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07.03.16 Eliten des Dschungels

Leider scheint es weder mit dem Verstand noch mit dem Wertesystem der „Eliten“ weit her zu sein. Schon als junger Mensch habe ich den Kapitalismus alleine deswegen für ein dummes System gehalten, weil Geldvermehrung und der zur Perfektion entwickelte Beschiss der Vielen durch Wenige, ein armseliger Lebenszweck zu sein schien. Der Sozialismus schien mir moralisch himmelhoch darüber zu stehen, denn der hatte offenbar einen Plan:  Beseitigung der Not, Chancengleichheit, Arbeit für alle, Frieden usw.  Auch wenn die real existierenden Beispiele, die sich dazu bekannten, wenig anziehend wirkten, dachte ich doch, die dem Beobachter ins Auge springende Bürokratie und Gängelung, ihre merkwürdigen politischen Führer, die gegenseitige Bespitzelung usw. wären halt Kinderkrankheiten und übertriebene Reaktionen auf die Knüppel, die ihnen der unmoralische Westen jeden Tag zwischen die Füße warf. Tatsächlich wissen wir nicht, wie sich sozialistische Staaten unter besseren Begleitumständen entwickelt hätten. Mir schien ein Bild aus dem Gartenbau die Sache ganz gut zu beschreiben: Hier das Unkraut, das sich mit den schlechtesten Bedingungen abfindet und dort die Kulturpflanzen, die beschützt und gehegt werden müssen. Im Dschungel setzen sich die großen, starken Pflanzen und wendigen Tiere immer durch. Wer hier ein Gemüsebeet anlegen will, muss lebenslang mühevoll roden, jäten und die Kulturpflanzen vor Fressfeinden bewahren.

Deshalb bauen „die Eliten“ auf das Dschungelsystem und kämpfen mit allen Mitteln um ihre meist ererbten Pfründe, die „erhöhten Standorte“, die ihnen Vorteile und Lichtfülle sichern, und versuchen sie immer weiter zu erhöhen. Wie? Wird also immer das System gewinnen, welches sich mit Moral und Plan gar nicht erst aufhält und frisst und rafft und giert? Weil es das dem Dschungel angemessene System ist? Bleibt uns dann wirklich nur der Spott, etwa: „Eliten seid ihr aber keine, so wenig wie man Karzinome als Elite bezeichnen mag, nur weil sie ihre Wirte fressen und kurz nach ihnen erst sterben.“

Wenn unsere Zivilisation überleben soll, müssen ein paar verbindliche Regeln her. Einerseits müssen wir den mächtigen Antrieb der Gier nützen, auch weil wir sie nicht ausrotten können, andererseits müssen wir sie und uns vor ihrem Wachstum ins Unsinnige bremsen. Dafür brauchen wir Staaten, die diesen Namen verdienen, die nicht die Räuberei der Starken schützen, sondern sie im Zaum halten. Und wir brauchen ein Regelwerk, das dem Einzelnen seinen Spielraum und damit seine Freiheit vergrößert, solange er damit niemandem schadet. Im Gegenzug brauchen wir die Durchsetzung einer Verursacherhaftung für alle Schäden, die darüber hinaus gehen. So einfach gesagt, so schwer umzusetzen.