19. November 2005

----


SCHRÖDERS ABSCHIEDSGESCHENK

U-Boote für Israel

Unmittelbar vor ihrem Abschied hat die alte Regierung noch umstrittene Waffenexporte genehmigt. Die Türkei erhält Leopard-2-Panzer. Israel zwei U-Boote im Wert von einer Milliarde Euro - ein Drittel davon zahlt nach Informationen des SPIEGEL der Bund.

Hamburg - Anfang November vereinbarte die Bundesregierung den Verkauf von 298 gebrauchten Leopard-2-Panzern an die Türkei - ein Geschäft, das der grüne Koalitionspartner lange bekämpft hatte.

DPA

U-Boot der "Dolphin"-Klasse bei HDW in Kiel: Stückpreis 500 Millionen Euro

Nun folgt ein heikler Deal mit Israel: Das Land wird zwei weitere "Dolphin"-U-Boote erhalten, zusammen kosten sie eine Milliarde Euro. Ein Drittel davon spendiert Berlin - quasi als Abschiedsgeschenk Gerhard Schröders und Joschka Fischers. Im Bundessicherheitsrat, einem geheim tagenden Kabinettsausschuss, hat diesmal auch der grüne Außenminister zugestimmt. Fischer will den Vertrag am Montag aber nicht selbst unterschreiben, sondern schickt einen Staatssekretär.

Berlin hatte eine finanzielle Beteiligung lange abgelehnt, gab nun aber dem Drängen Israels nach, das die Kosten allein nicht tragen könne. Nach dem ersten Golfkrieg der USA gegen den Irak hatte die christlich-liberale Regierung Helmut Kohls auf Druck Washingtons drei "Dolphin" fast komplett finanziert.

Sie wurden 1999 und 2000 geliefert und können nach unbestätigten Berichte auch als Startrampe für Marschflugkörper dienen, die Israel möglicherweise mit atomaren Sprengköpfen bestückt hat. Damit könnten die Israelis Iran erreichen. Die neuen Boote erhalten einen Brennstoffzellen-Antrieb, mit dem sie wochenlang abtauchen können. Der Deal kommt nicht nur der Kieler HDW-Werft gelegen, sondern auch dem Berliner Wehrressort: Solange die Israel-Boote im Bau sind, kann es eigene U-Boot-Pläne verschieben, für die derzeit das Geld fehlt.


Am 27. Juli 1999 erreicht die "Dolphin" Haifa. Das in Deutschland gebaute U-Boot ist das erste von drei Schiffen, die bis Oktober 2000 ausgeliefert wurden. Bei Ankunft des Bootes war eine kleine Schnellbootflottille zur Begrüßung ausgelaufen, Kampflugzeuge der israelischen Luftwaffe überflogen die Szene im Formationsflug. Die weiteren Boote heißen "Leviathan" und "Tekuma" und erreichten im November 1999 bzw. Oktober 2000 Israel. Nach Ankunft in Israel wurden all drei U-Boote dort umgerüstet, bevor sie in Dienst gestellt wurden. Sie eröffneten ein neues Kapitel in der Geschichte der israelischen Marine. Israel verfügt nun über äußerst leistungsfähige, modernste konventionelle U-Boote. Seit Jahren verdichten sich die Gerüchte, daß sie in Israel zu Trägerplattformen für Nuklearwaffen umgerüstet werden.

 

Die Dolphin-U-Boote und ihre Bewaffnung

Die neuen U-Boote Israels wurden als Typ 800 vom Ingenieurs-Kontor Lübeck (IKL) entworfen und von den Werften HDW und TNSW gebaut. Die knapp 60 Meter langen Boote sind mit rund 1,900 to Wasserverdrängung im getauchten Zustand mehr als doppelt so groß wie die GAL-U-Boote, die Israel zuvor nutzte. Sie verfügen über eine Reichweite von ca. 4.500 nautischen Meilen und können damit als Operationsgebiet das gesamte Mittelmeer abdecken oder aber vom Roten Meer aus bis weit in den Indischen Ozean hinein operieren. Sie sind speziell für den Einsatz in relativ flachen, küstennahen Gewässern entwickelt, können aber von der Technik her auch mehr als 300 Meter tief tauchen. Der Antrieb der Boote ist konventionell; auf den Einbau des damals noch in Entwicklung befindlichen außenluftunabhängigen Antriebs, den HDW derzeit in die deutschen U-Boote vom Typ 212A einbaut, verzichtete Israel, ob wohl dieser die Möglichkeiten zu langen Tauchfahrten deutlich vergrößert. Die Dolphin-U-Boote gelten als ausgesprochen leise und sind damit äußerst schwer zu orten.

