "normale" Geschlechterprägung abgelaufen ist.

 

Dafür spricht auch, dass die meisten Kinder intime Erfahrungen mit Gleichgeschlechtlichen machen, diese aber nur als eine Art "Übungs- und Ersatzspielerei" erleben, und in ihrer sexuellen Ausrichtung dadurch nicht beeinflusst werden . Es muss immer noch etwas dazukommen, dass es tatsächlich zu einer homosexuellen Ausrichtung kommt. Wenn ich an eigene Erfahrungen denke, waren mir Doktorspiele mit Jungs immer unangenehm, auch schon in der Vorschulzeit. Beim Zusammensein mit Mädchen elektrisierte mich dagegen jede Berührung. Andere Kameraden fanden offenbar nichts Unangenehmes dabei, homosexuell wurden sie aber dennoch nicht, soweit ich weiß.

 

Was könnte dann für die sexuelle Prägung entscheidend sein? Gibt es Übereinstimmungen im sozialen Umfeld bei homosexuellen Männern? In manchen Fällen wird man bei den Müttern Übereinstimmungen finden, die nach meiner Erfahrung aber auch stark von einander abweichen. Sowohl die "überbeschützende" Mutter und ihr Gegenteil, die egoistische Gefühlsarme, die sich als "Emanzipierte" oder "Heilige" tarnt, meine ich bei den wenigen Fällen, die ich kenne, ausgemacht zu haben. Alleine der Gedanke es mit einer so "moralisch hochstehenden" Frau "tierisch" zu treiben, ist für Buben unvorstellbar. Wenn dieser dann dieses „edle“ Frauenbild emontional generalisiert wird, ist es möglicherweise passiert... Für die betroffenen Buben werden Frauen dann generell zu asexuellen Wesen, deren Nähe man sucht und die häufig im Verhalten sogar imitiert werden, weil sie erfolgreich sind und weil vielleicht erfolgreiche männliche Vorbilder fehlen.

 

Vielleicht ist es aber auch einfach die emotionale und sexuelle Kälte, bzw. Uninteressiertheit, die Buben bei Frauen und Mädchen spüren und sich daher dem eigenen Geschlecht zuwenden, die die eigenen Bedürfnisse kennen und im Austausch befriedigen...

 

Lesbierinnen

 

Und wie ist es mit der weiblichen Homosexualität? Gibt es sie überhaupt oder ist sie nur nur ein Abwehrkonstrukt stolzer oder unabhängiger Frauen, die sich „keinen Mann mehr antun wollen“ (aber auch nicht allein leben können oder wollen) oder sich von der so regelmäßig wiederkehrenden männlichen Lust bedroht oder belästigt fühlen, sich nicht mehr dafür als Sexualobjekt hergeben wollen? Oder ist sie das Bedürfnis nach Nähe ohne Leistungsdruck- „Kuschelsex ohne Penis“, dessen entwicklungsgeschichtlich zum Überleben der Art notwendige überleichte Erregbarkeit bei Frauen wohl schon immer zwiespältige Gefühle auslöste und die, anders als bei Männern, nicht nur mit Erregung, sondern mit Schwangerschaft und ihren Bindungen und Verpflichtungen verbunden war. Alleine deshalb mußten Frauen eine andere Haltung zur Sexualität entwickeln.  Oder ist die Wahl weiblicher Paarung einfach nur das Ergebnis negativer Erfahrung mit der Koitusfixiertheit der Männer, die Frauen schon aus anatomischen Gründen als wenig befriedigend erfahren haben? Untersuchungen sprechen davon, dass etwa 70 Prozent der Frauen beim Koitus keinen Orgasmus erfahren.

