Offener Brief der Gruppe LokalGlobal an die Politik und die Medien zu CETA


Sehr geehrte Damen und Herren,

der Vertragstext über ein kanadisch-europäisches Handelsabkommen CETA liegt nun vor und wird demnächst im Deutschen Bundestag und hoffentlich selbstverständlich, auch im Bundesrat, behandelt.

Wir appellieren eindringlich an Sie, dem Vertrag  n i c h t  zuzustimmen!

Als Gründe führen wir an:

Wir wenden uns  vehement gegen einen „regulatorischen Rat“, der im Vorfeld der Gesetzgebung das Recht hätte, vor zu sortieren, was den ausländischen Investoren ungeschmälerten Gewinn verspricht. Bei TTIP wird seitens der USA dasselbe gegenüber der EU verlangt, die USA aber verbieten sich jegliche Einmischung.

Wenn nicht bereits hier vermeintlicheInvestitionsgefährdungen aus dem Weg geräumt wurden, können danach trotzdem die entgangenen, fiktiven Gewinne vor dem Investitionsschiedsgericht geltend gemacht werden (US-Unternehmen haben noch kein Schiedsgerichts-Verfahren verloren)

Trotz gegenteiliger Beteuerungen enthält der Vertrag docheinen Passus über die Klagerechte der Konzerne. Wir finden es nicht hinnehmbar, dass damit ausländische Firmen deutsche Wirtschafts-, Sozial-, und Umweltgesetze aushebeln.

Für uns nicht nachvollziehbar ist der Abschluss einesVertrages,  der selbst bei einer Kündigung, die äußerst schwer durchsetzbar sein dürfte, eine Nachwirkfrist von 20 Jahren nach sich zieht. Die Folgen hätten unsere Kinder und Kindeskinder zu tragen, ohne auch nur die geringste Chance gehabt zu haben, bei der Vertragsgestaltung mitzuwirken. Wenn ein derart weitreichender Vertrag  mit Negativlisten arbeitet, statt mit den einigermaßen bewährten Positivlisten,  ist zu befürchten, dass der Zugriff der Investoren auf unsere Zukunft und die unserer Kinder sichergestellt werden soll.

Wir wenden uns gegen den Geist des Vertragstextes, der denGewinn "heiligt" und durch nichts geschmälert sehen will. Anders ausgedrückt kann ein kostengünstiger Standard erstritten werden, auch wenn er  für Klima, Umwelt und die betroffenen Menschen nachteilig ist. Eine Verschlechterung der Standards ist immer zulässig, eine Verbesserung nur, wenn man sie sich leisten kann bzw. sie nichts kostet.

Eine derartige Konstruktion ist absurd! 

Wir wenden uns gegen einen Vertrag, bei dem nur der Investor klagen, aber nicht verklagt werden kann.

Ein Nebengericht, außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit, ist in einem demokratischen Rechtsstaat völlig unnötig.

Investitionsschiedsgerichte dienen, unserer Meinung nach, nur dem Zweck Gewinne zu maximieren und diesem alles andere unterzuordnen.

Abkommen wie diese haben nichts mit demokratischer Legitimation, Gewaltenteilung und dem Gerichtsbegriff im demokratischen Sinne bzw. im Sinne der Menschenrechte zu tun.

Dies alles und mehr ist im CETA-Vertrag bereits festgehalten und könnte eventuell sogar vorläufig, mit den entsprechenden Konsequenzen, in Kraft treten.

Eine „Ratchet-Klausel“ führt dazu, dass Privatisierungen von Gemeingütern selbst dann nicht mehr zurückgenommen werden können, wenn sie als Fehler erkannt wurden; sie müssen „ertragen“ werden. So ein Ansinnen kann nur der Gier und einem absoluten Machtwillen der großen Konzerne  entspringen. Als Demokrat kann und darf man dies unter keinen Umständen befürworten und schon gar nicht, wenn es ohne Volksabstimmung rechtskräftig wird.

Die Ablehnung in der Bevölkerung ist bereits jetzt sehr groß. Sie wird wachsen, wenn die wesentlichen Fakten dieses Vertrages weiter verbreitet werden.

Bitte studieren Sie den Vertragstext persönlich und einschließlich der zugehörigen Übersetzungen. Beschäftigen Sie sich bitte mit den Argumenten von

524 Organisationen, die sich unter „Stopp TTIP - die Europäische Initiative gegen TTIP und CETA“ zusammengeschlossen haben. 

Mit einer Vertragsunterzeichnung setzen Sie das Vertrauen einer großen Mehrheit der Menschen in die Politik allgemein und in die EU im speziellen aufs Spiel.

Die EU stößt bereits jetzt länderübergreifend auf große Skepsis bzw. Ablehnung.

Gefährden Sie nicht die Zukunft dieses (noch) demokratischen Staatenbündnisses.

Wir bitten Sie darum, dies alles und die Konsequenzen daraus zu überdenken.

Mit freundlichen Grüßen

 

Für die Gruppe LokalGlobal

Raimund Hulke      Dr. Josef Rehrl        Kurt Schürzinger       Helmut Geiss       Gerhard Perschl