Ausgestattet sind die U-Boote mit einem modernen computerisierten Führungs- und Gefechtssystem von STN-Atlas-Elektronik sowie mit einer Vielzahl moderner deutscher und israelischer Sensor-Systeme.

Die Israelische Marine will diese U-Boote für eine Vielzahl von Zwecken nutzen. Vorrangiges Einsatzgebiet ist das Mittelmeer, an dem auch Israels derzeit einziger U-Boot-Stützpunkt liegt . Hier dienen die Boote im Spannungs- oder Kriegsfall unter anderem der Sicherung der Nachschubwege auf See, der Bekämpfung feindlicher Seestreitkräfte, der Störung feindlicher Seenachschubwege, der Durchführung von Landeoperationen mit von den U-Booten angelandeten und wieder abgeholten Spezialkräften, der verdeckten Verminung von Seegebieten und Häfen und der Bekämpfung von Landzielen von See her. Schon im Frieden, aber natürlich auch in Kriegszeiten eigenen die sich U-Boote natürlich auch zur Aufklärung und zur Gewinnung von Daten und Informationen, eine ihrer wichtigsten Aufgaben. Außerhalb des Mittelmeeres operieren die U-Boote Israels nur in wenigen Fällen.

Jedoch weisen die Dolphin-U-Boote eine für die westliche U-Boot-Welt auffällige Besonderheit auf. Sie verfügen über zehn Torpedorohre und eine Frontsektion, mit der Waffen zweier unterschiedlicher Kaliber verschossen werden können. Sechs Torpedorohre haben das Kaliber 533 mm, das in der westlichen Welt üblich ist. Aus Rohren dieses Kalibers können

Insgesamt können 16 Raketen und/oder Torpedos (sowie Seeminen) mitgeführt werden.

Darüberhinaus verfügen die Dolphin-U-Boote über vier Torpedorohre des ungewöhnlichen Kalibers 650 mm, das in der Vergangenheit nur von der Sowjetunion genutzt wurde, um überschwere Torpedos und vor allem konventionelle und nukleare Marschflugkörper zu verschießen. An dieser Besonderheit, die auch der Bauwerft HDW eine in der westlichen Welt einmalige Technologie bescherte, knüpfen viele Überlegungen an, die nach Sinn und Zweck der weiteren vier Rohre fragen.

Nuklearwaffenträger oder nicht?

Am 12.10.2003 berichtet die Los Angeles Times, Israel sei es nunmehr gelungen, die Dolphin-U-Boote mit nuklear bestückten Sub-Harpoon-Flugkörpern zu bestücken, für die in den letzten Jahren ein Atomsprengkopf, eine Lenkeinrichtung für Schiff-Land-Einsätze und weitere Komponenten von der israelischen Rüstungsindustrie entwickelt worden sei. Israel verfüge nunmehr über eine seegestützte, und damit kaum noch verwundbare nukleare Abschreckungsfähigkeit. Dies hätten zwei ungenannte Quellen aus Kreisen der US-Administration sowie unabhängig davon eine israelische Quelle bestätigt. Die Intention der Informanten sei es gewesen, Israel durch die Veröffentlichung zu schützen.

Gerüchte, daß Israel die in Deutschland gebauten Dolphin-U-Boote zu Nuklearwaffenträgern umrüsten wolle, gab es schon früh. Zunächst tauchten sie als unbewiesene Behauptungen auf, später konkretisierten sie sich. Im Jahre 2000 berichteten sowohl die Washington Post als auch die Sunday Times, Israel beabsichtige nukleare Sub-Harpoon-Raketen an Bord der Boote zu stationieren.

