Gedanken bei einer Geburt

Opus 023/ 1969

 

Wie soll es ein Achtzehnjähriger, der Gedanken, wie die folgenden aufschreibt, es aushalten zwischen Arbeitskollegen, die nur Schafkopfen und über Autos, Fußball und Sex reden?

 

Auf einmal bist du da

ausgestoßen aus der Mutter,

in einer Welt, die anders ist,

als dass du sie nur lieben könntest.

Du spürst Schmerzen und Sehnen

und bist nur glücklich,

wenn dich jemand mag.

 

Du lernst zu mißtrauen

und das Leben zu meistern.

Und man versucht dir

ein Gewissen in den Bauch zu stopfen.

Du lernst rechnen und schreiben,

um die andern zu übervorteilen.

 

Dann gewöhnt man dich

an hundert Dinge,

bis du meinst ohne sie

nicht mehr leben zu können.

Und du jagst nach ihnen und

verkaufst dich für Geld.

 

Du lernst dich zu vergnügen,

dich zu betrügen

mit Giften und Schein.

 

Deine Gedanken werden

in den Himmel klettern

und über die anderen urteilen.

Dann wirst du erkennen,

dass du bist wie dein Nachbar,

wie ich, wie alle.

 

Manchmal wirst du auch glücklich sein

und hören, dass du s gar nicht bist.

Und du wirst dich nach Liebe sehnen

und vergessen auch welche zu geben.

 

Du wirst deinen Text aufsagen,

dir abgewöhnen zu fragen,

und verdrängen deinen Trieb,

dann bist du lieb.

 

Irgendwann wirst du auch sterben

und dein Hab und Gut vererben.

Auch der größte Held,

verläßt nackig diese Welt.