22.07.18 Genug Wirtschaftsnähe
Leserbrief an Deggendorfer
Zeitung zum Bericht vom 21.7.18 "Politiker verzweifelt gesucht" Ich habe nicht den
Eindruck, dass unsere Politik an zu großer Wirtschaftsferne leidet, wie
Bauunternehmer Herr Karl unterstellt, im Gegenteil. Nicht in Europa, nicht im
Bund und in Bayern schon gar nicht. Die Wirtschaftsverbundenheit der CSU hat
ein beschauliches Agrarland in wenigen Jahrzehnten in einem zuvor
unvorstellbaren Maße verändert: Die Flüsse gestaut, die Böden versiegelt, das
Land mit einem Netz von Straßen überzogen, die schönsten Landschaften und Orte
unwiederbringlich mit Zweckbauten von der Stange geschändet. (Nicht weniger tragisch:
der Verlust der bayerischen Sprache und die Reduzierung bayerischer Identität
auf Lederhosen und Wadlstrümpfe...) Ich glaube nicht,
dass man die Wirtschaftsnähe der Politik in Bayern überhaupt noch steigern
kann. Herr Karl möchte halt gerne mehr pragmatische „Macher“ im Parlament
haben, die Fünfe grade sein lassen, die Projekte anschieben und nicht
hinterfragen. Unser Problem mit der
Politik liegt aber tiefer, weil politische Kompetenzen „outgesourct“ wurden
(oder werden mußten) und Institutionen ohne jede demokratische Legitimation
unser Leben bestimmen. Die Politik ist längst entmachtet und darf nur
„repräsentieren“ und für pseudodemokratische Unterhaltung sorgen. Dagegen gibt
es nur zwei Instrumente: Regionalisierung statt Zentraliserung und Direkte
Demokratie statt Lobbyismus und Fremdbestimmung.
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