Doch während kaum Zweifel daran bestehen können, daß Israel eine seegestützte nukleare Abschreckung aufbaut, ist Vorsicht angebracht, wenn es um Meldungen geht, daß diese aus nuklear-bestückten Sub-Harpoon-Raketen besteht. Diese Raketen tragen in ihrer konventionellen Version einen 227kg schweren Sprengkopf über eine Entfernung von ca. 130 Kilometer. Nukleare Sprengköpfe sind meist schwerer als konventionelle. Selbst wenn es Israel gelungen sein sollte, einen sehr, sehr leichten atomaren Sprengkopf für diesen Flugkörper zu entwickeln und selbst wenn es gelungen sein sollte, dessen Reichweite deutlich zu steigern, so wäre dies im Blick auf die strategischen Interessen Israels doch höchstens eine unbefriedigende Interimslösung. Sie hätte zudem viel Geld gekostet, denn die Entwicklung eines neuen Atomsprengkopfes ist teuer, genauso wie die Umrüstung des Flugkörpers.

Zur Verdeutlichung: Selbst mit einer Harpoon-Rakete, die mit 250km rund doppelt soweit fliegt wie ihr konventionelles Gegenstück könnte Israel nur einige wenige für seine Nuklearabschreckung wichtige Ziele abdecken. Diese liegen nämlich oft nicht in Küstennähe, sondern tief im Inneren anderer Staaten. Zudem: Selbst küstennahe Ziele im Iran, in Saudi-Arabien oder gar in Pakistan könnten mit einer Rakete dieser Reichweite nur angegriffen werden, wenn die U-Boote zunächst durch den Suez-Kanal, die Straße von Gibraltar oder die Dardanellen aus dem Mittelmeer nahe genug an die Küsten des Ziellandes verlegt worden wären. Von ihrem normalen Operationsraum im Mittelmeer aus könnten mit Flugkörpern dieser Art nur relativ wenige interessante Ziele erreicht werden. Ein Angriff auf diese wäre darüber hinaus oft zugleich mit dem Risiko behaftet, daß der nukleare Fallout vor den Grenzen Israels nicht halt macht.

Ähnliche Argumente sprechen auch gegen eine weitere Flugkörper-Variante, die in der Berichterstattung zur Bewaffnung der Dolphin-U-Boote Erwähnung fand: Die Ausstattung der U-Boote mit sogenannten "Turbo-Popeye" Raketen mit 200-350 km Reichweite.

Israels strategische Interessen an einer seegestützten nuklearen Abschreckungsfähigkeit geben die Notwendigkeit zu weit größeren Fähigkeiten, zu einer größeren Reichweite der Flugkörper vor. Diese müßte bei mindestens knapp 1.000 oder sogar bei 1.500 und mehr Kilometer liegen, wollte Israel die wichtigsten Ziele seiner potentiellen Gegner in Ländern wie dem Iran, Saudi-Arabien oder gar Pakistan unter Risiko halten.

Dies machte schon der erste Versuch Israels an geeignete nuklearfähige Trägersysteme zu kommen deutlich. Israel fragte in den USA an, ob Washington bereit sei, 50 Marschflugkörpern vom Typ Tomahawk zu liefern. Deren nukleare Variante hat eine Reichweite von 2.500 Kilometern. Die USA aber waren zu einer solchen Lieferung nicht bereit.

Seither gibt es immer wieder Meldungen, daß Israel einen eigenen Flugkörper größerer Reichweite entwickle. Über Existenz und Fortschritte eines solchen Programms gibt es kaum verläßliche Nachrichten: Vor Sri Lanka sollen im Mai 2000 Tests mit Flugkörpern größerer Reichweite (1500km) durchgeführt worden sein. Darauf angesprochen, antwortete Eli Marum, Operationschef der israelischen Marine, mit einer Gegenfrage: "Sie wissen wer unsere Nachbarn sind. Glauben Sie, dass wir Langstreckenraketen testen sollten?"

Flugkörper größerer Reichweite könnten auch den eigentlichen Zweck der vier zusätzlichen Torpedorohre mit 650mm Durchmesser erklären. Je größer der Durchmesser eines Flugkörpers, desto mehr Treibstoff kann in einem Flugkörper begrenzter Länge untergebracht werden. Die nuklearfähigen Flugkörper zum Abschuss aus diesen Rohren könnte Israel sowohl weitgehend eigenständig als auch mit diskreter Hilfe anderer Staaten entwickeln oder entwickelt haben. Ihre Einrüstung könnte Teil der Umrüstarbeiten sein, die Israel an allen aus Deutschland gelieferten Dolphin-U-Booten vornimmt.

