freiGEISSt.de  

Blogs des bayerischen Barden Geiss-Haejm

7.11.14 Provinzielle Angeberei und Großmannsucht?

 

Leserbrief an Deggendorfer Zeitung zum Leserbrief von Manfred Hanke "Warum nicht noch ein paar Türme mehr?" (zum geplanten Karl-Hochhaus in Deggendorf)

 

Provinzielle Angeberei?

Herr Hanke schwärmt einerseits von Frankfurts Hochhaus-Skyline, von der er einen Hauch für Deggendorf abhaben möchte, am  besten gleich noch ein paar „Geschäftstürme“. Andererseits orakelt er von „unbequemen Zugeständnissen“, die man Investoren machen müsse. Wer das nicht mache, sei „tot“, wie Regen, Zwiesel, Viechtach. Nun, Viechtachs Ortskern wird vom Baulöwen Karl gerade kräftig umgestaltet, etwa in dem er ein denkmalgeschützes Haus im Stadtkern abreisst, das er erst zu erhalten versprach. Was letztlich auf der Baulücke entstehen soll, ist gegenwärtig noch sein Geheimnis. Herr Handkes Einschätzung, dass die wirtschaftlichen Probleme von Zwiesel oder Regen etwas mit "sich Kleinhalten" zu tun hätten, empfinde ich als Spott, denn beide Bayerwaldstädte haben ihre großen Fabriken und Tausende von Arbeitsplätzen in der Folge von Freihandel, Globalisierung und Automatisierung verloren.

 

Mit der Grenzöffnung verlor die Urlaubsregion auch ihren abgeschiedenen Standortvorteil und bekam im Tourismus übermächtige Konkurrenz im groß gewordenen Europa. Gleichzeitig explodierte der Wahnsinn der Urlaubsfliegerei, ebenfalls wieder gefördert von der global gesteuerten Politik. Auch dass es im Wald keine Modernisierer gäbe, ist ein Witz, denn gerade die exzessive Ansiedlung von Supermärkten an den Ortsrändern ließ die Innenstädte veröden. Zwiesel hatte oder hat die größte Supermarktdichte  in Deutschland. Im Übrigen haben auch wir einzelne Hochhäuser, die kein Gewinn für unsere Ortsansichten sind. Selbst wenn wir uns für noch mehr Teer und Beton bedingungslos dem Zeitgeist verkaufen, ist ein Erfolg alles andere als sicher. Wenn wir Heimat und Identität einmal geopfert haben, bleibt uns am Ende nichts.

Ob die Deggendorfer ihre Stadt mit einem Hochhaus aufmotzen wollen, ist ihre Sache, auch wenn „das Tor zum Wald“ bereits einige Bausünden vorzuweisen hat. Herrn Hankes Leserbrief bestätigte aber den Verdacht, dass im Ratsvotum unterschwellig schon ein wenig provinzielle Angeberei mitspielten. Doch man sollte nicht die Fehler wiederholen, die man anderenorts gerne ungeschehen machen möchte. Herr Karl hat es in der Hand sich ein Denkmal zu setzen, so oder so.