 

Auch wenn ich in meinem Leben mehr Zeit mit Frauen als mit Männern verbracht habe, muss ich eingestehen, dass ich bis heute die weibliche Sexualität nicht recht einschätzen kann. Ich habe niemals sexbessene Frauen kennengelernt und kenne auch keinen Mann, der – wenn man ernsthaft nachfragt - etwas anderes berichtet. Und doch vermitteln uns die Medien ein völlig anderes Bild, das Fernsehen ist voller sexsüchtiger Frauen, vermutlich in hohem Maß eine Märchenwelt für Männer, von der viele Interessengruppen leben – nicht nur Frauen - sondern von der ganze Wirtschaftskreise inclusive Forschung, Medizin und Pharmazie ein gutes Auskommen haben - und an deren Aufrechterhaltung uns Männern aber wohl am meisten liegt. Ob Götter existieren ist uns dagegen vergleichsweise sowas von egal, aber den Glauben, dass wir Frauen sexuell glücklich machen können, dass sie uns körperlich brauchen - den lassen wir uns nicht nehmen, denn dann würde die Erde aufhören uns zu tragen… (Viele Frauen, besonders emanzipierte, glauben dagegen, dass wir Männer zu hundert Prozent nur das Eine wollen: sexuellen Kitzel und Erlösung davon und sie nur das erfüllende Werkzeug dazu sind, doch es gibt kaum einen größeren Irrtum, von völlig hormongesteuerten „Böcken“ einmal abgesehen. Aber auch diese hängen an dem Glauben, dass sie die Frauen auch glücklich machen, duch ihr Begehren und ihre Potenz.)

 

Das Leid, aus dieser falschen Einschätzung von Sexualität, kennen Männer und Frauen gleichermaßen. Nicht wenige Frauen zerbrechen an falschen Erwartungshaltungen, die man ihnen systematisch einimpft und die sich bei ihnen nie erfüllen. Sie zweifeln an sich, ihrem Körper und am Partner, wobei letzterer am leichtesten zu wechseln ist. Die Folge: Untreue, weil man die ausbleibende sexuelle Erfüllung dem männlichen Partner anlastet. Doch selbst wenn sich die Untreue zur Vielmännerei steigert, erfüllen sich die Erwartungen nicht. Nebenbei zerbrechen daran unzählige Familien und bei den Kindern setzen sich die Probleme dann oft potenziert fort. Bei den Männern ist es nicht anders, ihre Frauen verlieren meist irgendwann ihre Leidenschaft, wenn sie tatsächlich überhaupt jemals vorhanden war. Und nichts zerstört Männer mehr, als diese Erfahrung des Unbegehrt- und Ungeliebtseins. Doch die hormonellen Wildwasser strömen weiter und die Sehnsucht Frauen beglücken zu dürfen, lässt jahrzehntelang nicht nach.

Sie gehen dann entweder „fremd“ oder werden zu skrulligen Freaks oder zu Leistungs- und Arbeitstieren, denen zur Belohnung gelegentlich ein wenig Sex zugeteilt wird…

 

Frauen können uns Männern in praktisch allen Bereichen das Wasser reichen, doch die Sexualität unterscheidet uns mehr als irgendetwas anderes. Aus dieser Sicht wird die islamische oder mormonische Vielehe der männlichen und weiblichen Anatomie vielleicht am ehesten gerecht. Doch niemand wird in diese Richtung ernsthaft denken, nicht nur weil sich ein mathematisches Problem ergibt, sondern weil unsere Ehen auch Partnerschaften sind, zwischen gleichwertigen Menschen, die über Herz und Verstand Beziehungen eingehen, von denen wir uns wünschen, dass sie tragbar sind, wie die Stahlseile von Hängebrücken, damit sich ihnen auch unsere Kinder, Enkel und Urenkel anvertrauen können.

 

Weil das aber bekanntlich eine Illusion ist und sich Frauen emotionale Wärme und die nötigen Streicheleinheiten auch untereinander geben können und ein Kinderwunsch in Zeiten weiblicher Karrierefixierung nachrangig ist, verzichten manche Frauen auf Männer. Wenn sie aber dann durch künstliche Befruchtung oder Adoption ihre dekatente Lebensweise auf Kinder übertragen wollen, dann liegt das nicht im Interesse einer gesunden Kindesentwicklung, auch wenn – wie wir alle wissen – traditionelle Kleinfamilien auch keine Gewähr für eine gesunde Entwicklung bieten.