Aus israelischer Sicht stellt eine seegestützte nukleare Abschreckung ein strategisches Element dar, das sich auch gegen weiter entfernte potentielle Gegner richtet. Schon am 1.Dezember 1990 hatte der ehemalige Kommandeur der israelischen Marine, GenMaj. Avraham Botzer in der Fernsehsendung "A New Evening" (1.Programm) gesagt: "Diese U-Boote müssen Mittel des Staates Israel sein. (..) Überall auf der Welt dienen U-Boote als Teil des Abschreckungssystems gegen nicht-konventionelle Kriegführung. (...) Sie sind ein Weg, um zu garantieren, daß der Feind sich nicht herausgelockt fühlt, präemptiv mit nicht-konventionellen Waffen zuzuschlagen und doch ungestraft davonzukommen.

Prävention

Einen Tag vor der Veröffentlichung der Los Angeles Times, am 11.10.03 meldete der Spiegel vorab, Israels Regierung habe den Mossad beauftragt, operative Planungen zu entwickeln, um die iranischen Nuklearanlagen vollständig durch einen militärischen Präventivschlag auszuschalten. In israelischen Sicherheitskreisen halte man eine solche Operation für realisierbar. Stehen diese Meldungen in einem Zusammenhang? Ja und Nein.

Israel hat als einziger Staat der Erde in der Vergangenheit außerhalb eines Krieges einen solchen militärischen Präventivschlag durchgeführt. Im Juni 1981 zerstörten israelische Kampfflugzeuge den irakischen Reaktor Osirak. Nur mit Hilfe der USA konnte Israel eine scharfe Verurteilung seines völkerrechtswidrigen Vorgehens im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen abwenden – Washington machte von seinem Vetorecht Gebrauch. Einige Quellen berichten, daß Israel etwa zur gleichen Zeit auch daran gedacht habe, die pakistanischen Nuklearanlagen präventiv zu zerstören, aber seitens Indien die erforderlichen Lande- und Überflugrechte nicht erhalten zu haben.

Die damalige politische Konstellation in Washington unter Ronald Reagan ähnelte bzgl. der Israelpolitik der heutigen. Die Regierung Sharon dürfte sich ziemlich sicher sein, daß Washington eine Verurteilung Israels im Sicherheitsrat erneut verhindern würde, zumal Washington selbst mittlerweile präventive Angriffe dieser Art nicht mehr ausschließt, sondern offen als Teil der nationalen Sicherheitsstrategie ausweist. Dieses Wissen wiederum könnte in der Regierung Sharon jene stärken, die bereit sind, einen solchen Angriff nicht nur zu planen, sondern auch durchzuführen. Israel hat wiederholt deutlich gemacht, daß es die Nuklearprogramme seiner arabischen Nachbarn nicht bereit sei zu dulden (Begin-Doktrin).

Entsprechend deutlich sind die aktuellen Reaktionen aus dem Iran, die Israel vor einer "Dummheit" warnen und entschiedene Gegenwehr ankündigen. Angesichts dieser angespannten Lage könnte die Indiskretion der amerikanischen Regierungsmitarbeiter in der Los Angeles Times in der Tat darauf zielen, beide Seiten rasch vor einem zu unvorsichtigen Vorgehen zu warnen.

In den Bereich der Spekulation über das höchst Unwahrscheinliche gehören dagegen Überlegungen und Fragen, ob Israel zur Zerstörung der iranischen Nuklearanlagen ggf. Nuklearwaffen einsetzen könnte. Schon über den konventionellen Angriff auf den Reaktor Osirak sagte Ariel Scharon, heute Israels Premierminister, damals: "Das war vielleicht die schwierigste Entscheidung vor der jemals eine israelische Regierung während all der Jahre der Existenz unseres Staates stand."  Ungleich problematischer und folgenschwerer wäre ein nuklearer Angriff auf iranische Nuklearanlagen. Angesichts der konventionellen Fähigkeiten und der Tradition Israels, den Besitz nuklearer Waffen nicht zuzugeben, erscheint ein solches Vorgehen praktisch unvorstellbar.

 

Eine unendliche Geschichte?

