Schau, da ist ein Künstler

Opus 471/ 1996

 

Noch nach Jahrzehnten hat man mich damit aufgezogen, dass ich als Jugendlicher meine Nase mit einer Wäscheklammer versperrte, wenn ich meinem Vater helfen mußte die Odelgrube zu leeren. Später im Allgäu lebte ich im rindviehreichsten Landkreis der Republik und litt entsetzlich unter den ständig güllenden Bauern.

Diesen Gestank habe ich immer als Nötigung, ja als brutale Gewalt empfunden, grad so, als würde mir jemand Dreck ins Essen kippen. Und ist die Atemluft nicht unser wichtigstes Lebensmittel?

In jener Zeit begriff ich auch, dass die Güllerei wenig mit Düngen zu tun hat, sondern längst ein Entsorgen auch jener Reststoffe ist, die nicht auf dem Land gewachsen sind, auf das sie nun verteilt werden. Die Gülle stinkt auch politisch zum Himmel, ist sie doch Ausdruck einer entarteten Landwirtschaft und einer barbarischen Weltwirtschaft. Mein Bauer Gustl ist daher wohl mehr Opfer als Täter.

 

Schau, da ist ein Künstler,

der malt was auf die Wiesn!

Es is der Bauer Gustl,

der hod a grouße Düsn,

er zieht sie an seim Bulldog

an einem großen Faß,

und malt die große Wiesn

gleichmäßig braun naß.

 

Oh, was für eine Technik!

Air brush ist das wohl!

Die Farbe schmeckt der Quecke,

sie düngt den wilden Kohl.

Ich schließe meine Fenster

und spür nen Kloß im Schlund,

der Kloß wandert nach oben

und verläßt danach den Mund.

 

Eine Kunst nicht nur für Augen,

fürs Herz und den Verstand,

der Gustl rührt die Nüstern,

den Magen und das Land.

Dem Baum verdorrn die Nadeln,

der Brunnen kriegt Buquet,

er marmoriert das Bächlein,

er trübt den großen See.