Im Kontext der erneuten Golfkrise Ende 2002 / Anfang 2003 äußerte Israel gegenüber Deutschland den Wunsch nach zwei weiteren Dolphin-U-Booten und machte damit deutlich, daß es die ursprüngliche Planung, fünf U-Boote zu beschaffen, nicht zu den Akten gelegt hat. Die Bundesregierung wird sich deshalb erneut und angesichts des Wissens um die Tatsache, daß Israel die aus Deutschland gelieferten U-Boote als Nuklearwaffenträger nutzen will, mit einem äußerst heiklen Exportvorhaben und dessen Genehmigung auseinandersetzen müssen.

Ein Rückblick: Die Geschichte der Dolphin-U-Boote beginnt in der ersten Hälfte der 80er Jahre, als Israel über einen Nachfolger für seine nach deutschen Plänen und mit deutscher Hilfe in Großbritannien gebauten drei U-Boote der GAL-Klasse nachdachte. Die israelische Marine forderte damals eine Flotte von fünf U-Booten mit einer Verdrängung von etwa 1.500 Tonnen, einer Reichweite, die das ganze Mittelmeer abdecken könne, einer sehr kleinen Besatzung sowie vielseitigen Einsatzmöglichkeiten. Aufgrund seiner positiven Erfahrungen mit den in Deutschland entworfenen GAL-U-Booten wandte sich Israel an deren Konstruktionsbüro, das Igenieurskontor-Lübeck, IKL, und die Howaldts-Deutsche Werft AG. Ab 1986 wurde dort eine neue U-Boot-Klasse für Israel entwickelt und von Israel bezahlt. Das Projekt wurde zufällig öffentlich bekannt, als ein Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages potentiell illegale U-Boot-Zulieferungen an das unter Embargo stehende Apartheitsregime in Südafrika untersuchte. Doch die Finanzierung des Baus neuer U-Boote erwies sich als schwierig. Mitte 1988 begannen Planungen, Gelder aus der US-Militärhilfe für diesen Zweck zu verwenden und bei der US-Werft Ingalls U-Boote aus in Deutschland vorproduzierten Sektionen zusammenzubauen. Washington war 1989 bereit, bis zu 600 Mio. US-Dollar bereitzustellen, aber Israel konnte seinen Anteil an der Finanzierung nicht erbringen, sodaß das schon vertraglich vereinbarte Vorhaben im November 1990 zunächst gestoppt wurde. Die Entwicklungsarbeiten aber wurden in Deutschland und in Israel weitergeführt. Das Design der U-Boote wurde wahrscheinlich Anfang der 90er Jahre noch einmal in einem entscheidenden Detail verändert. Die Frontsektion des U-Boots mit den Torpedorohren wurde neu konstruiert, um neben den immer vorgesehenen Torpedorohren vom Kaliber 533mm zusätzlich Rohre des Kalibers 650mm vorzusehen.

Doch bereits Anfang 1991 eröffnete sich eine neue Realisierungsoption. Unter dem Druck einer durch Veröffentlichungen des Simon Wiesenthal Instituts ausgelösten Nachforschungskampagne zu deutschen Zulieferungen zu den Massenvernichtungswaffenprogrammen Saddam Husseins, begann die Bundesregierung über Möglichkeiten nachzudenken, Israel militärisch zu unterstützen. Am 30. Januar 1991 vereinbarte die Bundesregierung mit Israel die Lieferung von Rüstungsgütern im Wert von 1,2 Mrd. DM. Zwei neue U-Boote sollten daraus unter anderem finanziert werden. Im Juni 1991 wurde das entsprechende Abkommen unterzeichnet. Ein Jahr später begannen Verhandlungen über ein drittes Boot. Diese kamen erst 1994 zum Abschluß, nachdem die Bundesregierung erneut eine Kostenbeteiligung zugesagt hatte. Am 9.Februar 1995 wurde darüber ein Zusatzabkommen unterzeichnet. Im Februar 1992 begannen die Vorbereitungsarbeiten für den Bau. 1994 begann der Bau des ersten U-Boots bei HDW. Der Bau des zweiten Bootes begann 1995, der des dritten im 1996. An Israel ausgeliefert wurden die Boote im Juli 1999 (Dolphin), November 1999 (Leviathan) und Oktober 2000 (Tekuma).

Die drei Dolphin-U-Boote erhielt Israel von der Bundesrepublik weitgehend als Geschenk. Die Bundesregierung übernahm offiziell mit 880 Mio. DM die Kosten für den Bau der ersten beiden U-Boote vollständig und mit 220 Mio. DM für das dritte U-Boot zur Hälfte. Israel sollte die andere Hälfte tragen, wahrscheinlich in Form von Zulieferungen für die Bundeswehr, vor allem für die neuen U-Boote der Klasse 212A. Die Bundesregierung gibt den Ausfuhrwert der drei U-Boote mit 1,28 Mrd DM an, von denen der deutsche Steuerzahler 1,1 Mrd. DM trug. Der Israelische Beitrag hatte einen Gegenwert von maximal 180 Mio. DM. In der internationalen Fachpresse werden die Kosten pro U-Boot mit rund 300-400 Mio US-Dollar angegeben; der Differenzbetrag könnte sich z.T. aus den Kosten für die Umrüstung der U-Boote in Israel bzw. aus den Bewaffnungskosten erklären. Die Kosten der Bewaffnung der Boote sind in den deutschen Angaben nicht enthalten.

Ob die Bundesregierung dem Wunsch Israels nach zwei weitern U-Booten entsprechen wird, ist derzeit unbekannt. Unbekannt ist auch der Stand des Verfahrens in dieser Sache. Die Rahmenbedingungen aber sind derzeit signifikant andere als 1991. HDW ist auf Jahre mit Aufträgen ausgelastet, hat soeben erst den Wettbewerb um die Lieferung zweier neuer U-Boote nach Portugal gewonnen. Die Haushaltslage in Deutschland läßt eine Milliardengabe an Israel derzeit kaum zu. Aufgrund der Veröffentlichungen, daß Israel diese U-Boote als Nuklearwaffenträger nutzt oder nutzen will, wäre eine positive Entscheidung für die Bundesregierung politisch erheblich problematischer als 1991. Sie kann auch nicht mehr argumentieren, daß man nichts Genaues wisse. Die außenpolitischen Nebenwirkungen im Blick auf die arabische und islamische Welt und die rüstungskontrollpolitische Signalwirkung im Blick auf die Glaubwürdigkeit der deutschen Nichtverbreitungspolitik wäre verheerend.

Proliferationsrisiken

Mit jedem Rüstungsexportgeschäft ist ein Technologietransfer verbunden, der von Art und Charakter des Geschäftes bestimmt wird. Da Israel in den achtziger Jahren das Design und die Entwicklung der Dolphin-U-Boote finanzierte, liegen Teile der Rechte an dem U-Boot-Typ Dolphin in Israel, wahrscheinlich sind es 50 Prozent. Israel kann die Nutzung dieser Rechte und der in Israel gebauten Komponenten nicht nur der Bundesrepublik anbieten, sondern auch anderen Staaten. Es könnte zudem versuchen, aus dem Besitz der Design- und Fertigungsunterlagen, die vollständig in Israel vorliegen, Kapital zu schlagen oder Deviseneinnahmen zu erzielen.

Als Beispiel für eine solche Geschäftsoption, ein solches Proliferationsrisiko, kann Taiwan dienen. Taiwan erhielt unter George W. Bush die Zusage der USA, die Beschaffung von acht Diesel-U-Booten für die taiwanesische Marine zu ermöglichen. Da die US-Werftenindustrie selbst nicht über das Know-How zum Bau moderner konventioneller U-Boote verfügt, muß es anderweitig erworben werden. Taiwan will vorrangig deutsche U-Boottypen haben, die Bundesregierung aber wegen ihrer Ein-China-Politik und aus Rücksicht auf die Volksrepublik nicht nach Taiwan liefern. Israel hat sich wiederholt als Alternative angeboten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß auf diesem Wege letztlich deutsche Rüstungsgüter und Technologien nach Taiwan gelangen.Die mit der Prüfung der Lieferoptionen für Taiwan betraute amerikanische Werft von Northrop Grumman soll nach Angaben der israelischen Zeitung Ha’aretz unter anderem auch eine Option zum Bau der U-Boote in den USA mithilfe der Dolphin-Technik prüfen und Taiwan offerieren. Mit dieser Option verbunden ist die israelische Hoffnung, gegebenenfalls zwei oder drei weitere Dolphin-U-Boote bei dieser Werft bestellen und mit amerikanischer Militärhilfe bezahlen zu können. Foreign Military Sales Gelder sind in der Regel daran gebunden, daß Rüstungsgüter aus den USA gekauft werden.